„Erle­sen – 200 Jah­re Biblio­thek des Metropolitankapitels“

Aus­stel­lung in der Diözesanbibliothek

5 Min. zu lesen
Diözesanbibliothek
Gebetbuch des Heiligen Thomas Morus um 1450/75, Foto: Gerald Raab, Bibliothek Metropolitankapitel
Aus­ge­wähl­te Bücher vom Mit­tel­al­ter bis in die Gegen­wart zeigt die Aus­stel­lung „Erle­sen – 200 Jah­re Biblio­thek des Metro­po­li­tan­ka­pi­tels“, die die Bam­ber­ger Diö­ze­san­bi­blio­thek bis zum 13. Sep­tem­ber im Diö­ze­san­mu­se­um präsentiert.

Etwa 200.000 Bücher haben sich in der Biblio­thek des Metro­po­li­tan­ka­pi­tels, die zusam­men mit der Biblio­thek des Pries­ter­se­mi­nars Teil der Diö­ze­san­bi­blio­thek ist, seit ihrer Errich­tung 1822 ange­sam­melt. Maria Kun­zel­mann, die Lei­te­rin der Biblio­thek, hat aus die­ser Samm­lung in Zusam­men­ar­beit mit der Lei­te­rin des Diö­ze­san­mu­se­ums, Caro­la Marie Schmidt, und des­sen Kura­to­rin Lud­mi­la Kva­pi­l­o­vá-Klüse­ner, knapp 80 Expo­na­te für die Aus­stel­lung „Erle­sen – 200 Jah­re Biblio­thek des Metro­po­li­tan­ka­pi­tels“ ausgewählt.

Die­se Kol­lek­ti­on soll die ein­zig­ar­ti­gen Prunk­stü­cke im Bestand der Biblio­thek zei­gen, aber auch auf den Reiz von ver­meint­lich unbe­deu­ten­den, weil aus hohen Druck­auf­la­gen stam­men­den Wer­ken und auf Beson­der­hei­ten, die sich oft in Nach­läs­sen und Abga­ben an die Biblio­thek fin­den, hinweisen.

Buch­re­li­gi­on Christentum

„Die Aus­stel­lung soll neben unse­ren wert­volls­ten Ein­zel­stü­cken auch zei­gen, dass sich im kirch­li­chen Bereich sehr viel Lite­ra­tur ansam­melt“, sagt Maria Kun­zel­mann. „Das Chris­ten­tum ist eine Buch­re­li­gi­on und im Lau­fe der Jahr­hun­der­te kom­men in Klös­tern, Pfar­rei­en oder auch bei Pri­vat­per­so­nen vie­le Gebet­bü­cher, Mess­bü­cher, Bibeln und wei­te­re Lite­ra­tur zusam­men. Man­ches wird mit der Zeit über­flüs­sig, weil zum Bei­spiel die Auf­la­ge erneu­ert wird, Insti­tu­tio­nen auf­ge­löst wer­den oder sich jün­ge­re Gene­ra­tio­nen nicht mehr für Stü­cke in fami­liä­rem Pri­vat­be­sitz inter­es­sie­ren. Diö­ze­san­bi­blio­the­ken sind dann Anlauf­stel­len, denen über­ge­ben wer­den kann, was nicht mehr gebraucht wird.“

So kön­nen auch mas­sen­haft gedruck­te Gebet- oder Mess­bü­cher ein­ma­lig sein. Immer wie­der fin­den Maria Kun­zel­mann und ihr Team in gespen­de­ten oder über­nom­me­nen Bücher­samm­lun­gen zum Bei­spiel hand­schrift­li­che Ergän­zun­gen von Pfar­rern oder beson­de­re Wid­mun­gen. Auch indi­vi­du­ell und eigens ange­fer­tig­te Buch-Ein­bän­de kön­nen den archi­va­li­schen und musea­len Reiz ein­zel­ner Wer­ke erhö­hen. „Dar­um kann es vor­kom­men, dass wir manch­mal meh­re­re Exem­pla­re eines Wer­kes auf­he­ben. Die Aus­wahl für die Aus­stel­lung haben wir also ent­we­der nach dem Alter der Wer­ke – wir haben Stü­cke aus dem 15. Jahr­hun­dert –, nach beson­ders schmuck­vol­len Ein­bän­den oder eben beson­de­ren Wid­mun­gen, Stem­peln oder Noti­zen getroffen.“

