Som­mer­pres­se­kon­fe­renz

VdK Bay­ern: Kri­tik an Staatsregierung

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Staatsregierung
Verena Bentele, Foto: Susie Knoll
Auf einer Som­mer­pres­se­kon­fe­renz in Mün­chen haben der Sozi­al­ver­band VdK Bay­ern und sei­ne Lan­des­vor­sit­zen­de Vere­na Ben­te­le sozi­al­po­li­ti­sche Bilanz gezo­gen. Die Staats­re­gie­rung kam dabei schlecht weg.
Im Mit­tel­punkt der Aus­füh­run­gen von Vere­na Ben­te­le, baye­ri­sche VdK-Lan­des­vor­sit­zen­de und Prä­si­den­tin des Sozi­al­ver­bands VdK Deutsch­land, stand auf der Som­mer­pres­se­kon­fe­renz die Kran­ken­haus­re­form. „Bay­ern hat den Anspruch, ein sozia­les Bun­des­land zu sein“, sag­te Vere­na Ben­te­le. „Lei­der ver­liert sich die aktu­el­le Poli­tik der Staats­re­gie­rung oft in einer grund­sätz­lich oppo­si­tio­nel­len Hal­tung zur Bun­des­re­gie­rung, gepaart mit einer Nei­gung, den Erfolg im Popu­lis­mus zu suchen.“

Auch warf sie der Staats­re­gie­rung vor, not­wen­di­ge struk­tu­rel­le Ver­än­de­run­gen in der Kran­ken­haus­land­schaft Bay­erns zu blo­ckie­ren und mit die­ser Hal­tung, die Ver­sor­gungs­si­cher­heit auf Dau­er zu gefähr­den. Dass es Ver­än­de­run­gen geben muss, sei unstrit­tig, so Ben­te­le. Die meis­ten Bun­des­län­der sind des­halb längst in kon­kre­te­re Pla­nun­gen für die Umge­stal­tung gegan­gen, etwa Nord­rhein-West­fa­len. Bay­ern war­te immer noch ab.

„Der kal­te Struk­tur­wan­del könn­te hier schnell Fak­ten schaf­fen“, fuhr Ben­te­le fort. 80 Pro­zent der baye­ri­schen Kli­ni­ken wür­den 2024 mit roten Zah­len rech­nen. Schlie­ßun­gen, Ver­käu­fe an pri­va­te Trä­ger oder Fusio­nen fän­den längst statt und die baye­ri­sche Kran­ken­haus­land­schaft sei von klei­nen Häu­sern domi­niert. „Im Süden des Frei­staats ste­hen zudem erheb­lich mehr Kli­ni­ken als im Nor­den. So gibt es trotz eigent­lich ins­ge­samt aus­rei­chen­der Zahl an Kli­nik­bet­ten tat­säch­lich unter­ver­sorg­te Regio­nen in Bay­ern.“

Dann kri­ti­sier­te sie die Staats­re­gie­rung für die Anhe­bung des Kran­ken­haus­för­der­etats von 643 auf 800 Mil­lio­nen Euro in die­ser poli­ti­schen Pha­se des Umbruchs. „Das sind Steu­er­gel­der, die in Bau­vor­ha­ben ein­zel­ner Kli­ni­ken flie­ßen, die den not­wen­di­gen Umstruk­tu­rie­run­gen durch die Kran­ken­haus­re­form mög­li­cher­wei­se nicht stand­hal­ten wer­den. Das ist Verschwendung.“

Ein „Ein­fach wei­ter so“ gefähr­det die Versorgung
Der VdK spricht sich aller­dings nicht pau­schal für Kli­nik­schlie­ßun­gen aus, beton­te Ben­te­le, son­dern für eine sach­li­che Bestands­auf­nah­me. „Ein­zi­ger Grad­mes­ser für uns ist, was für Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten gut ist. Sie haben ein Recht auf eine zukunfts­fä­hi­ge und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Gesund­heits­ver­sor­gung. Das von der Staats­re­gie­rung gera­de prak­ti­zier­te ‚Ein­fach wei­ter so‘ wird den Men­schen in Bay­ern auf Dau­er scha­den.“

Die Ängs­te in der Bevöl­ke­rung um den Weg­fall einer zuver­läs­si­gen Not­fall­ver­sor­gung müs­se man jedoch ernst neh­men. „Wir for­dern, die geplan­ten inte­grier­ten Not­fall­zen­tren, bestehend aus der Not­auf­nah­me eines Kran­ken­hau­ses, einer Not­dienst­pra­xis der Kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gung und einer zen­tra­len Erst­ein­schät­zungs­stel­le, flä­chen­de­ckend zu instal­lie­ren und dafür die Chan­cen der Tele­me­di­zin, aber auch einer erwei­ter­ten Luft­ret­tung zu nut­zen.“

