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Florian Herrnleben

Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Auf der Suche nach der Wünschelrute

In sei­ner neu­en Stadt­echo-Kolum­ne fragt sich Flo­ri­an Herrn­le­ben, ob man bei all dem Ein­zel­han­del-Ster­ben bald die Wün­schel­ru­te raus­ho­len sollte.

Som­mer­pau­se zu Ende, end­lich. Für jeman­den wie mich, der nicht ruhig schla­fen kann, wenn er nicht den nächs­ten Skan­dal im Rat­haus oder neue König­stra­ßen­sand­män­ner am Hori­zont sieht, ist der August – inhalt­lich übli­cher­wei­se auch als Som­mer­loch bezeich­net – rela­tiv lang­wei­lig. War ja nix los in unse­rem sonst so unter­halt­sa­men Boni-Rechtsaufassungs-Fakeaccount-Städtchen.

Da flo­gen plötz­lich dank unse­rer hei­mi­schen Pres­se läp­pi­sche fünf- oder sechs­stel­li­ge Ver­aus­ga­bun­gen der städ­ti­schen Stadt­bau auf, die man dort für ein­ge­flies­te und wenig deko­ra­ti­ve Hokus-Pokus-Gad­gets sowie Wün­schel­ru­ten­ex­pe­ri­men­te in den Büro­räu­men aus den Fens­tern sel­bi­ger hin­aus­ge­wor­fen haben soll. Im Per­so­nal­amt der Stadt lächelt man zwar nur müde über sol­che Sum­men und vor allem Metho­den, denn für posi­ti­ve Vibes in der Beleg­schaft brauch­te man im Rat­haus bekannt­lich nur ein Krea­tiv­team für sehr, sehr eigen­wil­li­ge Tarif­rechts­in­ter­pre­ta­tio­nen. Aber das ist ein ande­res Thema.

Was pas­siert, wenn kei­ne über­durch­schnitt­lich posi­ti­ven Vibes am Arbeits­platz herr­schen, die dafür sor­gen, dass Work-Life-Balan­ce und Yin und Yang in maxi­ma­lem Ein­klang für jeden poten­ti­el­len Arbeit­neh­mer ste­hen, kann man – auch so ein ver­meint­lich klei­nes Som­mer­lochsthe­ma – in der König­stra­ße sehen. Eine alt­ein­ge­ses­se­ne Bäcke­rei kün­dig­te das Ende des Laden­ge­schäfts im Lauf des Herbst an. Und das, obwohl man doch glau­ben könn­te, dass gera­de und direkt in unmit­tel­ba­rer Nähe zum Head­quar­ter des Stadt­mar­ke­tings der Ein­zel­han­del dank Events ganz beson­ders nach­hal­tig gestärkt wor­den sein müsste.

Aber die Ren­ta­bi­li­tät scheint auch im tra­di­ti­ons­rei­chen Back­wa­ren­be­trieb nicht das pri­mä­re Pro­blem zu sein. Wie bereits auch bei ande­ren Laden­schlie­ßun­gen und Geschäfts­auf­ga­ben steht „Per­so­nal­man­gel“ ganz oben auf der Lis­te der Grün­de für das Aus. Ob jüngst in einem Metz­ger in der Wun­der­burg oder bereits vor eini­gen Mona­ten bei einem ande­ren in der Innen­stadt, es fehlt an Per­so­nal oder Nach­fol­gern. Früh um 4 Uhr auf­ste­hen zu müs­sen, um Bröt­chen zu backen, die dann die eine Hälf­te der Kund­schaft zu klein, die nächs­te Hälf­te zu hart und die drit­te Hälf­te zu teu­er fin­det, gehört offen­sicht­lich nicht mehr zu den favo­ri­sier­ten Berufs­fel­dern der Zukunft mit viel­ver­spre­chend groß­zü­gi­ger Work-Life-Balance.

Das Resul­tat: In der Sand­stra­ße wirbt ein Metz­ger bereits wört­lich mit „unge­wöhn­li­chen Geschäfts­zei­ten“. Und am Sonn­tag­nach­mit­tag steht man neu­er­dings in Bam­berg vorm ver­schlos­se­nen Bier­kel­ler­tor. Der Anfang vom Ende?

Wenn wir lang­fris­tig noch im loka­len Lebens­mit­tel­hand­werk ein­kau­fen und unse­re Frei­zeit in der hei­mi­schen Gas­tro­no­mie ver­brin­gen möch­ten, reicht es nicht mehr, nur dort ein­kau­fen oder essen zu gehen. Die dort täti­gen Berufs­fel­der brau­chen Aner­ken­nung durch Poli­tik, aber auch durch die Gesell­schaft, damit sie wie­der in den Fokus rücken und damit wie­der inter­es­sant wer­den. Künst­li­che Intel­li­genz ist schön und recht, aber sie backt dir kei­ne Hörn­la, sie legt dir kei­ne Schei­be Leber­kä­se aufs Küm­mel­bröt­chen, sie plärrt nicht sym­pa­thisch von der ande­ren Sei­te der The­ke vor, wenn der rhein­län­di­sche Knal­ler vor dir in der Schlan­ge zum drölf­zigs­ten Mal nicht ver­steht, was ein Zwetsch­ge­n­ba­mes oder ein Zie­be­les­käs ist.

Viel­leicht soll­te man mal bei der Stadt­bau anfra­gen. Unter Umstän­den wäre so ein Kraft­stein, so ein geo­man­ti­sches Objekt, also ihr wisst schon, die run­de Flie­se halt, viel­leicht wäre das die Lösung gegen den Per­so­nal­man­gel. Boden­tief ein­ge­las­sen hin­ter der Metz­gers- und Bäcker­the­ke? Viel­leicht schafft es die not­wen­di­ge Feel-Good-Aura gegen die Per­so­nal­not?
Ansons­ten, so befürch­te ich, brau­chen wir bald auch so eine Wün­schel­ru­te und gehen damit im Stadt­ge­biet auf die wahr­schein­lich erfolg­lo­se Suche – statt nach elek­tro­ma­gne­ti­schen Wir­run­gen – nach hei­mi­schen tra­di­ti­ons­rei­chen Bäcker- und Metzgereien.

Ihr Flo­ri­an Herrnleben

Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Froh­ge­mut in die Sommerpause

Die ein­la­den­de Anmut des Brun­nens am Obst­markt und die anste­hen­de Som­mer­pau­se haben Flo­ri­an Herrn­le­ben zu sei­ner neu­en Stadt­echo-Kolum­ne inspiriert.

Der Brun­nen am Obst­markt plät­schert nach gefühlt hun­dert Jah­ren des Brun­nen­fach­kräf­te­man­gels wie­der fröh­lich vor sich hin, die form­schö­nen Rund­baum­bän­ke am Grü­nen Markt sind mon­tiert. Die Stadt prä­sen­tiert sich ein­la­dend, „Ein­tritt frei!“ ins neue Well­nesser­be­pa­ra­dies Bam­berg. Wir kön­nen also ganz beru­higt in die Som­mer­pau­se schlit­tern, denn die wich­tigs­ten, die dring­lichs­ten Bau­stel­len sind besei­tigt. Oder sagen wir es so: Die größ­te bau­li­che Not ist gelin­dert, der Spa­zier­gang zumin­dest immer im Kreis um Obst­markt­brun­nen bis zum Gabel­mann und wie­der zurück mach Spaß.

Aber nicht nur auf­ent­halts­qua­li­ta­tiv hat sich eini­ges zum Posi­ti­ven gewendet.

Aus diver­sen, weit über die Stadt­gren­zen hin­aus bekann­ten Grün­den, war es für mich in jüngs­ter Ver­gan­gen­heit siche­rer, gewis­se Gegen­den und spe­zi­el­le Ver­an­stal­tun­gen zu mei­den. Ins­be­son­de­re grö­ße­ren SPD-Auf­lauf umschiff­te ich groß­räu­mig. Das hat mich auch mein klei­ner Aus­flug zur Kreis­ver­samm­lung der Bam­ber­ger Genos­sen im Som­mer 2022 gelehrt. Die Bam­ber­ger SPD und ich, also mei­ne Anwe­sen­heit, wir pas­sen seit den Skan­da­len (man­che sagen: Gän­se­füß­chen-Skan­da­len-Gän­se­füß­chen) so gut zusam­men wie Schäu­fer­la und Ket­chup. Wir koexis­tie­ren schwei­gend neben­ein­an­der­her, kur­zes „Hal­lo!“ bes­ten­falls, aber nur von den Ahnungs­lo­ses­ten, mehr war über die letz­ten Mona­te nicht drin. Unse­re Stim­mung war nach den kräf­te­zeh­ren­den Auf­ar­bei­tun­gen im Kel­ler. Umge­kehrt hab ich es aber auch nicht dar­auf ange­legt, aus­ge­rech­net in Mit­ten von im Grun­de wahr­schein­lich trotz allem ja im tiefs­ten Inne­ren lie­bens­wer­ten Genos­sin­nen und Genos­sen den Stadt­kas­perl zu spie­len und Frie­de-Freu­de-Eier­ku­chen zu servieren.

