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Sibylle Broll-Pape

Nach­fol­ge von Sibyl­le Broll-Pape

ETA Hoff­mann Thea­ter: John von Düf­fel wird neu­er Intendant

Der Dra­ma­turg und Autor John von Düf­fel wird neu­er Inten­dant des ETA Hoff­mann Thea­ters. Ges­tern Abend leg­te sich der Stadt­rat auf den 57-Jäh­ri­gen fest, der im Som­mer 2025 die Nach­fol­ge von Sibyl­le Broll-Pape über­neh­men wird.

„Ich bin über­zeugt, dass wir mit John von Düf­fel einen kom­pe­ten­ten Inten­dan­ten gefun­den haben, der das Thea­ter erfolg­reich wei­ter­ent­wi­ckeln wird“, zitiert eine Mit­tei­lung des Rat­hau­ses Ober­bür­ger­meis­ter Andre­as Star­ke nach der Per­so­nal-Ent­schei­dung im Stadt­rat ges­tern Abend (25. Oktober).

Kul­tur­re­fe­ren­tin Ulri­ke Sie­ben­haar freu­te sich zudem über ein gro­ßes Bewer­bungs-Inter­es­se an der Stel­le. 68 Ein­zel­per­so­nen und Teams haben sich laut Rat­haus um die Lei­tungs­stel­le für das Thea­ter bewor­ben. „Das zeigt den hohen Stel­len­wert, den sich das ETA Hoff­mann Thea­ter mitt­ler­wei­le erar­bei­tet hat“, sag­te Sie­ben­haar. Ein Ver­dienst, der ganz wesent­lich mit Sibyl­le Broll-Pape zusam­men­hängt und für den wir ihr gar nicht genug dan­ken kön­nen.“ Sibyl­le Broll-Pape hat das Thea­ter seit 2015 als Inten­dan­tin geführt und in die­ser Zeit ver­schie­de­ne natio­na­le Prei­se gewonnen.

Eine knapp 20-köp­fi­ge Fin­dungs­kom­mis­si­on, bestehend aus Thea­ter­fach­leu­ten, Kul­tur­wis­sen­schaft­lern, Per­so­nal­ver­tre­tern und Poli­ti­ke­rIn­nen aller Stadt­rats-Frak­tio­nen, Wäh­ler­grup­pie­run­gen und Aus­schuss­ge­mein­schaf­ten des Stadt­rats, sich­te­te die Bewer­bun­gen und führ­te die Vor­stel­lungs­ge­sprä­che, ehe nun die fina­le Ent­schei­dung im Stadt­rat getrof­fen wurde.

Wer­de­gang John von Düffels

Mit John von Düf­fel fiel die Wahl auf einen Mann, der in der deut­schen Thea­ter- und Lite­ra­tur­sze­ne hohe Wert­schät­zung genie­ße, so das Rat­haus weiter.

1989 hat von Düf­fel über Erkennt­nis­theo­rie pro­mo­viert, seit­dem war er als Autor und Dra­ma­turg an Thea­tern in Stend­al, Olden­burg, Basel und Bonn tätig. Von 2000 bis 2009 arbei­te­te er am Tha­lia Thea­ter Ham­burg. Danach wirk­te er bis heu­te als Dra­ma­turg am Deut­schen Thea­ter Ber­lin und unter­rich­tet par­al­lel als Pro­fes­sor für Sze­ni­sches Schrei­ben an der Uni­ver­si­tät der Küns­te Berlin.

Sei­ne zahl­rei­chen Thea­ter­stü­cken und Büh­nen­be­ar­bei­tun­gen zei­gen eine gro­ße Viel­sei­tig­keit. Von Roma­nen, anti­ken Stof­fen bis hin zum Kin­der­thea­ter und leich­ten Musik­thea­ter ist alles dabei. So brach­te er zum Bei­spiel auch die Bul­ly-Herbig-Erfolgs­ko­mö­die „Schuh des Mani­tu“ als Musi­cal auf die Bühne.

