Zum gestrigen Tag der pflegenden Angehörigen forderte der Sozialverband VdK Bayern mehr Engagement der Staatsregierung und der Kommunen. Nächstenpflege müsse auf Dauer
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Tag der pflegenden Angehörigen
VdK: Pflegende Angehörige werden in Bayern allein gelassen
Zum gestrigen Tag der pflegenden Angehörigen forderte der Sozialverband VdK Bayern mehr Engagement der Staatsregierung und der Kommunen. Nächstenpflege müsse auf Dauer gewährleistet bleiben.
Pflegebedürftige und ihre Familien brauchen im Freistaat eine zuverlässige Unterstützungsstruktur, schreibt der VdK Bayern in einer aktuellen Mitteilung anlässlich des Tags der pflegenden Angehörigen (8. September). VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele sagte: „Pflegende Angehörige werden allein gelassen. Dabei werden 81 Prozent der rund 600.000 Pflegebedürftigen in Bayern zu Hause versorgt. Ohne diese Nächstenpflege bricht unser System zusammen. Deshalb erwarten wir von der Staatsregierung deutliche Signale zur Unterstützung.“
VdK-Forderungen für pflegende Angehörige
Bentele sagte weiter: „Um Pflegende zu entlasten und eine Berufstätigkeit zu ermöglichen, braucht es für jeden erreichbare und gut ausgestattete Tagespflegeeinrichtungen in allen Kommunen.“ Um kurzfristige Pflegenotwendigkeiten abzudecken oder eine Auszeit für pflegende Angehörige zu ermöglichen, müssten außerdem Kurzzeitpflegeplätze zuverlässig und schnell zu bekommen sein.
Entsprechend begrüßt der VdK, dass dieses Thema im Pflegeministerium angekommen sei, jedoch werde es von Ministerin Judith Gerlach (CSU) zu zaghaft angepackt. „Der VdK fordert“, sagte Bentele, „eine Verpflichtung für Pflegeheime, fünf Prozent ihrer Pflegeplätze für Kurzzeitpflege freizuhalten. Dann können wir von einer Abdeckung des Bedarfs ausgehen.“
Bentele kritisierte zudem: „Es gibt in Niederbayern und in der Oberpfalz jeweils nur einen einzigen Pflegestützpunkt. Damit missachten die Landkreise dort das seit 2009 verankerte Recht von Pflegebedürftigen auf eine wohnortnahe und neutrale Beratung. Ich fordere die Staatsregierung auf, alle in Bayern noch fehlenden Landkreise und Kommunen endlich zu einer Errichtung von Pflegestützpunkten zu verpflichten.“
Hintergrund
Bei einer vom VdK Bayern in Auftrag gegebenen repräsentativen Studie zur Nächstenpflege im Jahr 2022 hatten in Bayern 93 Prozent der Befragten keinen Zugang zur Tagespflege gefunden. 87 Prozent hatten keine Kurzzeitpflege in Anspruch genommen, wobei sich 79 Prozent der Angehörigen und knapp 64 Prozent der Pflegebedürftigen mehr Unterstützung durch Kurzzeitpflege wünschten.
Nach einer von der bayerischen Staatsregierung selbst in Auftrag gegebenen Hochrechnung aus dem Jahr 2023 wird im Jahr 2050 mit einem Gesamtbedarf an Kurzzeitpflegeplätzen von 3700 bis 5000 pro Jahr gerechnet. Hier zeichnet sich eine weitere Zunahme der Versorgungslücke ab.
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Zu viel Bürokratie, zu wenige Angebote
VdK-Studie: Pflegende Angehörige in Bayern sind überlastet
Deutlich mehr Unterstützung für pflegende Angehörige ist eine der zentralen VdK-Forderungen im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl. Vor allem weniger Bürokratie und mehr Angebote für die häusliche Pflege seien in Bayern nötig.
Schätzungen der VdK zufolge gibt es in Bayern mehr 900.000 pflegende Angehörige. Diese Pflegeart gehe aber oft auf Kosten der Gesundheit. Wie der Sozialverband gestern (19. Juli) mitteilte, belegt das eine Studie, für die in Bayern 14.000 Menschen befragt wurden.
Mehr als die Hälfte der Befragten fühlen sich gemäß der Studie neben der Pflege durch zusätzliche Schwierigkeiten belastet oder leiden selbst an körperlichen Beschwerden. Etwa 60 Prozent geben an, ihre eigene Gesundheit wegen der Pflegesituation zu vernachlässigen. „Das Dilemma für pflegende Angehörige ist“, sagt VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele, „dass sie nicht einfach aus der Pflege aussteigen können. Sie opfern sich auf, um ihre Liebsten zu versorgen. Doch diese Ressource ist nicht unendlich.“
Der Wunsch der pflegenden Angehörigen nach Unterstützung in Bayern sei deshalb berechtigt und groß, bleibe aber häufig unerfüllt. 84 Prozent der Befragten in Bayern können laut VdK den Entlastungsbetrag von monatlich 125 Euro nicht nutzen, obwohl er ihnen zusteht. Das seien vier Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt. Die Gründe sind für Verena Bentele klar. „Die Hürden beim Entlastungsbetrag sind in Bayern im Ländervergleich besonders hoch. Kaum eine Privatperson will sich dem in Bayern geforderten Prozedere unterziehen, um einfache hauswirtschaftliche Leistungen wie Putzen, Wäsche bügeln oder Einkäufe erledigen anbieten und abrechnen zu dürfen. So bleibt das Geld einfach bei der Pflegeversicherung liegen und den Familien wird die ihnen zustehende Entlastung vorenthalten.“
Der VdK Bayern fordert darum weniger Bürokratie, mehr Angebote und eine bessere Beratung vor Ort. „Pflege ist Daseinsvorsorge“, sagt Bentele. „Da ist der Staat in der Pflicht. Doch noch immer fehlen in vielen Landkreisen Pflegestützpunkte. Hier vermissen wir in vielen Regionen das Engagement der politisch Verantwortlichen. Tages- und Kurzzeitpflegeplätze müssen von der Staatsregierung und den Kommunen viel stärker mitfinanziert werden.“