Zwei neue Friedhofsflächen gibt es künftig für die jüdischen Gemeinden in Bamberg hinter der Friedhofsmauer an der Gundelsheimer Straße. Ein Meilenstein, wie
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Neuer „Guter Ort“ für Bamberg
Ein Meilenstein für die jüdischen Gemeinden
Zwei neue Friedhofsflächen gibt es künftig für die jüdischen Gemeinden in Bamberg hinter der Friedhofsmauer an der Gundelsheimer Straße. Ein Meilenstein, wie aus der Liberalen Jüdischen Gemeinde Mischkan ha-Tfila zu hören war. Dies wurde mit der Vertragsunterzeichnung nun sichergestellt.
Als „Meilenstein für unsere Gemeinde“ bezeichnete die Rabbinerin der Liberalen Jüdischen Gemeinde Mischkan ha-Tfila Antje Yael Deusel die Vertragsunterzeichnung für zwei neue Friedhofsflächen hinter der Friedhofsmauer an der Gundelsheimer Straße parallel zur Coburger Straße, denn „ein „Guter Ort“ ist ein wichtiger Bestandteil einer jeden Gemeinde“, so Deusel. Das fragliche Areal hinter der Friedhofsmauer an der Gundelsheimer Straße parallel zur Coburger Straße war im Bebauungsplan bereits als zukünftige Friedhofserweiterungsfläche festgesetzt. Es bietet den großen Vorteil, den neuen jüdischen Friedhofsteil direkt vom bisherigen jüdischen Friedhof aus fußläufig erreichen zu können.
Auch der 1. Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Martin Arieh Rudolph freut sich über diesen wegweisenden Schritt für die IKG: „Nunmehr haben wir nach langen Verhandlungen einen neuen jüdischen Friedhof. Wir danken der Stadt Bamberg sehr für die Ermöglichung dieses neuen und wichtigen Teils für die jüdischen Gemeinden, die nunmehr keine Angst mehr haben müssen, dass ihre Mitglieder womöglich nicht in Bamberg beerdigt werden könnten. Es ist für uns jüdische Gemeinden ein großer Tag, auch betreffs der Selbstverständlichkeit, dass Juden in Bamberg ein anerkannter Teil der Gesellschaft sind.“
„Mit dieser Vertragsunterzeichnung kann nun für lange Zeit garantiert werden, dass die jüdischen Gemeinden ihren Mitgliedern eine angemessene Grabstätte zur Verfügung stellen können“, freute sich Oberbürgermeister Andreas Starke über das erfolgreiche Ende der Verhandlungen.
Ein jüdischer Friedhof ist ein Friedhof mit Besonderheiten, die sich aus den Gesetzen des Judentums ergeben. So ist die Erdbestattung vorgeschrieben und eine dauerhafte Totenruhe zu gewährleisten. Die Besucher legen statt Blumen in der Regel kleine Steine auf das Grab. Mit Bezug zu seinem lebensbejahenden Charakter und der Erwartung einer einstigen Auferstehung, wird der jüdische Friedhof „Haus des Lebens“ oder auch „Guter Ort“ genannt.
Intensive Verhandlungen seit 2018
Der heutige jüdische Friedhof in Bamberg in der Siechenstraße wurde am 19.10.1851 eröffnet. Maßgeblichen Einfluss hatte damals Dr. Jakob Dessauer, der ab 1841 Vorsitzender der Gemeinde war. Das heutige Tahara-Haus als moderne Trauerhalle im nachklassizistischen Stil wurde ab 1885 erbaut und im Jahr 1890 fertig gestellt. Die Debatte um eine notwendige Erweiterung des jüdischen Friedhofs reicht bereits in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück, wo sie allerdings in der Zeit des Nationalsozialismus auf wenig Gegenliebe stieß. 1943 wurde die Gemeinde zwangsaufgelöst, der Friedhof beschlagnahmt und das Taharahhaus von der Firma Bosch genutzt. Sechs Jahre nach Kriegsende, 1951 wurde die Israelitische Kultusgemeinde als Rechtsnachfolgerin der 1943 zerstörten Gemeinde wiedergegründet. Im Zuge der Restitutionsmaßnahmen erhielt die junge neue Gemeinde den Friedhof zurückerstattet. Bereits seit 1946 wurde wieder dort beigesetzt.
