Die Schau „Die Schönbornfranken – von Franken nach Transkarpatien“ schildert die Geschichte dieser fränkischen Auswanderer in der Ukraine. Auch könnte sie Teil
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Zur Anbahnung einer Städtepartnerschaft
Ausstellung: „Schönbornfranken“ in der Ukraine
Die Schau „Die Schönbornfranken – von Franken nach Transkarpatien“ schildert die Geschichte dieser fränkischen Auswanderer in der Ukraine. Auch könnte sie Teil einer sich anbahnenden Städtepartnerschaft zwischen Bamberg und Mukatschewo sein.
Auf Geheiß von Friedrich Karl von Schönborn, Fürstbischof zu Bamberg und Würzburg, zogen die sogenannten Schönbornfranken im 18. Jahrhundert aus den fränkischen Bistümern unter anderem in die Westukraine, um sich dort niederzulassen. Viele von ihnen leben heute in der Stadt Mukatschewo. Deren etwa 85.000 Einwohner:innen sind sich ihrer Wurzeln entsprechend durchaus bewusst und pflegten nach wie vor die deutsche Sprache und fränkische Traditionen, wie das Rathaus mitteilt.
Die Stadt Mukatschewo liegt in Transkarpatien, unweit der Grenzen zu Polen (60 Kilometer), der Slowakei (40 Kilometer) und Ungarn (35 Kilometer). Sie ist eine Universitätsstadt mit Bischofssitz. 1,9 Prozent der Bevölkerung sind Deutsche. Über den engen Kontakt zwischen dem Erzbistum Bamberg und der Katholischen Landvolkbewegung besteht seit Jahrzehnten auch eine Verbindung zu den Schönbornfranken.
Jüngst bekundete die Stadt Mukatschewo zudem ein grundsätzliches Interesse an einer Städtepartnerschaft mit Bamberg. Eine solche Partnerschaft wird von dem Ziel und Wunsch getragen, einander kennenzulernen, freundschaftliche Beziehungen aufzubauen, um sich zu helfen und besser zu verstehen. Die Stadt Bamberg möchte damit einen Beitrag zu Solidarität mit der Ukraine leisten und beim Wiederaufbau unterstützen.
Von Franken nach Transkarpatien
In der ehemaligen Infothek des Rathauses ist derzeit die Ausstellung „Die Schönbornfranken – von Franken nach Transkarpatien“ zu sehen. Um sie in Augenschein zu nehmen, reiste nun eine Delegation aus Mukatschewo an. Dieser gehörten unter anderem Vizebürgermeisterin Julia Tayps sowie ein Filmteam an, das im ukrainischen Fernsehen über die Ausstellung berichten möchte. Ein deutschsprachiges Programm produziert Beiträge für die deutsche Minderheit vor Ort. Weiterhin ist laut Bürgermeisterin Julia Tayps angedacht, in einem geplanten „deutschen Haus“ ein Bamberg-Zimmer einzurichten, um die Partnerschaft einer breiten Öffentlichkeit sichtbar zu machen.
Die Ausstellung geht noch bis zum 5. September.
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„Erlesen – 200 Jahre Bibliothek des Metropolitankapitels“
Ausstellung in der Diözesanbibliothek
Ausgewählte Bücher vom Mittelalter bis in die Gegenwart zeigt die Ausstellung „Erlesen – 200 Jahre Bibliothek des Metropolitankapitels“, die die Bamberger Diözesanbibliothek bis zum 13. September im Diözesanmuseum präsentiert.
Etwa 200.000 Bücher haben sich in der Bibliothek des Metropolitankapitels, die zusammen mit der Bibliothek des Priesterseminars Teil der Diözesanbibliothek ist, seit ihrer Errichtung 1822 angesammelt. Maria Kunzelmann, die Leiterin der Bibliothek, hat aus dieser Sammlung in Zusammenarbeit mit der Leiterin des Diözesanmuseums, Carola Marie Schmidt, und dessen Kuratorin Ludmila Kvapilová-Klüsener, knapp 80 Exponate für die Ausstellung „Erlesen – 200 Jahre Bibliothek des Metropolitankapitels“ ausgewählt.
