Beim „Fränkischen Theatersommer“ können Sommertheatergenießer auch in diesem Jahr wieder voll und ganz auf ihre Kosten kommen. In rund 160 Veranstaltungen spielt das Ensemble in der Region und kommt an acht Abenden mit verschiedenen Stücken auch nach Bamberg in die Kulturfabrik KUFA.
„Der Konzeption unseres Sommertheaterangebots sind wir treu geblieben“, sagt Jan Burdinski, Intendant der Landesbühne Oberfranken mit Sitz in Hollfeld, die den Fränkischen Theatersommer jedes Jahr aufs Neue ausrichtet. „Es gibt ein breit gefächertes Angebot mit insgesamt zehn Neuproduktionen und auch Wiederaufnahmen bereits gespielter Stücke. Nach den Corona-Jahren und vielen weltpolitischen Krisen geht die Tendenz eindeutig dahin, dass die Leute wieder gerne lachen möchten. Daher setzen wir uns humorvoll und kritisch mit aktuellen Themen auseinander. Etwa in einer Schauspiel-Satire zum Klimawandel.“
Die „Bamberg-Reihe“ des Fränkischen Theatersommers beginnt am 31. Juli mit dem Stück „Bevor der Storch kommt – Kabarett im Bett“. Dabei kann sich das Publikum auf ein Stück über einen der wichtigsten Orte im menschlichen Leben einstellen: Das Bett. Ob Essen, Serien-Streaming, Handycheck und Social-Media oder auch Homeoffice – Silvia Ferstl und Christoph Ackermann lassen die Zuschauer an einem Blick unter ihre Decke teilhaben. Zusammen gucken sie dabei auch durchs Schlüsselloch der Schlafzimmer von gestern und heute, in die fremder Kulturen oder der Nachbarn von nebenan. Gespielt werden auch Träume, Sehnsüchte und Musik. „Dieses Stück verdankt seine Entstehung der Eigeninitiative der beiden Darsteller“, erzählt Burdinski und lacht, „das Thema bietet ja Stoff in Hülle und Fülle!“
Gleich tags darauf, am 1. August, spielen, tanzen und singen Lorraine Beran und Franz Zwosta in ihrer Eigenproduktion „In der Bar zum Grammophon“. „Da wir uns momentan in den Zwanzigerjahren befinden, liegt es nahe, einen Blick in die Goldenen Zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu werfen“, meint Burdinski.
In eine Zeit also, in der das Radio erstmals auf Sendung ging, der Zeppelin am Himmel zu sehen war oder neue Behandlungsmethoden die Medizin revolutionierten. Auch die Jugend begeisterte sich mehr und mehr für die technischen Errungenschaften, und die unverheiratete Frau begann sich in dieser Zeit zu emanzipieren, indem sie ausging und rauchte, beim Sport anzutreffen war oder am Steuer eines schnittigen Autos gesichtet wurde. Der neue Lebensstil schien aber nicht nur wegweisend, sondern auch kostspielig zu sein. Ob die Zeiten wirklich so golden waren, wird in witzigen Dialogen und mithilfe literarischer Schnipsel und alter Zeitungsartikel analysiert. „Dazu gibt es viele schwungvolle Schlager und Songs zu hören. Zudem sorgen die Tanzkunst von Lorraine Beran und das Musizieren auf Klavier, Akkordeon und Posaune von Franz Zwosta dafür, die Atmosphäre jener Zeit zum Leuchten zu bringen.“
Musiktheater über Hildegard Knef
Auf Grundlage ihrer Bücher, Lieder und Interviews zeigt die Fränkische Landesbühne am 2. August in der KUFA das Stück „So oder so: Eine Annäherung an Hildegard Knef“. Die „wilde Hilde“ wagte sich in der Nachkriegszeit vom Theater zum Film und schließlich sogar nach Hollywood vor und erlebte dabei Höhen und Tiefen. „Hildegard Knef war eine kluge Frau, die im Filmgeschäft Federn lassen musste, vor allem nach dem Skandalfilm ‚Die Sünderin‘, in dem sie sich wenige Sekunden lang nackt gezeigt hatte, was im Nachkriegsdeutschland für viel Furore sorgte“, sagt Jan Burdinski.
Beate Roux und Rebekka Herl nehmen die Zuschauer mit, einmal hinter die Kulissen des Showgeschäfts zu blicken und dazu noch etwas mehr über die Geschichte dieser Zeit und einer ganzen Nation zu erfahren. „Einfühlsam dargestellt wird die Knef von Rebekka Herl, die dieses biografische Stück von der Autorin Gilla Cremer in unseren Spielplan eingebracht hat“, erklärt der Intendant und ergänzt: „Beate Roux übernimmt die musikalische Begleitung am Piano und verkörpert unterschiedliche Schauspiel-Rollen, welche das Musiktheater über das Leben der Knef abrunden.“
Bei „Rohrmuffen und Nagellack“ von Rainer Dohlus erwartet die Zuschauer am 3. August eine Neuauflage der Komödie, die bereits in der letzten Spielzeit beim Publikum deshalb so beliebt war, weil die Franken sehr gut über sich selbst lachen können. Sie, die großstädtische Jasmin, trifft in einem Vorstellungsgespräch auf den fränkischen Sturkopf Schwarzmann. Der Heizungsbauer ist wegen Personalmangels in Not geraten und nun angewiesen auf die Bürokraft Jasmin, die nicht gerade mit guten Noten glänzt, dafür aber mit manikürten Fingernägeln. „Vegane Brotzeiten und gendergerechte Umgangsformen werden nun von Jasmin eingefordert, was ihr Gegenüber zur Weißglut bringt. Dummerweise verliebt er sich aber in sie.“
Weiter geht es am 4. August mit „Aus dem Leben eines Taugenichts“ nach der Novelle von Josef von Eichendorff. Das Stück, das von dem armen Müllerburschen erzählt, der in die Ferne schweift, um sein Glück zu suchen, lädt zum Träumen und Nachdenken ein. Fernweh und Heimweh, Freiheit, Liebe, Individualismus und Lebenskunst bilden hier einen Gegenentwurf zum bodenständigen bürgerlichen, aber auch begrenzten Leben. Es spielen Jan Burdinski, Lorraine Beran und Bogdan Lewandowski (Geige).