Aus­stel­lung­shigh­lights

Die Vor­ge­schich­te der Biblio­thek des Metro­po­li­tan­ka­pi­tels und der Aus­stel­lung „Erle­sen – 200 Jah­re Biblio­thek des Metro­po­li­tan­ka­pi­tels“ begann in den Jah­ren 180203 als im Zuge der Säku­la­ri­sa­ti­on die auf Kai­ser Hein­rich II. zurück­ge­hen­de alte Dom­ka­pi­tels­bi­blio­thek in den Besitz des baye­ri­schen Staa­tes über­ging. Bei die­sem Moder­ni­sie­rungs­pro­zess ver­lor auch der Fürst­bi­schof sei­ne welt­li­che Macht, Klös­ter wur­den auf­ge­löst und wei­te­res Kir­chen­gut verstaatlicht.

„Das Dom­ka­pi­tel“, sagt Maria Kun­zel­mann, „besaß nun kei­ne Biblio­thek mehr. Doch im eben­falls auf­ge­lös­ten Bam­ber­ger Domi­ni­ka­ner­klos­ter leb­te ein Pater namens Pius Brunn­quell, der ein gro­ßer Bücher­freund war und sein Leben lang Bücher gesam­melt hat. 1822 schrieb er eine Schen­kungs­ur­kun­de, in der er ver­füg­te, sei­ne 4000 Bän­de umfas­sen­de Bücher­samm­lung dem Dom­ka­pi­tel als Grund­stock für eine neue Biblio­thek zu überlassen.“

Das heißt aber nicht, dass all die Stü­cke, die die Aus­stel­lung zeigt, aus der Zeit Brunn­quells stam­men. Sei­ne Samm­lung hielt eini­ge Stü­cke parat, die damals mehr als 300, sprich heu­te 500 Jah­re alt waren und sind.

So ist zum Bei­spiel ein 1469, nur kur­ze Zeit nach Erfin­dung des Buch­dru­ckes im Jahr 1450, ent­stan­de­nes latei­ni­sches Druck­werk des byzan­ti­ni­schen Kar­di­nals Bes­sa­ri­on noch detail­reich mit der Hand und far­big ver­ziert. „Das ist ein High­light der Aus­stel­lung. Wor­auf wir aber am stol­zes­ten sind, ist ein Gebet­buch aus dem Besitz von Sir Tho­mas More. Der eng­li­sche Autor und Staats­mann Tho­mas Morus war Lord­kanz­ler unter Hein­rich VIII., der ihn aller­dings 1535 ent­haup­ten ließ, weil Morus die könig­li­che Herr­schaft über die Kir­che nicht aner­ken­nen woll­te. Seit 1935 ist er ein Hei­li­ger und Mär­ty­rer der angli­ka­ni­schen und der römisch-katho­li­schen Kir­che. Das Buch wur­de um 145075 auf Per­ga­ment geschrie­ben und opu­lent mit Male­rei­en aus­ge­stat­tet. Das Beson­de­re an dem Stun­den- oder Gebet­buch sind jedoch die bio­gra­phi­schen Ein­tra­gun­gen aus der Fami­lie Morus.“

Diözesanbibliothek
Aus einem Werk von Kar­di­nal Bes­sa­ri­on, Rom 1469, Foto: Peter Eberts, Biblio­thek Metropolitankapitel
Rund­gang durch die Ausstellung

Direkt gegen­über der Diö­ze­san­bi­blio­thek ist das Diö­ze­san­mu­se­um. Dort fin­det, auf­ge­teilt auf meh­re­re Räu­me, die Aus­stel­lung „Erle­sen – 200 Jah­re Biblio­thek des Metro­po­li­tan­ka­pi­tels“ statt.