Diese Kollektion soll die einzigartigen Prunkstücke im Bestand der Bibliothek zeigen, aber auch auf den Reiz von vermeintlich unbedeutenden, weil aus hohen Druckauflagen stammenden Werken und auf Besonderheiten, die sich oft in Nachlässen und Abgaben an die Bibliothek finden, hinweisen.
Buchreligion Christentum
„Die Ausstellung soll neben unseren wertvollsten Einzelstücken auch zeigen, dass sich im kirchlichen Bereich sehr viel Literatur ansammelt“, sagt Maria Kunzelmann. „Das Christentum ist eine Buchreligion und im Laufe der Jahrhunderte kommen in Klöstern, Pfarreien oder auch bei Privatpersonen viele Gebetbücher, Messbücher, Bibeln und weitere Literatur zusammen. Manches wird mit der Zeit überflüssig, weil zum Beispiel die Auflage erneuert wird, Institutionen aufgelöst werden oder sich jüngere Generationen nicht mehr für Stücke in familiärem Privatbesitz interessieren. Diözesanbibliotheken sind dann Anlaufstellen, denen übergeben werden kann, was nicht mehr gebraucht wird.“
So können auch massenhaft gedruckte Gebet- oder Messbücher einmalig sein. Immer wieder finden Maria Kunzelmann und ihr Team in gespendeten oder übernommenen Büchersammlungen zum Beispiel handschriftliche Ergänzungen von Pfarrern oder besondere Widmungen. Auch individuell und eigens angefertigte Buch-Einbände können den archivalischen und musealen Reiz einzelner Werke erhöhen. „Darum kann es vorkommen, dass wir manchmal mehrere Exemplare eines Werkes aufheben. Die Auswahl für die Ausstellung haben wir also entweder nach dem Alter der Werke – wir haben Stücke aus dem 15. Jahrhundert –, nach besonders schmuckvollen Einbänden oder eben besonderen Widmungen, Stempeln oder Notizen getroffen.“
Ausstellungshighlights
Die Vorgeschichte der Bibliothek des Metropolitankapitels und der Ausstellung „Erlesen – 200 Jahre Bibliothek des Metropolitankapitels“ begann in den Jahren 1802⁄03 als im Zuge der Säkularisation die auf Kaiser Heinrich II. zurückgehende alte Domkapitelsbibliothek in den Besitz des bayerischen Staates überging. Bei diesem Modernisierungsprozess verlor auch der Fürstbischof seine weltliche Macht, Klöster wurden aufgelöst und weiteres Kirchengut verstaatlicht.
„Das Domkapitel“, sagt Maria Kunzelmann, „besaß nun keine Bibliothek mehr. Doch im ebenfalls aufgelösten Bamberger Dominikanerkloster lebte ein Pater namens Pius Brunnquell, der ein großer Bücherfreund war und sein Leben lang Bücher gesammelt hat. 1822 schrieb er eine Schenkungsurkunde, in der er verfügte, seine 4000 Bände umfassende Büchersammlung dem Domkapitel als Grundstock für eine neue Bibliothek zu überlassen.“
Das heißt aber nicht, dass all die Stücke, die die Ausstellung zeigt, aus der Zeit Brunnquells stammen. Seine Sammlung hielt einige Stücke parat, die damals mehr als 300, sprich heute 500 Jahre alt waren und sind.
So ist zum Beispiel ein 1469, nur kurze Zeit nach Erfindung des Buchdruckes im Jahr 1450, entstandenes lateinisches Druckwerk des byzantinischen Kardinals Bessarion noch detailreich mit der Hand und farbig verziert. „Das ist ein Highlight der Ausstellung. Worauf wir aber am stolzesten sind, ist ein Gebetbuch aus dem Besitz von Sir Thomas More. Der englische Autor und Staatsmann Thomas Morus war Lordkanzler unter Heinrich VIII., der ihn allerdings 1535 enthaupten ließ, weil Morus die königliche Herrschaft über die Kirche nicht anerkennen wollte. Seit 1935 ist er ein Heiliger und Märtyrer der anglikanischen und der römisch-katholischen Kirche. Das Buch wurde um 1450⁄75 auf Pergament geschrieben und opulent mit Malereien ausgestattet. Das Besondere an dem Stunden- oder Gebetbuch sind jedoch die biographischen Eintragungen aus der Familie Morus.“
Rundgang durch die Ausstellung
Direkt gegenüber der Diözesanbibliothek ist das Diözesanmuseum. Dort findet, aufgeteilt auf mehrere Räume, die Ausstellung „Erlesen – 200 Jahre Bibliothek des Metropolitankapitels“ statt.
