Vom 17. bis 19. Oktober stand der 47. Bayerische Musikschultag in Bamberg im Zeichen der Nachhaltigkeit musikalischer Bildung. „Musikschule nachhal(l)tig! Auch im
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Musikalische Bildung
Rückschau: 47. Bayerischer Musikschultag in Bamberg
Vom 17. bis 19. Oktober stand der 47. Bayerische Musikschultag in Bamberg im Zeichen der Nachhaltigkeit musikalischer Bildung. „Musikschule nachhal(l)tig! Auch im Ganztag“ war das Motto. Anlass war das 75-jährige Jubiläum der Städtischen Musikschule Bamberg.
Der Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e. V. (VBSM) – Träger aller öffentlichen Musikschulen in Bayern – hat letzte Woche gemeinsam mit der Stadt und der Städtischen Musikschule Bamberg den 47. Bayerischen Musikschultag veranstaltet. Im Zukunftsforum „Musikschule nachhal(l)tig! Auch im Ganztag“ wurde mit allen Beteiligten aus Musikschulen, allgemeinbildenden Schulen, Vertreterinnen aus dem Kultusministerium, Hochschulen, zahlreichen Fachverbänden und der Landeselternvertretung diskutiert, wie der VSBM mitteilt.
Ansätze neuer, verzahnter Musik-Bildung und des zukünftigen Ganztags ab 2026 in Schule und Musikschule seien während der Musikschultage gefunden worden. Es gelte, den ab 2026 verbindlichen Rechtsanspruch auf Ganztagsschule als Chance zu erkennen. Und diesen für Kinder und Jugendliche durch Kooperation der Bildungsträger zu einem persönlichkeitsbildenden Konstrukt zu machen.
Die Bayerischen Musikschulen und ihr Verband VBSM stehen laut Mitteilung für neue Ansätze und kooperierende Wege bereit, um zukünftig jedem Kind in der Grundschule neben gängigem Musikunterricht ein weiteres Angebot machen zu können. Dafür seien größere Gruppenformate erforderlich, worauf sich der Verband und die angeschlossenen Musikschulen jetzt vorbereiten.
Im Rahmen von Gruppenarbeiten und anschließender Podiumsdiskussion wurden zudem Herausforderungen herausgearbeitet, Best Practice-Beispiele reflektiert und Fragen sowie Lösungsansätze erarbeitet. Die Teilnehmer:innen der Podiumsdiskussion, geladene Gäste aus der bayerischen Bildungslandschaft, gaben Hoffnung auf Kooperationsmöglichkeiten in Zukunft.
Umrahmt wurde der Bayerische Musikschultag von zahlreichen Konzerten bayerischer Musikschulen. Beim Eröffnungskonzert, Festakt und Festkonzert spielten Musikschüler:innen aus ganz Bayern und von der Städtischen Musikschule Bamberg.
75-jähriges Bestehen
Jubiläumskonzert der Städtischen Musikschule Bamberg
Mit einem großen Jubiläumskonzert hat die Städtische Musikschule Bamberg ihr 75-jähriges Bestehen gefeiert. Das Konzert zeigte die ganze Bandbreite der musikpädagogischen Arbeit der Schule.
Am 7. Juli beging die Städtische Musikschule Bamberg ihr 75-jähriges Bestehen mit einem fulminanten Konzert im Joseph-Keilberth-Saal der Konzerthalle (lesen Sie hier das Stadtecho-Interview mit Schulleiter Martin Erzfeld). Mit einem vielfältigen Programm zeigte die zweitgrößte oberfränkische Einrichtung dieser Art die Bandbreite ihrer musikpädagogischen Arbeit, wie das Rathaus in einer Mitteilung schreibt. 450 Musiker:innen aller Altersgruppen sowie 30 Lehrkräfte waren an diesem Konzert beteiligt. Durch die Mitwirkung von Gästen aus Bambergs Partnerstädten Esztergom, Villach und Prag wurde auch der europäische Gedanke gelebt und durch Videobotschaften der Bürgermeister:innen aller Partnerstädte untermauert.
Zu Beginn des Konzertes standen die Kinder der Elementaren Musikpraxis und der Chorklassen auf der Bühne, die ihre Ausbildung zum größten Teil in Kooperationen mit Kindertagesstätten und Schulen erhalten. Nach den Spielkreisen mit Streichern und Querflöten und dem Perkussionsquartett sorgte ein Quartett mit den eher selten zu hörenden Instrumenten Fagotten, Kontrabass und Tuba mit dem bekannten „Probier‘s mal mit Gemütlichkeit“ für Unterhaltung im Publikum. Den ersten Teil des Konzerts beendete das Junge Streichorchester der Musikschule unter anderem mit Auszügen aus der „Feuerwerksmusik“ von Georg Friedrich Händel.