Wie schnell es aber gehen kann, wenn man b(e)reit (im Sin­ne von „Genug Bier im Schä­del“) ist, zeig­te sich bei einer klei­nen Pri­vat­ver­an­stal­tung der jüngs­ten Ver­gan­gen­heit im Bam­ber­ger Land­kreis. Ich nipp­te gemüt­lich an mei­nem Cola-Mix-Getränk, beob­ach­te­te das Gesche­hen. Dann, plötz­lich! Ein kur­zes „Komm, Herrn­le­ben, jetzt hock dich zu uns her!“ von der einen, ein wenig Lebens­mü­dig­keit von der ande­ren, also mei­ner Sei­te, und schon saß ich drei oder vier Stun­den lang bis drei­vier­tel 3 Uhr mor­gens am Bier­tisch mit hoch­ran­gigs­ten Stadt‑, Land- und Bun­des-SPD­lern. Aus dem grum­me­li­gen „Der hat mir heut‘ grad noch gefehlt!“ am Tisch wur­de im Lauf des Abends ein kurz­wei­li­ges Mit­ein­an­der auf Basis – das lässt sich lei­der nicht mehr ändern, da sind sie unbe­lehr­bar – unter­schied­lichs­ter Rechts­auf­fas­sun­gen. Das Schö­ne ist näm­lich: Die­se eben auch sehr unter­schied­li­chen Rechts­auf­fas­sun­gen kann man dann auch mal Auge in Auge aus­dis­ku­tie­ren, abseits der sozia­len Medi­en, deren größ­ter Fan ich ansons­ten ja bekann­ter­ma­ßen bin. Da hocken links und rechts am Tisch Leu­te, die gewis­se Ahnung haben, und dis­ku­tie­ren mit mir an der Stirn­sei­te des Tisches, der Ahnung, aber gleich­zei­tig auch noch Recht hat. Das ist span­nend, unter­halt­sam, vor allem aber auch erhel­lend für alle Sei­ten. In den Stun­den an jenem Som­mer­abend sind aus den buch­sta­bi­gen Namen und ein­ge­fro­re­nen Social­me­dia­pro­fil­fo­tos jeweils Gesich­ter mit Cha­rak­ter geworden.

Das klingt aus mei­ner Feder viel­leicht alles nun etwas arg auf­ge­setzt, ich möch­te den Abend auch auf kei­nen Fall zu über­schwäng­lich loben, denn wir haben ja kein neu­es Zeit­al­ter ein­ge­läu­tet. Die genos­si­sche Rechts­auf­fas­sung wur­de ja auch nicht rich­ti­ger bei jener Fes­ti­vi­tät. Und ich bin mir auch sicher, es kom­men neue The­men nach, die ich in gewohn­ter Wei­se abfei­ern kann. Aber jetzt ist erst­mal Erho­lung angesagt!

Und so kön­nen wir mit spru­deln­dem Brun­nen am Obst­markt, form­schö­nen Bän­ken am Grü­nen Markt und viel, viel Lie­be, ach naja, wir über­trei­ben mal nicht, eini­gem neu­em Respekt zwi­schen Genos­sin­nen und Genos­sen und mir in die wohl­ver­dien­te Som­mer­pau­se gehen.

Ihr Flo­ri­an Herrnleben

Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Ey, Bam­berg, was ist los mit dir?

In sei­ner neu­en Stadt­echo-Kolum­ne erkennt Flo­ri­an Herrn­le­ben sein Bam­berg nicht wie­der. Nicht ein Skan­dal in Sicht. Kann das wirk­lich sein?

Trotz ver­schie­dens­ter, zumin­dest rhe­to­ri­scher Ver­su­che aus diver­sen Ecken, neue und gro­ße Skan­da­le her­auf­zu­be­schwö­ren, stehst du aktu­ell da wie der Gabel­mann zu sei­nen bes­ten Zei­ten. Selbst die pene­tran­tes­te Saat­krä­he mit der Ver­dau­ung eines Durch­lauf­er­hit­zers kann dir in dei­ner Sou­ve­rä­ni­tät nichts anha­ben. Es läuft rund. Und alles ande­re wird gekonnt wegmoderiert.

Die Innen­stadt, die nach ein­sei­ti­ger Sper­rung der Ket­ten­brü­cke vom Stadt­mar­ke­ting bereits dem siche­ren Tod geweiht wur­de, kann dem Online­han­del seit Wochen erfolg­reich trot­zen, weil du den klei­nen Umweg per­fekt und nahe­zu für jeden moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehrs­teil­neh­mer ver­ständ­lich aus­ge­schil­dert hast.

Als dein Finanz­se­nat jüngst ein Haus ent­deckt hat, das im Eigen­tum der Stadt größ­ten­teils seit Jah­ren leer her­um­steht, spra­chen die ers­ten Stadt­rä­te schon von einem neu­en Über­stun­den­skan­dal. Zum Glück merk­te sogar die Pres­se recht­zei­tig, dass du auf dem Stadt­ge­biet mehr bau­fäl­li­ge Immo­bi­li­en besitzt als alle win­di­gen Invest­ment­pro­per­ty­ger­man­groups in Bam­berg zusam­men. Wie langweilig.

Dei­ne Unte­re Brü­cke hat nach rund 60 Jah­ren end­lich ein Gelän­der ange­dü­belt bekom­men. Nicht schön, mit­tel­be­quem, sau­teu­er, man kann auch immer noch run­ter­bol­lern, wenn man meint, mit 2,7 Pro­mil­le auf der Brüs­tung tan­zen zu müs­sen, aber bei Amts­haf­tungs­fra­gen ver­steht der gemei­ne Stadt­rat halt kei­nen Spaß. Und das – und da sind wir schon beim nächs­ten Punkt – obwohl du rela­tiv gut gegen inhalt­lich defi­zi­tä­re oder juris­tisch min­des­tens wacke­li­ge Ent­schei­dun­gen der Rat­haus­ober­schicht ver­si­chert zu sein scheinst. Man hät­te es viel­leicht ris­kie­ren kön­nen auf der Brü­cke, denn auch der Über­stun­den­skan­dal hat sich dank Spen­dier­freu­dig­keit der Ver­si­che­rungs­kam­mer Bay­ern – zumin­dest für den OB und sei­ne Straf­be­fehls­ge­nos­sen – mit der ein­stim­mi­gen Ent­schei­dung im Per­so­nal­se­nat in Wohl­ge­fal­len aufgelöst.

Als mir dann plötz­lich die Sit­zungs­vor­la­ge des Mobi­li­täts­se­nats vor die Füße flog, wo Plä­ne für eine Ein­bahn­stra­ßen­re­ge­lung der Fried­rich­stra­ße hin­ein­ge­schmug­gelt wor­den sein soll­ten, war ich mir sicher: End­lich haben wir einen neu­en Skan­dal! Die Bag­ger wür­den eines Nachts anrü­cken wie damals im Hain­bad und bin­nen weni­ger Stun­den (das ist eigent­lich der lus­tigs­te Witz in der gan­zen Kolum­ne) die kom­plet­te Fried­rich­stra­ße, ach, was sag ich, die gan­ze Innen­stadt zu Ein­bahn­stra­ßen umbud­deln. „Heim­lich, still und mög­lichst lei­se“, fluch­te die Bür­ger­initia­ti­ve Bamberg.Gemeinsam.Mobil, bis her­aus­kam, dass „heim­lich“ und „öffent­li­che Sit­zungs­vor­la­ge“ sowie „lei­se“ und „FT-Arti­kel“ eher wider­sprüch­lich sind.

Wie­der nix jeden­falls, wie­der kein neu­er Aufreger.

Ich muss­te es selbst in die Hand neh­men! Das tun, was mich seit Wochen und Mona­ten bekannt, berühmt, man möch­te fast sagen, berüch­tigt hat wer­den las­sen. Aber was? – In die­sem Moment schlug eine Pres­se­mit­tei­lung bei mir ein: Anwoh­ner­aus­wei­se könn­ten nun online bean­tragt wer­den. Smart­ci­ty sei Dank! Online. Bei der Stadt Bam­berg. Was so auf­re­gend und unglaub­lich klang wie „Dop­pelt-ISDN“ Mit­te der 90er, war mei­ne Chance.

Ich klick­te mich durch das Online­for­mu­lar, immer auf der Suche nach dem klei­nen Feh­ler, der Lücke im Sys­tem, die den Rat­haus­ser­ver oder wenigs­tens den Mit­ar­bei­ter, der mein aus­ge­füll­tes Online­for­mu­lar aus­dru­cken und abhef­ten wür­de, um dann einen Aus­weis zu lami­nie­ren, aus dem Kon­zept brin­gen und zu einem Feh­ler – dem ver­häng­nis­vol­len Feh­ler 2023 – ver­an­las­sen müss­te. Aber nix.

Mei­ne letz­te Hoff­nung war, dass der Aus­weis ein­fach nicht kommt und ich mich laut­stark hier in der Kolum­ne beschwe­ren könn­te, natür­lich auf Basis gro­ßer Ver­schwö­rungs­theo­rien von der gro­ßen, dunk­len Macht im Rat­haus gegen den klei­nen Herrnleben.

Aber kei­ne drei Tage spä­ter lag der Aus­weis im Brief­kas­ten. Und das Geld wur­de auf den Cent kor­rekt von mei­nem Kon­to abgebucht.

