In seiner neuen Stadtecho-Kolumne gedenkt Florian Herrnleben einiger städtischer Veränderungen in Bamberg der letzten Jahrzehnte. Und sieht mit Bahnstrecke und Schlachthof Parallelen
... weiter
Florian Herrnleben über echte, digitale Events :-)
Stadtratssitzung bei „TV Rathaus“
Stadtecho-Kolumnist Florian Herrnleben hat online eine Stadtratssitzung verfolgt.
Es ist Mittwochnachmittag und ich habe wirklich absolut nix Besseres zu tun. Grund genug also für den mittelmäßig an Stadtpolitik interessierten Kleinstadtkabarettisten und Stadtechokolumnisten, mal „TV Rathaus“ unter www.bamberg.de einzuschalten und bei der heutigen Vollsitzung reinzuzappen, die nun wie jede Stadtratssitzung seit einigen Monaten live ins Internet, also in die große, weite Welt gespült wird, damit selbige sich daran erlaben kann. Pünktlich bin ich. Und mit mir – das wird mir angezeigt – sogar 19 andere.
„Ein wahrer Gassenfeger!“, denk ich mir erst, bevor ich mir dann doch die Frage stelle, wie viele der in den Stadtrat hineingesalbten Ratsherrinnen und ‑damen heute unter den knapp 20 Zuschauern sind, um ihren eigenen Auftritt und vor allem sich selbst am Smartphone zu bewundern. 44 plus Rathausspitze könnten es dann ja wenigstens sein. Aber nur die ganz Pflichtbewussten, die besonders Schönen und die Allerwichtigsten, so sagte man mir inzwischen, kann man live im Ratssaal dabei beobachten, wie sie sich selbst im Stream bestaunen, weil sie der Übertragung von Wort und Gesicht ins WWW zugestimmt haben.
Nun bedeutet das englische Wort Stream ja bekanntlich sowas wie Strömung oder Fluss und nicht Schluckauf. Was ich da sehe, erinnert mich aber schwer an die Zeit unserer Kasperltourneen durch ganz Bayern im Jahr 1994, als ich hinten im Auto meiner Eltern versucht habe, auf dem tragbarkleinen Minischwarzweißröhrenfernseher mit langer Antenne bei 80km/h auf der Autobahn ein einigermaßen unterbrechungsfreies Bild- und Tonsignal vom Fußballländerspiel der WM in den USA einzufangen. Für wenige Sekunden. Zuverlässig war nicht die Übertragung, sondern nur die nächste Unterbrechung im garantiert spannendsten Moment. Bild und Ton verabschiedeten sich – im Unterschied zu heute damals noch empfangstechnisch bedingt – ins analoge Flimmernirvana und man musste sich Minuten später bei verändertem Spielstand oder noch schlimmer in der Halbzeitpause gedanklich erstmal wieder ins Spielgeschehen einsortieren.
Grund für die heutigen Unterbrechungen ist aber nicht etwa ein Dosentelefon als Internetleitung, sondern die Datenschutzbefindlichkeiten einzelner Stadtratsmitglieder und Fraktionen, die sich zwar allzu gern auf Wahlplakaten, weniger gern aber im Internet sehen. Die Empörung im Winter war noch groß, als sich CSU, BBB und Einzelkämpfer teils mit Verweis auf Stieringers Fakegate diesem neumodischen Internet und der Internetliveübertragung entzogen. Und auch zwei Referenten a.k.a. berufsmäßige, also bezahlte Stadträte legen keinen gesteigerten Wert auf weltweite Popularität und lassen sich visuell piepen. Wie die beiden Herren mehrere hundert Menschen Personal im Rathaus führen, wenn sie gleichzeitig Angst vor 20 Zuschauern im Internet haben, ist mir ein Rätsel. Inzwischen haben sich jedenfalls alle rund 20 Stammzuschauer an die ständigen, werbefreien Zwangsunterbrechungen gewöhnt.
Die vermeintliche Gewöhnung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zuschauerzahlen eher ernüchternd sind. Als ich – um aufs Kasperlspielen zurückzukommen – in den 90ern beim Stammtischfest der Rüftels hinten in Mönchsambach Kasperltheater gespielt habe, hatte ich sogar in schlechten Jahren locker fünfmal so viele Zuschauer. Und es ging dabei – das werden viele Zeitzeugen bestätigen können – spannender zu und war in Nachbetrachtung historisch definitiv relevanter, haben wir doch in der viel beschworenen Gemeinschaft sogar Hexen und Zauberer besiegt. Oder um in der Kulturwelt zu bleiben: Stell’ ich rund 50 Leute als Chor auf eine Bühne, erwarte ich schon, dass jeder mindestens zwei Zuschauer mitbringt.
Woran es liegt? Ich hab eine Vermutung. – Nichts ist uninteressanter als eine öffentliche Stadtratssitzung, für die bereits im Vorfeld in Senaten und in Vorbesprechungen zu Senaten und im Ältestenrat und in der Vorbesprechung zur Vorbesprechung zur Vollsitzung im Hinterzimmer bereits alles glattdiskutiert wurde. Das Streaming dient mehr dem Ego einzelner Stadträte als der Transparenz von Entscheidungen oder gar der großen Demokratie.
Deshalb hab ich meistens etwas Besseres zu tun als öffentlichen Sitzungen zu folgen. Auf dem Rathausflur hört man derweil nämlich oft mehr…
Ihr Florian Herrnleben
Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über die Brückenbrüstung
In seiner Kolumne der Mai-Ausgabe des Stadtechos widmet sich Florian Herrnleben einer Bamberger Brückenbrüstung.