Sei­ne Roma­ne „Vom Was­ser“ (1998), „Hou­we­landt“ (2004) ver­kauf­ten sich gut, genau wie sein neu­es­tes Buch über Aske­se „Das Weni­ge und das Wesent­li­che“ (2022). In Bam­berg hat John von Düf­fel bereits Spu­ren hin­ter­las­sen, als er 2008 die Poe­tik­pro­fes­sur an der Uni­ver­si­tät inne­hat­te. Schon damals habe die Stadt ihn und sei­ne Frau Kat­ja angezogen.

Schwer­punkt Kin­der- und Jugendtheater

Wenn John von Düf­fel im Som­mer 2024 nach Bam­berg zurück­kehrt, um die Thea­ter­sai­son 2025 /​/​2026 vor­zu­be­rei­ten, will er vie­le Plä­ne und Ideen mit nach Fran­ken brin­gen. „Ich will das Loka­le mit dem Über­re­gio­na­len ver­söh­nen, eben­so wie die Unter­hal­tung mit dem Ernst. Das Schwe­re muss man nicht immer schwer erzäh­len, son­dern es kann auch leicht­fü­ßig und spie­le­risch daher­kom­men“, sag­te von Düf­fel bei sei­ner Vor­stel­lung im Stadt­rat und ver­wies auf musi­ka­li­sche For­ma­te wie das Musi­cal oder die Oper.

Ihm sei zudem sehr an einer Koope­ra­ti­on mit der Frei­en Sze­ne gele­gen, aber auch mit ande­ren Stadt­thea­tern und Kul­tur­trä­gern. „Einen Schwer­punkt möch­te ich auf das Kin­der- und Jugend­thea­ter legen und das Haus zum Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­thea­ter erwei­tern“, sag­te von Düffel.

Von hoher Bedeu­tung sei für ihn auch die Ver­mitt­lung von Lite­ra­tur, aber in Ver­bin­dung mit dem All­tag der Kon­su­men­ten. Des­halb wähl­te er den latei­ni­schen Satz „Tua res agi­tur“ als Leit­bild. Die­ses „Dei­ne Sache wird ver­han­delt“ soll ver­deut­li­chen, das er The­men, wel­che die Stadt bewe­gen, im Thea­ter auf­grei­fen will.

„Ich bin über­wäl­tigt, dass mir die Stadt Bam­berg das Ver­trau­en schenkt, mein Kon­zept in den nächs­ten Jah­ren am ETA Hoff­mann Thea­ter umset­zen zu dür­fen. Es wird eine gro­ße Freu­de für mich sein, hier wir­ken zu kön­nen“, sag­te John von Düf­fel nach sei­ner Wahl.

Sibyl­le Broll-Pape geht 2025

Neue Inten­danz für das E.T.A‑Hoffmann-Theater gesucht

2025 wird die Inten­danz des E.T.A‑Hoffmann-Theaters frei. Die Stadt Bam­berg hat die Stel­le nun offi­zi­ell ausgeschrieben.

Seit 2015 lei­tet Sibyl­le Broll-Pape als Inten­dan­tin das Bam­ber­ger ETA Hoff­mann Thea­ter. Die­se Stel­le muss sie im Jahr 2025 aller­dings räu­men. Im März hat­te der Stadt­rat Broll-Papes Wunsch abge­lehnt, das Thea­ter über 2025 hin­aus noch zwei Jah­re län­ger zu lei­ten. Nun sucht Bam­berg nach einer neu­en Inten­dan­tin oder einem neu­en Inten­dan­ten, wie das Rat­haus am Diens­tag mit­teil­te. Nach­dem in einer ers­ten Sit­zung der Fin­dungs­kom­mis­si­on unter ande­rem der Aus­schrei­bungs­text fina­li­siert wor­den sei, kön­nen sich Inter­es­sier­te nun bis 16. Juli 2023 auf die Posi­ti­on der Inten­danz bewerben.

Die Fin­dungs­kom­mis­si­on, bestehend aus Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern des Stadt­ra­tes und der Ver­wal­tung, sowie aus exter­nen Fach­leu­ten der Kul­tur- und Thea­ter­bran­che, sich­tet dann die ein­ge­reich­ten Bewer­bun­gen und lädt pas­sen­de Kan­di­da­tIn­nen zu Vor­stel­lungs­ge­sprä­chen nach Bam­berg ein. Der Aus­wahl­pro­zess soll bis Ende Jah­res abge­schlos­sen sein.

