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Mindestlohn

Neu­er Min­dest­lohn noch ohne Auswirkungen

Leich­ter Anstieg der Arbeits­lo­sig­keit in der Region

Nach dem Okto­ber, der einen Herbst­auf­schwung brach­te, gab es im Novem­ber einen Anstieg der Arbeits­lo­sig­keit in der Regi­on. Sogar erst­mals seit neun Jah­ren nahm sie im Ver­lauf eines Novem­bers wie­der leicht zu. Aus­wir­kun­gen des neu­en Min­dest­lohns sei­en laut Arbeits­agen­tur unter­des­sen noch nicht zu erkennen.

Wie die Agen­tur für Arbeit Bam­berg-Coburg am 30.November bekannt­gab, brach­te der Novem­ber 2022 einen Anstieg der Arbeits­lo­sen im Agen­tur­be­reich um 72 Per­so­nen (+0,7 Pro­zent) auf 10.993. Da die Job­cen­ter seit Juni Geflüch­te­te aus der Ukrai­ne betreu­en, lie­ge die Arbeits­lo­sig­keit um 818 Per­so­nen (+8,0 Pro­zent) über dem Vor­jah­res­wert. Ins­ge­samt sei­en 978 Ukrai­ne­rIn­nen als arbeits­los gemel­det. Das sei­en aller­dings 71 weni­ger als im Oktober.

Die Arbeits­lo­sen­quo­te im Agen­tur­be­reich beträgt wie im Monat zuvor 3,2 Pro­zent. Vor einem Jahr lag sie bei 2,9 Pro­zent. Die Jugend­ar­beits­lo­sig­keit (Per­so­nen bis 25 Jah­re) sank im letz­ten Monat um 8,0 Pro­zent bezie­hungs­wei­se um 76 Per­so­nen auf 871. Im Vor­jah­res­ver­gleich sind es jetzt 2,4 Pro­zent weni­ger, wäh­rend es im Okto­ber noch 0,6 Pro­zent mehr als in 2021 gewe­sen sind.

Arbeits­markt­ent­wick­lung und Mindestlohn

„Seit der zwei­ten Novem­ber­hälf­te beka­men wir zuneh­mend sai­so­na­le Arbeits­los­mel­dun­gen, wobei ein fes­ter Wie­der­ein­stel­lungs­ter­min meist bereits fest­steht“, sagt Ste­fan Tre­bes, Lei­ter der Agen­tur für Arbeit Bam­berg-Coburg. „Die Job­chan­cen sind auch für lebens­er­fah­re­ne Fach­kräf­te wei­ter­hin gut. Trotz Mate­ri­al­eng­päs­sen, Infla­ti­on und gestie­ge­ner Ener­gie­kos­ten sind nach wie vor nahe­zu unver­än­dert vie­le Stel­len gemel­det. Die Fir­men tref­fen Per­so­nal­ent­schei­dun­gen bewuss­ter mit Blick auf die noch offe­ne Zukunft der wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung aber auch dem Fach­kräf­te­man­gel. Der zuneh­men­de Fach­kräf­te­man­gel sorgt dafür, dass wir sogar welt­weit auf der Suche nach Arbeits­kräf­ten für unse­re Regi­on sind.“

Seit Okto­ber gilt zudem der neue Min­dest­lohn von 12 Euro. Aus­wir­kun­gen die­ser Neue­rung auf die Arbeits­markt­ent­wick­lung kön­ne die Agen­tur aller­dings noch nicht fest­stel­len. „Der neue Min­dest­lohn wirk­te sich bis­her weder nega­tiv in Form von Kün­di­gun­gen aus, noch posi­tiv, indem Stel­len zügi­ger besetzt werden.“

Herbst­auf­schwung geht in den Regio­nen zurück

Der Arbeits­markt der Agen­tur Bam­berg-Coburg umfasst die Gebiets­kör­per­schaf­ten Stadt und Land­kreis Bam­berg, Stadt und Land­kreis Coburg sowie die Land­krei­se Forch­heim, Kro­nach und Lichtenfels.

Zu Beginn des Win­ters flau­te der vor­he­ri­ge Herbst­auf­schwung in allen davon ab. Ledig­lich in der Stadt Bam­berg (-4,8 Pro­zent) und im Land­kreis Forch­heim (-0,3 Pro­zent) sank die Arbeits­lo­sig­keit auch im Novem­ber. In allen ande­ren Regio­nen der Agen­tur erhöh­te sich die Zahl der Arbeits­lo­sen sai­so­nal bedingt bereits wie­der leicht.

