Bru­der Udalrich

Fas­ten­pre­digt: „Die Sum­me der Skan­da­le der letz­ten drei Jah­re in Bam­berg ist einmalig“

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Fastenpredigt
Florian Herrnleben alias Bruder Udalrich, Foto: Thomas Paal, Kopfwerk
Flo­ri­an Herrn­le­ben ali­as Bru­der Udal­rich wird Ende Febru­ar die ach­te Bam­ber­ger Fas­ten­pre­digt hal­ten. Eine logi­sche Wahl sei­tens der Ver­an­stal­ter „AGIL Bam­berg erle­ben“. Denn kaum jemand sonst war in den letz­ten Jah­ren der­art aus­ge­prägt an der Ent­hül­lung ver­schie­de­ner städ­ti­scher Skan­da­le betei­ligt wie der Kaba­ret­tist, Kolum­nist und Puppenspieler.

Fal­sche Über­stun­den- und Boni-Abrech­nun­gen, gefälsch­te Face­book-Pro­fi­le, ein Pro­sec­co-Umtrunk in der König­stra­ße zu Zei­ten des Lock­downs und eini­ges mehr – die Lis­te der Ver­feh­lun­gen des poli­ti­schen Per­so­nals Bam­bergs in den letz­ten Jah­ren ist lang. An der Auf­de­ckung der bei­den erst­ge­nann­ten war Flo­ri­an Herrn­le­ben unter ande­rem mit sei­nem Blog „Herrn­le­bens Über­stun­de“ betei­ligt. Nun hält der Kaba­ret­tist, Kas­per­le-Pup­pen­spie­ler und Stadt­echo-Kolum­nist nach zwei­jäh­ri­ger Coro­na-Pau­se die dies­jäh­ri­ge Bam­ber­ger Fas­ten­pre­digt. Als Nach­fol­ger von Andre­as Ulich und Arnd Rühl­mann nimmt er sich am 25. Febru­ar im Zie­gel­bau des Kon­gress Hotels die Star­kes, Stier­in­gers und Humls der Stadt vor.

Wir haben mit Flo­ri­an Herrn­le­ben über das Enga­ge­ment, sei­ne The­men und Bam­bergs Skan­dal­reich­tum gesprochen.

Flo­ri­an, war­um hast du dei­nem Fas­ten­pre­di­ger den Namen „Udal­rich“ gegeben?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Dank mei­nes Onkels bin ich auf der Suche nach einem Namen für mei­ne Figur irgend­wann auf die­sen Namen gesto­ßen. Er gefiel mir gleich, weil er so schön sper­rig ist und wie ich fin­de gut zu einem Mönch passt. Dann habe ich mehr über Udal­rich oder Ulrich von Bam­berg gelernt. Er war im 12. Jahr­hun­dert Pries­ter, Küs­ter und Mit­glied der Bam­ber­ger Dom­geist­lich­keit und hat­te sich vor allem dem Chro­nis­ti­schen ver­schrie­ben. Sein Haupt­werk heißt „Codex Udal­ri­ci“ und ent­hält bedeu­ten­de Urkun­den und Brie­fe aus der dama­li­gen Bam­ber­ger Zeit. All­ge­mein war er sehr der Spra­che zuge­tan und nicht irgend­wer, son­dern eine – wenn auch nicht all­zu bekann­te – Bam­ber­ger Persönlichkeit.

Die Fas­ten­pre­digt Ende Febru­ar ist dei­ne ers­te. Wie kam das Enga­ge­ment zustande?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Na ja, man hat mich gefragt, ich habe zuge­sagt. Ich war ja schon bei Arnd Rühl­manns letz­tem Auf­tritt als Fas­ten­pre­di­ger zu Gast. Damals wur­de mir signa­li­siert, dass ich viel­leicht als nächs­ter Pre­di­ger in Fra­ge käme, weil ich in mei­nem Kaba­rett­pro­gramm eben schon sehr tief im lokal­po­li­ti­schen Gesche­hen unter­wegs war. Nach der Coro­na-Pau­se kamen die Ver­an­stal­ter Jost Loh­mann von AGIL, Ambros Mahr vom Ambräu­sia­num und Udo Zieg­ler vom Wel­co­me Hotel dann auf mich zu und frag­ten, ob ich mir den Auf­tritt vor­stel­len könnte.

