Mit Anton Gavel haben die Bamberg Baskets einen alten Bekannten als neuen Trainer verpflichtet. Als Spieler war er vor zehn Jahren maßgeblich an den titelreichen Zeiten beteiligt, als Coach findet er heute jedoch eine andere Mannschaft vor.
Ende März gaben die Bamberg Baskets bekannt, Anton Gavel als neuen Cheftrainer verpflichtet und mit einem Dreijahresvertrag ausgestattet zu haben. Somit kehrte der 39-Jährige nach zehn Jahren Abwesenheit nach Bamberg zurück und folgte auf Arne Woltmann, der die Mannschaft zwischenzeitlich statt des wegen Erfolglosigkeit entlassenen Oren Amiel geleitet hatte.
Gavels Rückkehr löste bei den Bamberger Fans Begeisterung aus, immerhin hatte er als Spieler mit den Brose Baskets, wie der Verein damals noch hieß, vier Meisterschaften und drei Pokalsiege errungen. Und auch sein Wechsel ins Trainerfach war von Erfolg gekrönt. Mit seinem vorherigen Verein, Ratiopharm Ulm, war er 2023 beim ersten Versuch deutscher Meister geworden.
Warum er trotzdem zu den zuletzt wenig erfolgreichen Bamberg Baskets zurückging, welchem Erfolgsdruck er sich ausgesetzt sieht und wo die Saisonziele liegen – darüber haben wir mit ihm im Interview gesprochen.
Herr Gavel, wie lange sind Sie schon wieder in Bamberg?
Anton Gavel: Meine Familie und ich sind Ende des Schuljahres umgezogen, also im Juli. Aber viel Familienzeit in den Sommerferien hatten wir nicht, weil wir mit der Mannschaft schon am 5. August mit dem Training angefangen haben.
Sie haben fünf Jahre hier gelebt. Hatten Sie gleich wieder das Gefühl, zu Hause zu sein?
Anton Gavel: Ja, da kann man so sagen. Wir sind in den letzten Jahren, ob es während meiner Zeit in Ulm oder vorher zu meiner Zeit als Spieler bei Bayern München war, immer mal wieder in der Stadt gewesen. Zum Beispiel an den Weihnachtstagen.
Bei Ratiopharm Ulm hatten Sie Erfolg und wurden von den Fans gefeiert. Warum haben Sie die Mannschaft trotzdem verlassen?
Anton Gavel: Ich hatte das Angebot aus Bamberg bekommen. Wir unterhielten uns als Familie darüber und ich denke, es war für uns einfach die bestmögliche Entscheidung, wieder hierherzukommen. Und es war auch immer eine Herzensangelegenheit für mich gewesen, irgendwann wieder nach Bamberg zu wechseln.
War es nur eine Herzensangelegenheit oder haben Sie hier einfach auch einen besseren Vertrag erhalten?
Anton Gavel: Im Großen und Ganzen ist es so, dass ich hier mehr bewirken kann. Wir müssen mit der Mannschaft zwar erst einmal dafür sorgen, dass wir wieder erfolgreich sein können, und eine Menge Arbeit investieren und Ergebnisse liefern. Aber es gibt hier die Möglichkeit und das Potenzial, nach oben zu schauen. Vielleicht können wir einen Funken entfachen, aus dem später etwas Größeres werden könnte.
Aber ist es nicht ein Risiko die Sicherheit Ulms zu verlassen und sich Bamberg anzuschließen, das sich in der letzten Saison schwertat?
Anton Gavel: Ein Risiko gehört immer dazu. Das kann ich auch über die Zeit sagen, als ich vor zehn Jahren Bamberg verlassen habe. Es wäre damals eine einfache Entscheidung gewesen, hier zu bleiben und dadurch, ich sage mal, für immer einen Legendenstatus zu erhalten. Aber ich glaube, dass man sich solchen Risiken, wobei ich es eigentlich lieber Herausforderung nennen würde, stellen muss.
Haben Sie von Ulm aus die Baskets beobachtet? Wie würden Sie deren letzte Saison, die nur auf Platz zehn endete, beschreiben?
Anton Gavel: Man beobachtet eigentlich immer alle Mannschaften ein bisschen. Aber der Fokus lag natürlich auf Ulm, auch als schon klar war, dass ich nach Bamberg wechseln würde. Das war ich den Ulmern schuldig und es ist ein Prinzip von mir, keine zwei Sachen auf einmal anzugehen. Auf der anderen Seite stand ich nach der Wechsel-Entscheidung durchaus schon mit Arne Woltmann, der am Ende der letzten Saison Trainer Bambergs war und jetzt Co-Trainer ist, und Stefan Weissenböck, Leiter des Player Developments, in Kontakt. So wusste ich, dass die beiden bereits mit den Planungen für die nächste Saison angefangen hatten. Komplett auf Bamberg habe ich mich aber nur dreimal fokussiert: Zweimal in der Liga und einmal, als sie im Pokal als möglicher Gegner infrage kamen. Analysiert, was in der letzten Saison warum passiert ist und nicht geklappt hat, habe ich aber nicht.
Als Ihre Verpflichtung bekannt wurde, fielen bei den Fans und in den Medien Kommentare wie „der Held kehrt zurück“ oder „der Heilsbringer“. Verspüren Sie deswegen Druck?