Der gemeine Bamberger ist traditionsbewusst. Wenn irgendetwas nicht mehr „wie‘s scho immä woäh!“ ist, dreht er aus. Jahre ohne Sandkerwa, den Lokalteil vom FT direkt vorne, der Honer, der, glaub‘ ich, inzwischen anders heißt… Mit Neuem tut er sich schwer. Er braucht seine zuverlässigen wie regelmäßigen Einträge im Schwarzbuch der Steuern oder die Staatsanwaltschaft im Rathaus. Nun war auch das Team der Satiresendung quer wieder hier. Bekanntermaßen binnen weniger Monate schon zum zweiten Mal in der WelteBRestadt Bamberg könnte das der Beginn einer weiteren schönen Tradition sein. Es ging diesmal nicht um die Sandmanns und Frankens unserer Stadt, sondern – Natürlich! Thema Nr. 1! – um die Untere Brücke und die dort angesiedelte Gastronomie, die die Stadtgesellschaft so sehr spaltet wie sonst nur Bahngleise oder Lastenfahrradparkplätze.
Etwas aus dem Fokus der Öffentlichkeit ist beim ganzen Kommerzialisierungsstreit die Brückenbrüstungsdiskussion geraten. Nach ungefähr 1000 Jahren „Altes Rathaus im Bamberger Wasser“ hat ein Gutachten des TÜV-Süd sicherheitshalber den mahnenden Zeigefinger erhoben und bestätigt, dass die Brüstung lebensgefährlich sein kann.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Tourist beim Ablichten des fünfmillionsten Fotos vom Brückenrathaus vor einem schrittgeschwindigkeitsfahrenden Segwayfahrer erschrickt, dabei jemanden anrempelt, der sein Vanille-Rosmarin-Schäuferla-Eis, das er wenige Minuten zuvor auf der (sehr sicheren) Oberen Brücke gekauft hat, nicht nur fallen lässt, sondern vor lauter Schreck über die Brüstung der Unteren Brücke schießt, um dann selbst reflexartig hinterherzuhechten, ist so groß wie – um einen berühmten Bamberger Philosophen zu zitieren – ein Waldbrand auf dem Maxplatz.
Trotzdem muss gehandelt werden. Dringend! Die Brücke braucht eine höhere Brüstung! Wir haben es zwar geahnt: Das Verweilen und das Laufen, das Fahrradfahren, überhaupt alles in unmittelbarer Nähe des Sautrogs scheint weiterhin auch laut TÜV recht ungefährlich. Das Verweilen und Laufen auf den dazu einladenden Brüstungen birgt ein erhöhtes Absturzrisiko. Krass! Auch wenn mich bisher kein Brückengeländer explizit zum Besteigen und Herumlaufen eingeladen hat, möchte ich an dieser Stelle für die jüngeren Leser betonen: Das Laufen auf nahezu allen Brückengeländern und Brüstungen kann dazu führen, dass man „nunderbollert“. Und wenn es blöd läuft, in die falsche Richtung. Das gilt übrigens auch für Rutschen und Klettergerüste auf dem Kinderspielplatz: Kopfüberrunterspringen ist doof.
Natürlich möchte niemand die Haftung dafür übernehmen, wenn sich der nächste Zweipromiller eines Nachts auf der Brückenbrüstung verläuft/vertanzt/vertorkelt, was im Übrigen aber auch durch die stadtbekannte Geländervariante B nicht verhindert wird.
Die Brücke erhält aber wohl trotzdem bald ein mittelfiligranes Edelstrahlkonstrukt, an das man sich einerseits wunderbar-bequem anlehnen kann, aber nur tagsüber, was nicht vom Runterbollern abhält, wenn man nachts brüstungtanzt, was man mutmaßlich aber eh nur mit zu wenig Blut im Alkohol macht, was wiederum ja gar nicht passieren kann, weil die Brücke samt Brüstung ja bei zu viel Party wahlweise kommerzialisiert oder gesperrt wird.
Es klingt sinnvoll! Was es kostet? Keine Ahnung…
Aber eventuell ist das Geländer dann vielleicht wieder was für den Bund der Steuerzahler. Also, meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, bleibt es in unserem Bamberg wenigstens dahingehend weiterhin ganz, ganz traditionell.
Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über die Causa Sandmann
In seiner Kolumne der April-Ausgabe des Stadtechos widmet sich Florian Herrnleben einem gewissen Sandmann.
Es war einmal ein SPD-Fraktionschef…
Kaum ein Satz, der beim ersten Lesen für Bamberger außerhalb des Fakeaccountfanclubs ganz witzig klingt und gleichzeitig fast subtil, weil so ähnlich bereits 1000 Mal gehört, mit einem ganz besonderen Pronomen beginnt, fasst die letzten Wochen und Monate unserer städtischen Geschehnisse so bedeutungsschwanger zusammen.
Es ging ganz schön rund: Angefangen bei meinem 1000-Euro-Wetteinsatz zur Auffindung der damals noch offiziell vermeintlichen Facebook-Fakeaccounts per Herrnleben-Blog über diverse Zeitungsinterviews und ‑berichte über die Sandmanns, Frankens und Hausdörfers dieser Stadt bis hin zum ersten, größeren Showdown in der BR-Sendung „quer“, in der dann unser aller Stadtmarketingklaus – von Kameras angezogen wie einst Seemänner von den Sirenen – etwas ins Mikrofon sagte, was tief blicken lässt über seine Meinung zur Meinungsmanipulation.
Aber. Trotz allen Drucks zog es der SPD-Fraktionschef, der uns sonst per Facebook eigentlich gerne an jeder Nebensächlichkeit seiner Gedankenwelt teilhaben lässt, vor, ein Geheimnis um die Fakeaccounts zu machen, die sogar überregional inzwischen bekannter sind als so mancher Hinterbänkler des SPD-Fraktion. „Stadtmarketing at its best“, sozusagen.