Stel­len­an­for­de­run­gen

Was muss man mit­brin­gen, um die Inten­danz-Stel­le zu bekom­men? Der Aus­schrei­bungs­text gibt Auf­schluss: Gesucht wird eine enga­gier­te Per­sön­lich­keit oder ein Team mit umfang­rei­chen Erfah­run­gen im Thea­ter­be­trieb, ins­be­son­de­re im Lei­tungs­be­reich, sowie der Bereit­schaft, das E.T.A.-Hoffmann-Theater, gemein­sam mit dem Ver­wal­tungs­lei­ter, im Rah­men der orga­ni­sa­to­ri­schen und wirt­schaft­li­chen Mög­lich­kei­ten, anspruchs­voll, enga­giert und ver­ant­wor­tungs­be­wusst in die Zukunft zu füh­ren. Koope­ra­tio­nen mit den Thea­ter­häu­sern der Metro­pol­re­gi­on und der Frei­en Sze­ne Bam­bergs sei­en zudem aus­drück­lich erwünscht.

Auch erwar­tet sich die Stadt eine abge­schlos­se­ne aka­de­mi­sche Aus­bil­dung im thea­ter- oder kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Bereich oder umfas­sen­de Thea­ter­er­fah­rung. Die Posi­ti­on erfor­de­re wei­ter­hin Über­zeu­gungs- und Durch­set­zungs­kraft, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fä­hig­keit, Orga­ni­sa­ti­ons­ge­schick, Füh­rungs­kom­pe­tenz und Team­fä­hig­keit. Fle­xi­bi­li­tät und ein siche­res Auf­tre­ten sei­en eben­so unab­ding­bar. Wer die Stel­le bekommt, erhält, so das Rat­haus, einen Fünf­jah­res­ver­trag mit Opti­on auf Verlängerung.

Spiel­zeit­er­öff­nung

Neue Spiel­zeit im ETA Hoff­mann Theater

Seit 1. Juli wird am ETA Hoff­mann Thea­ter wie­der geprobt. Nach einem Eröff­nungs-Lie­der­abend am 3. Okto­ber soll am 9. Okto­ber die neue Spiel­zeit mit Anton Tschechows „Der Kirsch­gar­ten“ begin­nen – jeweils mit der Ver­pflich­tung, auf der Büh­ne und im Publi­kum Coro­na-Abstands­re­geln ein­zu­hal­ten. Wie genau die Umset­zung die­ser Vor­ga­ben mit der Insze­nie­rung von Thea­ter­stü­cken ver­ein­bar sein wird, ist aller­dings noch nicht abschlie­ßend geklärt. Inten­dan­tin und Regis­seu­rin Sibyl­le Broll-Pape ist aber guter Din­ge, dass Thea­ter­schaf­fen­de mit ihren Aus­drucks­mit­teln ver­tret­ba­re Lösun­gen fin­den wer­den. Wir haben die Inten­dan­tin zum Gespräch getroffen.
Intendantin Sibylle Broll-Pape, Foto: Matthias Hoch
Inten­dan­tin Sibyl­le Broll-Pape, Foto: Mat­thi­as Hoch

Frau Broll-Pape, wie geht es Ihnen nach mona­te­lan­gem Stillstand?

Sibyl­le Broll-Pape: Man möch­te ger­ne wie­der Thea­ter machen. Wir haben bis dahin eine gan­ze Men­ge zu tun, aber eben nicht das, was die See­le eines Thea­ters aus­macht: insze­nie­ren, pro­ben, Vor­stel­lun­gen zei­gen – das fehlt.

Wel­che Arbei­ten ste­hen zur­zeit an?