Den zweiten Teil des Jubiläumskonzerts eröffnete das Stück „Supercalifragilisticexpialigetisch“ aus Mary Poppins. Das Orchester „Kunterbunt“ animierte zum Mitsingen und das Gitarren-Ensemble der Schule stimmte den Song „Mamma Mia“ von ABBA an. Nach einer Gavotte von Edvard Grieg, gespielt vom Cello-Ensemble, führte ein großes Ensemble mit Streichern, Blockflöten und Harfen Werke aus dem Barock auf. „Parsons Farewell“ des englischen Komponisten John Playford wurde durch eine Tanzdarbietung ergänzt. Zum Abschluss des zweiten Teils trat die Stadtjugendkapelle mit dem Konzertstück „Hadrians Wall“ auf.
Großes Finale
Im letzten Teil zeigten die erfahrensten Schüler:innen der Musikschule Bamberg ihr Können. Nach der Band „Jazzlab“ musizierte das Klavierduo Katharina Görz und Yeva Kravets, die beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert 2024 jüngst einen 2. Preis gewinnen konnten.
Im Anschluss daran waren ein Akkordeon-Ensemble, ein Klarinettenchor und ein großes Harfen-Ensemble zu hören. Nach Schlagermusik, gesungen vom Bamberger Kammerchor, führte das Jugendorchester zusammen mit ehemaligen Schülerinnen und Schüler den Marsch Nr. 1 aus „Pomp and Circumstance“ von Edward Elgar auf.
Mit dem letzten Titel „Adiemus“ von Karl Jenkins gestalteten 180 Musikerinnen und Musiker sowie Kinder der Chorklassen, der Bamberger Kammerchor und der Seniorenchor das große Finale des Jubiläumskonzerts.
„Musik ist eine Sprache, die alle verstehen“
Jugendorchester Deutsche Streicherphilharmonie in Bamberg
Seit ihrer Gründung 1973 in Ost-Berlin sucht und fördert die Deutsche Streicherphilharmonie jugendliche Streichinstrument-Talente. 2020, dem Jahr des 30. Jahrestags der deutschen Wiedervereinigung, geht es im Geiste der Wiedervereinigung auf große Jubiläums-Tournee durch alle Bundesländer. Bamberg ist neben Aschaffenburg einer der beiden bayerischen Konzertorte. Am 3. Oktober macht die Deutsche Streicherphilharmonie für ein Doppelkonzert in der Konzerthalle Halt.
Mit Violinistin Rebecca Michal gehört seit drei Jahren auch eine Schülerin der Bamberger Musikschule zu den Mitgliedern des Orchesters. Mit Martin Erzfeld, dem Direktor der Musikschule, haben wir über das Konzert, die verbindende Kraft der Musik und den Unterschied zwischen Können und Begabung gesprochen.
Herr Erzfeld, was macht die Deutsche Streicherphilharmonie besonders?
Martin Erzfeld: Es ist ein Elite-Jugendorchester, das auf einem ausgesprochen hohen Niveau musiziert, und dessen Mitglieder aus allen Musikschulen in Deutschland rekrutiert werden. Das bedeutet, dass jährlich etwa 930 Musikschulen angeschrieben und gefragt werden, ob sie talentierte Streicherinnen und Streicher haben. Dieses Orchester steht auch wie kein anderes für die deutsche Wiedervereinigung und ist ein Botschafter für die Musik und die Jugend. Und wir sind besonders stolz, dass mit Rebecca Michal seit drei Jahren eine unserer Schülerinnen Mitglied der Deutschen Streicherphilharmonie ist.
Warum wurde Bamberg für ein Doppelkonzert, das auch noch direkt am Feiertag von 30 Jahren Wiedervereinigung stattfindet, ausgewählt?
Martin Erzfeld: Im Zuge der Tourneeplanung hat das Orchestermanagement auch die Heimatorte seiner Mitglieder berücksichtigt. Dass das Orchester genau am Feiertag nach Bamberg kommt, ist ein glücklicher Zufall.
Mit welchen Gefühlen haben Sie die Nachricht, dass Bamberg ausgewählt wurde, aufgenommen?
Martin Erzfeld: Mit großer Freude natürlich. Bamberg ist eine Musikstadt und wir schätzen uns glücklich, obwohl es eine kleine Stadt ist, ein Orchester wie die Bamberger Symphoniker zu haben. Das strahlt sehr aus. So konnte auch die Verbindung zu Bart Vandenbogaerde, dem ersten Konzertmeister der Symphoniker, hergestellt werden.
Wie kam der Kontakt zu Bart Vandenbogaerde genau zustande?
Martin Erzfeld: Ich habe ihn angerufen und gefragt, ob er bereit wäre, für die beiden Konzerte mit der Deutschen Streicherphilharmonie zu spielen, und er hat sofort zugesagt. Er hat wohl auch gleich erkannt, welches Potenzial in dem Orchester steckt.