Die SPD-Fraktion war es übrigens auch, die mich mit ihrem Aufklärungsdrang der drei japanischen Affen maßgeblich dazu motiviert hat, in meiner stadtbekannten Hilfsbereitschaft die Wahrheitsfindung – sagen wir – engagiert voranzutreiben: Zunächst mit einer 19-seitigen Zusammenfassung der wichtigsten Fakten und Verlautbarungen unserer dilettantisch angelegten, künstlichen Maulhelden, dann mit dem Veröffentlichen kleiner WhatsApp-Gruppen-Screenshots, die beweisen, dass Klaus Sandmann nutzte, um seine eigenen SPD-Kreisverband zu manipulieren, und zuletzt nun dank der Expertise von Frau Dr. Thormann, ihres Zeichens einzige öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für forensische Linguistik. – Vereidigt! Ja, Eid! – Wir erinnern uns! Das ist das, was der Königstraßenkaiser bisher nicht ableisten wollte in Form einer eidesstattlichen Erklärung.
Veröffentlichung mit Salamitaktik? – Kann ich, ja! – Über die jüngst abgeschnittene Scheibe wurde breit berichtet:
Frau Dr. Thormann und ich präsentierten in einem gut einstündigen Video unsere Rechercheergebnisse mit ihrer Bewertung der umfassenden Textvergleiche zwischen Fakeaccount-Sandmann und Fakeaccountbuddy-Stieringer, was übrigens noch mehr Spaß gemacht hätte, wäre es nicht um den unvorstellbaren Einzug trumpesker Methoden ins politische Getrommel der Romantisch-Welterbestadt Bamberg gegangen.
Es würde zu weit führen, alle einzelnen Punkte, die sich am Ende zu einem Gesamteindruck zusammenfügen, hier in ein paar Zeilen zu packen. Dafür gibt es das Video (QR-Code!).
Aber. Es erschienen gewisse Haupt-Nebensatz-Muster, Normabweichungen (a.k.a. Fehler) unter anderem bei der Verwendung von „erscheinen“ und eigentümliche Metaphern so auffällig zu sein, dass Klaus Sandmanns heissen (sic!) Atem im Nacken zu spüren erscheint. Und. Auch die überdurchschnittliche Verwendung des Wortes „es“ erscheint eine Normabweichung, weil sie für eine gehäufte Verwendung des Wortes „es“ als Expletivum spricht.
Apropos! Das Expletivum „Es“ aus „Es war einmal…“ ist kein deshalb echtes, kein klassisches Personalpronomen, weil es (hihi!) – um mal frei nach Wikipedia zu zitieren – keinen inhaltlichen Bezug zu einem echten Gegenstand oder zu einer echten Person hat. Wir können es in diesem Fall also locker auch mal völlig unlinguistisch (sorry, Frau Dr. Thormann!) „Fake-Pronomen“ (Fake-Fürwort) nennen. Apropos Fake…
Es war einmal – mit hoher Wahrscheinlichkeit – der SPD-Fraktionschef…
Kolumne
Florian Herrnleben über das jährlich grüßende Murmeltier!
Was wird aus Bambergs Unterer Brücke? Florian Herrnleben hat sich für seine aktuelle Stadtecho-Kolumne ein paar Gedanken gemacht.
Die Untere Brücke, Bambergs architektonischstes Schmuckstück, direkt nach Rathaus am ZOB und Heroldhaus, soll in diesem Jahr nicht wieder gesperrt werden müssen. Zumindest dahingehend ist man sich einig bei den führenden Köpfen vom Maxplatz. Die peinliche Sichtbarwerdung in Bauzaunoptik von völliger Hilf- und Machtlosigkeit gegen das wochenendnächtliche Partyvolk möchte man sich und der Stadt über die kommende Freiluftsaison hinweg ersparen.
Das Dilemma dabei: Man will aber auch nicht noch einmal (oder sagt man in Bamberg inzwischen eher „nicht schon wieder“) durch die überregionale Berichterstattung gezerrt werden als Ballermann Frankens, so überfordert beim Verscheuchen der Betrunkenen um das Alte Rathaus wie ein Vierjähriger beim Pac-Man-Spielen. Mit den Beschwerden von Anwohnern kann man im Rathaus seit Jahren gut weiterschlafen, aber negative Berichterstattung… da sind sie empfindlich!
Deshalb rein in die städtische Ideenschmiede, die ja übrigens – davon bin ich bis heute fest überzeugt – unterhalb der ominösen Tabakscheune beherbergt ist, neben dem Büro derer, die sich so Sprüche ausdenken wie „Keine Leistung ohne Gegenleistung“ und „Wir haben eine eigene Rechtsauffassung“. Aber anderes Thema! – Jedenfalls hatte man ja nun ein gutes halbes Jahr Zeit, um Ideen zu entwickeln, dem Partyvolk auf der Unteren Brücke und eventuell auch ein wenig den leidgeplagten Anwohnern gerecht zu werden.
Die Besten der Bestbezahltesten, die alternativlosesten Optimalbesetzungen, die Erfahrensten und Erfahrenstinnen sollten keine Zeit verlieren, nachdem man 2021 schmerzlich lernen musste, dass es in Bamberg keinen Neubau einer Brücke braucht, um sich bundesweit in zweifelhafte Brückenbekanntheitswerte zu torkeln.
Und dann! Tadadataaaaaaa! Fanfare, Trommelwirbel! Da kam sie! Die krasseste Rathaus-Idee unserer Prämienpremiums nach monatelangem Nachdenken: „Wir richten eine Bushaltestelle ein und fahren die, die da einsteigen, einfach woanders hin. Hafen, Osten, Südflur, egal!“ – „Hauptsache, ein nicht so privilegierter Stadtteil?!“, fragte ich mich, um im altbekannten Sprech der Stadtspitze zu bleiben.