Ey, Bam­berg, was ist los mit dir?

Dein Flo­ri­an Herrnleben

Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Gro­ßes Lob für den Stadtrat!

Kann das sein? Flo­ri­an Herrn­le­ben lobt den Stadt­rat? Sei­ne neue Stadt­echo-Kolum­ne gibt Aufschluss.

Nach all den städ­ti­schen Ver­feh­lun­gen, her­aus­ge­kramt durch die Pres­se und diver­se Klein­stadt­ka­ba­ret­tis­ten, ist es doch auch irgend­wie mal beru­hi­gend zu sehen, dass es dies­mal der Stadt­rat selbst war, der nach sei­nem Wan­der­tag in den Bam­ber­ger Nor­den – fast irri­tiert und per­plex – vom „Bom­ben­alarm im Finanz­se­nat“ in der Grö­ßen­ord­nung des Bonus-Skan­dals berich­te­te; völ­lig irri­tiert und per­plex des­halb, weil man sich bei der Bewer­tung von Unge­reimt­hei­ten und der Ein­ord­nung von bri­san­ten The­men auf Sei­ten unse­rer in den Stadt­rat gesalb­ten Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger nor­ma­ler­wei­se nicht auf sich selbst, son­dern immer eher dar­auf ver­las­sen hat, ob schon etwas vor­ge­kaut im FT oder wenigs­tens beim Herrn­le­ben im Blog stand. Dass man ganz ohne exter­ne jour­na­lis­ti­sche Hil­fe, … Super!

Ich fas­se zusam­men: Unse­re aller­bes­ten Stadt­rä­te haben bekann­ter­ma­ßen ein vie­len per­sön­lich bis dahin doch eher unbe­kann­tes Haus im Bam­ber­ger Nor­den, genau­er gesagt in der Benz­stra­ße, erkun­det, das sich bei nähe­rer Betrach­tung und mit Blick auf die digi­ta­le Stadt­kar­te im Smart­phone und das Grund­buch der Stadt plötz­lich als städ­ti­sches Eigen­tum her­aus­kris­tal­li­sier­te. Man hat­te es – ganz begeis­tert – vor rund sechs Jah­ren selbst gekauft und dann…. Wie soll man es diplo­ma­tisch sagen? – Naja.…. irgend­wie halt vergessen.

Kann pas­sie­ren, wir ken­nen das! Da kaufst eine Immo­bi­lie mit schä­bi­gen 4000 Qua­drat­me­tern Büro- und Lager­flä­che und Zack! – Hat das Erin­ne­rungs­ver­mö­gen zwölf Bock­bier­an­sti­che spä­ter unter Umstän­den der­art gelit­ten, dass du viel­leicht mit Glück noch grob weißt, wo, aber halt nicht mehr, war­um. Und so währ­te die Begeis­te­rung für den über­ra­schen­den Immo­bi­li­en­fund nicht lan­ge, son­dern wich schnell dem Ent­set­zen, weil die 2‑Mil­lio­nen-Immo­bi­lie noch gar nicht – wie 2017 wer­be­wirk­sam im Sit­zungs­vor­trag gewe­delt – zur Ent­las­tung des ange­spann­ten Bedarfs an Büro­flä­chen für städ­ti­sche Ver­wal­tun­gen bei­trägt. Sie wur­de zwi­schen­zeit­lich auch nicht saniert oder ander­wei­tig ver­mie­tet, sie stand schlicht und ergrei­fend die aller­meis­te Zeit und größ­ten­teils leer.

Als dann auch noch ein Rats­herr von Goog­le Maps direkt rüber auf die Taschen­rech­ner-App wech­sel­te, um hoch­zu­rech­nen, was man mit dem Geld durch Ver­mie­tung von rund 4000 Qua­drat­me­tern Gewer­be­flä­che in sechs Jah­ren an Grund­schul­toi­let­ten hät­te sanie­ren kön­nen, ist die Stim­mung im Rats­gre­mi­um kom­plett gekippt.

Wir, die geneig­ten Beob­ach­ter lokal­po­li­ti­scher – nen­nen wir es – „Krea­tiv­po­li­tik“, sind hin­ge­gen nach den diver­sen Stadt­ver­wal­tungs­man­gel­pro­ble­men der letz­ten Jah­re nicht mehr so leicht aus der Fas­sung zu brin­gen. Unser­eins kippt nicht vom Stuhl bei sol­chen Para­do­xien: Eine Stadt­ver­wal­tung, die jedem Woh­nungs­ei­gen­tü­mer in der drit­ten Sei­ten­stra­ße im 2. Ober­ge­schoss bei der Neu­ge­stal­tung der Holz­fens­ter rein­re­det, selbst aber hin­ter häss­lichs­ten Kunst­stoff­fens­tern in Schlumpf­blau haust, und ein Stadt­rat, der die Bil­der vom Nazi­bay­er­lein vor der eige­nen Nase abhängt, aber bei der Stra­ße lie­ber 88 Augen zudrückt, pas­sen natür­lich nur kon­se­quent in eine Stadt, wo man dem über­lan­gen Leer­stand von pri­vat­wirt­schaft­li­chen Immo­bi­li­en mit Hil­fe einer Zweck­ent­frem­dungs­sat­zung den Kampf ange­sagt hat, wäh­rend man sich selbst ver­hält wie der häss­li­che Bru­der der Ger­man Pro­per­ty Group.

Apro­pos Ger­man Pro­per­ty Group: Beim Blick auf die Lis­te der leer­ste­hen­den städ­ti­schen oder stif­ti­schen Immo­bi­li­en wird wahr­schein­lich sogar der ehe­ma­li­ge Geschäfts­füh­rer die­ser win­di­gen Immo­bi­li­en-Invest­ment­ge­sell­schaft nei­disch. Über 20 Adres­sen im Stadt­ge­biet mit mal mehr, mal weni­ger maro­den Woh­nun­gen, Häu­sern und Lager­hal­len sind auf­ge­führt, natür­lich auch die Immo­bi­lie in der Benzstraße.

„Ach?“ fragt ihr euch. „Zu die­sen städ­ti­schen Immo­bi­li­en, die leer ste­hen, gibt es eine Liste?“

Jo, klar! – Der Stadt­rat hat­te die auch. Seit Jah­ren. Also lie­ber doch erst­mal nicht zu viel Lob…

Ihr Flo­ri­an Herrnleben

Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben über das ATRIUM

Das ATRIUM am Bahn­hof erin­nert Flo­ri­an Herrn­le­ben an sei­ne Rum­pel­kam­mer zuhau­se. Mehr dazu in sei­ner aktu­el­len Stadt­echo-Kolum­ne.

Vie­le von euch wer­den ihn ken­nen: Die­sen einen Raum zuhau­se, der geheim blei­ben muss. Kein Besuch darf dort hin­ein­schau­en, weil sich dort Bügel­wä­sche für vier vol­le Klei­der­schrän­ke, zwei Fon­due-Sets, das Waf­fel­ei­sen, die Heiß­luft­frit­teu­se, die Raclette­grills der Schwie­ger­el­tern und die vier unwich­tigs­ten, unaus­ge­pack­ten Umzugs­kar­tons vom letz­ten Woh­nungs­wech­sel vor vier Jah­ren sta­peln. Den Blick auf die eige­ne Fehl­bar­keit, die per­sön­lichs­ten Defi­zi­te möch­te man dem Gast erspa­ren, um dabei selbst den Schein eines zuhau­se per­fekt orga­ni­sier­ten Tine-Witt­ler-Dou­bles zu wahren.

Natür­lich gibt es auch – wenn auch sel­te­ner – das fleisch­ge­wor­de­ne, exak­te Gegen­teil. Die­je­ni­gen, die sich um nix sche­ren, wo man beim Betre­ten der Woh­nung erst­mal durch ein Meer aus Pfand­fla­schen waten muss, bevor man sich beim ers­ten Schritt ins Wohn­zim­mer zwei Lego­stei­ne in die Fuß­soh­le stem­pelt und das Regal (Modell „Muss ich mal machen“) seit Jah­ren halb­auf­ge­baut an der fal­schen Wand steht. Ich will die­sen Lebens­stil nicht ver­ur­tei­len. Ich fin­de die­se Spe­zi­es, die oft auf ande­re Din­ge viel mehr Wert legt als auf „Woh­nen wie im Möbel­haus­ka­ta­log“, auch sehr sympathisch.

War­um erklär ich das? – Bam­berg ver­kör­pert bei­des zusam­men in größt­mög­li­chem Wider­spruch. Wenn es dar­um geht, das eige­ne Wohn­zim­mer zu tape­zie­ren, fin­det man in Rekord­ge­schwin­dig­keit einen pas­sen­den För­der­topf in irgend­ei­nem Eck der EU und gleich­zei­tig zufäl­lig dann auch über Nacht im eige­nen Haus­halt einen schi­cken Mil­lio­nen­be­trag zur not­wen­di­gen Selbst­be­tei­li­gung: Altes Rat­haus, Rat­haus am Max­platz, Rat­haus Gey­ers­wörth und Rat­haus am ZOB,… Man könn­te fast mei­nen, dass der Bau‑, der Stiftungs‑, der Immo­bi­li­en- und der Finanz­re­fe­rent rich­tig gut und schnell zusam­men­ar­bei­ten kön­nen, wenn sie – auch wie bei der Ver­hin­de­rung von Moscheen im Hain­ge­biet – müssen.