Hat bei AGILs Ent­schei­dung, sich an dich zu wen­den, auch die Hoff­nung eine Rol­le gespielt, dass du dei­ne Rol­le in der Auf­de­ckung von aktu­el­len Bam­ber­ger Polit-Skan­da­len auf der Büh­ne mit neu­en Ent­hül­lun­gen fort­set­zen könntest?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Glau­be ich nicht, weil ich, und das fin­de ich schön, eben schon deut­lich vor die­sen Skan­da­len zum ers­ten Mal dar­auf ange­spro­chen wur­de. Mit dem Abtritt von Arnd Rühl­mann war man schon mit mir in Kon­takt getre­ten. Ich glau­be auf der ande­ren Sei­te aber schon, dass sich die Ver­an­stal­ter sehr freu­en, damals vor der Pan­de­mie-Pau­se schon genau den erwischt gehabt zu haben, der dann in den Jah­ren dar­auf an die­sen Ent­hül­lun­gen betei­ligt und des­we­gen im Gespräch war. Inwie­weit ich das auf der Büh­ne aber fort­set­ze, ist eine ande­re Sache. Ich den­ke nicht, dass eine Fas­ten­pre­digt der Zeit­punkt ist, neue Skan­da­le auf­zu­de­cken. Es geht mir dar­um, auf das, was in den letz­ten Jah­ren pas­siert ist, mög­lichst unter­halt­sam zurück­zu­bli­cken und den Betei­lig­ten die Levi­ten zu lesen.

Was wirst du für dei­ne Fas­ten­pre­digt von dei­nen bei­den Vor­gän­gern Andre­as Ulich und Arnd Rühl­mann übernehmen?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Ich habe Andre­as Ulichs Auf­tritt als Fas­ten­pre­di­ger nicht gese­hen, son­dern nur die von Rühl­mann. Direkt über­neh­me ich nichts – außer die Kut­te. Das tue ich aller­dings mit ein biss­chen Stolz, weil bei­de sehr beliebt und gut sind in dem, was sie auf der Büh­ne tun. Aber Herrn­le­ben ist Herrn­le­ben und mein Pre­di­ger wird ein eige­ner Pre­di­ger sein.

Was wird das Eige­ne sein?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Was mit Sicher­heit neu für mich sein wird, im Unter­schied zu einem Kaba­rett-Auf­tritt und davon lebt so eine Pre­digt ja auch ein biss­chen, ist die Tat­sa­che, dass die Leu­te, über die man redet, im bes­ten Fall in der ers­ten Rei­he direkt vor einem sit­zen und man mit ihnen inter­agie­ren kann. Als Pup­pen­spie­ler vom Kas­per­le­thea­ter ken­ne ich auf der ande­ren Sei­te aber nichts ande­res als Inter­ak­ti­on. Was ich vom Pup­pen­spiel also schon ken­ne und kann, darf ich jetzt ein Stück weit in die Erwach­se­nen­un­ter­hal­tung mit­neh­men. Ich kann den Leu­ten in die Augen schau­en, hof­fe aber auch, ihnen auch noch hin­ter­her in die Augen schau­en zu kön­nen. Das wird eine span­nen­de Gratwanderung.

Es ist noch mehr als ein Monat bis zu dei­nem Auf­tritt. Steigt die Ner­vo­si­tät bereits?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Ich freue mich in ers­ter Linie sehr auf die Fas­ten­pre­digt. Wenn man ohne Freu­de auf die Büh­ne geht und dabei nicht irgend­ei­ne Art von Fai­ble dafür hat, sich vor Leu­te zu stel­len, könn­te man so etwas über­haupt nicht machen. Außer­dem gehö­re ich zu denen, die zum Glück kein all­zu gro­ßes Lam­pen­fie­ber haben.

Um wel­che The­men wird sich dei­ne Pre­digt drehen?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Es geht los bei der letz­ten Kom­mu­nal­wahl, dann kam die Daten­schutz­ver­let­zung samt Straf­be­fehl für Andre­as Star­ke, dann der Pro­sec­co-Skan­dal. Wir hat­ten den gro­ßen Boni-Über­stun­den-Rat­haus-Raz­zia-Skan­dal, mit dem nächs­ten Straf­be­fehl. Es folg­te der Fake-Account-Skan­dal um Klaus Stier­in­ger und zuletzt der Rück­tritt von Lud­wig Schick. Es wird auch um die CSU gehen müs­sen mit ihren Social-Media-Ket­ten­hun­den, die sich dank Play­boy in die bun­des­wei­te Pres­se gesplat­tert haben, und um Mela­nie Huml und ihre Mas­ken­af­fä­re. Auch der grü­ne Ver­kehrs­plan und der Stand sei­ner Umset­zung ist ein The­ma. Es soll­te nie­mand aus­ge­spart werden.

