Mit dem Stück „Karl Valentin - Sturzflüge im Zuschauerraum“ kommt Michael Lerchenberg am 29. April auf die Kulturbühne Hallstadt. Wir haben mit
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Michael Lerchenberg im Interview
Karl Valentin – Sturzflüge im Zuschauerraum
Mit dem Stück „Karl Valentin – Sturzflüge im Zuschauerraum“ kommt Michael Lerchenberg am 29. April auf die Kulturbühne Hallstadt. Wir haben mit dem Schauspieler, Theatermacher, Regisseur und Autor über sein Programm als bekannter Valentin-Interpret und Parallelen und Gegensätze zum Münchner Volkssänger gesprochen.
Herr Lerchenberg, am 29. April kommen Sie mit Ihrem neuen Stück „Karl Valentin – Sturzflüge im Zuschauerraum“ in den Kulturboden nach Hallstadt. Was erwartet die Zuschauer?
Michael Lerchenberg: Karl Valentin hat seine Kunst bescheiden als „Blödsinn machen“ bezeichnet. Das ist es natürlich nicht. Aber neben dem höheren Unfug, dem sprachlichen Hinterwitz, der Valentin auszeichnet, und seiner Liebe, komische Situationen auf die Spitze zu treiben bis fast zur Unerträglichkeit dürfen die Zuschauer mit guter Unterhaltung rechnen. Es darf auch gelacht werden! Heutzutage besonders wichtig.
Worum geht es in Ihrem Stück?
Michael Lerchenberg: Valentin der Hypochonder und Paranoiker hat immer große Versagensängste – besonders auch auf der Bühne. Und so beschäftigt er sich in ganz vielen seiner Stücke und Szenen mit dem Scheitern von Kunst, den kleinen und großen alltäglichen Theaterkatastrophen. Sein Werk ist fast eine einzige Pleiten‑, Pech- und Pannenshow. Und die besten dieser Szenen haben wir herausgesucht, wie etwa „Der reparierte Scheinwerfer“ oder „Der Theaterbesuch“. Und nachdem wir auch die Orchesterszenen spielen, gibt es auch viel Musik.
Sie haben schon früher immer wieder Karl Valentin parodiert. Etwa in dem Karl-Valentin-Abend „Abgründe eines Komikers“. Was fasziniert Sie an ihm?
Michael Lerchenberg: Ich liebe es, wie Valentin seine Mitmenschen beobachtet, wie er die Sprache und den Sinn von Sprache hinterfragt. Dieses „Andersdenken“ oder „Linksdenken“, wie Tucholsky es formuliert hat, das begeistert mich an Valentin. Und sein Sinn für Komik und Humor.
Valentins Stücke waren von Tragik und Komik gleichermaßen geprägt. Ein reizvoller Widerspruch?
Michael Lerchenberg: Ja. Diesen Widerspruch habe ich übrigens erst spät begriffen. In meiner Jugend galt Valentin erstmal als nur lustig und komisch. Als ich aber als Teenager seinen berühmten „Firmling“ gesehen habe, konnte ich ab etwa der Hälfte nicht mehr lachen. Da war Fremdschämen angesagt, so unerträglich konsequent hat Valentin diesen Absturz und diesen Vollrausch des Vaters gespielt und ich war nachhaltig irritiert. Als Student sehe ich dann in der damaligen großen Valentin-Ausstellung im Münchner Stadtmuseum abermals den Firmling-Film und siehe da, im Vorspann steht: „Eine Geschichte zum Lachen und Nachdenken“. Und das ist es! Seine Komik hat immer einen doppelten Boden, ganz oft zum Beispiel eine beißende Sozialkritik. Valentin will, dass den Leuten auch mal das Lachen im Halse steckenbleibt. Aber Lachen müssen die Zuschauer, das war ihm das Wichtigste!
Wie entstand die Idee zu Ihrem aktuellen Bühnenprogramm?
Michael Lerchenberg: Das Scheitern von Theater und das Scheitern auf dem Theater kennen wir Theatermenschen aus eigenem Erleben nur allzu gut. Jeder von uns kann da einige Anekdoten beisteuern. Aber niemand scheitert so genial und so komisch wie Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Tolle Szenen für Schauspieler und darum spielt man sie!
Karl Valentins Schaffenszeit in den 1920-er und 1930-er Jahren liegt ja nun schon einige Zeit zurück. Lassen sich die Pannen und Schwierigkeiten des Künstlerlebens von damals dennoch in unsere Zeit übertragen oder gibt es auch neue Herausforderungen, mit denen Künstler heute umgehen müssen?