Ich entwickelte übrigens in diesem Zusammenhang auch aus aktuellem Anlass die aus meiner Sicht berechtigte Sorge, dass unsere offensichtlich für Nachtkultur zuständige Kulturreferentin noch einmal auf die Idee kommt, bei den Eigentümern des Heroldhauses anzufragen, ob im dortigen (gar nicht mehr vorhandenen) Leerstand vielleicht eine Partyzone für feierwütige Zweipromiller eingerichtet werden könnte, nachdem es mit den diversen religiösen Gemeinschaften – sagen wir – eher suboptimal gelaufen ist. Aber inzwischen erinnert sie sich anscheinend wieder an die brenzligen Themen aus ihrer Zeit als Pressesprecherin. Jedenfalls liegt noch keine Anfrage vor.
Zurück auf die Partybrücke: Für alle, die an der Promillefahrt wegen der zu erwartenden Bierpreise am Ziel und dem fehlenden Blick auf Klein Venedig nicht teilnehmen möchten, ob Richtung Osten, Norden oder Hain, hängen sie „nette Plakate“ mit freundlichen Appellen auf. Die helfen bestimmt, so die Überzeugung nach einem Jahr Krawall und Radau, weil sie ja „Bitte“ draufgefloskelt haben!
„Und oben drüber schreiben wir in großer Schrift ‚Gute Nachtruhe!‘ – Verstehste? ‚GUTE NACHT-RUHE‘!“ – Wortspiele dieser Qualität wirken nach 4 Uhr und bei mehr als zwei Promille wie von E.T.A. Hoffmann persönlich aufs Plakat gemalt. Ja, ich bin mir sicher: Der freundliche Appell, der heiligen Kuni nur leise die halbverdauten Essensreste vor die Füße zu splattern, wirkt garantiert Wunder.
Es besteht übrigens eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sie bald feststellen, dass die Brüstungen der Brücke seit Jahrzehnten viel zu niedrig und nicht absturzsicher sind. Dann wird schnell ein unbequemer Edelstahlhandlauf auf ganzer Länge hingedübelt, so dass da bald blöderweise niemand mehr sitzen mag.
Und das Murmeltier grüßt künftig vom Gabelmann.
Ihr Florian Herrnleben
Kolumne
Florian Herrnleben über Bambergs Kopfstand
In Florian Herrnlebens aktueller Stadtecho-Kolumne geht es um Florian Herrnlebens Wirkung auf Bamberg. Die Stadt steht Kopf.
Das Rauchbier in den Fässern wird sauer, am Maxplatz steht der Brunnen plötzlich rechts hinten und nimmer links vorne, auf allen Leberkäsbrötla ist plötzlich Ketchup, der Bamberger Reiter reitet zum Schönleinsplatz, tauscht mit dem Luitpold und hat plötzlich ein Namensschildchen, beim Blues- und Jazzfestival gibt’s Bamberger Bier und bei der Sandkerwa keine oberbayerischen Dirndl mehr, eventuell ist auch Tucher nach Bamberg umgezogen, Brose dafür weiter nach Nürnberg, die Bedienungen im Schlenkerla sagen „Bitte“ und „Danke“, BambergFacts bekommt den Pulitzer-Preis.
Touristen stehen nimmer im Weg, überall wachsen Schäuferla an den Bäumen, vegane Schäuferla, selbstverständlich, Rad- und Autofahrer liegen sich liebend in den Armen und teilen sich gerne Parkplätze, in der Maternstraße geht’s runter und die geht’s Sutte rauf, zweispurig, Staatsanwälte kommen nimmer zu Durchsuchungen, sondern zum Kaffeetrinken ins Rathaus, Prüfungsberichte stehen zum Download auf der Webseite der Stadt Bamberg, niemand muss mehr whistleblowen, es gibt gelbe Säcke, und zwar ohne Ende, quasi unerschöpflich, man darf wieder abbaubare Biomüllbeutel in den Biomülleimer werfen und die Tonne wird mitgenommen, Helmut Müller wird auf einem Lastenfahrrad gesichtet und Christian Hader in einem Cadillac Escalade Fullsize-SUV.
Die Obere Brücke wird umbenannt in Untere Brücke, und die Untere in Obere, Stadtführer erzählen nur noch die absolute Wahrheit, die Symphoniker spielen beim Gaudiwurm den Narrhallamarsch, es gibt genug Parkplätze für Anwohner, Hallstadt und Bamberg feiern gemeinsam ein jährliches Straßenfest der ewigen Freundschaft im Gewerbegebiet, Gaustadt wird eigenständiges Königreich mit Daniela der Ersten, auf dem Erba-Erdhügel spielen und toben glückliche und gesunde Kinder, vierköpfige Familien finden freie Wohnungen, groß genug, dass kein Kind auf dem Balkon schlafen muss, Querdenker spazieren hinten links im Landkreis zehnmal um einen Acker statt einmal quer durch die Stadt, am Wilde-Rose-Keller gibt’s Running-Sushi und Cocktail-Happy-Hour, der Brunnen am Schönleinsplatz sprudelt, kein Mitarbeiter im Rathaus muss mehr Überstunden machen, erhält aber trotzdem mehr Geld.
Alle Stadtteile reißen sich um die nächste Moschee, Bug bekommt nicht nur eine neue, sondern direkt eine zweite Brücke und Wildensorg einen eigenen Bäcker, es gibt eine Bergverbindung per Seilbahn entlang der Domtürme, im Bamberger Osten finden plötzlich nicht mehr nur Veranstaltungen, sondern Events statt, die Fußballer holen den DFB-Pokal und werden Deutscher Meister, Bayreuth verzichtet endlich auf den oberfränkischen Regierungssitz und überlässt ihn der wahrlich schönsten Stadt Oberfrankens.
Bamberg! Steht! Kopf!