Raum 1 ist Büchern für Altar und Gottesdienst gewidmet. Seit dem Mittelalter haben sich verschiedene Gattungen von liturgischen Büchern für die kirchlichen Feiern entwickelt. Erst als Handschriften, dann in gedruckter Form – immer dienten sie als textliche Grundlagen für den Gottesdienst. Oft wurden sie, um gestalterische Verehrung für das in ihnen festgehaltene heilige Wort anzuzeigen, reich verziert und ausgeschmückt. Gebrauchsspuren der Nutzung im Gottesdienst oder Notizen machen sie für die Ausstellung zusätzlich interessant.
Repräsentativ für die vielen Bibeln und Messbücher aus dem Bestand der Bibliothek haben die Kuratorinnen hier eine Bibel aus dem 15. Jahrhundert ausgewählt. Darin eingebunden ist ein handschriftliches Register all der Lesungen des Kirchenjahres, für die sie im Bamberger Dom genutzt wurde. „Solche Notizen sind sehr selten und etwas besonders“, sagt Maria Kunzelmann.
Ein Missale, zu deutsch Messbuch, aus der Oberen Pfarre, das die Ausstellung hier ebenfalls zeigt, punktet hingegen mit seiner schmucken Aufmachung. So ist in seinen samtbezogenen Einband zwischen ornamentreichen Kantenverzierungen eine silberne Madonnenfigur eingelassen. „Für heutige Messen sind diese Bücher allerdings nicht mehr verwendbar, denn ihre Texte sind noch in Latein.“
Im nächsten Raum der Ausstellung geht es ganz um den Mann, ohne dessen Beitrag es dieses Jahr keine Jubiläumsausstellung gäbe. Zu den 4000 Bänden, die Pius Brunnquell 1822 der Bibliothek überließ, sind mittlerweile mehr als 200.000 Bücher hinzugekommen.
Ob diese Zahl in weiteren 200 Jahren allerdings nochmal um hunderttausende Bände wächst, ist hingegen fraglich. „Nein, das glaube ich nicht“, sagt Maria Kunzelmann, „dafür wird zu viel digital veröffentlicht. Aber, auch das will die Ausstellung zeigen, ein gedrucktes, altes Buch wird deswegen nicht überflüssig, denn es zeichnet sich oft durch aufwendige Herstellung, individuelle Einbandgestaltung, bedeutende Vorbesitzer oder durch persönliche Eintragungen aus.“
Der nächste Raum steht unter dem Motto „Sammeln und Bewahren“. „Hier geht es um die Tatsache, dass wir aus kirchlichen Stellen nach wie vor immer wieder größere Posten an Büchern übernehmen. Bis 1968 gab es beispielsweise in der Domstraße eine alte Domprobstei-Bibliothek, deren Bestand damals an uns überging. Auch bekommen wir immer wieder Sammlungen aus stillgelegten Klöstern. Besonders in den letzten Jahrzehnten mussten wegen Personal- und Nachwuchsmangels viele Klöster verkleinert oder aufgelöst werden. In solchen Fällen gehört es zu den Aufgaben einer Bibliothek wie der unseren, solche Bestände durchzusehen und gegebenenfalls zu übernehmen.“ Beispielhaft zeigt die Ausstellung hier Stücke aus der ehemaligen Bamberger Karmelitenbibliothek und den Franziskanerklöstern Marienweiher und Bamberg.
Büchern in der Krise widmet sich ein weiterer Ausstellungsraum. Diese Bezeichnung bezieht sich vor allem auf in der Nazizeit zensierte oder ganz verbotene kirchliche Schriften. Interessant werden Bücher aus dieser Zeit auch durch eingestempelte Vermerke wie „Bücherspende für die deutsche Wehrmacht.“
Das titelgebende Erlesene präsentiert der nächste Raum. Hier sind die Highlights von Thomas Morus und Kardinal Bessarion zu sehen. Und auch eines der modernsten, soll in diesem Fall heißen, der jüngsten Ausstellungs- und Bestandstücke. Vor zehn Jahren kaufte die Bibliothek anlässlich der Ausstellung „Gegenüber. Moderne Kunst im Dom zum 1000-jährigen Domjubiläum“ ein von dem Künstler Robert Schwarz in mittelalterlicher Tradition und Optik hergestelltes und gestaltetes Gebetbuch.