(Anmer­kung des Kolum­nis­ten: Ich hab des städ­ti­schen Frie­dens wegen mal lie­ber nicht auf­sum­miert, was in jüngs­ter Ver­gan­gen­heit und naher Zukunft allei­ne in die Amts­stu­ben der städ­ti­schen Rat­haus­pre­mi­ums geflos­sen ist und noch flie­ßen wird. Wür­de man so viel Geld in die städ­ti­schen Grund­schu­len pum­pen, um den Inves­ti­ti­ons­stau mal eini­ger­ma­ßen auf­zu­lö­sen, man hät­te im nächs­ten Wahl­kampf nichts mehr zu versprechen.)

Was nützt aber das schöns­te Wohn­zim­mer, wenn es – um im Bild zu blei­ben – zum Bei­spiel an der Haus­tü­re, am Tor, an der Fas­sa­de der Stadt, sprich: am Bahn­hof, aus­sieht, als hät­te ein Prak­ti­kant mit Spreng­stoff geübt. Erst strahl­te – und das war ja irgend­wie noch erträg­lich – ent­lang der Lud­wig­stra­ße jah­re­lang die öde Trost­lo­sig­keit eines vor­mals glän­zen­den Ein­zel­han­dels­kon­zepts, das man nun inte­rims­wei­se viel­leicht wenigs­tens als Rat­hau­ser­satz (klei­ner Wink in die Luit­pold­stra­ße an die­ser Stel­le) hät­te nut­zen kön­nen, wenn dort aber nicht nun auch schon seit Jah­ren ein rie­si­ges Loch im Mond­kra­ter­style direkt am von der Abriss­bir­ne halb­ver­dau­ten Rest des eins­ti­gen Stahl­be­ton­klot­zes klaf­fen würde.

Mit dem Fin­ger nur auf die Inves­to­ren zu zei­gen, die das ATRIUM, oder das was nach dem Atten­tat davon übrig ist, ent­wi­ckeln wol­len, ist falsch. Die Grün­de für stän­di­ge Ver­zö­ge­run­gen sind viel­fäl­tig, die Ver­ant­wor­tung liegt aber auch bei der Stadt­ver­wal­tung. Direkt am Bahn­hof fehlt (auf­ge­passt, Wort­spiel!) der Zug dahin­ter. Man ver­misst den unbe­ding­ten Wil­len vor allem der Rat­haus­ober­schicht, am Zustand neben und – wenn wir schon dabei sind – auch vor dem Bahn­hof etwas ent­schei­dend und vor allem zeit­nah ändern zu wol­len. Nun hängt es angeb­lich irgend­wie am Gas­tro-Ei, das man­chem Stadt­ge­stal­ter aus dem gleich­na­mi­gen Bei­rat schwe­fe­lig aufstößt.

Ist nach Jah­ren der Ver­wahr­lo­sung rund um den Bahn­hof nicht alles bes­ser als jetzt? Darf ein Stadt­rat, der zum gro­ßen Teil das Rat­haus am ZOB mit­be­schlos­sen hat, über­haupt noch bei Fra­gen der Ästhe­tik mitreden?

Irgend­wie scheint es mir aktu­ell wahr­schein­li­cher und auch ein­fa­cher, im Zuge des Bahn­aus­baus durch die Stadt den Bahn­hof selbst zu ver­le­gen. Am bes­ten mit­ten auf den Max­platz! Dann könn­ten wir alles hin­ter der König­stra­ße abmau­ern und hät­ten als Stadt end­lich auch eine gehei­me Rum­pel­kam­mer, die kei­ner mehr betre­ten darf, der unse­re Stadt besucht.
Ihr Flo­ri­an Herrnleben

Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben über Rechtsauffassung

Wäh­rend er sei­ne Fas­ten­pre­digt hielt, wur­de Flo­ri­an Herrn­le­ben Opfer eines Park­über­wa­chungs­dienst­ha­ben­den. Mehr dazu in sei­ner aktu­el­len Stadtecho-Kolumne.

Fas­ten­pre­digt vor­bei. Was für ein Auf­tritt, was für eine Atmo­sphä­re! Ich hab tat­säch­lich ja schon – natür­lich mehr klei­ne, aber trotz­dem auch – zahl­rei­che gro­ße Auf­trit­te in mei­nem Fahr­ten­buch der letz­ten 35 Jah­re ste­hen. Die 8. Fas­ten­pre­digt wird sicher­lich angemarkert.

Es hät­te der per­fek­te Abend wer­den kön­nen. Hät­te! Wenn nicht wahr­schein­lich als klei­ne, schnip­pi­sche Rache für mei­ne oft nicht all­zu diplo­ma­ti­schen Ver­laut­ba­run­gen in Rich­tung Stadt­ver­wal­tung ein Straf­zet­tel unter die Schei­ben­wi­scher mei­ner Herrnleben‘schen Protz­kar­re geklemmt wor­den wäre. 20 Euro wegen 14 Minu­ten. Pft!

Was mag das für ein Gefühl gewe­sen sein für den Park­über­wa­chungs­dienst­ha­ben­den im schi­cken Bahn­schaff­ner­dress drau­ßen vor dem Zie­gel­bau? Drin­nen im voll­be­setz­ten Saal tobt der Herrn­le­ben in Mönchs­kut­te am Mikro­fon, schwingt gro­ße Wor­te zu Gesetz, Ord­nung und absur­den Rechts­auf­fas­sun­gen einer gan­zen Rat­haus­ober­schicht, wäh­rend man ihm zur glei­chen Sekun­de ein Knöll­chen wegen ord­nungs­wid­ri­ger Par­ke­rei an der Muß­stra­ße auf die Wind­schutz­schei­be tackern kann. In den Zuschau­er­rei­hen zuck­ten die Smart­phones der anwe­sen­den Max­platz­pre­mi­ums beim Auf­schla­gen der Push­nach­richt aus der rat­haus­in­ter­nen Nach­rich­ten-App, weil der Park­über­wa­chungs­dienst­ser­ver direkt Kenn­zei­chen gecheckt und Stu­fe Rot aus­ge­löst hat: „Hab ihn erwischt! Herrn­le­ben ist fäl­lig! 14 Minu­ten! 20 Umdre­hun­gen! Haha!“

Ich geh schwer davon aus, dass am dar­auf­fol­gen­den Mon­tag­mor­gen um halb 8 schon eine Beför­de­rung gedruckt oder zumin­dest eine kom­for­ta­ble Über­stun­den­pau­scha­le für die­sen über­durch­schnitt­li­chen Mit­ar­bei­ter fest­ge­legt wor­den war getreu dem Mot­to „Kei­ne Leis­tung ohne Gegen­leis­tung“. Anwei­sung von ganz oben, even­tu­ell sogar vom OB per­sön­lich unterschrieben.

Und auch wenn ich dem enga­gier­ten, flei­ßi­gen und pflicht­be­wuss­ten Mit­ar­bei­ter von Her­zen wirk­lich alles gön­ne für sei­nen Erfolg, so wird das aber nicht fai­rer. Wisst ihr… Ich stand da ja nur kurz. Also eigent­lich, denn ich woll­te da ja wie­der weg­fah­ren. Und auch nur zum Ein- und Aus­la­den ste­hen blei­ben, weil es ziem­lich geschüt­tet hat, als ich mit Mönchs­kut­te, Text und dem groß­for­ma­ti­gen Foto von Klau­si zwei Stun­den vor allen ande­ren am Zie­gel­bau auf­ge­schla­gen bin. Dann Sound­check, wir muss­ten noch mal wegen dem Intro­vi­deo schau­en und dem einen Lied. Und gera­de als ich raus woll­te, um das Auto… da kamen dann schon – zack! – die ers­ten Zuschau­er. Da konn­te ich ja dann auch nim­mer… Also stellt euch vor, ich in Mönchs­kut­te, ein­mal quer durch das Park­haus. Ging nicht, ist klar.

Aber mal ehr­lich! Wer rech­net denn damit? Und wer, wenn nicht der Ord­nungs­re­fe­rent per­sön­lich, kon­trol­liert denn bit­te­schön wäh­rend der Fas­ten­pre­digt direkt vor dem Saal der Fas­ten­pre­digt? Das macht null Sinn. Ich bin echt frustriert.

Zum ers­ten Mal fin­de ich mich schaf­fens­tech­nisch in einem Loch und weiß nicht, wor­über ich in die­ser Aus­ga­be schrei­ben soll. „Gut!“, wer­den die Bam­ber­ger Genos­sen sagen. „Siehs­te mal, wie es uns geht! – Schaf­fens­tech­ni­sche Frei­heit, das leben wir wegen dir seit drei Jah­ren chro­nisch!“ – Ja, aber als gewöhn­li­cher Stadt­rats­hin­ter­bänk­ler muss man halt auch nicht alle Mona­te drei- bis vier­tau­send Zei­chen hoch­tra­ben­den, sprach­lich gefeil­ten Text wahl­wei­se mit welt­ver­än­dern­der, ganz gro­ßer Bot­schaft oder dem Poten­zi­al zum Rat­haus­skan­dal zu Papier brin­gen. Und für die tol­len Tex­te und Reden der Füh­rungs­schicht gibt es im Rat­haus eine gan­ze Abtei­lung, wenn man selbst wie­der mal frus­triert ist.

