Levi Strauss Museum

Aus­stel­lung: Dude Ran­ches oder wie Groß­stadt­cow­boys Mode machten

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Dude Ranches
Eine Jeansträgerin auf einer „Dude Ranch“ vermutlich in den 1920er Jahren, Foto (koloriert): Lynn Downey
Das Levi Strauss Muse­um in But­ten­heim zeigt in der Aus­stel­lung „Dude Ran­ches oder wie Groß­stadt­cow­boys Mode mach­ten“, wie die Jeans durch das tou­ris­ti­sche Ange­bot von „Dude Ran­ches“ einen Bedeu­tungs­schritt weg von der Arbeits­klei­dung und hin
zum Mode­ar­ti­kel mach­te. Eröff­nung ist am 16. Mai.

„Whe­re the romance of the West lives on“ – mit die­sem Spruch wirbt eine Anzei­ge aus den 1940er Jah­ren für eine „Dude Ranch“ im US-ame­ri­ka­ni­schen Wes­ten. Bei die­sen Urlaubs­zie­len han­del­te es sich um tat­säch­li­che Vieh­r­an­ches, die etwa seit Beginn des 20. Jahr­hun­derts und als Reak­ti­on auf eine längst begon­ne­ne Roman­ti­sie­rung des Wil­den Wes­tens wohl­ha­ben­de Städ­ter von der Ost­küs­te beher­berg­ten, um den eige­nen wirt­schaft­li­chen Stand zu ver­bes­sern und den Gäs­ten ein Frei­zeit­er­leb­nis der rus­ti­ka­len Art zu bie­ten. Das „Dude“ im Namen die­ser Bau­ern­hö­fe war damals eine umgangs­sprach­li­che Bezeich­nung für sehr modisch geklei­de­te Männer.

Auf die­sen Ran­ches konn­ten die Besucher:innen bei der Arbeit, die dort anfiel, mit­hel­fen, Pfer­de und Rin­der trei­ben oder bei Aus­rit­ten in die Natur das kar­ge, aber authen­ti­sche Leben der Cow­boys – inklu­si­ve Zwang­lo­sig­keit für Frau­en und Cha­rak­ter­bil­dung für Kin­der – nach­emp­fin­den. Dazu gehör­te es auch, sich ent­spre­chend zu klei­den – zum Bei­spiel mit der Arbeits­ho­se „Jeans“.

Da vie­le der Gäs­te der „Dude Ran­ches“ nach Ende des Urlaubs die Jeans mit in die Hei­mat im Osten nah­men und sie dort wei­ter­hin tru­gen, wan­del­te sich die gesell­schaft­li­che Bedeu­tung der Hose aber bald. Über die­sen Wan­del und die „Dude Ran­ches“ haben wir mit Dr. Tan­ja Rop­pelt, Lei­te­rin des Levi Strauss Muse­ums, gespro­chen.

Dude Ranches
Wer­be­an­zei­ge für eine „Dude Ranch“, Foto: Lynn Downey
Frau Rop­pelt, wie ent­stan­den die „Dude Ranches“?

Tan­ja Rop­pelt: Begon­nen hat­te ein den „Dude Ran­ches“ ähn­li­ches Geschäft im US-ame­ri­ka­ni­schen Wes­ten bereits Ende des 19. Jahr­hun­derts mit Jagd­ge­sell­schaf­ten. Zu den Blü­te­zei­ten kam es dann ab dem Ende des Ers­ten Welt­kriegs, die aber auch wäh­rend der Welt­wirt­schafts­kri­se der spä­ten 1920er Jah­re wei­ter­gin­gen und etwa bis zum Zwei­ten Welt­krieg andau­er­ten. Die meis­ten „Dude Ran­ches“ gab es in den ber­gi­gen nörd­lich gele­ge­nen Staa­ten wie Wyo­ming oder Ore­gon wäh­rend der kur­zen Som­mer­sai­son von etwa drei Mona­ten. Dort fuh­ren die Städ­ter hin, um aus der Stadt raus zu kom­men und den Som­mer im bes­se­ren Kli­ma der Rocky Moun­ta­ins zu ver­brin­gen. Ein wei­te­rer Schwer­punkt lag zudem im Süd­wes­ten in Ari­zo­na. Dort mach­te man eher im Win­ter Urlaub, um die mil­den Tem­pe­ra­tu­ren zu erle­ben. Außer­halb der Sai­son wech­sel­ten vie­le der Ran­ches je nach Ren­ta­bi­li­tät zurück zu Vieh­wirt­schaft und Ranchgeschäft.