Seit mindestens 20 Jahren ist die israelitische Kultusgemeinde erneut intensiv bemüht eine neue Friedhofsfläche zu erwerben. Nach dem plötzlichen Tod des damaligen Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Heinrich Olmer übernahm Martin Arieh Rudolph diese Verantwortung und später auch den Vorsitz. 2014 sorgte er dafür, dass zunächst die bestehende Friedhofsfläche ertüchtigt wurde, Erdablagerungen abgetragen und Altlasten entsorgt wurden. „Die dort aufgefundenen Grabsteinreste, die einen jüdischen Friedhof nicht verlassen dürfen, wurden im hinteren Teil des Friedhofs an der Stelle der ersten, abgebrochenen Taharahhalle, deren Grundmauern bei der Sanierung ebenfalls zutage gefördert wurden, zu einer Gedenkpyramide für alle jene aufgeschichtet, die von ihren Lieben entweder kein Grab haben (in der Shoah Ermordeten) oder deren Lieben weit weg in der ehemaligen Sowjetunion ihr Grab gefunden haben und deren Nachkommen nunmehr als ehemalige Kontingentflüchtlinge Neumitglieder unserer Gemeinde geworden sind“, so Rudolph.
Dennoch war klar, dass der Friedhof in wenigen Jahren vollständig belegt sein würde. Da es im jüdischen Friedhof keine Maximalbelegungsfristen gibt und dem Toten der Grabplatz auf ewig gehört, muss, wenn der Friedhof belegt ist, nach einem Ausweichplatz gesucht werden. „Es ist eine der grundlegenden Aufgaben einer jüdischen Gemeinde, noch vor der Schaffung einer Synagoge für die ordnungsgemäße jüdische Beisetzung ihrer Mitglieder auf dem „Guten Ort“, dem jüdischen Friedhof, zu sorgen. Ein Friedhof muss zudem auch im Alleineigentum der jeweiligen jüdischen Gemeinde sein“, betont Rudolph.
Die Israelitische Kultusgemeinde war deswegen schon Ende des Jahres 2015 an die Stadt Bamberg mit der Bitte herangetreten, im Stadtgebiet eine Fläche für einen zusätzlichen jüdischen Friedhof zu finden. Intensiviert wurden die Verhandlungen zwischen der Stadt Bamberg und der IKG sowie der mittlerweile eigenständigen neuen Liberalen Jüdischen Gemeinde Mischkan ha-Tfila Bamberg allerdings erst ab dem Jahr 2018. Nachdem sich die Planungen für einen gemeinsamen neuen jüdischen Friedhofsteil nicht realisieren ließen, einigte man sich schließlich darauf, zwei getrennte neue jüdische Friedhöfe zu errichten.
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Jüdisches Bamberg
Rabbinerin Antje Yael Deusel im Interview
Antje Yael Deusel ist Ärztin und Rabbinerin der Liberalen Jüdischen Gemeinde Mischkan ha-Tfila Bamberg. Seit der Shoa ist sie außerdem die erste deutsche Rabbinerin, die auch in Deutschland ordiniert wurde. Im Oktober vergangenen Jahres legte sie zusammen mit ihrem Co-Autor Ortwin Beisbart und im Gedenken an den 2016 verstorbenen Co-Autor und Fotografen Rudolf Daniel das Buch „Jüdisches Bamberg – Ein Gang durch die Stadt“ zum zweiten Mal auf. Wir haben Antje Yael Deusel zum Gespräch über das jüdische Bamberg getroffen.
Frau Deusel, warum haben Sie sich zur Neuauflage von „Jüdisches Bamberg“ entschieden? Worin bestehen die Unterschiede zur ersten Version?
Antje Yael Deusel: Zum einen war die erste Auflage vergriffen; zum anderen haben sich doch einige neue Dinge seit der Erstauflage von 2013 ergeben, wie zum Beispiel die Entdeckung des Mikwen-Raums, ein ehemaliges Ritualbad, im Quartier an den Stadtmauern oder auch unser Zelt der Religionen auf dem Markusplatz.
Warum haben Sie zur Beschreibung des jüdischen Bambergs die Form eines Stadtrundgangs gewählt?
