In seiner Kolumne der Mai-Ausgabe des Stadtechos widmet sich Florian Herrnleben einer Bamberger Brückenbrüstung.
Der gemeine Bamberger ist traditionsbewusst. Wenn irgendetwas nicht mehr „wie‘s scho immä woäh!“ ist, dreht er aus. Jahre ohne Sandkerwa, den Lokalteil vom FT direkt vorne, der Honer, der, glaub‘ ich, inzwischen anders heißt… Mit Neuem tut er sich schwer. Er braucht seine zuverlässigen wie regelmäßigen Einträge im Schwarzbuch der Steuern oder die Staatsanwaltschaft im Rathaus. Nun war auch das Team der Satiresendung quer wieder hier. Bekanntermaßen binnen weniger Monate schon zum zweiten Mal in der WelteBRestadt Bamberg könnte das der Beginn einer weiteren schönen Tradition sein. Es ging diesmal nicht um die Sandmanns und Frankens unserer Stadt, sondern – Natürlich! Thema Nr. 1! – um die Untere Brücke und die dort angesiedelte Gastronomie, die die Stadtgesellschaft so sehr spaltet wie sonst nur Bahngleise oder Lastenfahrradparkplätze.
Etwas aus dem Fokus der Öffentlichkeit ist beim ganzen Kommerzialisierungsstreit die Brückenbrüstungsdiskussion geraten. Nach ungefähr 1000 Jahren „Altes Rathaus im Bamberger Wasser“ hat ein Gutachten des TÜV-Süd sicherheitshalber den mahnenden Zeigefinger erhoben und bestätigt, dass die Brüstung lebensgefährlich sein kann.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Tourist beim Ablichten des fünfmillionsten Fotos vom Brückenrathaus vor einem schrittgeschwindigkeitsfahrenden Segwayfahrer erschrickt, dabei jemanden anrempelt, der sein Vanille-Rosmarin-Schäuferla-Eis, das er wenige Minuten zuvor auf der (sehr sicheren) Oberen Brücke gekauft hat, nicht nur fallen lässt, sondern vor lauter Schreck über die Brüstung der Unteren Brücke schießt, um dann selbst reflexartig hinterherzuhechten, ist so groß wie – um einen berühmten Bamberger Philosophen zu zitieren – ein Waldbrand auf dem Maxplatz.
Trotzdem muss gehandelt werden. Dringend! Die Brücke braucht eine höhere Brüstung! Wir haben es zwar geahnt: Das Verweilen und das Laufen, das Fahrradfahren, überhaupt alles in unmittelbarer Nähe des Sautrogs scheint weiterhin auch laut TÜV recht ungefährlich. Das Verweilen und Laufen auf den dazu einladenden Brüstungen birgt ein erhöhtes Absturzrisiko. Krass! Auch wenn mich bisher kein Brückengeländer explizit zum Besteigen und Herumlaufen eingeladen hat, möchte ich an dieser Stelle für die jüngeren Leser betonen: Das Laufen auf nahezu allen Brückengeländern und Brüstungen kann dazu führen, dass man „nunderbollert“. Und wenn es blöd läuft, in die falsche Richtung. Das gilt übrigens auch für Rutschen und Klettergerüste auf dem Kinderspielplatz: Kopfüberrunterspringen ist doof.
Natürlich möchte niemand die Haftung dafür übernehmen, wenn sich der nächste Zweipromiller eines Nachts auf der Brückenbrüstung verläuft/vertanzt/vertorkelt, was im Übrigen aber auch durch die stadtbekannte Geländervariante B nicht verhindert wird.
Die Brücke erhält aber wohl trotzdem bald ein mittelfiligranes Edelstrahlkonstrukt, an das man sich einerseits wunderbar-bequem anlehnen kann, aber nur tagsüber, was nicht vom Runterbollern abhält, wenn man nachts brüstungtanzt, was man mutmaßlich aber eh nur mit zu wenig Blut im Alkohol macht, was wiederum ja gar nicht passieren kann, weil die Brücke samt Brüstung ja bei zu viel Party wahlweise kommerzialisiert oder gesperrt wird.
Es klingt sinnvoll! Was es kostet? Keine Ahnung…
Aber eventuell ist das Geländer dann vielleicht wieder was für den Bund der Steuerzahler. Also, meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, bleibt es in unserem Bamberg wenigstens dahingehend weiterhin ganz, ganz traditionell.