Aber es hilft nix. Ich muss aus dem Tief raus, es lie­gen gewal­ti­ge Auf­ga­ben vor uns. Des­halb möch­te ich fol­gen­des mit­tei­len: Nach sorg­fäl­ti­ger Prü­fung habe ich mich ent­schlos­sen, den Straf­zet­tel zu akzep­tie­ren, auch wenn mei­ne Rechts­an­wäl­tin mir gera­ten hat, dage­gen vor­zu­ge­hen. Mir ist das Wohl der Stadt am wich­tigs­ten. Dem ist am meis­ten gedient, wenn das Ver­fah­ren been­det wird.

Ihr Flo­ri­an Herrnleben

Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben über künst­li­che Intelligenz

Flo­ri­an Herrn­le­ben fragt sich in sei­ner aktu­el­len Stadt­echo-Kolum­ne, ob künst­li­che Intel­li­genz im Stadt­rat nütz­lich sein könnte.

Kaum ein Kolum­nist oder Kom­men­ta­tor eines hie­si­gen Pres­se- und/​oder Ver­laut­ba­rungs­or­gans hat sich in den letz­ten Wochen dem all­ge­mei­nen Trend fol­gend nicht dazu hin­rei­ßen las­sen, dem ChatGPT einen Plas­tik­text aus den vir­tu­el­len Rip­pen zu lei­ern. ChatGPT, in aller Mun­de, ist die­ser Chat­bot des US-ame­ri­ka­ni­schen Unter­neh­mens Ope­nAI, der in Sekun­den­schnel­le Fra­gen beant­wor­tet und Tex­te jed­we­der Art schreibt. Zuletzt hat­te sogar Stadt­spre­cher Micha­el Mem­mel die künst­li­che Intel­li­genz genutzt, um sich ein paar Zei­len ins Rat­haus­jour­nal dik­tie­ren zu las­sen. Voll­au­to­ma­tisch auf Basis von ein paar Wör­tern bis Zei­len Fragestellung…

Wäh­rend die einen gro­ße Gefah­ren für die gesam­te, mensch­li­che Zivi­li­sa­ti­on her­auf­be­schwö­ren, bie­tet künst­li­che Intel­li­genz ande­ren natür­lich gro­ße Chan­cen, nicht nur im Dunst­kreis der König­stra­ße beim Erzeu­gen von Pro­fil­bil­dern für die Sand­manns, Fran­kens und Haus­dör­fers die­ser Stadt. Auch in der mora­lisch weni­ger grenz­wer­ti­gen Arbeit des viel­be­schäf­tig­ten, gemei­nen Stadt­rats­mit­glieds kann ein vir­tu­el­ler Antrags- und Reden­schrei­ber dien­lich sein.

Das beweist Hans-Gün­ter Brün­ker von VOLT, gelern­ter Schau­spie­ler und damit ja natur­ge­mäß dar­auf spe­zia­li­siert, Tex­te nicht selbst zu ver­fas­sen, son­dern frem­des Mate­ri­al aus­wen­dig feh­ler­frei vor­zu­tra­gen. Er hat sich jüngst den tren­di­gen Schreib­ro­bo­ter zu Nut­ze gemacht, um damit stolz einen Antrags­text zur AEO durch­zu­for­mu­lie­ren. Oder anders: Der tren­di­ge Schreib­ro­bo­ter hat ihm was durch­for­mu­liert. – Erst­mal gro­ßes Lob, man will ja nicht direkt immer mot­zen: Weni­ger, viel weni­ger Recht­schreib­feh­ler als sonst gern mal! Inhalt­lich lös­te der Antrag natür­lich – ich for­mu­lier es diplo­ma­tisch – gewis­ses Kopf­schüt­teln aus. Die auf­ge­wor­fe­nen, ver­si­che­rungs­tech­ni­schen Fra­gen konn­te sei­ne Aus­schuss­ge­mein­schaft auch mit Hil­fe der KI im Nach­gang nicht beant­wor­ten, was erah­nen lässt, wie es künf­tig Schü­le­rin­nen und Schü­lern vor­ne an der Tafel geht, wenn sie „ihre“ Gedicht­in­ter­pre­ta­ti­on näher erläu­tern sollen.

Wäh­rend hier die Schwä­chen von KI direkt offen­sicht­lich wur­den, hät­te sie ande­ren­orts im Sit­zungs­saal des Stadt­rats durch­aus qua­li­täts­stei­gernd ein­ge­setzt wer­den kön­nen. Die Absperr­git­ter auf der Ket­ten­brü­cke stan­den noch kei­ne 24 Stun­den, da began­nen fünf Stadt­rä­te und Stadt­rä­tin­nen bereits reflex­ar­tig hohlzudrehen.

„Ket­tenbr….?!?“

Wäh­rend die älte­ren Rats­her­rin­nen und ‑damen sicher­lich kei­ne all­zu guten Erin­ne­run­gen an das Pracht­bau­werk inmit­ten der Welt­kul­tur­er­be­stadt haben dürf­ten, das ihnen und allen Betei­lig­ten einst einen Ein­trag im Schwarz­buch der Steu­ern bescher­te, über­le­gen sicher­lich ande­re immer noch, wel­che ver­kehrs­neur­al­gi­sche Brenn­punkt­ach­se da von heu­te auf mor­gen, also qua­si über Nacht und zwar am hel­ligs­ten Tag, für den mobi­len Kraft­ver­kehr gesperrt wor­den sein könn­te.
„Der Innen­stadt droht der Nie­der­gang! Der Tod! Wenn man da zumacht, kommt ja NIEMAND mehr AUF KEINEN FALL in die Innenstadt!“

Ech­te Stadt­rä­te schrie­ben ver­häng­nis­vol­l­er­wei­se ohne vir­tu­el­le Hil­fe und künst­li­che Intel­li­genz Dring­lich­keits­an­trä­ge und Face­book­pos­tings, es ent­stand ein Fra­gen­ka­ta­log und es ent­brann­ten gro­ße Dis­kus­sio­nen im Mobi­li­täts­se­nat… Ich hat­te schon Angst, die lus­ti­gen fünf Freun­de von der Ket­ten­brü­cke kle­ben sich aus Pro­test in die Bau­lü­cke. Ob es pro­ble­ma­tisch ist, wenn sich der eige­ne Wahr­neh­mungs- und Wir­kungs­ho­ri­zont halt nur auf einer Linie zwi­schen König­stra­ße und Max­platz befindet?

Zum Glück hat der OB den fünf Brü­cken­brod­lern aus BUB, FW, FDP und Rest dann wohl per­sön­lich die Luit­pold­brü­cke gezeigt und im letz­ten Moment erklärt, dass man sich echt nur auf 500 Meter Umweg ein­las­sen muss, um die Innen­stadt zu ret­ten und den Ein­zel­han­del nach­hal­tig zu stärken.

So gut, so didak­tisch, so päd­ago­gisch ein­fühl­sam hät­te das kei­ne KI erklä­ren können.

Ihr Flo­ri­an Herrnleben

Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben über den nur zweit­häss­lichs­ten Platz Bambergs

Für sei­ne aktu­el­le Stadt­echo-Kolum­ne hat Flo­ri­an Herrn­le­ben den Schön­leins­platz, oder wie er ihn nennt, die stadt­bild­ge­wor­de­ne Sperr­müll­samm­lung, besucht.

Es gibt diver­se Bam­berg-Grup­pen in den sozia­len Medi­en voll mit his­to­ri­schen Fotos und vie­len Geschich­ten. Da ertap­pe auch ich mich dabei, wie ich gern in Erin­ne­run­gen ans alte Bam­berg vor mich hin schwel­ge und mich der ver­gan­ge­nen Stadt­an­sich­ten erfreue.

Ein Platz, bei des­sen ursprüng­li­chem Aus­se­hen regel­mä­ßig alle in Schnapp­at­mung ver­fal­len, ist der Schön­leins­platz, wo über Jah­re und Jahr­zehn­te optisch ein­fach alles immer nur noch schlim­mer wur­de. Der Nie­der­gang begann mit dem Abriss des alten Schüt­zen­hau­ses und den ver­korks­ten Neu-an-drauf-Neben­hin­bau­ver­schlimm­bes­se­run­gen am Spar­kas­sen­ge­bäu­de, ging über den Um- und Dran­bau des Gebäu­des der heu­ti­gen Bam­ber­ger Bank bis hin zur ver­kehrs­ma­le­ri­schen Ver­kehrs­ver­suchs­dau­er­lö­sung in den schmu­cken Far­ben Gelb, Weiß, biss­chen Weiß, Ver­schmiert­weiß und Rot.