Sibyl­le Broll-Pape: Hygie­ne­maß­nah­men ent­wi­ckeln zum Bei­spiel. Wir wis­sen ja bereits, dass wir ab 1. Juli wie­der pro­ben kön­nen, aber wir müs­sen Kon­zep­te ent­wi­ckeln, unter wel­chen Bedin­gun­gen und Vor­aus­set­zun­gen das zu machen ist. Und wir über­le­gen natür­lich, wie das Büh­nen­ge­sche­hen aus­se­hen wird, wenn im Okto­ber die neue Spiel­zeit beginnt. Das sind alles Din­ge, die für mich eher fach­fremd waren.

Wie geht es dem Ensem­ble, auch unter finan­zi­el­len Gesichtspunkten?

Sibyl­le Broll-Pape: Unter finan­zi­el­len Gesichts­punk­ten sind sie durch ihr Fest­enga­ge­ment am ETA Hoff­mann Thea­ter abge­fe­dert, aber sie schar­ren natür­lich schon mit den Hufen und möch­ten end­lich wie­der rich­tig arbei­ten kön­nen. Ganz beschäf­ti­gungs­los waren sie unter ande­rem mit der Video-Rei­he „ETA@home“ zwar nicht, aber das ist natür­lich nicht ver­gleich­bar mit einem stän­di­gen Pro­ben- und Vor­stel­lungs­be­trieb. Schau­spie­ler brau­chen genau das, sie müs­sen das die gan­ze Zeit wei­ter prak­ti­zie­ren. Und sie brau­chen den Kon­takt zum Publi­kum. Sie müs­sen spie­len kön­nen und sie brau­chen das Feed­back vom Publi­kum. Wenn da lan­ge Zeit nichts zurück­kommt, fehlt etwas Fundamentales.

Kul­tur­schaf­fen­de haben in den zurück­lie­gen­den Wochen immer wie­der die zu gerin­ge Unter­stüt­zung von staat­li­cher Sei­te kri­ti­siert. Kön­nen Sie nach­voll­zie­hen, was in Kul­tur­schaf­fen­den im Ange­sicht die­ser gering­schät­zi­gen Behand­lung vorgeht?

Sibyl­le Broll-Pape: Ich glau­be, dass wir als Kul­tur­schaf­fen­de uns nie groß­ar­ti­gen Illu­sio­nen dar­über hin­ge­ge­ben haben, dass wir bei der Poli­tik die Num­mer eins wären. Inso­fern hät­te ich auch nichts ande­res erwar­tet. Wir haben auch kei­ne finan­zi­el­le Lob­by hin­ter uns, wie etwa der Fuß­ball oder die Auto­in­dus­trie, die über ganz ande­re Druck­mit­tel ver­fü­gen. Des­we­gen ist Kul­tur auch nicht das Ers­te, wor­über in der Poli­tik nach­ge­dacht wird. So ist es eben. Aber ich bin schon froh, dass über­haupt über Kul­tur nach­ge­dacht wird und es durch­aus Wert­schät­zung gibt. Ich glau­be aber, dass die wirk­lich schwie­ri­gen Jah­re erst noch kom­men. Der jet­zi­ge Still­stand ist nicht so pro­ble­ma­tisch, wie das, was finan­zi­ell noch kom­men könnte.

Das heißt?

Sibyl­le Broll-Pape: Jetzt muss Geld aus­ge­ge­ben und jetzt müs­sen Schul­den gemacht wer­den. Die­ses Geld muss aber auch irgend­wann wie­der rein­kom­men, in den Stadt­sä­ckel zum Bei­spiel. Das heißt, die Bud­gets, auch die für Kul­tur, könn­ten in den nächs­ten Jah­ren ins­ge­samt redu­ziert wer­den. Das befürch­te ich.

Wie geht es dem ETA Hoff­mann Thea­ter der­zeit finanziell?

Sibyl­le Broll-Pape: Im Moment gehen wir sehen­den Auges ins Defi­zit. Wir tun sehr viel, um das Defi­zit zu ver­klei­nern. Zum Groß­teil wer­den wir das auch schaf­fen, aber es wird uns eben nicht gelin­gen, das Defi­zit aus eige­ner Kraft voll­stän­dig ver­schwin­den zu las­sen. Wir hof­fen also auch wei­ter­hin auf Unter­stüt­zung durch die Stadt.