Gehst du im Ange­sicht der Tat­sa­che, dass du am Zustan­de­kom­men eini­ger der The­men durch dei­ne Ent­hül­lun­gen in „Herrn­le­bens Über­stun­de“ selbst betei­ligt warst, davon aus, dass der Wunsch eini­ger Betrof­fe­ner, dich schei­tern zu sehen, beson­ders groß ist?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Klar. Aber was heißt schei­tern. Dass nie­mand lacht? Dass ich beim Bestei­gen der Büh­ne über die Kut­te stol­pe­re? Es ist nach 35 Jah­ren auf und hin­ter Büh­nen zum Glück auch eine gewis­se Rou­ti­ne da. Ich möch­te einen guten Auf­tritt able­gen, mit dem zunächst ein­mal ich zufrie­den bin. Natür­lich wer­den alle hin­ter­her ihre Mei­nung haben, der eine wird es beson­ders gut, der ande­re wird die Vor­gän­ger bes­ser fin­den – aber das ist in Ord­nung. Und ein Schei­tern im Sin­ne eines lee­ren Saals, vor dem ich auf­tre­te, schlie­ßen die bis­he­ri­gen Kar­ten­vor­käu­fe aus.

Teilst du gegen das gesam­te Par­tei­en­spek­trum des Stadt­rats aus oder musst du der SPD zwangs­läu­fig den größ­ten Platz im Pro­gramm ein­räu­men, weil sie sozu­sa­gen die meis­te Vor­ar­beit geleis­tet hat?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Ja, sie hat die meis­te Vor­ar­beit geleis­tet, aber die SPD und ihr Ober­bür­ger­meis­ter sind vor allem auch an der Macht. Damit ergibt sich auto­ma­tisch ein klei­ner Schwer­punkt im Pro­gramm. Star­ke war in die meis­ten Skan­da­le mit­ver­wi­ckelt oder mit der Über­stun­den-Boni-Affä­re sogar in den größ­ten. Hin­zu kommt sein ehe­ma­li­ger Frak­ti­ons­chef Stier­in­ger und des­sen zweit­größ­ter Skan­dal um die Fake Accounts. Es wäre komisch und unver­hält­nis­mä­ßig, wenn ich am meis­ten über Gau­stadts BUB her­zie­hen würde.

Hast du ein Lieb­lings­the­ma? Wel­ches ist kaba­ret­tis­tisch und was eine Fas­ten­pre­digt angeht am ergiebigsten?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Es teilt sich ein biss­chen auf. Der Über­stun­den­skan­dal ist der größ­te Skan­dal, weil es um so viel Geld ging, er ist aber gleich­zei­tig auch ein wahn­sin­nig tro­cke­nes und anspruchs­vol­les The­ma. Es auf­zu­ar­bei­ten hat aber dar­um umso mehr Spaß gemacht. Auf der ande­ren Sei­te ist der Fake-Account-Skan­dal von vor­ne bis hin­ten von sich aus schon so absurd, dass man ihn kaum mehr für eine Pre­digt über­hö­hen muss. Ich habe also eigent­lich kein Lieb­lings­the­ma, weil ein­fach so viel Ver­rück­tes pas­siert ist – der Ober­bür­ger­meis­ter ist dop­pelt vor­be­straft wegen Daten­schutz­ver­let­zung und Untreue. In wel­cher ande­ren Stadt gibt es so was schon! Die Sum­me der Skan­da­le der letz­ten drei Jah­re in Bam­berg ist einmalig.