Der Schön­leins­platz ist die stadt­bild­ge­wor­de­ne Sperr­müll­samm­lung in spe ausm hin­ters­ten Kel­ler­ab­teil, das man drin­gend mal wie­der auf­räu­men müss­te, aber schon gar nicht weiß, wo man anfan­gen soll. Mis­match in Per­fek­ti­on, das sprich­wört­li­che „Wie bei Hem­pels unterm Sofa“, aber mit­ten im Welt­kul­tur­er­be. Da ein „Bam­ber­ger Rei­ter“, der irgend­wel­chen Dritt­klass-Schiffs­tou­ris­ten den Weg in den Dom zum ech­ten Bam­ber­ger Rei­ter spart, dane­ben unse­re zwar lieb­ge­won­ne­nen und doch so miss­ver­stan­de­nen roten Scheiß­er­la, weil da halt noch Platz war, dort das Hexen­mahn­mal, weil es grad übrig war, neben einem Brun­nen, der den Kli­ma­wan­del kaum bes­ser ver­sinn­bild­li­chen könn­te. Alle Jah­re wird dann noch die Krip­pe her­aus­ge­kramt mit dem 60er-Jah­re-Charme des bereits vor 25 Jah­ren geschlos­se­nen Mär­chen­parks in Neu­stadt bei Coburg. Dazwi­schen Müll­ton­nen unter­schied­li­chen Zeit­al­ters, Strom- und Post­käs­ten, eine klei­ne Büs­te von Schön­lein hims­elf im Holz­kas­ten, Bän­ke und Blu­men. Man sehnt sich nach Wahl­jah­ren, wenn am Tor zur Innen­stadt alles wenigs­tens mit Groß­flä­chen­pla­ka­ten zuge­stellt wird, damit man das poli­tisch fabri­zier­te Elend kurz­zei­tig nicht ertra­gen muss.

Ob es jemals auch mal wie­der schö­ner wird? Die Hoff­nung stirbt zuletzt, denn im Osten des uns­ri­gen Städt­chens klappt es ja auch, nur anders. Aus den maro­den Gebäu­den der ehe­ma­li­gen US-Lag­ar­de-Kaser­ne ent­ste­hen aktu­ell schöns­te Hoch­glanz­woh­nun­gen und Häu­ser, die vom Inves­tor bereits nach und nach als chan­cen­rei­che Kapi­tal­an­la­ge zum Kauf ange­bo­ten wer­den. Schön! Und im Grun­de viel­ver­spre­chend. Beim Blick in die ein­schlä­gi­gen Immo­bi­li­en­por­ta­le dürf­te aller­dings nicht nur so man­chem Ent­schei­dungs­trä­ger aus unse­rem Rats­her­ren­volk vor Schreck der all­mor­gend­li­che Espres­so am Ron­do fast aus der Hand geflutscht sein.

Mit gut 6000 Euro pro Qua­drat­me­ter hält das Ergeb­nis der gefei­er­ten Kon­ver­si­on näm­lich ganz, ganz knapp nicht, was uns die Rat­haus­spit­ze seit Jah­ren dazu vor­ju­belt. Ein 30-Qua­drat­me­ter-Wohn­klo für läp­pi­sche 200.000 Euro, das ist nicht nur hin­sicht­lich der Flä­che weit weg von „Kos­ten­güns­ti­ger Wohn­raum für Familien“.

Gut 6000 Euro pro Quadratmeter.

„Wir wer­den uns wohl lang­sam an sol­che Prei­se gewöh­nen müs­sen“, heißt es dazu see­len­ru­hig aus Stadt­rats­krei­sen. Zum Glück leben wir in einer Demo­kra­tie, denn einen Fuß­ball­trai­ner, der mit­ten in der Sai­son phleg­ma­tisch schon nicht mal mehr vom Klas­sen­er­halt träumt, setzt das Prä­si­di­um übli­cher­wei­se noch vor Mon­tag­abend vor die Tür. Aber bei Immo­bi­li­en­prei­sen auf Rekord­ni­veau, da kann der gemei­ne Rats­herr halt echt nix tun für das Volk. „Stadt­ent­wick­lung ist eben Zufall, Glück und Schick­sal“, denkt er sich wahr­schein­lich noch, bevor er dann doch wie­der gemüt­lich den Keks in den Espres­so tunkt und gedan­ken­ver­lo­ren den Ver­kehr am immer­hin nur zweit­ver­murks­tes­ten Platz Bam­bergs beobachtet.

Und wahr­schein­lich hat der Stadt­rat sogar Recht: An den häss­li­chen Schön­leins­platz haben wir uns ja auch gewöhnt.

Ihr Flo­ri­an Herrnleben

Bru­der Udalrich

Fas­ten­pre­digt: „Die Sum­me der Skan­da­le der letz­ten drei Jah­re in Bam­berg ist einmalig“

Flo­ri­an Herrn­le­ben ali­as Bru­der Udal­rich wird Ende Febru­ar die ach­te Bam­ber­ger Fas­ten­pre­digt hal­ten. Eine logi­sche Wahl sei­tens der Ver­an­stal­ter „AGIL Bam­berg erle­ben“. Denn kaum jemand sonst war in den letz­ten Jah­ren der­art aus­ge­prägt an der Ent­hül­lung ver­schie­de­ner städ­ti­scher Skan­da­le betei­ligt wie der Kaba­ret­tist, Kolum­nist und Puppenspieler.

Fal­sche Über­stun­den- und Boni-Abrech­nun­gen, gefälsch­te Face­book-Pro­fi­le, ein Pro­sec­co-Umtrunk in der König­stra­ße zu Zei­ten des Lock­downs und eini­ges mehr – die Lis­te der Ver­feh­lun­gen des poli­ti­schen Per­so­nals Bam­bergs in den letz­ten Jah­ren ist lang. An der Auf­de­ckung der bei­den erst­ge­nann­ten war Flo­ri­an Herrn­le­ben unter ande­rem mit sei­nem Blog „Herrn­le­bens Über­stun­de“ betei­ligt. Nun hält der Kaba­ret­tist, Kas­per­le-Pup­pen­spie­ler und Stadt­echo-Kolum­nist nach zwei­jäh­ri­ger Coro­na-Pau­se die dies­jäh­ri­ge Bam­ber­ger Fas­ten­pre­digt. Als Nach­fol­ger von Andre­as Ulich und Arnd Rühl­mann nimmt er sich am 25. Febru­ar im Zie­gel­bau des Kon­gress Hotels die Star­kes, Stier­in­gers und Humls der Stadt vor.

Wir haben mit Flo­ri­an Herrn­le­ben über das Enga­ge­ment, sei­ne The­men und Bam­bergs Skan­dal­reich­tum gesprochen.

Flo­ri­an, war­um hast du dei­nem Fas­ten­pre­di­ger den Namen „Udal­rich“ gegeben?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Dank mei­nes Onkels bin ich auf der Suche nach einem Namen für mei­ne Figur irgend­wann auf die­sen Namen gesto­ßen. Er gefiel mir gleich, weil er so schön sper­rig ist und wie ich fin­de gut zu einem Mönch passt. Dann habe ich mehr über Udal­rich oder Ulrich von Bam­berg gelernt. Er war im 12. Jahr­hun­dert Pries­ter, Küs­ter und Mit­glied der Bam­ber­ger Dom­geist­lich­keit und hat­te sich vor allem dem Chro­nis­ti­schen ver­schrie­ben. Sein Haupt­werk heißt „Codex Udal­ri­ci“ und ent­hält bedeu­ten­de Urkun­den und Brie­fe aus der dama­li­gen Bam­ber­ger Zeit. All­ge­mein war er sehr der Spra­che zuge­tan und nicht irgend­wer, son­dern eine – wenn auch nicht all­zu bekann­te – Bam­ber­ger Persönlichkeit.

Die Fas­ten­pre­digt Ende Febru­ar ist dei­ne ers­te. Wie kam das Enga­ge­ment zustande?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Na ja, man hat mich gefragt, ich habe zuge­sagt. Ich war ja schon bei Arnd Rühl­manns letz­tem Auf­tritt als Fas­ten­pre­di­ger zu Gast. Damals wur­de mir signa­li­siert, dass ich viel­leicht als nächs­ter Pre­di­ger in Fra­ge käme, weil ich in mei­nem Kaba­rett­pro­gramm eben schon sehr tief im lokal­po­li­ti­schen Gesche­hen unter­wegs war. Nach der Coro­na-Pau­se kamen die Ver­an­stal­ter Jost Loh­mann von AGIL, Ambros Mahr vom Ambräu­sia­num und Udo Zieg­ler vom Wel­co­me Hotel dann auf mich zu und frag­ten, ob ich mir den Auf­tritt vor­stel­len könnte.

Hat bei AGILs Ent­schei­dung, sich an dich zu wen­den, auch die Hoff­nung eine Rol­le gespielt, dass du dei­ne Rol­le in der Auf­de­ckung von aktu­el­len Bam­ber­ger Polit-Skan­da­len auf der Büh­ne mit neu­en Ent­hül­lun­gen fort­set­zen könntest?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Glau­be ich nicht, weil ich, und das fin­de ich schön, eben schon deut­lich vor die­sen Skan­da­len zum ers­ten Mal dar­auf ange­spro­chen wur­de. Mit dem Abtritt von Arnd Rühl­mann war man schon mit mir in Kon­takt getre­ten. Ich glau­be auf der ande­ren Sei­te aber schon, dass sich die Ver­an­stal­ter sehr freu­en, damals vor der Pan­de­mie-Pau­se schon genau den erwischt gehabt zu haben, der dann in den Jah­ren dar­auf an die­sen Ent­hül­lun­gen betei­ligt und des­we­gen im Gespräch war. Inwie­weit ich das auf der Büh­ne aber fort­set­ze, ist eine ande­re Sache. Ich den­ke nicht, dass eine Fas­ten­pre­digt der Zeit­punkt ist, neue Skan­da­le auf­zu­de­cken. Es geht mir dar­um, auf das, was in den letz­ten Jah­ren pas­siert ist, mög­lichst unter­halt­sam zurück­zu­bli­cken und den Betei­lig­ten die Levi­ten zu lesen.

