Zwischen Traditionsveranstaltung und Event siedelt Florian Herrnleben in seiner neuen Stadtecho-Kolumne die hiesigen Stadtteilkirchweihen an. Wobei mit der Gaustadter Variante der – von einigen kleinen Änderungen einmal abgesehen – der Höhepunkt der Kerwasaison noch aussteht.
Die diesjährige Kirchweihsaison in Bamberg neigt sich dem Ende entgegen. Kirchweihen – beziehungsweise auf Deutsch: „Kerwas“ – gehören genauso zum hiesigen Veranstaltungskalender wie die echten Events zum Beispiel auf dem Maxplatz. Allerdings sind sie oft älter als das Wort Event im gutbürgerlichen Sprachgebrauch. Inhaltlich ist es auch unerheblich: Bierbänke, vorne spielt die Musik, irgendjemand sticht ein Fass an.
Organisiert zumeist von den Bürgervereinen der Stadtteile werden sie, also diese Traditionsveranstaltungen – je nach Beliebtheit des altehrwürdigen Distrikts und oft direkt proportional zum Organisationsaufwand des zuständigen Vereins – mal mehr oder mal weniger aus dem jeweils mal größeren und mal kleinen Einzugsgebiet besucht. Von „Ach, komm, vor der Bühna is nuch a Platz!“ bis hin zu „Halb Europa meint, sich durch enge Altstadtgassen zu pressen“ ist in Bamberg zwischen Gartenstadt und Bug, Gaustadt und St. Heinrich im Osten alles an Kirchweihgrößenordnung im Angebot.
Mit der Gaustadter Kerwa steht uns nun allerdings noch – zumindest mit Blick auf die nicht so friedlichen Geschehnisse jenseits der Friedensbrücke und die damit verbundene Vorfeldberichterstattung – wohl offensichtlich das Highlight der diesjährigen Kirchweihsession ins Haus. Laut meinem aktuellen Kenntnisstand ohne Baum und mit keiner Blasmusik im Festzug, dafür mit neuem Festwirt, eben nicht aus Gaustadt, dafür aber aus der Bamberger Sandstraße, und mit einem Sandmadla, das in Gaustadt richtigerweise natürlich Kerwa-Madla heißt.
Eine holde Maid – möglichst unmännlich und auf keinen Fall divers, darum geht’s – das sich, so feierte es die Ausschreibung würdevoll, vor Umarmungen auf dem Festgelände nicht fürchten darf. In anderen, den Worten des Bürgervereins: Es soll jene Umarmungen mit Humor nehmen. Und das muss es auch, denn keine Bürgervereinspräsidentin der Welt kann vorher genau sagen, welcher humorige Kerwabesucher das auserkorene Madla nach dem fünften Herrengedeck noch mal kräftig knuddeln möchte.
Zu trinken gibt es in Gaustadt erstmals seit Bistumsgründung kein Wörner‘sches Gebräu der Gaustadter Kaiserdom, weil – wie soll man es sagen – auch da gab es wohl… also: Es lief nicht rund unter und mit dem neuen Bürgervereinspräsidium.
Das ist alles zumindest der „Stand heute“.
Wie sehr mir der anstehende Redaktionsschluss noch in die Geschichte gehagelt haben wird, werden Sie beim Lesen dieses Artikels beurteilen können. Wir haben Mitte September und das Hü und Hott aus Gaustadt ist volatil. Trotzdem: Die diesjährige Kirchweih in Bambergs Westen verspricht schon in der Vorbereitung jedenfalls nahezu alles außer Langeweile. Ich möchte fast sagen: Sie stellt alle diesjährigen Kirchweihen unserer Stadt souverän in den Schatten.
Die Freude über Klatsch und Tratsch aus Gaustadt lässt vergessen, dass über das Kerwajahr hinweg auch in den anderen Stadteilen unserer Weltkerwastadt echte Geschichten für die Chroniken der Ewigkeit und Premieren in Bambergs Stadtgeschichte geschrieben wurden: Mein höchsteigenes, schirmherriges Auftreten und Anzapfen bei der Gartenstadter Kerwa, das Festzelt am Leinritt ohne Zelt und der OB mit dem störrischen Zapfhahn.
Aber das waren ja auch nur Kirchweihen. Ein echtes Event mit all seinen Facetten, das gibt es nur in Gaustadt!