In seiner neuen Stadtecho-Kolumne gedenkt Florian Herrnleben einiger städtischer Veränderungen in Bamberg der letzten Jahrzehnte. Und sieht mit Bahnstrecke und Schlachthof Parallelen zu heute.
Wie soll man sich in dieser Stadt noch zurechtfinden, wo sich die Welt schneller um ihren eigenen Nabel dreht als anderswo.
Mit dem Niedergang des Honer ging es in meiner Erinnerung los. Ich denke noch an die Zeiten – es muss Ende der 1980er-Jahre gewesen sein – als man im Untergeschoss noch lebensmitteltechnisch nahversorgt wurde. Der Karstadt hieß damals noch Hertie und war schräg gegenüber, also hinter der Kirche Alt St. Martin, die damals – ich kann mich nicht mehr direkt erinnern – noch auf dem Maxplatz gestanden haben muss, mit Friedhof drumherum. Heute fristet der Maxplatz ein Dasein wie das oberste Parkdeck vom Atrium-Parkhaus, nur noch langweiliger.
Dem Spielwaren Korb an der Promenade hinterließen wir einen nassen Gesichtsmundnasenabdruck am Schaufenster. Rein gegangen sind wir nie, weil man immer sofort entgeistert von überraschten Mitarbeiterinnen angesprochen wurde, die auf uns Kinder wirkten, als würden sie uns am liebsten selbst formalingetränkt ins Puppenregal setzen. Eventuell war der aus dieser Angst potentieller Kundschaft resultierende wirtschaftliche Erfolg des Ladens letzten Endes der Grund, warum es an jener Stelle heute – unternehmerisch erfolgreicher – Granufink und Prostata forte für die inzwischen deutlich gealterten Kinder von damals gibt.
Und wo wir schon an der Promenade sind: Dieses für uns Kinder sonderbar wirkende Kreiswehrersatzamt, das, war man als Junge mit holden 18 Jahren dann zum ersten Mal zu Gast, innen ganz anders aussah, als man es sich vorgestellt hatte. Und mit „anders“ meine ich nicht „besser“. Es erstrahlt heute in etwas weißer und etwas blauer, ansonsten kaum verändert, als bürgerfreundliches Rathaus am ZOB. – Genau, der ZOB! – Den es ja auch noch nicht seit Kaiser Heinrich an der Stelle gab. Die mittelälteren Leser werden sich noch an die Zeit ohne den formschönen Plastikbau erinnern.
Und freilich! Gegenüber! Das Da-am-Eck-da, der Tabak- und Zeitschriftenladen links, dessen Geruch ich zugegebenermaßen schon gern mochte, und ganz hinten – den Gang entlang, dessen Geruch ich zugegebenermaßen nicht so gern mochte – die Frischfleisch‑, Frischfisch- und Frischkäsetheken. Niedergebrezelt von der Abrissbirne und ersetzt durch Nahversorger, die – wie soll man es positiv und in romantisch verblichener Erinnerung ausdrücken – heute definitiv massenkompatibler sind. Zumindest die Erinnerung an den Gang hinterwärts zur Fischtheke hat man in Form des kleinen Tunnels zwischen Promenade und Langer Straße am Leben erhalten. Und hinter der Langen Straße die Theatergassen, die es vor 40 Jahren so noch nicht gab, der Neubau am Stadttheater, der Spielplatz im Harmoniegarten, der damals ein Traum für uns gewesen wäre, ….
In Bamberg hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel verändert, nicht nur mit Blick auf den kleinen Radius, den ich beschrieben habe.
Nun wird halt die Bahn unweigerlich ihre Schneise durch den Bamberger Osten ziehen und das Stadtbild massiv verändern. Über das nette Gefühl hinaus, dass wir ungefähr mitreden durften, wird es weniger Vorteile als Nachteile mit sich bringen. Und auch mit dem Schlachthof wird es bekanntermaßen nicht so weitergehen wie gehabt.
Bamberg verändert sich, mal zum Positiven, mal zum Negativen, aber jedenfalls ständig. Oft weiß man erst Jahre oder Jahrzehnte später, ob es sinnvoll, erfolgreich oder Quark war, aber meist gibt’s jetzt schon Geschrei von den einen, denen es nicht schnell genug geht. Und den anderen, die lieber alles so beibehalten würden. Sapperlot! Nix ist mehr, wie es mal war!