Gibt es schon Rück­mel­dun­gen aus dem Rat­haus bezüg­lich finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung des Theaters?

Sibyl­le Broll-Pape: Nein, aber das kann ich in gewis­ser Wei­se nach­voll­zie­hen, weil die Stadt sel­ber noch nicht weiß, wie der kom­men­de Haus­halt aus­se­hen wird und man noch bis zum Herbst war­ten möch­te, um die Höhe des städ­ti­schen Defi­zits einzuschätzen.

Wie sehen die Spar­maß­nah­men des ETA Hoff­mann Thea­ters aus?

Sibyl­le Broll-Pape: Wir haben Pro­duk­tio­nen absa­gen oder ver­schie­ben müs­sen, das heißt, wir haben Gagen ein­ge­spart und die Kos­ten für Mate­ri­al wie zum Bei­spiel Kulis­sen und Kos­tü­me. Auch sind wir größ­ten­teils in Kurzarbeit.

Lässt sich aus der Not eine Tugend machen, indem man zum Bei­spiel spar­ta­ni­sche Kulis­sen zum künst­le­ri­schen Aus­drucks­mit­tel macht?

Sibyl­le Broll-Pape: Mei­ne Büh­nen­bil­der sind meis­tens redu­ziert. Mehr lässt sich dort eben nicht zusammensparen.

Das Mot­to der kom­men­den Spiel­zeit lau­tet „Wo ste­hen wir?“. War­um haben Sie es gewählt, was bedeu­tet es?

Sibyl­le Broll-Pape: Wir haben uns schon vor fast einem Jahr für die­ses Mot­to ent­schie­den. Damals waren wir noch auf der Suche nach einem Slo­gan, der Bezug dazu hat, dass wir schon fünf Jah­re hier sind, was die Hälf­te mei­ner Ver­trags­lauf­zeit als Inten­dan­tin aus­macht. Da fängt man an zu über­le­gen, was man gemacht hat und wo es noch hin­ge­hen soll. Das Mot­to drückt aber auch aus, wor­über zeit­ge­nös­si­schen Theaterautor*innen heu­te nach­den­ken. Uns ist auf­ge­fal­len, dass sehr vie­le Autor*innen ange­fan­gen haben, eine Art Bestand­auf­nah­me unse­res Lan­des und unse­rer Gesell­schaft zu machen. Das fan­den wir sehr span­nend. Dass das Mot­to jetzt, nach Mona­ten des Still­stan­des, aber erst so rich­tig passt, das hät­te nie­mand gedacht.

Geschah ent­spre­chend auch die Aus­wahl der Stü­cke für die neue Sai­son vor Coro­na? Bezie­hungs­wei­se wür­de der Spiel­plan anders aus­se­hen, wenn Sie ihn unter dem Ein­druck der Pan­de­mie zusam­men­ge­stellt hätten?

Sibyl­le Broll-Pape: Wir haben über­legt, ob wir uns ument­schei­den und aus dem Spiel­plan tat­säch­lich einen rei­nen Coro­na-Spiel­plan machen soll­ten. Aber letzt­end­lich haben wir die­sen Schritt abge­lehnt. Wir haben das Gefühl, dass Coro­na schon genug Auf­merk­sam­keit bekommt. Aber, was die Kri­se mit sich gebracht hat, ist, dass es sie gesell­schaft­li­che Pro­ble­me, die die gan­ze Zeit schon da waren, viel deut­li­cher in den Fokus rückt.

Sind bereits Thea­ter­stü­cke, die sich mit der Virus-The­ma­tik befas­sen, geschrie­ben worden?

Sibyl­le Broll-Pape: Ja.

Fin­den Sie das gut oder schlecht?

Sibyl­le Broll-Pape: Ich ver­ste­he das sehr gut und ich ver­ste­he auch jedes Thea­ter, das sol­che Stü­cke zei­gen will. Aber ich glau­be auch, dass das The­ma sowie­so in künf­ti­gen Insze­nie­run­gen vor­kom­men wird. Es kann auch gar nicht anders sein, als dass wir damit auf unse­re Art und Wei­se umge­hen, schon aus dem Grund, dass wir auf der Büh­ne jetzt anders arbei­ten und zum Bei­spiel Abstän­de ein­hal­ten müs­sen. Das The­ma wird also impli­zit mit dabei sein, auch wenn es nicht expli­zit genannt wird.