Den Ausklang von „Erlesen – 200 Jahre Bibliothek des Metropolitankapitels“ bilden eine repräsentative Kollektion von Gebetbüchern und einige Kuriositäten. Die Auswahl ersterer soll die Vielfalt der Gebetbuchsammlung der Bibliothek, die etwa 10.000 Bände umfasst, verdeutlichen. Dazu gehören auch Gesangbücher oder besondere Andachtsbücher. Leicht skurrile Einblicke in 200 Jahre Bibliotheks- und Sammlungsgeschichte geben ein Buch mit Beschwörungsformeln, wie sie vereinzelt noch Anfang des 20. Jahrhunderts in Gebrauch waren, oder ein Band, in dessen Einband eine Kapsel mit Jordanwasser eingelassen ist.
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Die Schönheit des sinnlosen Scheiterns
Ausstellung Philip Grözinger
Dem eingebauten Makel gemäß, dass alles Sein solang’ es strebt auf das eigene Ende zusteuert – was kann die Existenz da anderes sein als eine von vornherein zum Scheitern verurteilte Sinnlosigkeit? So sieht es der Berliner Maler Philip Grözinger, erkennt darin aber auch das Potenzial zur Schönheit. Morgen kommt er mit seiner Ausstellung „Die Schönheit des sinnlosen Scheiterns“ ins Kesselhaus. Das zentrale Werk der Schau hat den Bamberger Reiter zur Hauptfigur.
„Meiner Meinung nach fast alles“, sagt Philip Grözinger, den wir in seinem Berliner Atelier am Telefon erwischen, auf die Frage was sinnloses Scheitern sei. „Vom Urknall bis zum Zusammenbruch der Sonne fällt ja alles in sich zusammen.“
Aber das Sinnlose ist nicht zwangsläufig sinnentleert. Die sinnlose Zeit bis zum unausweichlichen Scheitern kann durchaus mit sinnhaften Dingen gefüllt werden. „Daraus, dass wir uns vorspiegeln, dass von uns Menschen etwas übrig bleibt, um sozusagen die Unerträglichkeit des Sterbens erträglicher zu machen, kann eine gewisse Schönheit entstehen. Ich finde es schön, dass man trotz der Beleidigung des Sterbens, positive Aspekte des Lebens annehmen und zum Beispiel etwas kreieren kann. Darin liegt die Antriebsfeder für Neugier und Positives.“
Scheitern beziehungsweise das Eingeständnis dieser finalen Existenzperspektive kann auch eine Chance sein. Oder vielleicht sogar befreiend. Ist der Druck, dem Dasein einen Sinn abgewinnen zu wollen, oder zu müssen, erst weg, lässt es sich sozusagen ganz frei aufspielen.
Eines dieser sinnhaft-sinnlosen Dinge ist die Kunst. Sie spendet Sinn, ist aber ihrerseits von vornherein zum Scheitern verurteilt. Nie kann das Abgebildete ganz erfasst werden, weil es immer nur Abbildung bleibt.
„Ja, es gibt nicht das perfekte Kunstwerk“, sagt Philip Grözinger. „Der Druck auf Kunst, relevant zu sein, zu erahnen und zu ertasten, was gesellschaftlich auf uns zu kommt, ist groß und verurteilt sie zum Scheitern. Denn sie wird immer überrollt von der Gegenwart und wird Vergangenheit. Bei musealer Kunst kommt noch dazu, dass sie gescheitert ist, weil sie zur Dekoration gemacht wurde.