Und das alles, weil so ein Kleinstadtkabarettist in seinem Blog mal kurz vier Fakeaccounts hochgenommen hat.
Kolumne
Florian Herrnleben übers Bamberger Fake-Gate
In der aktuellen Stadtecho-Kolumne von Florian Herrnleben geht es um gewisse Facebook-Fakeaccounts.
Neues Jahr, neues Glück. Und altes Problem, nur schlimmer. Ich will nicht herumlügen: Es ist Mitte Dezember, der Redaktionsschluss für das Stadtecho und damit für die Kolumne des allseits beliebten wie zotteligen Stadtecho-Kolumnisten, der immer lieber drei Tage zu spät abgibt als zwei Tage zu früh, um einigermaßen aktuell zu sein, wurde um fast eine ganze Woche vorgezogen, weil angeblich Weihnachten vor der Tür steht und das mit Druck und Verteilung sonst über die Feiertage nicht hinhaut, sagt der Chefredakteur. Jajaja. Verdammte Axt! Ihr könnt gern mal ausrechnen, wo ich grad im Moment zeitlich unterwegs bin, wenn ihr das lest.
Ich sag es euch: Gerade eben war die letzte Stadtratssitzung 2021, man hat den Haushalt durchgeprügelt und die aktuellen Coronazahlen auswendig gelernt. Unterm Strich hat man über vier Stunden lang um den heißen Brei geredet:
Bamberg befindet sich momentan in der größten Krise seit… seit… Ja, seit Oktober oder November, als ich das mit dem VGH-Urteil über die hopsgegangene Zweckentfremdungssatzung thematisiert hab. Nur trifft es diesmal nicht die Stadtverwaltung, sondern sehr dezidiert die SPD und ihren Fraktionschef. Für alle, die es nicht mitbekommen haben, weil sie beispielsweise unter einem Stein im Hauptsmoorwald wohnen: Es kam wie im vergangenen Jahr kurz vor Weihnachten erneut recht dicke. Wieder FT, wieder BR, diesmal „quer“, wieder Florian Herrnleben.
Euer allseits beliebter und vor allem gutaussehender Kleinstadt-Kabarettist und ‑Kolumnist hatte über seinen Blog nur ein paar Facebook-Fakeaccounts auffliegen lassen, die – diplomatisch gesagt – tendenziös pro Rathaus, Starke und SPD und contra Presse argumentiert haben. Die Inhalte der Kommentare, die Spielwiesen der drei Hallodris wie Bamberg Facts und das Profil von Klaus Stieringer ließen den Verdacht aufkeimen, dass eine gewisse Nähe zu den virtuell-digitalen Playbacksängern bestehen könnte.
Es hätte einigermaßen glimpflich ausgehen können, weil man das Thema mit dem bekannten Königstraßenreflex „Wer ist schon dieser Herrnleben?!“ wohl am liebsten hätten aussitzen wollen, wenn nicht…. Ja, wenn nicht vier Herren der BR-Sendung „quer“ in Bamberg, genauer gesagt in der Königstraße vorbeigeschaut hätten. Unser Klausi gab zu, die Fakeaccounts zu kennen, gut zu kennen, und „ok“ zu finden. – Hinterher ist man immer schlauer und wer von uns ist schon TV-Profi, aber: Es war, soviel kann man jetzt schon sagen, nicht die geschickteste aller Antworten für einen echten Politiker.
Erste Reaktion nach diesem eventuell ausbaufähigen BR-Auftritt: Der SPD-Fraktionschef macht – Stand heute – für ein paar Wochen bis Monate den Prekariats-Helmut, um dann anschließend weiterzuscheuern. Mangels Glaskugel vermag ich aber nicht zu beurteilen, was ihr Mitte oder Ende Januar, wenn ihr das Heft hier zum Lesen zwischen den Flyern in eurem Lieblingscafé hervorgekramt habt, im tagesaktuellen FT findet. Es könnte gewisse inhaltliche Diskrepanzen zwischen dem Schrieb hier und den Tatsachen geben.
Aber das, und das möchte ich abschließend betonen, liegt nicht an mir und dass ich irgendwas falsches behaupten wollen würde, sondern daran, dass ich Mitte Dezember was für Januar abliefern soll, was dann auch noch stimmt, wenn ihr es lest. Verdammter Redaktionsschluss!
Gutes Neues!
Kolumne
Florian Herrnleben über 2021
In seiner aktuellen Stadtecho-Kolumne wirft Florian Herrnleben einen Blick zurück auf das Jahr 2021 und auf einige der politischen Errungenschaften – zwinker, zwinker -, die es in Bamberg mit sich brachte.
Und schon ist ein Jahr vorbei. Und es endet, wie es begonnen hat: Corona, ein Thema, das ich aufgrund seiner Omnipräsenz in meinen Verlautbarungen eher schmal gehalten hab, um anderen Inhalten Raum zu geben, schießt mit einer Unaufhaltsamkeit durch Bamberg wie sonst nur Staatsanwaltschaften durch das Rathaus. Es jähren sich aber nicht nur die Inzidenzen. Auch der an die Presse durchgestochene BKPV-Bericht über die eher – sagen wir – liberale Auslegung der Tarifgesetze im öffentlichen Rathaus-Dienst feiert seinen ersten Geburtstag in meinem Giftschrank. Die Verantwortung, die mir der Typ im Batman-Kostüm mit Übergabe des Prüfberichts übertragen hat, war nicht ohne. Aber wir haben viel erreicht, denk ich. Sowohl mit meinen Verlautbarungen im Stadtecho, als auch mit Herrnlebens Überstunde im Internetz.