Vor der eigent­li­chen Spiel­zeit­er­öff­nung am 9. Okto­ber ver­an­stal­ten Sie am 3. Okto­ber einen Lie­der­abend. Das kommt mir ein biss­chen wie das Pfei­fen im dunk­len Wald vor.

Sibyl­le Broll-Pape: Das sehe ich nicht so. Aber natür­lich haben wir einen Auf­takt gesucht, der unse­rem Publi­kum wie­der Lust und Spaß auf Thea­ter macht, der in gewis­ser Wei­se fei­ert, dass wir wie­der da sind. Der Abend wird viel mit uns, mit Bam­berg und der jet­zi­gen Situa­ti­on zu tun haben.

War­um haben Sie für das ers­te Stück der neu­en Spiel­zeit „Der Kirsch­gar­ten“ von Anton Tschechow ausgewählt?

Sibyl­le Broll-Pape: Eigent­lich war es für die zurück­lie­gen­de Spiel­zeit geplant, zum dama­li­gen Mot­to „Fort­schritt“. Wir hat­ten auch schon das Büh­nen­bild gebaut, waren eigent­lich fer­tig und stan­den einen Tag vor Pro­ben­be­ginn, aber dann muss­ten wir die Spiel­zeit abbre­chen. Alles in die Ton­ne schmei­ßen woll­ten wir aber nicht, mit all der bereits geleis­te­ten Arbeit. Ich fin­de, es ist tat­säch­lich ein per­fek­tes Stück, um die kom­men­de Spiel­zeit zu begin­nen, weil es sehr genau auf die The­ma­tik gesell­schaft­li­cher Pro­ble­me und Umbrü­che, wie wir sie der­zeit erle­ben, passt. Außer­dem bin ich sehr gespannt, wie ich damit umge­hen kann, so vie­le Men­schen unter Coro­na-Bedin­gun­gen auf der Büh­ne zu haben. Das reizt mich.

Wie wird das Büh­nen­ge­sche­hen, gera­de bei kör­per­li­chen Sze­nen, aus­se­hen, wenn die Schau­spie­le­rin­nen und Schau­spie­ler Abstand zuein­an­der hal­ten müs­sen und sich nicht berüh­ren dürfen?

Sibyl­le Broll-Pape: Sol­che Sze­nen gibt es dann eben nicht. Da muss man sich etwas Adäqua­tes ein­fal­len las­sen. Zuerst dach­ten wir schon, wie scha­de das ist, aber eigent­lich ist es auch span­nend und eine Her­aus­for­de­rung. Wie kann man trotz­dem klar­ma­chen, was zwi­schen Figu­ren pas­siert, ohne dass sie sich anfassen?

Aber kön­nen dabei die­sel­be Stim­mung und Ener­gie entstehen?

Sibyl­le Broll-Pape: Ich glau­be schon. Es kann auch viel über Spra­che erreicht wer­den oder über die Posi­ti­on von Men­schen im Raum. Wir pro­bie­ren es aus und sind gespannt auf das Ergebnis.

Seit 1. Juli läuft der Pro­ben­be­trieb. Wie sehen die bis­he­ri­gen Erfah­run­gen mit Pro­ben unter Coro­na-Abstands­re­geln aus?

Sibyl­le Broll-Pape: Es macht ein­fach rich­tig Spaß, wie­der gemein­sam zu pro­ben. Das Tra­gen von Abstands­hal­tern und ande­re hygie­ne­be­ding­te Ein­schrän­kun­gen sind zwar manch­mal etwas hin­der­lich, brin­gen uns im Gegen­zug aber immer wie­der auf neue, span­nen­de Ideen.

Könn­te es pas­sie­ren, dass wäh­rend der Pro­ben oder Auf­füh­run­gen ein Punkt erreicht wird, an dem Sie oder das Ensem­ble ent­nervt aufgeben?