Antje Yael Deusel: Das Büchlein ist kein Geschichtsbuch und will auch keine hochwissenschaftliche Abhandlung sein, sondern die etwa 1.000 Jahre jüdische Geschichte in Bamberg der interessierten Leserschaft in gut lesbarer, kurzer und doch korrekter Form vermitteln, gerade anhand dessen, was in der Stadt noch sichtbar ist.
Welche sind seine deutlichsten Spuren im Stadtbild?
Antje Yael Deusel: Vom „alten“ jüdischen Bamberg sind – außer Mahnmälern und Stolpersteinen – in der Stadt nicht mehr allzu viele sichtbare und entsprechend kenntliche Spuren vorhanden, am ehesten vielleicht der Israelitische Friedhof. Im aktuellen Stadtbild ist es sicherlich die Synagoge Or Chajim mit dem neuen Gemeindezentrum in der Willy-Lessing-Straße.
Haben Sie das Gefühl, der Bamberger Bevölkerung sind diese Spuren bekannt?
Antje Yael Deusel: Ich denke, es gibt auch für die Bamberger noch einiges zu entdecken – Der „Gang durch die Stadt“ ist nicht nur für TouristInnen eine spannende Entdeckungstour durch Bamberg.
Soll das Buch auch dazu dienen, dem jüdischen Bamberg in der Stadtgesellschaft mehr Sichtbarkeit zu verschaffen?
Antje Yael Deusel: Das Buch soll über die Geschichte des jüdischen Bamberg informieren, die ja eine sehr lange ist. Viele Aspekte sind heute nur noch wenigen Menschen bekannt, und manche Spuren übersieht man sehr leicht, wenn man nicht explizit darauf hingewiesen wird. Gleichzeitig ist das jüdische Leben in Bamberg durchaus nicht nur Geschichte – es ist ja auch heute ein sehr lebendiges Judentum vorhanden.
Vor etwa fünf Jahren vollzog sich die Trennung zwischen Ihnen und der Israelitischen Kultusgemeinde Bamberg, deren Rabbinerin Sie waren, nicht unbedingt einvernehmlich. Darauf folgend etablierten Sie eine zweite jüdische Gemeinde in Bamberg. Wie sieht die Beziehung der beiden Gemeinden heute aus?
Antje Yael Deusel: Heute bestehen die beiden Gemeinden als eigenständige Gemeinschaften nebeneinander, und beide zusammen vertreten das Judentum in und um Bamberg, wie nicht nur anlässlich der Feiern zu Gedenktagen und zur Woche der Brüderlichkeit immer wieder sichtbar wird.
Ihre Gemeinde trägt den Namen „Liberale Jüdische Gemeinde Mischkan ha-Tfila Bamberg“. Was bedeutet liberal in diesem Zusammenhang beziehungsweise in Bezug auf die Israelitische Kultusgemeinde?
Antje Yael Deusel: Im Judentum gibt es verschiedene Strömungen – orthodox, konservativ-traditionell und liberal – deren Gottesdienste jeweils unterschiedlichen Riten folgen, mit entsprechenden Unterschieden in der Liturgie. Unsere Gemeinde Mischkan ha-Tfila ist als Teil der Union progressiver Juden in Deutschland eine ausschließlich liberale Gemeinde. Damit erfolgen unsere Gottesdienste nach dem liberalen Ritus, mit einem Gebetbuch, das auf den liberalen deutschen Vorkriegsgebetbüchern basiert. Auch Musikinstrumente sind bei uns im Gottesdienst erlaubt, im Gegensatz zu den Gemeinden mit konservativer beziehungsweise orthodoxer Ausrichtung.
Stehen Sie im Austausch mit Vereinigungen anderer Religionen? Wie ist es um das Miteinander bestellt?
Antje Yael Deusel: Wir sind hier in Bamberg in der glücklichen Lage, dass es ein sehr gutes und freundschaftliches Miteinander der Religionen gibt, was sich zum Beispiel in den gemeinsamen Veranstaltungen im Zelt der Religionen zeigt, das Christen, Muslime und Juden und seit kurzem auch die Religion Bahai mit einschließt. Die interreligiöse Zusammenarbeit ist über viele Jahre gewachsen und bildet die Grundlage für unseren tragfähigen und konstruktiven Dialog der Religionen in Bamberg.
Wie sieht Ihre tägliche Arbeit als Rabbinerin aus?