Raum 1 ist Büchern für Altar und Got­tes­dienst gewid­met. Seit dem Mit­tel­al­ter haben sich ver­schie­de­ne Gat­tun­gen von lit­ur­gi­schen Büchern für die kirch­li­chen Fei­ern ent­wi­ckelt. Erst als Hand­schrif­ten, dann in gedruck­ter Form – immer dien­ten sie als text­li­che Grund­la­gen für den Got­tes­dienst. Oft wur­den sie, um gestal­te­ri­sche Ver­eh­rung für das in ihnen fest­ge­hal­te­ne hei­li­ge Wort anzu­zei­gen, reich ver­ziert und aus­ge­schmückt. Gebrauchs­spu­ren der Nut­zung im Got­tes­dienst oder Noti­zen machen sie für die Aus­stel­lung zusätz­lich interessant.

Reprä­sen­ta­tiv für die vie­len Bibeln und Mess­bü­cher aus dem Bestand der Biblio­thek haben die Kura­to­rin­nen hier eine Bibel aus dem 15. Jahr­hun­dert aus­ge­wählt. Dar­in ein­ge­bun­den ist ein hand­schrift­li­ches Regis­ter all der Lesun­gen des Kir­chen­jah­res, für die sie im Bam­ber­ger Dom genutzt wur­de. „Sol­che Noti­zen sind sehr sel­ten und etwas beson­ders“, sagt Maria Kunzelmann.

Ein Mis­sa­le, zu deutsch Mess­buch, aus der Obe­ren Pfar­re, das die Aus­stel­lung hier eben­falls zeigt, punk­tet hin­ge­gen mit sei­ner schmu­cken Auf­ma­chung. So ist in sei­nen samt­be­zo­ge­nen Ein­band zwi­schen orna­ment­rei­chen Kan­ten­ver­zie­run­gen eine sil­ber­ne Madon­nen­fi­gur ein­ge­las­sen. „Für heu­ti­ge Mes­sen sind die­se Bücher aller­dings nicht mehr ver­wend­bar, denn ihre Tex­te sind noch in Latein.“

Im nächs­ten Raum der Aus­stel­lung geht es ganz um den Mann, ohne des­sen Bei­trag es die­ses Jahr kei­ne Jubi­lä­ums­aus­stel­lung gäbe. Zu den 4000 Bän­den, die Pius Brunn­quell 1822 der Biblio­thek über­ließ, sind mitt­ler­wei­le mehr als 200.000 Bücher hinzugekommen.

Ob die­se Zahl in wei­te­ren 200 Jah­ren aller­dings noch­mal um hun­dert­tau­sen­de Bän­de wächst, ist hin­ge­gen frag­lich. „Nein, das glau­be ich nicht“, sagt Maria Kun­zel­mann, „dafür wird zu viel digi­tal ver­öf­fent­licht. Aber, auch das will die Aus­stel­lung zei­gen, ein gedruck­tes, altes Buch wird des­we­gen nicht über­flüs­sig, denn es zeich­net sich oft durch auf­wen­di­ge Her­stel­lung, indi­vi­du­el­le Ein­band­ge­stal­tung, bedeu­ten­de Vor­be­sit­zer oder durch per­sön­li­che Ein­tra­gun­gen aus.“

Diözesanbibliothek
Mess­buch aus der Obe­ren Pfar­re Bam­berg von 1781, Foto: Peter Eberts, Biblio­thek Metropolitankapitel