Der Anspruch von Kunst sollte darum eher sein, sich weiterzuentwickeln, weil Gesellschaft sich weiterentwickelt. Schafft sie das nicht, hat sie fast schon die Aufgabe, in Schönheit zu sterben.“
In Bamberg bringt Philip Grözinger seine Gemälde in diese Gefahr, wenn er sie ab 11. Juni im Kesselhaus ausstellt. „Ich konnte mich entscheiden zwischen der Villa Dessauer und dem Kesselhaus. Ich nahm das Kesselhaus, weil es mit seinen kahlen Betonwänden schon ein bisschen die Atmosphäre hat, die ich suche. Ich denke, meine Gemälde sind stark genug, das auszuhalten. Und wenn nicht, bin ich gescheitert“, sagt er lachend, „dann habe ich alles richtig gemacht!“
Eine gescheiterte Welt
Entsprechend nehmen sich Philip Grözingers Gemälde nicht allzu ernst. Sie sprechen ernste Themen an – vor allem Umweltzerstörung ist allgegenwärtig –, aber sie tun es ohne empörte Aufdringlichkeit. Das Augenzwinkernde und Verspielte ist Grözingers Mittel der Wahl.
Seine quadratmeterweiten Arbeiten sind bevölkert von großäugigen, infantilisierten Figuren. Die Farben sind bunt, grell oder knackig dunkel, die Formen vereinfacht und flächig. Aber die uneigentlichen Abgründe, die solch ein Auseinanderklaffen von lustiger Darstellung und düsterem Dargestellten aufreißen, können viel eindrücklicher wirken als eine unzweideutige Zurschaustellung oder Anprangerung von Missständen.
Die Hauptfigur des eigens für die Ausstellung im Kesselhaus angefertigten Hauptwerks durchstreift eine zerstörte Umwelt. Ein comichaft verfremdeter Bamberger Reiter reist im Zyklus eines fünf Meter breiten Tryptichons durch kaputte Landschaften, in denen Zivilisation nur noch in Trümmern übrig ist. Diese Welt ist gescheitert.
Die Gemälde prangern die Zerstörung dabei aber nicht so sehr an, als dass sie sie mit eigenartigem Surrealismus und einer Mischung aus ironischem Understatement und kindlich-heiterer Distanz einfach zeigen. Sie scheinen mit dem Scheitern auf den ersten Blick sogar zu kokettieren, was für die abgebildete Welt in gewisser Weise hieße, sich ins Scheitern gefügt zu haben.
Natürlich könnte man an dieser Stelle sagen, diese ironisch-kritisch anmutende Haltung in Grözingers Gemälden ist fahrlässig und zaghaft im Angesicht der Dringlichkeit der Thematik; oder es ist zynisch, so grellbunt mit dem Untergang zu spielen, was wiederum die privilegierte Position des nicht Betroffenseins und Sich-raushalten-könnens voraussetzt.
Aber das würde verkennen, dass die Gemälde eben gerade ein Resultat dieser Haltung aufzeigen. Inhaltlich geschieht das anhand der gezeigten zerstörten Welt, die nicht gerettet, sondern aufgegeben worden ist; gestalterisch durch die niedlichen Formen und Figuren, die keinen Anspruch auf knallharte Anprangerung haben, und auch keinen mehr haben müssen, weil es in einer Welt, in der das Kaputtsein zum Normalzustand geworden ist, nichts mehr anzuprangern gibt. Hier ist alles egal geworden. Das mag von vornherein so programmiert sein, alles mag von vornherein sinnlos sein, weil zum Scheitern verurteilt, aber bis dahin kann man zumindest versuchen, persönlichen Sinn zu finden. Versucht man nicht einmal mehr das, ist das Scheitern bereits eingetreten und wahrhaftig, anstatt zumindest schön, sinnlos gewesen.
Der Bamberger Reiter auf Reisen
So hat man ihn noch nicht gesehen, den Bamberger Reiter – weder gestalterisch, noch handlungsmäßig. Sein eckiger Körper, auf dem ein Block von gekröntem Kopf sitzt, erinnert an eine Lego- oder Minecraftfigur (dazu mehr weiter unten). Außerdem ist er in Grözingers Tryptichon von seinem Sockel hinuntergestiegen.
Auf dem ersten der drei Gemälde durchstreift er auf seinem Pferd eine karge, von merkwürdigen Gestalten bewohnte Welt, die ihre besten Tage hinter sich zu haben scheint. Ein kleines Häuschen am Horizont, aus dessen Schornstein Rauchwolken aufsteigen, die zu einer über der gesamte Breite des Gemäldes hängenden giftigen Wolke angewachsen sind, deutet an, warum diese Welt nur noch in Resten existiert.
