Eine Forschungsgruppe unter Beteiligung der Universität Bamberg beschäftigt sich mit Online-Suchtverhalten. Nun wurde die Studie um drei Jahre verlängert.
Einfach aufhören? Das ist online beim Computerspielen, Shopping, Pornoschauen oder in den Sozialen Medien für einige Menschen kaum möglich. Neben dem suchtartigen Computerspielen, das die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits als Erkrankung anerkennt, kann es auch zu Online-Suchtverhalten kommen. Dazu gehören hemmungsloser Pornographiekonsum, exzessives Shopping und soziales Netzwerken, die zum ernsthaften Problem werden können. Oft gelingt es Betroffenen nicht, ihr Verhalten trotz negativer Konsequenzen zu verändern.
Wie sich das Suchtverhalten entwickelt und ändern lässt, ist das Thema einer transregionalen Forschungsgruppe. Geleitet wird die Gruppe „Affective and cognitive mechanisms of specific Internet-use disorders“ (ACSID), die bereits seit 2017 besteht, von Prof. Dr. Matthias Brand von der Universität Duisburg-Essen. Aus Bamberg ist Prof. Dr. Sabine Steins-Löber, Inhaberin des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Psychotherapie, beteiligt. Wie die Universität Bamberg mitteilt, hat nun die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eingewilligt, die Studie für drei weitere Jahre und mit etwa weiteren fünf Millionen Euro zu fördern. Auf die Universität Bamberg entfallen davon mehr als 300.000 Euro.
Bamberger Psychologie bei drei Teilstudien dabei
Bisher konnten die Forschenden vor allem herausfinden, dass individuelle kognitive und impulsgesteuerte Prozesse eine besondere Rolle spielen. Durch sie können onlinebezogene Süchte entstehen und aufrechterhalten werden. Dieses Wissen hilft dabei, Prävention und Therapie der Störungen zu verbessern. „Dennoch sind noch viele psychologische und neurobiologische Mechanismen unklar. Auf diese wollen wir uns in der zweiten Förderphase konzentrieren“, sagt Matthias Brand.
Die Universität Bamberg ist in der neuen Förderphase an drei Teilstudien beteiligt. „In Bamberg werden wir ausgehend von unseren Ergebnissen der ersten Förderperiode federführend gemeinsam mit der Medizinischen Hochschule Hannover eine sogenannte Proof-of-concept Studie durchführen“, sagt Sabine Steins-Löber. Solche Studien dienen dazu zu überprüfen, ob eine neuentwickelte Intervention tatsächlich einen krankheitsrelevanten Mechanismus beeinflusst.„Wir überprüfen dabei, wie sich eine computergestützte Intervention auf zugrundeliegende automatisierte Prozesse bei Computerspielsucht und Kaufsucht auswirkt.“
Darüber hinaus ist die Bamberger Wissenschaftlerin an einer weiteren Proof-of-concept Studie beratend beteiligt. „Dabei geht es um die Nutzung von Biofeedback im Rahmen einer Reizexpositionsbehandlung, um das Verlangen nach Computerspielen zu reduzieren“, sagt Steins-Löber. Bei Biofeedback-Verfahren geht es darum, dass Patient:innen lernen sollen, auf Signale ihres Körpers zu achten, um damit selbst ihre Körperfunktionen zu beeinflussen. So sollen sie langfristig Selbstkontrolle über diese Körperfunktionen erlangen.
In der dritten Teilstudie führt Steins-Löber gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen der Universität Duisburg-Essen eine Studie zu Genderaspekten bei Internetnutzungsstörungen durch. In Bamberg werden die Forschenden dafür Interviews mit Betroffenen durchführen. Sie wollen herausfinden, welche genderspezifischen Unterschiede es in den subjektiven Erklärungen der Betroffenen zur Entstehung und Aufrechterhaltung ihrer Erkrankung gibt. „Zudem wollen wir herausfinden, welche Faktoren dazu beitragen, dass eine betroffene Person Hilfsangebote annimmt oder nicht, und ob es dabei genderspezifische Unterschiede gibt. Ein Faktor könnte etwa die Stigmatisierung der Betroffenen sein“, sagt Steins-Löber.