Ich habe versucht, euch Tarifgesetze zu erklären, hab das Arbeitszeitgesetz erläutert und näherzubringen versucht, dass es total unrealistisch oder wenigstens nicht allzu gesetzestreu ist, wenn arme Rathausseelen Woche für Woche 60 Stunden arbeiten müssen. Und so haben wir gelernt, die Stadt Bamberg womöglich eine Bohrinsel betreiben müsste, weil nur „offshore“ das Arbeitszeitgesetz nicht greift.
Wir haben ausgerechnet, dass unser Vorzeige-Rathausmitarbeiter Schorschi wohl nachts zwischen dem 1. und 2. Weihnachtsfeiertag Überstunden schiebt, um im staubigen Heizungskeller des Rathauses Atommüll von links nach rechts zu schichten, um die notwendigen Zuschläge zu erhalten. Oder anders, im Tarifrechtlerdeutsch: Weihnachtszuschlag, Sonntagszuschlag, Nachtzuschlag, Überstundenzuschlag, Staubbelastungszuschlag, nicht klimabedingter Hitzeeinwirkungszuschlag plus Strahlungsexpositionszuschlag können zusammen locker 100 Prozent Lohnzuschlag ergeben.
Wir haben gelernt, dass es ein Oberbürgermeister notfalls im Alleingang schafft, weggefallene Überstundenpauschalen mit Eilverfügungen, Höhergruppierungen und Beförderungen zu kompensieren, wenn man sie einem neuen Personalsenat in der ersten Sitzung der Legislatur unterjubelt und alle anderen Stadträte mit dem Abhängen von Bayerlein-Schmierereien ablenkt. Wir haben gelernt, dass man den §353b des Strafgesetzbuches (Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht) gleichzeitig doof und gut finden kann, weil man deshalb einerseits selbst einen Strafbefehl wegen Adressdatenschutz drübergebrezelt bekommt, weil er aber auch andererseits als Grundlage zur Verfolgung von Whistleblowern nutzt. Nichts beschreibt die absurde Bamberger Rechtauffassung besser.
Überhaupt! Den Begriff “Eigene Rechtsauffassung” haben wir auch ganz neu in unseren Wortschatz aufgenommen. Wir haben gelernt, dass ach-wie-witzige Ertrinke-Fotopostings in Facebook zeitgleich zur großen Flut gar nicht ach-so-gut ankommen bei Leuten in Nordrhein-Westfalen, denen ganze Häuser weggespült wurden. Wir haben gelernt, dass auch der VGH die Rechtsaufassung der Stadt Bamberg nur bedingt teilt, und vor allem dann nicht, wenn das Autogramm unseres Rathauschefs fehlt oder der Stapel Papier nicht vernünftig zusammengetackert ist. Und zuletzt haben wir noch gelernt, dass man Sitzungsvorlagen nur soweit trauen sollte wie der Reißfestigkeit von gelben Säcken.
Ne, ja! Also! War ein spannendes Jahr, dieses 2021!
Nur was die Bewältigung der Pandemie betrifft, da haben wir nix, also überhaupt gar nix gelernt.
Frohes Fest, kommt gut rüber und bleibt gesund!
Ihr Florian Herrnleben
Kolumne
Florian Herrnleben über Zweckentfremdungen
Jeden Monat das Gleiche. Wochenlang bin ich am Überlegen, was ich den geneigten Stadtecho-Lesern im nächsten Monat auf die Fußmatte vor die Tür legen kann. Und Monat für Monat stolpern – mal mehr, mal weniger öffentlichkeitswirksam – die Stadtverwaltung und ihre Obersten im letzten Moment kurz vor Redaktionsschluss über kleine, fiese Poller, die sich – im Unterschied zu den Unsrigen in der Sandstraße zuverlässig – unbemerkt in den Weg geliftet haben. Da lässt sich unsere Rathausoberschicht nicht lumpen, auch auf unseren OB ist da Verlass.
In den vergangenen Tagen machte eine fehlende Unterschrift unseres Chefunterzeichners die Runde. Wie (zufällig, Zwinkersmiley ins Rathaus) bekannt wurde, bekam die Stadt vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zum wiederholten Male die Leviten gelesen, weil man das Ausfertigen von offiziellen Dokumenten eher entspannt angegangen war. “Da, druck des amoll aus! Des is etz unner Gesetz!” reicht halt vor Gericht nicht. Konkret ging es um die sogenannte Zweckentfremdungssatzung, die mangels korrekter Ausfertigung für den Zeitraum 2019/2020 für unwirksam erklärt wurde.
Zweckentfremdungssatzung? – Klingt erstmal mittelmäßig sperrig, aber Insidern dürfte bekannt sein, dass es sich dabei nicht um Regelungen zu Überstundenpauschalen handelt, die man – zweckentfremdet – für rechtlich nicht mögliche Höhergruppierungen verwenden wollte. Auch geht es nicht um ein Stehcafé am Schönleinsplatz, das man – auch zweckentfremdet – als Outdoor-Sitzungssaal für die ganz wichtigen Entscheidungen nutzt. Es sind auch nicht die AGB eines ehemals unabhängigen Bamberger Facebookportals, das man nun als SPD-Werbeplattform missbraucht.
Nein, die in den letzten Tagen so oft erwähnte “Zweckentfremdungssatzung” soll die Situation auf dem angespannten Immobilienmarkt in Bamberg verbessern.
Weil in Bamberg inzwischen 16 Quadratmeter-Wohnklos für Studenten bekanntlich gerne mal 1.600 Euro kalt pro Monat kosten und man munkelt, dass es Sinn macht, bereits mit dem Säugling bei einem Makler vorstellig zu werden, damit der ihn auf die Warteliste für eine ausreichend große Wohnung zur Familiengründung 25 Jahre später setzt, hat die Stadt Bamberg der Zweckentfremdung von Wohnraum den Kampf angesagt: Keine undiskutierte, “zweckentfremdende” Umwandlung in eine Gewerbeimmobilie, schon gar nicht in eine Ferienwohnung.