Der nächs­te Raum steht unter dem Mot­to „Sam­meln und Bewah­ren“. „Hier geht es um die Tat­sa­che, dass wir aus kirch­li­chen Stel­len nach wie vor immer wie­der grö­ße­re Pos­ten an Büchern über­neh­men. Bis 1968 gab es bei­spiels­wei­se in der Dom­stra­ße eine alte Dom­prob­s­tei-Biblio­thek, deren Bestand damals an uns über­ging. Auch bekom­men wir immer wie­der Samm­lun­gen aus still­ge­leg­ten Klös­tern. Beson­ders in den letz­ten Jahr­zehn­ten muss­ten wegen Per­so­nal- und Nach­wuchs­man­gels vie­le Klös­ter ver­klei­nert oder auf­ge­löst wer­den. In sol­chen Fäl­len gehört es zu den Auf­ga­ben einer Biblio­thek wie der unse­ren, sol­che Bestän­de durch­zu­se­hen und gege­be­nen­falls zu über­neh­men.“ Bei­spiel­haft zeigt die Aus­stel­lung hier Stü­cke aus der ehe­ma­li­gen Bam­ber­ger Kar­me­li­ten­bi­blio­thek und den Fran­zis­ka­ner­klös­tern Mari­en­wei­her und Bamberg.

Büchern in der Kri­se wid­met sich ein wei­te­rer Aus­stel­lungs­raum. Die­se Bezeich­nung bezieht sich vor allem auf in der Nazi­zeit zen­sier­te oder ganz ver­bo­te­ne kirch­li­che Schrif­ten. Inter­es­sant wer­den Bücher aus die­ser Zeit auch durch ein­ge­stem­pel­te Ver­mer­ke wie „Bücher­spen­de für die deut­sche Wehrmacht.“

Diözesanbibliothek
Gebet­buch von Robert Schwarz von 200103, Foto: Peter Eberts, Biblio­thek Metropolitankapitel

Das titel­ge­ben­de Erle­se­ne prä­sen­tiert der nächs­te Raum. Hier sind die High­lights von Tho­mas Morus und Kar­di­nal Bes­sa­ri­on zu sehen. Und auch eines der moderns­ten, soll in die­sem Fall hei­ßen, der jüngs­ten Aus­stel­lungs- und Bestandstü­cke. Vor zehn Jah­ren kauf­te die Biblio­thek anläss­lich der Aus­stel­lung „Gegen­über. Moder­ne Kunst im Dom zum 1000-jäh­ri­gen Dom­ju­bi­lä­um“ ein von dem Künst­ler Robert Schwarz in mit­tel­al­ter­li­cher Tra­di­ti­on und Optik her­ge­stell­tes und gestal­te­tes Gebetbuch.

Den Aus­klang von „Erle­sen – 200 Jah­re Biblio­thek des Metro­po­li­tan­ka­pi­tels“ bil­den eine reprä­sen­ta­ti­ve Kol­lek­ti­on von Gebet­bü­chern und eini­ge Kurio­si­tä­ten. Die Aus­wahl ers­te­rer soll die Viel­falt der Gebet­buch­samm­lung der Biblio­thek, die etwa 10.000 Bän­de umfasst, ver­deut­li­chen. Dazu gehö­ren auch Gesang­bü­cher oder beson­de­re Andachts­bü­cher. Leicht skur­ri­le Ein­bli­cke in 200 Jah­re Biblio­theks- und Samm­lungs­ge­schich­te geben ein Buch mit Beschwö­rungs­for­meln, wie sie ver­ein­zelt noch Anfang des 20. Jahr­hun­derts in Gebrauch waren, oder ein Band, in des­sen Ein­band eine Kap­sel mit Jor­d­an­was­ser ein­ge­las­sen ist.

Weiterer Artikel

Bur­ge­brach

20 Jah­re St. Vitus Seniorenzentrum

Nächster Artikel

Bay­ern­wei­te Erhebung

19.587 Ein­schät­zun­gen von Kin­des­wohl­ge­fähr­dung im Jahr 2021