Nach welchen Gesichtspunkten wurde das Programm aus Werken von Dietrich Zöllner, Ludwig van Beethoven, Antonín Dvořák und das Violin-Solo-Konzert C‑Dur von Joseph Haydn zusammengestellt?
Martin Erzfeld: das Orchester hat derzeit verschiedene Programme im Repertoire. Es gibt sozusagen verschiedene Bausteine, aus denen wir ein bisschen auswählen konnten, zum Beispiel aus drei Solo-konzerten entweder für Klavier, Schlagzeug oder Violine. Wir haben uns für die Violine entschieden.
Auf der Homepage der Musikschule schreiben Sie: „Die Deutsche Streicherphilharmonie und ihr Chefdirigent Wolfgang Hentrich möchten mit diesem Projekt gemeinsam ein besonderes Signal setzen“. Welches Signal ist gemeint?
Martin Erzfeld: Ich denke, ein wichtiges Signal geht von Musik grundlegend immer insofern aus, als dass Musik ja auch eine Sprache ist, die von allen verstanden wird und die auch etwas sehr Verbindendes hat. Auch über Grenzen hinweg. Ich denke, gerade die Menschen, die in den Jahren der Teilung in den beiden deutschen Staaten gelebt haben, haben sicherlich auch über die Musik oft zueinander gefunden. Das Verbindende ist der zentrale Punkt, gerade in Zeiten, in denen die Gesellschaft eher auf Spaltung zuläuft als auf Homogenität.
Können Sie einschätzen, inwieweit die Deutsche Streicherphilharmonie und ihre jugendlichen Mitglieder, die alle erst nach der Wiedervereinigung geboren wurden, bei den Auftritten der Tournee das 30-jährige Jubiläum im Sinn haben?
Martin Erzfeld: Die Mitglieder sind Jugendliche, die damit aufgewachsen sind, dass es nur einen deutschen Staat gibt. Dadurch, dass die Mitglieder aber aus allen Teilen Deutschlands kommen und ein größerer Teil sogar aus den östlichen Bundesländern stammt, kann ich mir durchaus vorstellen, dass dafür doch ein Bewusstsein herrscht, das durch die Tournee sicherlich noch verstärkt wird.
Rebecca Michal ist Schülerin der Bamberger Musikschule und seit drei Jahren Mitglied des Orchesters. Was berichtet sie aus dem Orchesterbetrieb?
Martin Erzfeld: Sie lässt zum Beispiel durchklingen, dass zwischen den Mitgliedern des Orchesters, obwohl sie teilweise sehr weit auseinander wohnen und sich nicht sehr häufig sehen, doch Freundschaften entstanden sind und ein sehr enger Kontakt herrscht. Das liegt sicherlich auch an dem sehr hohen Niveau, auf dem man miteinander Musik macht, und daran, dass die Jugendlichen merken, in welchem künstlerischen Geist sie miteinander verbunden sind. Außerdem denke ich, dass die Jugendlichen in einem solchen Orchester auch gute Erfahrungen über das nicht immer unanstrengende oder vergnügliche Tourneegeschehen oder für etwaige spätere Berufe in einem Profi-Orchester sammeln können.
Wie läuft das Auswahlverfahren, Mitglied in der Deutschen Streicherphilharmonie zu werden, ab?
Martin Erzfeld: Das Probespiel für die Deutsche Streicherphilharmonie ist ähnlich wie im Profibereich. Man muss nach bestimmten Vorgaben vorspielen und es wird einerseits eine technische Reife erwartet, die über dem Durchschnitt liegt, der von elf- bis 16-Jährigen zu erwarten ist, und auf der anderen Seite geht es auch schon um das Ausdrucksvermögen und künstlerische und musikalische Aspekte. Ich bin manchmal auch in entsprechenden Jurys vertreten und man erkennt häufig sehr schnell, ob ein Vorspielen eher in die Richtung fleißig antrainiert geht oder ob das Gesamtpaket zwischen Fleiß und Begabung stimmt. Es geht in diesen Auswahlverfahren kurz gesagt auch darum, ob jemand mit dem Instrument etwas zu erzählen hat, ob wirklich musiziert wird, ob wirklich etwas rübergebracht wird, wie man so schön sagt.
Ist so eine Tournee demgemäß auch ein Schaulaufen? Sind Talentsucher anwesend?
Martin Erzfeld: Das glaube ich eher nicht. Letztendlich entscheidet über den Weg ins Profifach die Aufnahmeprüfung an einer Hochschule. Die Erfahrung, die man in einem Orchester wie der Deutschen Streicherphilharmonie sammelt, kann aber natürlich hilfreich sein.
Deutsche Streicherphilharmonie
Samstag, 3. Oktober, 16:30 Uhr und 19 Uhr, Konzerthalle Bamberg
Karten sind erhältlich beim BVD in der Langen Straße und an der Abendkasse
Weitere Informationen unter: www.musikschule.bamberg.de