In meiner liberal-christlich-ökologisch-sozialen Brust schlagen mehrere Herzen. Ist so viel Markteingriff in Ordnung? Ferienwohnungsbetreiber: Selbst schuld, Augen auf bei der Berufswahl? Darf man sehenden Auges Immobilienpreise bis auf Münchner Niveau steigen lassen? Welcher Rathausprämienpremium soll sich das noch leisten können? Darf man den Innenstadtbewohnern Woche für Woche Horden von Touristen durch die Vorgärten jagen und ihnen gleichzeitig die Chance nehmen, ein paar Euro daran mitzuverdienen? Wer bezahlt denn die denkmalkonforme Restaurierung des Sandsteinsockels am Altbau, wenn der sich in Folge der jahrelangen Penetration durch Magensäure und Blaseninhalt zu zersetzen beginnt, weil man ein Saufevent nach dem anderen in der Innenstadt feiern muss? Ist es sozial, den Markt zusehends verknappen zu lassen, so dass Wohnungen jenseits der 100 Quadratmeter inzwischen so viel kosten wie ganz hinten im Landkreis, Richtung Unterfranken, Grundstücke mit 10.000 Quadratmeter samt Haus? Letzte Frage: Darf die Stadt auf private Immobilienbesitzer zeigen, wenn sie in den letzten – sagen wir – 15 Jahren unter SPD-Regentschaft am Chefsessel genau wie viele Sozialwohnungen durch ihre Töchter hat bauen lassen?
Die erste, stümperhafte Ausfertigung der Zweckentfremdungssatzung flog der Stadt schon um die Ohren. Ob der zweite Versuch erfolgreicher war, werden wohl wieder Gerichte entscheiden. Aber zum Glück ist die Stadtflucht ja bereits in vollem Gange, da sind sich viele Experten einig. Auch Bambergs Einwohnerzahlen werden wohl in diesem Jahr zum zweiten Mal sinken. Vielleicht brauchen wir die Zweckentfremdungssatzung bald gar nicht mehr und wir haben dann eine zweckentfremdete, aber immerhin unterschriebene Zweckentfremdungssatzung. Juhu!
Kolumne
Florian Herrnleben über Das, was bisher geschah
Ich kann nicht mal direkt sagen, woran es liegt, dass ich das Gefühl hab´, seit meiner letzten Kolumne für die Augustausgabe zieht sich die Zeit wie Kaugummi unten am Schuh samstagabends in der Sandstraße. Aus acht Wochen wurden gefühlte acht Jahre.
Vielleicht liegt es an der sprichwörtlichen Überflutung der kompletten Stadt mit gähnend langweiligen Wahlplakaten, die einem in einer Art Waterboarding mit den immer und immer gleichen Floskeln die jeweils eigenen Wahrheiten einzuhämmern versuchen. In einer Stadt, die aussieht wie eine abgeranzte und zugekleisterte Bahnhofsunterführung, muss die Zeit wohl eher schleppend vergehen. Es stimmt uns aber bereits jetzt auf die kommenden Jahrzehnte ein, die wir uns verkehrstechnisch durch die Stadt schleppen werden. Ach nein? – Haha! Es glaubt doch hoffentlich niemand ernsthaft dran, dass der Bahndurchbruch reibungslos, gar unbemerkt, ohne Verzögerungen, zusammengefasst ohne Gründe für mich zum Lästern verläuft. Aber anderes Thema, da kommen wir irgendwann drauf.
Alle Nase lang werde ich aktuell gefragt, ob denn nun die Luft draußen sei aus dem Überstundenskandal oder – wie ihn Rathausgetreue nennen – aus dem sogenannten Skandal.
Aber schaut! – Nicht nur die Presse und ich haben uns zum Sommerschlaf unter die Bierbank eines heimischen Bierkellers gelegt. Die Staatsanwaltschaft in Hof, der ich auch in den letzten Wochen regelmäßig auf den Wecker gegangen bin wie ein Fünfjähriger auf der Fahrt in den Urlaub hinten im Auto (“Habt ihr schon was? Wann habt ihr denn was? Darf ich was fragen?”), hat sich wahrscheinlich auch lieber an einen Strand geflackt als sich die dreistelligste, zusammengescrabbelte Rechtsauffassung der Stadt zu den inzwischen allseits bekannten Gehaltsguddis vorschwurbeln lassen zu müssen. Deshalb, und nur deshalb ging wohl nix vorwärts. Deshalb wurde nix geschrieben. – In der Halbzeitpause fällt halt kein Tor, so einfach ist es.
Um euch den Einstieg in die nächsten Wochen, in denen allerlei zu erwarten ist, ein wenig zu erleichtern, hab ich mich zu einer kleinen Zusammenfassung des Geschehenen entschlossen. 2019: Der Bayerischen Kommunale Prüfungsverband hat in seinem Bericht reihenweise – sagen wir – wackelige Mehraufwands-Prämien-Zahlungen an manche Mitarbeiter moniert. Dieser Bericht schlug nicht ganz zufällig Ende letzten Jahres bei verschiedenen Pressevertretern und mir auf. Wir haben es ein wenig breitgetreten, die Staatsanwaltschaft Hof hat die Ermittlungen aufgenommen, dem OB und anderen hochrangigen Rathausmitarbeitern einen Besuch abgestattet und Personalunterlagen zum Sortieren in Kisten gepackt und mitgenommen. Auch die Regierung von Oberfranken sowie eine unabhängige Kanzlei fanden inzwischen, dass die Rathausoberschicht manche Tarifgesetze vor allem immer dann arg flexibel ausgelegt hatte, wenn es nicht um die unterste Unterschicht im Rathaus ging. Am Maxplatz hat man 2020 trotzdem kräftig per Eilverfügung weiterbefördert, nach der Stadtratswahl ein paar Posten verschachert und Referate umgebaut. Der Stadtrat hat sich – nach einer halbjährigen Schockstarre – im Frühsommer 2021 wenigstens mal dazu entschieden, offiziell und höflich beim OB nachzufragen, ob denn was Außergewöhnliches passiert sein könnte in den vergangenen Monaten, weil irgendwie ständig was im FT steht. Der OB hat dann grob zusammengefasst gesagt, dass es wichtiger ist, gemeinsam in die Zukunft zu schauen, und zwar „nachher auf dem Bierkeller“. In der Aussicht auf „Bier und Brotzeit aufs Haus“ gab es keine Rückfragen, außer „Sind Tische reserviert?“ und „Wer sitzt nachher neben wem?“
Jetzt geht es jedenfalls wieder los und für die entscheidenden Fragen habt ihr ja mich. Ich kann hoffentlich dafür sorgen, dass die Zeit bis Weihnachten schneller, unterhaltsamer und gehaltvoller vergeht als die letzten acht Wochen.