Michael Lerchenberg: Im ewig aktuellen „Theaterbesuch“ heißt es einmal: Frau: „Ich möcht‘ wissen, ob es bei Anderen auch so zugeht wie bei uns?“ Darauf der Mann: „Genauso! Die sagen es nur nicht!“ Auch die ratlosen, arbeitsscheuen Handwerker im „Scheinwerfer“ hat jeder schon selbst erlebt. Und wer je mit Musikern zu tun hatte, der weiß, was das für ein besonderes Völkchen ist. Aber für unsere Tage würde ich mir auch einen Valentin wünschen! Wie der etwa den sprachlichen Irrsinn der Gendersprache hinterleuchten würde. Nicht auszudenken!
Wie gehen Sie selbst damit um, wenn bei Ihnen auf der Bühne einmal etwas schief läuft?
Michael Lerchenberg: Erstmal ist es wichtig möglichst nicht zu Lachen, wenn eine Panne passiert. Wenn man zum Beispiel mit seiner Partnerin während eines Duetts in „Cabaret“ mit Anlauf in ein Bett springt, dieses aber mit Getöse zusammenbricht. Es gibt aber auch Pannen, die sind lebensgefährlich, wenn es zu wirklichen Unfällen kommt, zum Beispiel ein schweres Dekoteil aus fünf Metern Höhe knapp am Kopf vorbei herunterkracht. Fünf Zentimeter liegen da zwischen Leben und Tod! Das ist dann weniger lustig. Aber am besten freut man sich immer, wenn den Kollegen was passiert.
Was gefällt Ihnen als Künstler besonders an kleineren Bühnen?
Michael Lerchenberg: Die Nähe zum Publikum! Und Valentin kommt ja von der kleinen Bühne, der Brettlbühne der Münchner Volkssänger. Da hat er gelernt, das war immer sein Zuhause. Nie die große Bühne eines Staatstheaters!
Als ehemaliger Intendant der Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel waren Sie viele Jahre in Franken tätig. Was mögen Sie hier in der Region und worauf freuen Sie sich zusätzlich zu Ihrem Gastspiel?
Michael Lerchenberg: Drei im Weckla, das ist das Erste. Aber die Franken sind ein gutes Publikum. Ich war erst am Wochenende mit meinem ersten Valentinabend in Burgkunstadt. Sehr wache, lebendige und begeisterungsfähige Zuschauer waren das. So mag ich’s!
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Es wird bunt
Kulturbühne Hallstadt
Die Kulturbühne Hallstadt ist in die neue Saison gestartet. Bis Februar 2023 erwarten Freunde des Theaters im Kulturboden 15 Stücke mit Comedy, Musik und Tanz voller Charme und Humor.
„Als Boulevard- und Komödientheater haben wir für unsere neue Spielzeit ein sehr vielfältiges und buntes Programm zusammengestellt“, sagt Wolfgang Heyder, Geschäftsführer beim Veranstaltungsservice Bamberg in Pödeldorf. „Natürlich haben wir den Wunsch nach Planungssicherheit“, meint Heyder, „die Resonanz auf das Format Kulturbühne als Pendant zum klassischen Theaterangebot war anfangs vor nunmehr vier Jahren sehr gut. Da wollen wir wieder hin. Entscheidend ist, dass der Betrieb der Kulturbühne Hallstadt mit 250 Plätzen und mehr wieder möglich ist.“
Ob diese höheren Kapazitäten aber auch prompt vom Publikum ausgeschöpft werden, bleibt abzuwarten. „Wir müssen die Leute erst wieder an Veranstaltungsbesuche wie Theater, Konzerte oder auch Sport gewöhnen“, so Heyder, „viele haben nach zwei Jahren Pandemie noch Angst.“
Kulturboden als Highlight
Dabei ist die Kulturbühne im Kulturboden Hallstadt sowohl bei Besucherinnen und Besuchern als auch bei heimischen und überregionalen Künstlern gleichermaßen beliebt. „Die Location ist wirklich gut, mit einem schönen Foyer und einem großen Spielsaal, der für eine tolle Atmosphäre sorgt. Auch die Künstler kommen gerne, für sie ist der Kulturboden ein echtes Highlight“, sagt Wolfgang Heyder. Und das gelte nicht nur ein paar Monate im Jahr. Vielmehr soll die Kulturbühne neben Open-Airs und Freiluftveranstaltungen künftig auch wieder ganzjährig ein fester Bestandteil des Kulturbetriebes in der Stadt sein. „Wir wollen das Boulevard- und Komödientheater dauerhaft bespielen.“
Ob Boulevard- und Bauerntheater mit Humor oder schwungvolles Musiktheater, das auch nostalgische Emotionen bei den Zuschauern wecken kann – im neuen Programm der Kulturbühne Hallstadt ist für jeden Geschmack etwas dabei. Etwa werden Stücke gezeigt, die die Werke einzelner Künstler würdigen wie in „Peace of my heart“ das kontrastreiche und tumultartige Leben der Musikerin Janis Joplin (Premiere 7. Mai). Oder „Heinz & Heinz – Das macht zwei“: Darin begegnet Besucherinnen und Besuchern eine Hommage an den beliebten und bekannten Humoristen Heinz Erhardt mit seinen Liedern, Gedichten, Sprüchen und Geschichten (8. Januar 2023). Oder Michael Lerchenbergs „Karl Valentin – Sturzflüge im Zuschauerraum“.