Anton Gavel: Ich möchte diese Euphorie zwar ein bisschen in Grenzen halten, aber ja, der Druck ist da. Ich weiß, dass in Bamberg wegen der erfolgreichen Geschichte des Vereins immer automatisch der Druck, die Erfolge der Vergangenheit zu wiederholen, lasten wird. Und da ich an dieser Geschichte beteiligt war, lastet der Druck umso mehr. Ich würde aber nicht sagen, dass es damals Heldentaten von mir gab oder jetzt geben wird. Letztendlich spielt das ganze Team und wenn es Erfolge gibt, werden alle zu Helden – auch wenn ich natürlich derjenige bin, der die Mannschaft aufstellt und letztendlich die Verantwortung, wie wir spielen, hat.
Wie stehen die Fans dazu? Hatten Sie schon Gelegenheit, sich mit ihnen auszutauschen?
Anton Gavel: Wir hatten vor ein paar Wochen einen Fantalk im Lewinsky’s, zu dem viele Fans erschienen sind. Daher weiß ich, dass eine gewisse Euphorie oder ein Hype da sind. Das ist gut, bedeutet aber wie gesagt auch Druck. Denn wir an der Seitenlinie wissen, wie es läuft. Wenn die Ergebnisse stimmen, stehen die Fans hinter uns. Aber das kann sich immer schnell ändern.
Was verlangt die Geschäftsführung für die Saison 2024/2025? Gibt es sportliche Vorgaben?
Anton Gavel: Wir als Mannschaft werden und sollen uns Ziele setzen, aber Vorgaben über dies oder das, was exakt erreicht werden müsste, gibt es nicht. Der Druck in diesem Zusammenhang kommt also nur durch uns selbst.
Was wollen Sie erreichen?
Anton Gavel: Wir wollen schauen, dass die Playoffs wieder in Sicht kommen, wir möchten wieder ein Playoff-Team sein. Das ist wichtig für die Mannschaft und für den Verein. Dort gehören die Bamberg Baskets hin.
Sind die Playoffs derzeit das größte Ziel oder träumt man auch von einem Titel?
Anton Gavel: Ich glaube, es wäre derzeit utopisch, von einem Titel zu sprechen. In der Zukunft kann es sicherlich irgendwann wieder so weit sein, aber dafür müssen wir erst einmal vorarbeiten und eine gewisse Leistung bringen. In Ulm ist es uns gelungen, aber das passiert nicht in jeder Saison. Normalerweise redet man über die üblichen, Bayern oder Alba, als Titelkandidaten. So wurde früher zwar auch von Bamberg gesprochen, aber heute sind diese beiden die Teams, die man schlagen muss, um Meister oder Pokalsieger zu werden. Bis dahin konzentrieren wir uns aber auf diese Saison, damit wir vielleicht besser abschneiden als letztes Jahr.
Kann den Bamberg Baskets gelingen, was Ihnen mit Ulm gelungen ist, nämlich diese großen Mannschaften im Titelrennen zu schlagen?
Anton Gavel: In Ulm hatten wir in der Saison 2022/2023, gerade vor den Playoffs, ein Momentum erwischt, bei dem alles zusammengekommen ist und funktioniert hat. Wir haben eine Welle geritten und eine Euphorie entfacht, die uns zum Titel getragen haben. Die Mannschaft hat auch mit unglaublichem Selbstvertrauen gespielt. Wenn man so eine Situation erwischt oder einfach einen guten Tag, kann man Teams wie Bayern München oder Alba schlagen. Bamberg hat es letzte Saison beim 97:77-Sieg gegen Berlin bewiesen.
Welchen Schritt wollen Sie persönlich als Trainer gehen?
Anton Gavel: Ich möchte nicht stagnieren, das ist das wichtigste. Mit Arne und Stefan habe ich zwei Leute mit Euro-League-Erfahrung an meiner Seite. Von ihnen kann ich Tipps bekommen und neue Dinge lernen. Ich setze mir also keine persönlichen Ziele für die nächsten fünf oder zehn Jahre, sondern will mich jetzt entwickeln. Die nächste Saison ist die wichtigste und ich will so viel mitnehmen, wie möglich.
Wie würden Sie Ihren Stil als Trainer beschreiben?
Anton Gavel: Ich würde lieber von unserem Stil sprechen – Arnes, Stefans und meinem –, denn wir sprechen uns immer ab. Auf jeden Fall arbeiten wir alle gerne an der Defense, sie soll unser Markenzeichen sein. Wobei ich mir das auch schon in Ulm immer vorgenommen hatte und dann kam es letztendlich oft so, dass wir fast immer über unsere Offensivleistungen Spiele gewonnen haben.
Auf welchen Gegner freuen Sie sich in der neuen Saison am meisten?
Anton Gavel: Das ist ganz klar Ulm.
Sie haben Ihre Spielerkarriere 2018 beendet. Wie hat sich der deutsche Basketball seitdem verändert?
Anton Gavel: Wir können heute vom aktuellen Weltmeister sprechen. Das hat es für den deutschen Basketball noch nie gegeben. Man kann diese Generation also wirklich nur loben. Genau wie die Art und Weise, wie dieses Team spielt – Beispiel Olympische Spiele. Es hat zwar am Ende nicht geklappt, aber der ehemalige Trainer Gordon Herbert hat keine kleinen Brötchen gebacken, als er vorher sagte: Wir wollen eine Medaille gewinnen. Hinzu kommt: Die Generation, die heute so erfolgreich ist, hat früher Dirk Nowitzki zugeschaut und sich von ihm inspirieren lassen. Und in zehn Jahren werden die Kids, die der heutigen Generation zuschauen, vielleicht genauso davon profitieren und dann haben wir vielleicht wieder so eine Generation. Die aktuelle U18-Mannschaft ist bereits Europameister. Davon werden auch die Vereine profitieren, denn solche Erfolge bringen noch mehr Kinder zum Basketball.