Kolumne
Florian Herrnleben über FREIEN EINTRITT!!1!1!!!
EINTRITT FREI!11!!1! – Seit Jahren stand kaum ein Slogan mehr für die Eventtradition in der Bamberg Innenstadt. Wenn 100.000 bis 1.000.000 Menschen nur wegen des Citymanagers nach Bamberg pilgerten, um die zur kostenlosen Weltrettung für alle in Gold gemantelten Premiumevents zu bestaunen.
Bühne vorne am Maxplatz, Bierbänke davor, und drumherum in der immer exakt selben Reihenfolge: Würstelbude, Bierbude, Würstelbude, Bierbude. Band vom Kumpel vom Dingens spielt, der größte Unterschied zwischen all den Events war im Wesentlichen das Datum. Und sind wir mal ehrlich: Wichtig ist die Anwesenheit seiner Heiligkeit. – Wir hatten uns so an das Konzept gewöhnt, das doch für alle Veranstaltungen auf dem Maxplatz für alle Ewigkeit in Stein gemeißelt worden zu sein schien.
Und nun? “EINTRITT FREI!!!1!!” fällt!? Das die Königstraße jährlich in großen Lettern auf Bannern überspannende heiligste Credo wird plötzlich über Bord geworfen? Neee! Wegen dieser besseren Grippe? – Nicht für Superklausi. Wo andere (aber die sind ja auch nicht ganz so klug) ein Preisschild an die Ticketbude nageln müssen, kramt unser Stadtmarketingchef in der Scrabblekiste für Stadtmarketingchefs und puzzelte sich den Begriff „Schutzgebühr“ zusammen.
Nun ist Schutzgebühr kein wirklich – wie der Namen vermuten lassen könnte – geschützter Begriff. Man erwartet eine Gebühr, die vor Missbrauch schützt, wie bei der Bestellung eines dicken Versandkataloges. Begründet mit dem begrenzten Platzangebot wegen Corona. Am Ende reserviert jemand und kommt nicht. Ihr kennt mich, ich hab immer größtes Verständnis für alle. Das kann ich nachvollziehen.
Unser oft zitierter Schorsch Dotterweich, heute ein Landkreisbewohner, packt also – so rein beispielshalber – sowohl Frau als auch fünfjährigen Sohn und siebenjährige Tochter ins Auto, um die proklamierte EINTRITT-FREI!1!!1!-Kultur des Bamberger Stadtmarketings zu besuchen. Damit sich der Trip lohnt, wollen sie direkt zwei Konzerte auf dem Bamberger Maxplatz besuchen. Die kostenlosen Tickets hat er natürlich im Voraus bereits über den Shop des Stadtmarketings gekauft. 4 Personen a 10 Euro a 2 Konzerte. Macht mal entspannte 80 Euro. Aber man kriegt es ja wieder. Schutzgebühr! Zum Glück.
Also! Auf nach Bamberg! Nachdem sie ihr Auto wieder nicht direkt hinten auf dem Maxplatz (Frechheit!) abstellen können, und auch nicht einsehen, warum Parkgebühren nicht bei der Schutzgebühr dabei gewesen sein sollen, haben sie sich eben auf einen Anwohnerparkplatz im südlichen Inselbereich gestellt. Machen sie eh schon immer. Direkt der nächste Knaller: Obwohl Schorsch Dotterweich mit seinen 80 Euro Schutzgebühr ja den Einzelhandel und damit die Wirtschaft in Bamberg nachhaltig stärkt, muss er sich auch noch undankbar beschimpfen lassen von so einem engstirnigen alten Anwohner, weil es angeblich sein Parkplatz wäre. Dabei ist der doch selbst schuld, wenn er in der Innenstadt wohnen muss.
Am Maxplatz angekommen, bekommen sie 80 Euro in Form von Verzehrgutscheinen. Cool. Jetzt heißt es ranhalten, denn die Dinger verfallen am Abend, heißt es. Schorsch stellt sich, noch bevor das erste Konzert richtig losgeht, vier Seidla in den Schädel. Die Frau fährt und trinkt Wasser, die Kinder Limo. Nachdem die Kinder schon – die 80 Euro müssen ja weg – nach jeweils zwei Paar Bratwürste, einer ganzen Pizza und vier Crêpes das Jammern anfangen, spült Schorsch sich halt mit noch mal zwei Seidla die vier anderen Seidla hinunter. Die Frau hat keinen Appetit mehr auf die Fressalien am Maxplatz. Die Stimmung kippt. Den Kindern ist schlecht. Die Musik gefällt ihnen gar nicht. Aber bevor nicht wirklich der letzte Gutschein verbraucht ist, geht hier aber niemand heim. Wer weiß schon, wo das übrige Geld landet!
Zum Glück war der EINTRITT FREI!1!!!!