Hauptstück mit Appell zur Toleranz
Am 8. August treten die Schauspielerinnen und Schauspieler der Landesbühne Oberfranken mit „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing in der KUFA auf. Das berühmte Aufklärungsdrama ruft zur religiösen Toleranz auf und fordert zum interkulturellen Dialog zwischen Christentum, Islam und Judentum heraus. „Das Zeitalter der Aufklärung propagierte den Gedanken, die Menschheit als eine große Familie zu betrachten. Diesem Bild folgt Lessing und konstruiert in seinem ‚Nathan‘ darum eine Art ‚Familienzusammenführung‘, welche nationale und religiöse Grenzen mit leichter Hand wegzuwischen vermag. Dabei verharmlost er keineswegs die größten Hindernisse auf diesem Weg: Intoleranz, Fanatismus und Hass, welche zwangsläufig in Gewalt und kriegerische Auseinandersetzungen münden“, erklärt der Intendant.
In der „Dramödie“ „Eine heiße Geschichte“ zeigt die Landesbühne Oberfranken am 9. August eine Schauspiel-Satire zum Klimawandel. Vier Dorfbewohner wollen eine neue Partei gründen, die „GLP – Gut Leben in Preuschlitz“. Für ihr Gründungsvorhaben, das sich auch gegen den neuen Grillplatz richtet, den die Nachbargemeinde an der Ortsgrenze errichten will, treffen sie sich im Sitzungsraum des örtlichen Fußballvereins. Als es im Verlauf der Sitzung im Raum immer wärmer wird, verzetteln sie sich in Diskussionen und gegenseitigen Schuldzuweisungen, anstatt einfache, notwendige Maßnahmen zu ergreifen. In der Darstellung dieser Klimakatastrophe spielen Erwin Schraudner, Martin Rosenberg, Cornelia Lurtz und Michael Kaiser.
Am 11. August kommt Florian Kaplick mit seinem Stück „Ich wollt‘, ich wär (k)ein Huhn“ in die KUFA. Auf vergnügliche und nachdenkliche Weise stellt er sich dabei die Frage: „Was hat das Huhn mit uns zu tun?“ – und geht der Beziehung von Mensch und Huhn somit auf den Grund. Dabei scharrt er mithilfe von Literatur und Musik im Bodensatz der Kulturgeschichte und der Hühnerforschung, wobei er sich auf dem Klavier selbst begleitet. „Florian Kaplick ist Psychiater in Schottland und bietet hier bei uns eine geistreiche und gewitzte Darstellung rund um das Huhn. Was dabei herauskommt, da lassen wir uns mal überraschen“, sagt Jan Burdinski.
Kindertheater und Theatersommerfest
Wer gerne das Kindertheaterstück „Pippo und Pelina – zwei Clowns auf Weltreise“ besuchen möchte, kann das tun am 20. Juli im Schlosspark Unterleinleiter, am 2. August im Schlosshof in Herzogenaurach und am 24. August im Greifenhof in Hausen.
Einmal im Jahr an einem Mittwoch kommt das gesamte Ensemble zudem zusammen, um sich seinem Publikum und seinen Fans vorzustellen. Beim großen Theatersommerfest, heuer am 17. Juli auf Schloss Oberaufseß in Aufseß, zeigen die Schauspielerinnen und Schauspieler Ausschnitte aus ihren Programmen und bieten anschließend die Gelegenheit zu einem „Meet & Greet“ in lockerer Atmosphäre. „Zu diesem Event, bei dem sich unsere Landesbühne als ein Theater zum Anfassen präsentiert, erwarten wir wieder etwa 150 Gäste“, so der Intendant.
Bauarbeiten für neue Heimspielstätte beginnen
Auch sonst gibt es Neuigkeiten rund um die Landesbühne Oberfranken. So sollen die Bauarbeiten für die neue Heimspielstätte auf Gut Kutzenberg in Ebensfeld aktuell im Juli beginnen und der Umbau bis Ende 2026 fertiggestellt sein. „Inzwischen sind alle Voruntersuchungen getätigt“, sagt Jan Burdinski. „Ich war selbst überrascht, wie viel Aufmerksamkeit, Begleitung und Energie das Umbauprojekt in Anspruch nimmt. Aber wir werden hernach mit einem einzigartigen Theater- und Kulturzentrum auf dem Lande belohnt, bei dem auch inklusiv gearbeitet und mit Kindern und Jugendlichen die Theaterpädagogik ausgebaut werden soll.“