Den größ­ten Anstieg hat­ten die Land­krei­se Kro­nach (+7,6 Pro­zent) und Coburg (+2,6 Pro­zent). Dar­auf fol­gen die Stadt Coburg (+1,6 Pro­zent), das Bam­ber­ger Land (+0,9 Pro­zent) und Lich­ten­fels (+0,5 Prozent).

Infol­ge der bun­des­wei­ten Über­nah­me der Betreu­ung ukrai­ni­scher Flücht­lin­ge durch die Job­cen­ter seit Juni liegt die Zahl der Arbeits­lo­sen seit Novem­ber erst­mals in allen Regio­nen über dem Vor­jah­res­ni­veau. Die Stadt Coburg (+18,8 Pro­zent), Lich­ten­fels (+12,0 Pro­zent), die Land­krei­se Bam­berg (+7,4 Pro­zent) und Coburg (+7,4 Pro­zent) ver­zeich­nen den größ­ten Anstieg, gefolgt von Forch­heim (+5,7 Pro­zent), der Stadt Bam­berg (+4,4 Pro­zent) und Kro­nach (+4,3 Pro­zent). Die Land­krei­se Bam­berg (2,3 Pro­zent), Forch­heim (2,7 Pro­zent) und Kro­nach (2,9 Pro­zent) haben die nied­rigs­ten Arbeits­lo­sen­quo­ten und wei­ter­hin Voll­be­schäf­ti­gung. In der Stadt Coburg ist sie mit 5,7 Pro­zent am höchsten.

Stel­len­markt: Mehr als 10.000 Jobangebote

Der Arbeit­ge­ber­ser­vice der Agen­tur für Arbeit Bam­berg-Coburg bekam im Novem­ber 1.598 sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Stel­len gemel­det. Das sind ledig­lich 3,2 Pro­zent bezie­hungs­wei­se 53 weni­ger als im Vor­jahr. Der Rück­gang ent­fällt fast aus­schließ­lich auf den Bereich der Zeitarbeit.

Der Stel­len­pool der Agen­tur ver­bucht einen his­to­ri­schen Höchst­stand mit 10.018 Beschäf­ti­gungs­an­ge­bo­ten in einem Novem­ber. Auf 100 Job­an­ge­bo­te kom­men der­zeit gera­de Mal 110 poten­ti­el­le arbeits­lo­se Bewer­be­rIn­nen. Unge­fähr drei Vier­tel der Job­of­fer­ten sind für Fach­kräf­te bestimmt.

Die größ­ten Zuwäch­se seit dem Vor­jahr ver­zeich­nen Beru­fe im Sicher­heits­be­reich, Dienst­leis­tungs­be­ru­fe, Fer­ti­gungs­be­ru­fe, sozia­le und kul­tu­rel­le Dienst­leis­tungs­be­ru­fe, Unter­neh­mens­füh­rung und Ver­kehr und Logistik.

Bür­ger­geld kommt zum neu­en Jahr

Am 1. Janu­ar 2023 soll das soge­nann­te Bür­ger­geld die Grund­si­che­rung, auch bekannt als Arbeits­lo­sen­geld II oder „Hartz IV“, ablö­sen. Ste­fan Tre­bes sagt zum Ablauf: „Wir haben nun eine rechts­ver­bind­li­che Ent­schei­dung und kön­nen mit der prak­ti­schen Umset­zung star­ten. Die erhöh­ten Regel­sät­ze wer­den wir pünkt­lich zum Janu­ar aus­zah­len. Es ist für das Bür­ger­geld kein neu­er Antrag not­wen­dig. Wer über den Jah­res­wech­sel hin­aus Leis­tun­gen des Job­cen­ters bezieht, bekommt auto­ma­tisch den höhe­ren Regel­satz aus­ge­zahlt. Der Weg­fall des Ver­mitt­lungs­vor­rangs bedeu­tet für unse­re sie­ben Job­cen­ter kei­nen Para­dig­men­wech­sel in der Arbeits­wei­se, da wir für eine dau­er­haf­te beruf­li­che Inte­gra­ti­on schon immer Wert auf eine fun­dier­te beruf­li­che Qua­li­fi­zie­rung der Kun­den setzen.“