Damit die „Dude Ran­ches“ funk­tio­nier­ten, brauch­te es ein medi­al-roman­ti­sches Bild des Wil­den Wes­tens und des Cow­boy­le­bens, das man bedie­nen konn­te. Wie weit war die­ses Bild in den 1920er Jah­ren, in denen zum Bei­spiel das Kino und spe­zi­ell der Cow­boy­film noch nicht beson­ders bekannt waren, bereits verbreitet?

Tan­ja Rop­pelt: Der his­to­ri­sche Cow­boy, also der Vieh­trei­ber, hat­te in den USA eigent­lich nur eine rela­tiv kur­ze Bestands­zeit – etwa von 1860 bis 1880. Aber sei­ne Sti­li­sie­rung zum ame­ri­ka­ni­schen Hel­den war danach nicht mehr auf­zu­hal­ten. Das begann vor der Ver­brei­tung des Kinos in den 1920ern zum Bei­spiel durch Gro­schen­ro­ma­ne. Dar­in wur­de der Wil­de Wes­ten als Ort der Wer­te wie Treue, Ehr­lich­keit und har­te Arbeit und zudem als cha­rak­ter­bil­dend beschrie­ben. Dem­ge­mäß setz­ten die „Dude Ran­ches“ im Wer­be­bild schon bald dar­auf, den Gäs­ten ein Ver­spre­chen auf Aben­teu­er im Wes­ten zu machen.

Wel­ches Publi­kum zogen die „Dude Ran­ches“ damit an?

Tan­ja Rop­pelt: Anfangs waren es fast nur Män­ner. Rela­tiv schnell wan­del­te sich das Publi­kum aber, die Leu­te brach­ten ihre Fami­li­en mit und sehr schnell mach­ten Frau­en einen gro­ßen Anteil der Gäs­te aus. Denn auf den Ran­ches war man ziem­lich frei von gesell­schaft­li­chen Zwän­gen. Der Umgangs­ton war locker, alle rede­ten sich mit Vor­na­men an, und vor allem war die Klei­der­ord­nung leger. Auf den Ran­ches konn­ten Frau­en Hosen tra­gen, was sie sich Anfang des 20. Jahr­hun­derts kaum irgend­wo sonst trau­en konn­ten. Der Auf­ent­halt bot ein Stück Frei­heit. Und die Kin­der aus den wohl­ha­ben­de Fami­li­en, die nicht sel­ten mit Pri­vat­leh­rer auf­ge­wach­sen waren, durf­ten sich dre­ckig machen. Auf der ande­ren Sei­te erhoff­ten sich die Eltern aber auch, dass die Kin­der die Wer­te des Wes­tens ver­in­ner­lich­ten. Auch hoff­te man, was die Söh­ne anging, oft auf eine gewis­se Ver­männ­li­chung durch das Leben auf der Ranch.

Konn­te ein Auf­ent­halt auf einer „Dude Ranch“ auch der Bestra­fung dienen?

Tan­ja Rop­pelt: Das kann ich nicht sagen. Aber bis­wei­len wur­den zum Bei­spiel jun­ge Män­ner mit Sucht­pro­ble­men auf die Ran­ches geschickt. Dort soll­ten sie durch har­te Arbeit und Alko­hol­ver­bot wie­der in die Spur gebracht werden.

Ein vor­herr­schen­des Klei­dungs­stück der Ran­ches war die Jeans. Die Aus­stel­lung im Levi Strauss Muse­um zeigt, wie die Hose sich wegen der Ran­ches in ihrer gesell­schaft­li­chen Bedeu­tung aber wan­del­te. Wie lief ihre Ent­wick­lung zum Mode­ar­ti­kel ab?