Antje Yael Deusel: Als Rabbinerin bin ich nicht nur zuständig für die Leitung von Gottesdiensten und fürs Predigen, sondern auch für die Seelsorge in allen Lebenslagen und ‑situationen. Ich berate und entscheide in religionsrechtlichen Fragen, und ich nehme mich sozialer Belange der Gemeindemitglieder an. Meine Aufgaben schließen auch den Religionsunterricht für SchülerInnen einschließlich der individuellen Bar und Bat Mitzwa-Vorbereitungen mit ein, dazu kommt meine Lehrtätigkeit an der Universität, das Engagement im Ethikkommittée der Sozialstiftung Bamberg im Bereich Seelsorge, außerdem das Verfassen von Artikeln für unterschiedliche jüdische Zeitungen und von Buchbeiträgen. Ebenso geht die Arbeit im interreligiösen Dialog weiter. Dazu kommen noch diverse Verwaltungsaufgaben. All das geht auch zu Zeiten von Corona weiter, wenn auch natürlich unter entsprechend erschwerten Bedingungen und mit höherem Aufwand, zumal nur ein Teil der Aufgaben im Home Office erledigt werden kann.
Die aktuellen, sich auf den November erstreckenden Lockdown-Maßnahmen beziehen sich nicht auf religiöse Versammlungen. Würden Sie Ihren Gemeindemitgliedern zum Schutz vor Corona-Infektionen aber trotzdem raten, in dieser Zeit auf die Teilnahme an Gottesdiensten ausnahmsweise zu verzichten?
Antje Yael Deusel: Die Gottesdienste finden statt, auch auf den inständigen Wunsch von Gemeindemitgliedern, derzeit in der Regel alle 14 Tage statt jede Woche, aber jede und jeder entscheidet selbstverständlich für sich, ob sie oder er daran teilnehmen will. Wer krank ist, auch bei leichtesten Symptomen, oder als Kontaktperson in Quarantäne ist, wird ausnahmslos gebeten, zu Hause zu bleiben, auch im Zweifelsfall. Wir nehmen die Pandemievorschriften sehr ernst und haben auch ein entsprechendes Hygiene-konzept vor Ort, dazu die Abstandsregelungen und die Vorschrift, während des gesamten Aufenthalts im Betsaal die Maske zu tragen. Man muss sich auch jedesmal vorher anmelden, bevor man am Gottesdienst teilnehmen kann.
Wie groß ist Ihre Gemeinde?
Antje Yael Deusel: Zahlenmäßig sind wir noch eine kleine Gemeinde, aktuell, noch, unter 100 Mitgliedern, jedoch stetig anwachsend, und mit einem recht jungen Altersdurchschnitt von circa 45 Jahren. Unser jüngstes Mitglied ist fünf Jahre alt, unser ältestes 94 Jahre.
Wie stark sind religiöse Überzeugungen im jüdischen Teil der Bamberger Bevölkerung ausgeprägt?
Antje Yael Deusel: Das ist sehr unterschiedlich und reicht von säkular bis strenggläubig, wie in anderen Städten auch. Eine ultraorthodoxe Ausrichtung gibt es in Bamberg derzeit nicht.
Wie stellt sich das jüdische Bamberg heute dar? Wie lässt sich das Leben als Jüdin oder Jude in Bamberg beschreiben?
Antje Yael Deusel: Jüdinnen und Juden leben in Bamberg wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch – außer dass unsere Gottesdienste unter Polizeischutz stattfinden, derzeit noch intensiver durch die aktuell besonders hohe Gefährdungslage.
In den letzten Wochen und Monate gab es einen erneuten Anstieg von antisemitischen rechtsextremen und islamistischen Straftaten und Anschlägen. Wie sicher fühlen Sie sich, wie ist das Sicherheitsempfinden in Ihrer Gemeinde?
Antje Yael Deusel: Manche Gemeindemitglieder sind besorgt und bleiben teilweise auch deswegen zu Hause, anstatt die Gottesdienste zu besuchen. Andererseits kann es auch nicht angehen, wie viele in der Gemeinde denken, dass wir aus Sorge vor antisemitischen Anschlägen unsere Gottesdienste aussetzen und uns auch sonst in unserem jüdischen Leben einschränken lassen. Vorsicht war und ist natürlich immer geboten, nicht erst jetzt, aber aktuell noch viel mehr als sonst.