Dra­ma­ti­sche Lage im Bam­ber­ger Gastgewerbe 

Gewerk­schaft NGG for­dert Mindest-Kurzarbeitergeld

Ange­sichts wei­ter­hin geschlos­se­ner Restau­rants, Cafés und Hotels in Stadt und Land­kreis Bam­berg macht die Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) auf die wach­sen­de Not­la­ge der Beschäf­tig­ten auf­merk­sam – und for­dert die Ein­füh­rung eines Min­dest-Kurz­ar­bei­ter­gel­des von 1.200 Euro im Monat. Die NGG geht davon aus, dass die Kurz­ar­beit aktu­ell erneut die Aus­ma­ße des Lock­downs vom Früh­jahr ver­gan­ge­nen Jah­res ange­nom­men hat. Damals mel­de­ten 183 gast­ge­werb­li­che Betrie­be in der Stadt Bam­berg – das sind 75 Pro­zent aller Betrie­be der Bran­che in der Stadt – und 142 Betrie­be im Kreis Bam­berg – 66 Pro­zent aller Betrie­be – Kurz­ar­beit an.

Die Zahl der Köchin­nen, Kell­ner und Hotel­fach­leu­te in Kurz­ar­beit stieg im April 2020 auf 1.357 in der Stadt, auf 703 im Land­kreis. Dies geht aus einer Son­der­aus­wer­tung der Bun­des­agen­tur für Arbeit her­vor. Nach Anga­ben des Ifo-Insti­tuts waren im Janu­ar 2021 bun­des­weit 56 Pro­zent aller Beschäf­tig­ten des Gast­ge­wer­bes in Kurz­ar­beit. Zum Ver­gleich: In der Gesamt­wirt­schaft lag die Quo­te bei ledig­lich 7,8 Pro­zent.
„Im Unter­schied zu ande­ren Bran­chen dau­ert der der­zei­ti­ge Lock­down für die Gas­tro­no­mie und Hotel­le­rie immer­hin schon seit Anfang Novem­ber. Die Beschäf­tig­ten wis­sen nicht mehr, wie sie noch ihre Mie­te bezah­len sol­len. Ihre letz­ten Reser­ven sind längst auf­ge­braucht. Und es könn­ten noch Mona­te ver­ge­hen, bis Hotels und Gast­stät­ten wie­der öff­nen“, sagt Micha­el Grundl, Geschäfts­füh­rer der NGG-Regi­on Ober­fran­ken. „Wegen ohne­hin nied­ri­ger Löh­ne und feh­len­der Trink­gel­der spitzt sich die Lage der Beschäf­tig­ten auch in Bam­berg und dem Land­kreis dra­ma­tisch zu. Ohne schnel­le und unbü­ro­kra­ti­sche Hil­fe dro­hen den Men­schen exis­ten­ti­el­le Pro­ble­me“, betont Grundl.

Zusam­men mit der Ver­ein­ten Dienst­leis­tungs­ge­werk­schaft (ver.di) hat die NGG des­halb Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel und die Koali­ti­ons­spit­zen in einem offe­nen Brief auf­ge­for­dert, ein bran­chen­über­grei­fen­des Min­dest-Kurz­ar­bei­ter­geld in Höhe von 1.200 Euro pro Monat ein­zu­füh­ren. Am 11. Febru­ar debat­tiert auch der Deut­sche Bun­des­tag über das The­ma. Außer­dem haben ver.di und die NGG eine Online-Peti­ti­on zum Min­dest-Kurz­ar­bei­ter­geld gestar­tet. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu die­ser gibt es unter https://www.ngg.net/mindest-kug

„Wenn die Poli­tik Unter­neh­men mit enor­men Steu­er­mit­teln unter­stützt, um eine Plei­te­wel­le zu ver­hin­dern, dann muss auch genug Geld für die da sein, die jetzt jeden Cent zwei­mal umdre­hen müs­sen“, sagt Micha­el Grundl. Gera­de in klei­ne­ren Pen­sio­nen und Gast­stät­ten in der Regi­on ver­dien­ten vie­le Beschäf­tig­te kaum mehr als den gesetz­li­chen Min­dest­lohn. Eine Kell­ne­rin, die in Voll­zeit zum Min­dest­lohn arbei­tet, kommt im ers­ten Bezugs­mo­nat auf nur 728 Euro Kurz­ar­bei­ter­geld (ledig, ohne Kin­der, Kir­chen­steu­er), so die NGG. Selbst nach der Erhö­hung auf 80 Pro­zent des Ein­kom­mens, wie sie nach sie­ben Mona­ten Kurz­ar­beit greift, blei­ben nur 971 Euro im Monat.