Tan­ja Rop­pelt: Vor dem Bekannt- und Beliebt­wer­den der „Dude Ran­ches“ war die Jeans rei­ne Arbeits­klei­dung für die Leu­te, die im Wes­ten die har­te Arbeit mach­ten. Ent­spre­chend deck­ten sich die Tou­ris­ten aus dem Osten auf den Ran­ches mit den Hosen ein. So kamen sie dort erst­mals mit die­sem Klei­dungs­stück in Berüh­rung, denn man woll­te sich an den Lebens­stil auf den Ran­ches anpas­sen. Nach ihrem Auf­ent­halt auf den Ran­ches nah­men die Leu­te die Jeans, oder auch das Wes­tern­hemd und den Cow­boy­hut, mit nach hau­se an die Ost­küs­te. Dort bega­ben sie sich damit dann auch immer häu­fi­ger in die Öffent­lich­keit, zum Bei­spiel auf Grill­par­tys. So konn­te man die Hose zei­gen und wel­chen anders­ar­ti­gen oder freie­ren Lebens­stil man im Wes­ten ken­nen­ge­lernt hat­te. Und spä­tes­tens als das Mode­ma­ga­zin „Vogue“ die Jeans in den 1930er Jah­ren auf­ge­grif­fen und als „True wes­tern chic“ bewor­ben hat­te, war der Sie­ges­zug der Hose unter modi­schen Gesichts­punk­ten kaum mehr aufzuhalten.

Das Bild der Jeans, das sich damals ver­brei­te­te, als Hose auf gewis­se Art gleich­be­deu­tend mit der Frei­heit des Wes­tens zu sein, ent­stand also nicht im Wes­ten, son­dern an der Ostküste?

Tan­ja Rop­pelt: Ja. Sie war zu Beginn als Arbeits­klei­dung zwar nur an der West­küs­te erhält­lich – Levi Strauss erschuf sie in San Fran­cis­co. Durch die Tou­ris­ten kam sie dann aber erst an die Ost­küs­te und ver­brei­te­te sich von dort, zum Mode­ar­ti­kel gewor­den, lan­des­weit. So wuchs auch ihre Salon­fä­hig­keit und irgend­wann war es sogar akzep­ta­bel, wenn Frau­en sie öffent­lich tru­gen. Auch wenn das noch bis in die 1940er Jah­re dauerte.

War „Levi’s“ damals der allei­ni­ge Her­stel­ler oder gab es bereits ande­re Marken?

Tan­ja Rop­pelt: Das Patent auf die durch Nie­ten ver­stärk­te Hosen war bereits Ende des 19. Jahr­hun­derts gefal­len. „Levi’s“ war zwar trotz­dem lan­ge Zeit am ver­brei­tets­ten, aber sehr schnell kamen dann auch ande­re Mar­ken auf den Markt wie Lee oder Wrangler.

Gibt es heu­te noch so etwas wie die „Dude Ranches“?

Tan­ja Rop­pelt: Ja, und der Schwer­punkt auf Arbei­ten oder Aus­rei­ten besteht auch wei­ter. Nur haben die Ran­ches sich doch ein gan­zes Stück wei­ter­ent­wi­ckelt und aktu­el­len Ansprü­chen ange­passt. Heu­te machen sie LGBTQ-Ange­bo­te, Fami­li­en- oder Erwach­se­nen­wo­chen, ver­fü­gen über Bade­zim­mer, Swim­ming­pools, Sport­ein­rich­tun­gen oder Golf­plät­ze. Auch gibt es Ent­wick­lun­gen Rich­tung vege­ta­ri­scher Spei­se­op­tio­nen und weg vom tra­di­tio­nel­len Steak.

Ab 16. Mai und bis 16. Febru­ar 2025 zei­gen Sie im Levi Strauss Muse­um die Aus­stel­lung „Dude Ran­ches oder wie Groß­stadt­cow­boys Mode mach­ten“. Was wird zu sehen sein?

Tan­ja Rop­pelt: Die Aus­stel­lung zeigt umfas­sen­des his­to­ri­sches Bild­ma­te­ri­al zum Leben auf den Ran­ches. Wir haben aber auch ein paar his­to­ri­sche tex­ti­le Stü­cke, wie Cow­boy­hem­den und natür­lich Jeans­ho­sen. Außer­dem hält die Autorin und frü­he­re Fir­men­his­to­ri­ke­rin von „Levi’s“, Lynn Dow­ney, die das Phä­no­men „Dude Ranch“ in ver­schie­de­nen Publi­ka­tio­nen unter­such­te, am 14. Mai am Lehr­stuhl für Ame­ri­ka­nis­tik der FAU Erlan­gen-Nürn­berg einen öffent­li­chen Vor­trag zu den Ranches.

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