Nachholtermine und mehr
Auch Aufführungen, die schon länger geplant waren und wegen der Corona-Pandemie immer wieder verschoben werden mussten, kommen in der neuen Spielzeit auf die Bühne. Allen voran die längst ausverkaufte One-Woman-Show „Cavewoman – Theatercomedy mit Konstanze Kromer“ (13. Mai).
„Diese Show mussten wir coronabedingt gut eineinhalb Jahre vor uns herschieben und freuen uns wirklich sehr, dass sie jetzt endlich stattfinden kann“, sagt Wolfgang Heyder. Cavewoman eröffnet neben einer humorvollen Abrechnung mit den vermeintlich selbsternannten Herren der Schöpfung auch einen vergnüglichen Blick auf das Zusammenleben zweier unterschiedlicher Wesen. Um die Lebensphilosophie eines ungleichen Paares geht es auch in der romantisch-komischen Beziehungskomödie „Bleib doch zum Frühstück – Gegensätze ziehen sich aus!“ (17. September).
In „Caveman – Du sammeln, ich jagen!“ (14. Oktober) wird ein sympathischer Held im Beziehungsdickicht beschrieben, der ebenfalls die unterschiedlichen Kulturen von Mann und Frau mit trockenem Humor und einem ironischen Blick näher betrachtet.
Gute Laune verspricht auch der Lustspiel-Knüller „Landeier – Bauern suchen Frauen“ (6. Dezember), in dem es darum geht, auf der Suche nach der großen Liebe Großstädterinnen für das Eheleben auf dem Lande zu gewinnen. Ein Comedy-Revue mit stimmgewaltigen Liedern und Tanzeinlagen inklusive bietet schließlich „Sekt and the city – Letzte Runde“ (3. Februar 2023), in der Frau mit 50 sich wie 30 fühlt und im Urlaub mit Freundinnen so ziemlich alles erlebt, nur keine Erholung.
Musik, Tanz und Wortwitz
Musikkenner und ‑liebhaber der 1960-er, ‑70-er und der frühen ‑80-er Jahre kommen in „Walk on the wild side – There is a house in New Orleans” (31. Mai) auf ihre Kosten. In dem szenischen Konzert präsentiert das Theater Hof Songs über das Leben von Helden der amerikanischen Musik-Kultur wie David Bowie, Lou Reed, Freddie Mercury, Dusty Springfield, Johnny Cash und vielen mehr.
Mit jeder Menge Songs, Gags und Dance-Moves wartet „Die Leonhardsberger & Schmid Show“ (30. Oktober) auf. Gezeigt werden überraschendes Kabarett in Wirbelwind-Manier und dazu klangvoll passender Musikzauber mit intensiver Körperlichkeit und einer großen emotionalen Bandbreite.
Weiteres Musiktheater gibt es mit „Suchtpotenzial – Sexuelle Belustigung“ (25. November), einer Show voll rabenschwarzen Humors. Zwei preisgekrönte Musikerinnen werfen hier alle Konventionen und Klischees über Bord und besprechen in ihren Comedy-Texten und ‑Songs wichtige Themen wie Instagram-Trends und Wagner-Opern. Feministische Anbagger-Tipps gibt es zudem oben drauf.
Musikalisch warm ums Herz könnte es einem in „Ladies Night“ (1. Dezember) werden. Das Konzertprogramm dreier Sängerinnen umfasst dabei brasilianische Sambas, Jazztitel und Pop-Stücke aus dem hohen Norden. Das Trio verspricht mit seiner Band neben virtuosem Gesang auch eine gute Prise Humor. Stimmungs- und musikreich wird es auch in „Eros und Ramazotti – Ein Duo im Ausnahmezustand“ (11. Februar 2023). Die Geschichte zweier Musiktalente, einem fabelhaften Sänger und einem meisterhaften Klaviervirtuosen, die ihr Karriere-Glück im Kleinen und schließlich im Großen suchen, entfacht einen hör- und sichtbar gespielten Ausnahmezustand.
Neben Musiktheater hat die Kulturbühne Hallstadt auch für Freunde des ausgefeilten Wortwitzes etwas im Programm. In „Rares für Bares – Die literarische Blödelshow mit Michael Trischan“ (1. Oktober) bekommt das Publikum im Umkehrschluss zur bekannten Fernseh-Show literarische Raritäten wie Blödeleien, Anekdoten, Zungenbrecher und Witze für Bares. Bei diesem angekündigten „Feuerwerk der guten Stimmung“ verspricht ein Abend in Hallstadt sich allemal zu lohnen.