Wie stark ist Antisemitismus in Bamberg ausgeprägt?
Antje Yael Deusel: Das ist in seinem genauen Ausmaß schwierig zu sagen. Am ehesten kann Ihnen dazu wohl die Polizei Auskunft geben.
Vor kurzem wurden Forderungen laut, zwei steinerne Figuren im Bamberger Dom, Ecclesia und Synagoge, die die christliche und die jüdische Religion darstellen, zu entfernen, weil sie das Judentum abwerten. Was halten Sie von diesen Forderungen?
Antje Yael Deusel: Dieselbe Frage wurde mir kürzlich vom Antisemitismusbeauftragten in Bayern gestellt. Hier ist die Antwort, die ich ihm übermittelt habe: Wenn man die Statuen entfernt, ist es so, als wollte man einen Teil der Vergangenheit entfernen, womöglich gar rückwirkend ungeschehen machen – letztlich gehört die Bild-Botschaft der Statuen ja zu einer bestimmten Zeit innerhalb der Geschichte. Es gilt also weniger, die Statuen wegzunehmen, als vielmehr zum einen dazu zu stehen, was einmal war, und sich zum anderen gleichzeitig nachhaltig davon zu distanzieren, zum Beispiel durch das Anbringen geeigneter Info-Tafeln in situ.
Nun ist es mit den Info-Tafeln auch so eine Sache. Die allermeisten Passanten wissen mit solchen und ähnlichen figürlichen Darstellungen per se schon nichts oder nichts mehr zu verbinden – die Diskussion innerhalb unseres Gemeinde-Vorstandes ging dementsprechend auch dahin, ob man die Leute nicht erst „mit der Nase darauf stößt“ – andererseits ist es aber doch so, dass ein langsames In-Vergessenheit-Geraten-Lassen früherer Judenfeindlichkeit der Natur der Sache auch nicht dienlich sein kann. Es gilt also, die Botschaft der Statuen in den zeitlichen Kontext zu stellen: Was bedeuteten sie einstmals, was können sie heute bedeuten? Von Schmähung und Verhöhnung der Juden zur Zeit ihrer Entstehung – und leider noch lange danach – kann sich die Botschaft doch auch wandeln. Hier reichen Info-Tafeln alleine vielleicht nicht aus – ich denke dabei an unsere vielen TouristenführerInnen, die aufgerufen sind, in dem Zusammenhang die richtigen Worte zu finden. Denn wenn sich jemand für die Statuen interessiert, dann soll er oder sie auch die entsprechenden Informationen zu damals versus heute bekommen, und wer sich nicht dafür interessiert, der oder die schaut sich auch keine Info-Tafeln an und nimmt nicht unbedingt an einer entsprechenden Stadt- oder Domführung teil, sondern geht unbeteiligt an den Statuen vorbei.
Nun sollte man aber auch bedenken: Die zwei Statuen alleine machen es ja nicht aus. Was ist mit dem garstigen Teufelchen, das dort am Dom auf der Seite der Synagoge herunterturnt und dem Mann mit Judenhut das rechte Auge auskratzt? Die allermeisten Besucher kennen die Bild-Botschaft von Synagoge und Ecclesia, die durchaus nicht auf den Dom zu Bamberg beschränkt ist – aber den bösen kleinen Teufel, den entdeckt man in der Regel erst, wenn man darauf hingewiesen wird.
Ich persönlich denke, die bildliche Botschaft muss mit einer verbalen Botschaft oder Gegen-Botschaft, ob im gedruckten, ob im geschriebenen Wort, verbunden werden, damit der einstigen Botschaft des Hasses entgegengewirkt werden kann, damit die Menschen zum Nachdenken, womöglich auch zum Umdenken gebracht werden. Dies ist keine einmalige Aktion, die man erreicht durch ein Entfernen der „Steine des Anstoßes“, sondern eine fortwährende aufklärend wirkende Beschäftigung mit der den Statuen und Inschriften immanenten Ideologie – wer weiß, vielleicht sogar mit neuen, zeitgemäßen bildlichen Gegen-Darstellungen – ist die Kraft eines Bildes doch einprägsamer als jegliches Wort.