Die Rol­le des Pre­di­gers gibt die Mög­lich­keit, ein biss­chen här­ter oder belei­di­gen­der zu den Ange­spro­che­nen zu sein als zum Bei­spiel in einer Kolum­ne. Machst du davon Gebrauch?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Man sagt mir in mei­nen Kaba­rett-Pro­gram­men schon eine gewis­se Schär­fe in der Spra­che nach. Ob es in der Pre­digt noch schär­fer wer­den muss oder wird, weiß ich nicht. Das lässt sich auch oft erst hin­ter­her sagen, ob man jeman­den getrof­fen hat oder nicht. Der Ton wird auch ein biss­chen der Atmo­sphä­re geschul­det sein und die ist bier­zelt­mä­ßig. Der Zie­gel­bau im Kon­gress Hotel ist kei­ne Klein­kunst­büh­ne, vor der 40 Leu­te im Dun­keln hocken und auf der Büh­ne prä­sen­tiert einer einen wochen­lang vor­be­rei­te­ten maxi­mal­fein­sin­ni­gen Text, bei dem es auf jede Nuan­ce ankommt. Im Zie­gel­bau muss es schon ein biss­chen lau­ter und bra­chia­ler zuge­hen – alles ande­re wür­de viel­leicht auch gar nicht ankom­men. Mein Anspruch ist, die Leu­te zu unter­hal­ten, aber ohne unter der Gür­tel­li­nie zu tref­fen. Denn hin­ter­her möch­te ich, wie gesagt, noch allen Ange­spro­che­nen in die Augen schau­en können.

Lässt sich sagen, ob die Haupt­per­so­nen der zurück­lie­gen­den Ereig­nis­se zur Fas­ten­pre­digt kom­men werden?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Nein, das glau­be ich nicht. Ich glau­be, es kom­men nur die, die so was ver­tra­gen und zusätz­lich ein paar mit Pro­fil­neu­ro­se. Ich wäre posi­tiv über­rascht, wenn zum Bei­spiel Ste­fan Sand­mann kommt und dann auch noch in der ers­ten Rei­he sitzt.

Kann man als Poli­ti­ker sei­ne Teil­nah­me an so einer Spott­re­de nicht aber nut­zen, um Selbst­iro­nie anzu­täu­schen oder um vor­zu­ge­ben, dass man groß­her­zig genug ist, auch ein­mal einen Witz auf eige­ne Kos­ten ver­tra­gen zu können?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Schon, aber ich glau­be, das kön­nen nicht alle. Aber es stün­de Poli­ti­kern all­ge­mein tat­säch­lich gut und es soll­te schon zum Poli­ti­ker­da­sein dazu­ge­hö­ren, an der maß­geb­li­chen Ver­an­stal­tung die­ser Art in Bam­berg teil­zu­neh­men. Sonst stellt man sich ja auch gern selbst vor sein Wahl­volk hin und sozu­sa­gen pre­digt, da kann man sich auch mal selbst einer Pre­digt aus­set­zen, bei der man zur Abwechs­lung mal nicht das letz­te Wort hat.

Bei der Münch­ner Fas­ten­pre­digt am Nock­her­berg gilt: Wer nicht vor­kommt in der Pre­digt, ist unwich­tig. Wer kommt bei dir nicht vor?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Mal schau­en. Ich habe eine Idee und muss mal schau­en, ob es klappt. Da muss man ein biss­chen unter­schei­den zwi­schen denen, die sich wich­tig füh­len und es sind, und denen, die sich wich­tig füh­len, ohne es zu sein. Ich möch­te jetzt kei­ne Namen nen­nen, aber von die­sen gan­zen teils unbe­kann­ten Ein­zel­fi­gu­ren aus dem Stadt­rat, die ver­su­chen, sich zu pro­fi­lie­ren, muss sicher nicht jeder vor­kom­men. Ich kann ja nicht erst mal eine Vier­tel­stun­de lang erklä­ren, um wen es sich han­delt. Anders gesagt, alle, die nicht vor­kom­men, haben für mich wahr­schein­lich kei­ne poli­ti­sche Bedeutung.

Zeich­nen sich neue The­men ab, die kurz vor der Pre­digt noch rein­kom­men könnten?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Ich hof­fe nicht! Kurz vor der Pre­digt brau­che ich kei­nen neu­en Skan­dal. Es wäre mir ganz recht, wenn die Poli­ti­ker bis dahin die Füße still­hal­ten. Danach dür­fen sie wie­der Gas geben, damit der Fas­ten­pre­di­ger für 2024 Mate­ri­al hat.

Könn­test du wie­der die­ser Pre­di­ger sein?

Flo­ri­an Herrn­le­ben: Da hal­te ich es wie mein Vor­gän­ger Arnd Rühl­mann – ich ent­schei­de mich nach der Pre­digt. Und dann ent­schei­det der Veranstalter.

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