Sibyl­le Broll-Pape: Nein. Das könn­ten wir uns ein­fach nicht leis­ten. Wir haben drei Pre­mie­ren im Okto­ber geplant und die wol­len wir ein­fach zei­gen. Aber natür­lich weiß kein Mensch, wie sich die Situa­ti­on um das Virus im Okto­ber dar­stel­len wird. Natür­lich könn­te ich den­ken, dass sowie­so eine zwei­te Infek­ti­ons­wel­le kommt und dann gar nichts statt­fin­det. Aber ich ver­su­che, mir mei­nen Opti­mis­mus zu erhalten.

Sind Geis­ter­auf­trit­te ohne Publi­kum, zum Bei­spiel für den Online-Kon­sum, denkbar?

Sibyl­le Broll-Pape: Das ist eine Über­le­gung wert, aber ich fän­de die­se Lösung sehr scha­de. Das wäre eigent­lich kein Theater.

Grund­le­gend gefragt, wel­che Rol­le spielt das Publi­kum wäh­rend einer Thea­ter-Auf­füh­rung? Es sitzt ja eigent­lich nur still im Dunkeln.

Sibyl­le Broll-Pape: Es ist viel­leicht nicht so laut wie beim Fuß­ball, aber man spürt sei­ne Anwe­sen­heit, die Ener­gie, die aus dem Publi­kum kommt. Man spürt, dass da Auf­merk­sam­keit ist.

Wie könn­te Thea­ter mit Abstand­hal­ten auf der Büh­ne und in den Sitz­rei­hen auf das Publi­kum wirken?

Sibyl­le Broll-Pape: Ich glau­be, dass die Leu­te gespannt genug sind, es ein­fach auszuprobieren.

Bezie­hungs­wei­se, was hat ein Mit­glied des Publi­kums von der nor­ma­ler­wei­se dicht gepack­ten Anwe­sen­heit ande­rer, wenn auch stil­ler Zuschaue­rin­nen und Zuschauer?

Sibyl­le Broll-Pape: Eine Men­ge, weil Thea­ter trotz der Stil­le ein star­kes sozia­les Ereig­nis ist. Man erlebt etwas zusam­men und spürt die ande­ren Men­schen im Raum. Ich glau­be, Men­schen brau­chen das.

Hal­ten die Abon­nen­tin­nen und Abon­nen­ten Ihnen bis­her die Treue oder wer­den Abon­ne­ments ver­mehrt gekündigt?

Sibyl­le Broll-Pape: Zum gro­ßen Teil blei­ben sie uns treu. Wir erhal­ten sehr zuge­wand­te und unter­stüt­zen­de Rückmeldungen.

Wie sieht das Ensem­ble die Pflicht zum Abstand?

Sibyl­le Broll-Pape: Im Moment über­wiegt die Vor­freu­de, über­haupt wie­der mit­ein­an­der arbei­ten zu können.

Was, wenn die Spiel­zeit doch wie­der abge­bro­chen wer­den muss?

Sibyl­le Broll-Pape: Da möch­te Ich jetzt nicht dar­über nach­den­ken. Wenn sie abge­bro­chen wird, wird sie abge­bro­chen und wir set­zen mit neu­en Pla­nun­gen zu einem ande­ren Zeit­punkt wie­der an. Wir wer­den nicht die Hän­de in den Schoß legen und aufgeben.

Gibt es etwas Posi­ti­ves, das Sie per­sön­lich aus der Kri­se zie­hen können?

Sibyl­le Broll-Pape: Ach, das berühm­te Posi­ti­ve in der Kri­se. Ich weiß nicht, eigent­lich nichts. Das eine ist, dass das Virus zahl­rei­che Men­schen­le­ben gefor­dert hat, was soll dar­an gut sein? Und dann die­se gan­zen wohl­mei­nen­den Sprü­che, dass man Zeit hat, über sich nach­zu­den­ken und so wei­ter, die sind gut und schön, aber ich mache das wie vie­le ande­re Men­schen sowie­so andau­ernd. Dafür habe ich kei­ne Kri­se gebraucht.