In seiner Kolumne der Juli-Ausgabe des Stadtechos geht Florian Herrnleben auf den Bamberger Schlachthof ein.
„Die Umwandlung in eine GmbH erhöht die Flexibilität und Handlungsfähigkeit des Schlacht- und Viehhofes vor dem Hintergrund eines hohen Marktdrucks und weiteren zukünftigen Herausforderungen.“ Was klingt wie der bildungsschwere Satz aus einem Lehrmittelvideo der frühen 90er, entstammt der Schönwetterschmiede des Rathauses, besser bekannt als städtische Pressestelle. Der Satz ist auch keine 30 Jahre alt, sondern gerade einmal wenige Monate, und sollte – wie noch einige andere ähnlich jubelnde Worte – ein neues Zeitalter einläuten: Der vormals von der Stadt als Eigenbetrieb organisierte Bamberger Schlachthof war privatisiert, also in eine GmbH gewandelt worden. Nach kleinem, anfänglichem Widerstand von diversen Einzelkämpfern stimmte man der Umwandlung mehrheitlich zu, den Schweinen und Rindern war’s egal.
Rund ein Jahr später scheint die Jubelei verstummt: Die Bamberger Schlachthof-GmbH befindet sich in wirtschaftlicher Schieflage. Plötzlich. Ganz arg. Sapperlot! Damit konnte keiner rechnen. Selbst so mancher Aufsichtsrat fiel aus allen Wolken. Man argumentiert und visioniert sich im Gremium der Ratsherrinnen und ‑damen seither um Kopf und Kragen, wohl ahnend, dass man wieder mal mangels Einblicken ins detaillierte Zahlenwerk klein und dumm gehalten worden sein könnte. Aber wer gibt das schon gern öffentlich zu…
Das Lager, in das sich die Stadträte nun jeweils einordnen, brüllen sie ins Gehirn der Stadtgesellschaft wie aus dem Schlachtschussapparat geschossen. Mir ist übrigens keiner über den Weg gelaufen, dem die Zukunft des Schlachthofs egal zu sein scheint. Gibt es nur A und B, spricht das meiner Erfahrung nach dafür, dass es kein ganz unideologisch besetztes Thema ist.
Statt erst mal Zahlen und Fakten detailliert zu prüfen, was man ja erwarten würde bei einer jungen Firma mittlerer Größenordnung und einer Bilanzsumme von über 10 Millionen, statt die Frage nach dem Warum des Scheiterns binnen weniger Monate zu beantworten, zaubern einige Stadträte schnell ein Potpourri an Ideen aus dem Hut. „Weg mit dem Schlachthof! Wir machen da was mit Wohnen!“ – Sogar einen Namen gibt es schon für das mögliche neue Quartier, das auf dem Gelände entstehen soll. Und eine freshe Internetseite mit eigener Domain gibt es auch schon! Joah, die grüne Fraktion ist auf Zack.
Mit Wohnraum fängt man den Bamberger! Damit holt man ihn ab! Wir erinnern uns an die Konversion, mit der man der Bürgerschaft wahlweise nahezu unerschöpflichen Wohnraum, prächtige Gewerbe‑, Sport- und Freizeitstätten und fulminante Kulturräume versprochen hatte.
Und welcher Liebhaber fränkischer Kulinarität möchte nicht gerne da wohnen, wo Millionen von Rinder- und Schweineseelen ins Himmlische emporgeschossen wurden, damit der wesentliche Teil, also die irdischen Überreste, zu Schäuferla, der Rest zu Leberkäs verarbeitet werden konnte? Ich warne euch aber: Man sollte sich nicht wundern, wenn man die Seelen nachts bei Vollmond dort im künftigen Wohnquartier noch gespenstisch quieken hört.
Mit der Idee jedenfalls lenken sie zumindest geschickt von der eigenen Ahnungslosigkeit ab, die bei den hineingesalbten Stadträten oft schon kurz nach der Anzahl der Freibiermarken pro Stadtteilkirchweih beginnt. Womit wir schon bei der zweiten Gruppe sind: Den Ahnungslosen, die unser aktuelles Standardargument für wirtschaftliche Schieflagen aller Art aufbrauchen: Corona.
Dass man das Problem „Corona“ nicht schon bei der Umwandlung in eine GmbH gesehen hat, die ja aus heutiger Sicht zur Coronahalbzeit stattfand, spricht wieder einmal für Stadträte, an denen Zahlen so lange vorbeigemogelt werden, bis das Kind im Brunnen, in unserem Fall die Sau im Trog war…
Der Vorschlag, was zu tun ist, da bin ich mir sicher, wird schon aus der Stadtverwaltung, explizit aus dem Finanzreferat kommen. Und mit dem Vorschlag ereilt uns dann auch wieder – wie schon im Zusammenhang mit selbstverständlich überhaupt nicht im Zusammenhang stehenden Personalamtsleiterschlachthofgeschäftsführerwechseljobhinschmeißungen – eine wohlfeile Presseerklärung, die der Stadtrat gerne glauben wird.
Ihr Florian Herrnleben
- Juni 28, 2022
- Autor: Florian Herrnleben