Was wirst du für dei­ne Fas­ten­pre­digt von dei­nen bei­den Vor­gän­gern Andre­as Ulich und Arnd Rühl­mann übernehmen?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Ich habe Andre­as Ulichs Auf­tritt als Fas­ten­pre­di­ger nicht gese­hen, son­dern nur die von Rühl­mann. Direkt über­neh­me ich nichts – außer die Kut­te. Das tue ich aller­dings mit ein biss­chen Stolz, weil bei­de sehr beliebt und gut sind in dem, was sie auf der Büh­ne tun. Aber Herrn­le­ben ist Herrn­le­ben und mein Pre­di­ger wird ein eige­ner Pre­di­ger sein.

Was wird das Eige­ne sein?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Was mit Sicher­heit neu für mich sein wird, im Unter­schied zu einem Kaba­rett-Auf­tritt und davon lebt so eine Pre­digt ja auch ein biss­chen, ist die Tat­sa­che, dass die Leu­te, über die man redet, im bes­ten Fall in der ers­ten Rei­he direkt vor einem sit­zen und man mit ihnen inter­agie­ren kann. Als Pup­pen­spie­ler vom Kas­per­le­thea­ter ken­ne ich auf der ande­ren Sei­te aber nichts ande­res als Inter­ak­ti­on. Was ich vom Pup­pen­spiel also schon ken­ne und kann, darf ich jetzt ein Stück weit in die Erwach­se­nen­un­ter­hal­tung mit­neh­men. Ich kann den Leu­ten in die Augen schau­en, hof­fe aber auch, ihnen auch noch hin­ter­her in die Augen schau­en zu kön­nen. Das wird eine span­nen­de Gratwanderung.

Es ist noch mehr als ein Monat bis zu dei­nem Auf­tritt. Steigt die Ner­vo­si­tät bereits?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Ich freue mich in ers­ter Linie sehr auf die Fas­ten­pre­digt. Wenn man ohne Freu­de auf die Büh­ne geht und dabei nicht irgend­ei­ne Art von Fai­ble dafür hat, sich vor Leu­te zu stel­len, könn­te man so etwas über­haupt nicht machen. Außer­dem gehö­re ich zu denen, die zum Glück kein all­zu gro­ßes Lam­pen­fie­ber haben.

Um wel­che The­men wird sich dei­ne Pre­digt drehen?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Es geht los bei der letz­ten Kom­mu­nal­wahl, dann kam die Daten­schutz­ver­let­zung samt Straf­be­fehl für Andre­as Star­ke, dann der Pro­sec­co-Skan­dal. Wir hat­ten den gro­ßen Boni-Über­stun­den-Rat­haus-Raz­zia-Skan­dal, mit dem nächs­ten Straf­be­fehl. Es folg­te der Fake-Account-Skan­dal um Klaus Stier­in­ger und zuletzt der Rück­tritt von Lud­wig Schick. Es wird auch um die CSU gehen müs­sen mit ihren Social-Media-Ket­ten­hun­den, die sich dank Play­boy in die bun­des­wei­te Pres­se gesplat­tert haben, und um Mela­nie Huml und ihre Mas­ken­af­fä­re. Auch der grü­ne Ver­kehrs­plan und der Stand sei­ner Umset­zung ist ein The­ma. Es soll­te nie­mand aus­ge­spart werden.

Gehst du im Ange­sicht der Tat­sa­che, dass du am Zustan­de­kom­men eini­ger der The­men durch dei­ne Ent­hül­lun­gen in „Herrn­le­bens Über­stun­de“ selbst betei­ligt warst, davon aus, dass der Wunsch eini­ger Betrof­fe­ner, dich schei­tern zu sehen, beson­ders groß ist?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Klar. Aber was heißt schei­tern. Dass nie­mand lacht? Dass ich beim Bestei­gen der Büh­ne über die Kut­te stol­pe­re? Es ist nach 35 Jah­ren auf und hin­ter Büh­nen zum Glück auch eine gewis­se Rou­ti­ne da. Ich möch­te einen guten Auf­tritt able­gen, mit dem zunächst ein­mal ich zufrie­den bin. Natür­lich wer­den alle hin­ter­her ihre Mei­nung haben, der eine wird es beson­ders gut, der ande­re wird die Vor­gän­ger bes­ser fin­den – aber das ist in Ord­nung. Und ein Schei­tern im Sin­ne eines lee­ren Saals, vor dem ich auf­tre­te, schlie­ßen die bis­he­ri­gen Kar­ten­vor­käu­fe aus.

Teilst du gegen das gesam­te Par­tei­en­spek­trum des Stadt­rats aus oder musst du der SPD zwangs­läu­fig den größ­ten Platz im Pro­gramm ein­räu­men, weil sie sozu­sa­gen die meis­te Vor­ar­beit geleis­tet hat?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Ja, sie hat die meis­te Vor­ar­beit geleis­tet, aber die SPD und ihr Ober­bür­ger­meis­ter sind vor allem auch an der Macht. Damit ergibt sich auto­ma­tisch ein klei­ner Schwer­punkt im Pro­gramm. Star­ke war in die meis­ten Skan­da­le mit­ver­wi­ckelt oder mit der Über­stun­den-Boni-Affä­re sogar in den größ­ten. Hin­zu kommt sein ehe­ma­li­ger Frak­ti­ons­chef Stier­in­ger und des­sen zweit­größ­ter Skan­dal um die Fake Accounts. Es wäre komisch und unver­hält­nis­mä­ßig, wenn ich am meis­ten über Gau­stadts BUB her­zie­hen würde.

Hast du ein Lieb­lings­the­ma? Wel­ches ist kaba­ret­tis­tisch und was eine Fas­ten­pre­digt angeht am ergiebigsten?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Es teilt sich ein biss­chen auf. Der Über­stun­den­skan­dal ist der größ­te Skan­dal, weil es um so viel Geld ging, er ist aber gleich­zei­tig auch ein wahn­sin­nig tro­cke­nes und anspruchs­vol­les The­ma. Es auf­zu­ar­bei­ten hat aber dar­um umso mehr Spaß gemacht. Auf der ande­ren Sei­te ist der Fake-Account-Skan­dal von vor­ne bis hin­ten von sich aus schon so absurd, dass man ihn kaum mehr für eine Pre­digt über­hö­hen muss. Ich habe also eigent­lich kein Lieb­lings­the­ma, weil ein­fach so viel Ver­rück­tes pas­siert ist – der Ober­bür­ger­meis­ter ist dop­pelt vor­be­straft wegen Daten­schutz­ver­let­zung und Untreue. In wel­cher ande­ren Stadt gibt es so was schon! Die Sum­me der Skan­da­le der letz­ten drei Jah­re in Bam­berg ist einmalig.

Die Rol­le des Pre­di­gers gibt die Mög­lich­keit, ein biss­chen här­ter oder belei­di­gen­der zu den Ange­spro­che­nen zu sein als zum Bei­spiel in einer Kolum­ne. Machst du davon Gebrauch?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Man sagt mir in mei­nen Kaba­rett-Pro­gram­men schon eine gewis­se Schär­fe in der Spra­che nach. Ob es in der Pre­digt noch schär­fer wer­den muss oder wird, weiß ich nicht. Das lässt sich auch oft erst hin­ter­her sagen, ob man jeman­den getrof­fen hat oder nicht. Der Ton wird auch ein biss­chen der Atmo­sphä­re geschul­det sein und die ist bier­zelt­mä­ßig. Der Zie­gel­bau im Kon­gress Hotel ist kei­ne Klein­kunst­büh­ne, vor der 40 Leu­te im Dun­keln hocken und auf der Büh­ne prä­sen­tiert einer einen wochen­lang vor­be­rei­te­ten maxi­mal­fein­sin­ni­gen Text, bei dem es auf jede Nuan­ce ankommt. Im Zie­gel­bau muss es schon ein biss­chen lau­ter und bra­chia­ler zuge­hen – alles ande­re wür­de viel­leicht auch gar nicht ankom­men. Mein Anspruch ist, die Leu­te zu unter­hal­ten, aber ohne unter der Gür­tel­li­nie zu tref­fen. Denn hin­ter­her möch­te ich, wie gesagt, noch allen Ange­spro­che­nen in die Augen schau­en können.

Lässt sich sagen, ob die Haupt­per­so­nen der zurück­lie­gen­den Ereig­nis­se zur Fas­ten­pre­digt kom­men werden?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Nein, das glau­be ich nicht. Ich glau­be, es kom­men nur die, die so was ver­tra­gen und zusätz­lich ein paar mit Pro­fil­neu­ro­se. Ich wäre posi­tiv über­rascht, wenn zum Bei­spiel Ste­fan Sand­mann kommt und dann auch noch in der ers­ten Rei­he sitzt.