Posi­tiv ver­merk­te Vere­na Ben­te­le in ihren wei­te­ren Aus­füh­run­gen hin­ge­gen, dass die Staats­re­gie­rung zwei VdK-For­de­run­gen zur Land­tags­wahl umset­zen will: die Ein­füh­rung eines baye­ri­schen Gehör­lo­sen­gelds und die Ein­rich­tung einer Fach­stel­le für Bar­rie­re­frei­heit. Trotz­dem appel­lier­te sie an die Staats­re­gie­rung, Bar­rie­re­frei­heit als Quer­schnitts­auf­ga­be zu begrei­fen und nahm ins­be­son­de­re das Bau­mi­nis­te­ri­um in den Blick. „Es geht ja um die gebau­te Umwelt, die den Men­schen mit Behin­de­rung wort­wört­lich im Weg steht. In die baye­ri­sche Bau­ord­nung muss end­lich die stren­ge Ver­pflich­tung zum bar­rie­re­frei­en Bau­en auf­ge­nom­men wer­den.“ Wei­te­re VdK-For­de­run­gen, vom Recht auf einen Tages­pfle­ge­platz, dem Sozi­al­ti­cket für 29 Euro bis zum Tarif­treue­ge­setz, gab sie der Staats­re­gie­rung mit auf den Weg in die Som­mer­fe­ri­en.

 
Ben­te­le for­dert mehr Sach­lich­keit in den Debatten
Für die Bun­des­re­gie­rung geht es nach der Som­mer­pau­se in das letz­te Jahr vor der nächs­ten Bun­des­tags­wahl. „Ein schar­fer Ton ist der Grund­sound der Ampel­re­gie­rung“, sag­te Vere­na Ben­te­le hier­zu. „Wir ver­mis­sen gera­de in der Sozi­al­po­li­tik das kon­struk­ti­ve Rin­gen um gute Lösun­gen.“

Dies sei auch eine Ursa­che für die aus VdK-Sicht etwas ent­täu­schen­de sozi­al­po­li­ti­sche Bilanz. „Von ambi­tio­nier­ten und wich­ti­gen Vor­ha­ben wie der Kin­der­grund­si­che­rung ist nur noch die Hül­le übrig­ge­blie­ben. Wesent­li­che Ele­men­te der Reform von Hartz IV zum Bür­ger­geld wer­den gera­de nach und nach wie­der ein­kas­siert. Die Pfle­ge­ver­si­che­rung ist im schwe­ren Fahr­was­ser. Das Ren­ten­pa­ket II ver­spricht nur in Tei­len Sta­bi­li­tät und Fort­schritt.“

Ben­te­le beschrieb die wach­sen­de gesell­schaft­li­che Spal­tung sor­gen­voll und for­dert steu­er­po­li­ti­sche Maß­nah­men. „Dass Arme gegen noch Ärme­re aus­ge­spielt wer­den, alar­miert mich beson­ders. Die­se Gegen­sät­ze sind kon­stru­iert, sie spal­ten bewusst. Sie ver­ne­beln die Dis­kus­si­on und len­ken von unse­rem eigent­li­chen Pro­blem ab, der man­gel­haf­ten bis feh­len­den Umver­tei­lung von oben nach unten.“

VdK Bay­ern setzt Zei­chen gegen Rechtsextremismus
Lan­des­ge­schäfts­füh­rer Micha­el Paus­der hob in sei­nem State­ment auf der Pres­se­kon­fe­renz den Ein­satz des VdK Bay­ern gegen Rechts­extre­mis­mus her­vor. Im Janu­ar und Febru­ar 2024 sei­en VdK-Kreis- und ‑Orts­ver­bän­de an rund 60 Pro­test­ver­an­stal­tun­gen gegen das Erstar­ken rechts­extre­mer Kräf­te betei­ligt gewe­sen. In bay­ern­wei­ten Bünd­nis­sen habe der VdK Bay­ern ein kla­res Zei­chen für Demo­kra­tie und Soli­da­ri­tät gesetzt. Paus­der sag­te: „Wir kön­nen jeder­zeit unser Poten­zi­al von über 800.000 Mit­glie­dern akti­vie­ren, falls der rech­te Wind wie­der stär­ker bläst. Der Schre­cken von Krieg und Dik­ta­tur in Deutsch­land hat gera­de uns als ehe­ma­li­ge Kriegs­op­fer­or­ga­ni­sa­ti­on gelehrt, dass wir unse­re Wer­te ver­tei­di­gen müs­sen.“ Des­halb gel­te der Grund­satz: „Wer in der AfD aktiv ist, darf kei­ne Funk­ti­on im VdK ausüben.“
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