Kann man als Poli­ti­ker sei­ne Teil­nah­me an so einer Spott­re­de nicht aber nut­zen, um Selbst­iro­nie anzu­täu­schen oder um vor­zu­ge­ben, dass man groß­her­zig genug ist, auch ein­mal einen Witz auf eige­ne Kos­ten ver­tra­gen zu können?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Schon, aber ich glau­be, das kön­nen nicht alle. Aber es stün­de Poli­ti­kern all­ge­mein tat­säch­lich gut und es soll­te schon zum Poli­ti­ker­da­sein dazu­ge­hö­ren, an der maß­geb­li­chen Ver­an­stal­tung die­ser Art in Bam­berg teil­zu­neh­men. Sonst stellt man sich ja auch gern selbst vor sein Wahl­volk hin und sozu­sa­gen pre­digt, da kann man sich auch mal selbst einer Pre­digt aus­set­zen, bei der man zur Abwechs­lung mal nicht das letz­te Wort hat.

Bei der Münch­ner Fas­ten­pre­digt am Nock­her­berg gilt: Wer nicht vor­kommt in der Pre­digt, ist unwich­tig. Wer kommt bei dir nicht vor?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Mal schau­en. Ich habe eine Idee und muss mal schau­en, ob es klappt. Da muss man ein biss­chen unter­schei­den zwi­schen denen, die sich wich­tig füh­len und es sind, und denen, die sich wich­tig füh­len, ohne es zu sein. Ich möch­te jetzt kei­ne Namen nen­nen, aber von die­sen gan­zen teils unbe­kann­ten Ein­zel­fi­gu­ren aus dem Stadt­rat, die ver­su­chen, sich zu pro­fi­lie­ren, muss sicher nicht jeder vor­kom­men. Ich kann ja nicht erst mal eine Vier­tel­stun­de lang erklä­ren, um wen es sich han­delt. Anders gesagt, alle, die nicht vor­kom­men, haben für mich wahr­schein­lich kei­ne poli­ti­sche Bedeutung.

Zeich­nen sich neue The­men ab, die kurz vor der Pre­digt noch rein­kom­men könnten?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Ich hof­fe nicht! Kurz vor der Pre­digt brau­che ich kei­nen neu­en Skan­dal. Es wäre mir ganz recht, wenn die Poli­ti­ker bis dahin die Füße still­hal­ten. Danach dür­fen sie wie­der Gas geben, damit der Fas­ten­pre­di­ger für 2024 Mate­ri­al hat.

Könn­test du wie­der die­ser Pre­di­ger sein?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Da hal­te ich es wie mein Vor­gän­ger Arnd Rühl­mann – ich ent­schei­de mich nach der Pre­digt. Und dann ent­schei­det der Veranstalter.

Stadt­echo-Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben über die Zeit zwi­schen den Jahren

Für sei­ne aktu­el­le Stadt­echo-Kolum­ne hat sich Flo­ri­an Herrn­le­ben einen selbst­ge­misch­ten Glüh­wein ein­ge­schenkt und lässt das zurück­lie­gen­de Jahr und sei­ne Auf­re­ger­the­men Revue passieren.

Na, wie füh­len Sie sich? Geht’s gut? Plätz­chen bereits geba­cken und Tetra­pak-Glüh­wein schon auf dem Herd? Das ers­te „Last Christ­mas“ bereits in orches­tra­ler Ver­si­on hin­un­ter­ge­würgt? Wie sinn­lich, wie hei­lig, wie still!

Es scheint gemüt­lich zu wer­den in den nächs­ten Wochen, wir kön­nen uns end­lich mal wie­der um uns selbst küm­mern. Auch ich, ja, denn in den letz­ten Jah­ren war zwi­schen den Jah­ren immer was los. Lang­sam kommt es, gell?

Waren es vor zwei Jah­ren noch die inzwi­schen über­re­gio­nal bekann­ten „Kei­ne Leis­tung ohne Gegenleistung“-Guddis, spen­diert von der Bam­ber­ger Rat­haus­ober­schicht für die beson­ders enga­gier­ten, die beson­ders flei­ßi­gen und die beson­ders treu­en Rat­haus­ge­treu­en, die die Staats­an­walt­schaft Hof auf den Plan rie­fen, so waren es vor genau einem Jahr die Her­ren Sand­mann, Fran­ken und Haus­dör­fer, deren inzwi­schen abge­half­ter­te Exis­tenz sich als Rea­li­ty-Soap an den Fäden von Stier­in­ger und sei­nen guten Bekann­ten ent­puppt hat.

Wir soll­ten uns bewusst machen: Es ist tat­säch­lich der ers­te Jah­res­wech­sel ohne Skan­dal, ohne poli­ti­sches „Wir ret­ten uns zwi­schen die Tage“ und ohne Son­der­schich­ten am Max­platz auf der einen Sei­te und jour­na­lis­ti­sches „Alter! Ich mag auch mal frei haben und nix recher­chie­ren und schrei­ben!“ auf der anderen.

Und es ist auf abseh­ba­re Zeit auch nix zu erwar­ten. Und das hat Grün­de: Die Hür­de für neue, städ­ti­sche Auf­re­ger ist so hoch wie seit Jahr­zehn­ten nicht mehr. Wir sind kom­plett abgestumpft.

Wenn woan­ders Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren gegen OB und ent­schei­den­de Tei­le der Füh­rungs­trup­pe eines Rat­hau­ses lau­fen wür­den, mal ehr­lich, eine nor­ma­le Stadt wäre schon längst auf links, oder? Aber in Bam­berg? Hier redet man nicht mal mehr am Stamm­tisch über unse­ren Ober­bo­ni­meis­ter und sei­ne Max­platz-Dal­tons. Vor­be­straft? Egal! Hal­be Rat­haus­spit­ze auch! – Noch mehr egal! Wie so vieles…

Hier kann man nun Geld für groß­an­ge­leg­tes­te Mit­mach­stadt-Umfra­gen ver­pras­sen, um sie anschlie­ßend dann doch lie­ber geflis­sent­lich bei den offi­zi­el­len Abstim­mun­gen zu igno­rie­ren, und kaum jemand regt sich auf, wes­we­gen anschlie­ßend der vor­geb­lich welt­of­fens­te und euro­pä­ischs­te aller unse­rer in den Stadt­rat gesalb­ten Poli­ti­ker, also der, des­sen Frak­ti­ons­part­ner vor­her – wir spra­chen dar­über – im Kuschel­bus mit der AfD nach Mün­chen getrampt ist, öffent­lich mit adap­tier­ten Nazi­pa­ro­len – höchst­be­dau­er­lich, gro­ßes Miss­ver­ständ­nis – ent­glei­sen darf, was ja auch nicht wei­ter schlimm ist, weil man sogar als Stadt­mar­ke­ting­vor­sit­zen­der in die­sem vie­le kom­mu­ni­ka­tiv über­for­dern­den Face­book mit Mafia­me­tho­den gegen Kri­ti­ker lieb­äu­geln kann. Alles nicht der Rede wert, denn auch die CSU-Frak­ti­on tatzt durchs Stim­mungs­bild der Stadt­ge­sell­schaft wie eine Stahl­ku­gel im Flip­per­au­to­ma­ten und kippt vor Abstim­mun­gen schnel­ler als ein Kas­ten Nürn­ber­ger Bier in der pral­len Son­ne, wäh­rend es auch kei­nen inter­es­siert, war­um die Grü­nen ihre Auf­stel­lungs­ver­samm­lung aus *hüs­tel* „for­ma­len Grün­den“ wie­der­ho­len muss­ten und sich auch nie­mand empört, dass der OB, also unser Andi, als ehr­wür­di­ger, amtie­ren­der Vize­prä­si­dent des Bezirks­ta­ges jüngst irgend­wie von sei­ner eige­nen SPD nicht mal mehr auf die Bezirks­tags­kan­di­da­ten­lis­te gesetzt wur­de. Wur­de er ver­ges­sen? Was weiß ich…

Das poli­ti­sche Geplän­kel, die diver­sen Machen­schaf­ten und Ent­glei­sun­gen… sie schei­nen nicht mehr zu inter­es­sie­ren. Zum Glück, denn ich brauch ja auch mal Zeit für mich.

Und wäh­rend ich hier so sit­ze und in aller Ruhe an mei­nem Glüh­wein nip­pe, den ich mir aus einer Fla­sche Rot­wein, die man mir nach einem Auf­tritt geschenkt hat, und ein wenig Zimt und Rum-Aro­ma zusam­men­ge­panscht hab, kom­men mir lang­sam doch noch Auf­re­ger­fra­gen und Blut­druck­the­men in den Sinn: Kriegt man künf­tig im Kar­stadt echt kei­nen Per­so­nal­ra­batt mehr, obwohl man jeman­den kennt, der jeman­den kennt, der da mal gear­bei­tet hat? Wird eine bis heu­te berech­tig­te Empö­rung über die Qua­li­tät von Gel­ben Säcken in die­ser Stadt jemals wie­der auf frucht­ba­ren Gesell­schafts­bo­den fal­len? Und vor allem: Was mach ich nun zwi­schen den Jahren?

Ihr Flo­ri­an Herrnleben
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