Der Reiter scheint der Szenerie aber mehr oder weniger gelassen gegenüber zu stehen, in seinem eckigen Gesicht ist ein Lächeln zu erkennen; er hat dieses Scheitern akzeptiert. Und auch der Laserstrahl, den er aus seinen Augen einer angreifenden Smogwolke, die zwei Arme hat, durch den pechschwarzen Körper schießt, scheint er nur der Vollständigkeit halber, bereits im Wegreiten begriffen, abzufeuern.
Warum sollte er sich im Kampf gegen eine Wolke auch mehr als diese Alibi-Mühe geben? Ihr scheint durch den Laser zwar Blut aus dem Hintern zu spritzen, aber der Kampf gegen eine materielose Wolke ist aussichtslos und wird scheitern. Also zieht er weiter. „Er ist ein Reisender, der Reiter“, sagt Philip Grözinger, „er ist wie ein Wissenschaftler, der leicht distanziert alles für sich beobachtet, aber nicht bewertet. Dieses von außen kommen und die Welt sehen, wie sie ist, finde ich reizvoll. Er reist durch die Welt und erkennt Dinge. Er ist eine Erkenntnismaschine.“
Der Bamberger Reiter scheine Philip Grözinger als Hauptfigur solch einer Erkenntnisreise wie gemacht. „Ich fand das Mysterium, dass niemand genau weiß, wer er ist, sehr interessant. Ich wollte diese Projektionsfläche nehmen und sie anders aufladen und eine Minecraft-Figur daraus machen. In meinen Arbeiten geht es ganz oft auch um Ängste vor Computern und künstlicher Intelligenz. Diese Dinge sind sehr komplex, simplifizieren aber gleichzeitig unsere Daseins. Warum verbringen Leute so wahnsinnig viel Zeit damit, Minecraft zu spielen, darin Realität zu vereinfachen, nachzubauen und in diesem Umfeld zu spielen? Ist die Realität so anstrengend, dass man zur Entspannung in eine andere, die in Minecraft geschaffene, flüchten muss?“
Betrachtet man die gespentischen schwarzen Figuren im Mittelteil des Tryptichons (der Reiter hat hier keinen Auftritt), scheint es allerdings auch mit dieser Flucht in die spielerische Entspannung nicht weither zu sein. Hier ist vom Menschen nicht einmal mehr seine menschliche Form übriggeblieben. Allzu hemmungslos hat er sich aufgegeben, sich der Hoffnungslosigkeit hingegeben und dabei sein Menschsein eingebüßt. Der Reiter scheint bei seinen Reisen noch ganz gut drauf zu sein. Diese Geister sind nur noch ihre eigenen Schatten.
Zur Ablenkung oder Entspannung ist ihnen ein Ballspiel mit rot-orangenen Lichtkugeln geblieben. Ihr Minecraft. Die Lichtkugeln könnten aber auch Eizellen sein und das Spiel darin bestehen, diese spermiumartigen Schlangenwesen, die durch den Himmel rasen, zur Befruchtung hinzuhalten. Haben sie doch noch Hoffnung? Oder, wenn man das Gemälde pessimistischer auslegen will, versuchen die entmenschlichten Geister, diese Vereinigung zu verhindern?
Die Mauer, die sie zwischen sich und der kaputten Umgebung hochgezogen haben, deutet auf Zweiteres hin. Es scheint Hoffnung zu geben, aber nicht auf Rettung vor den monströsen Gestalten auf der anderen Seite der Mauer, sondern auf Verhinderung der Fortpflanzung mit ihnen. Die Geister möchten sicherstellen, dass nach ihnen nichts mehr kommt, also auch nichts, das noch erbarmungswürdiger als sie selbst wäre.
Philip Grözinger möchte es dann aber doch positiver verstanden wissen. „Das kann man schon postapokalyptisch sehen. Aber wir sind ja nicht nur verrückt. Es gibt ja auch die andere Seite. Wir sind kreativ und wir finden Lösungen, es gibt Empathie. Im Dunklen ist auch das Helle.“
Solch einen Silberstreif am Horizont zeigt der dritte Teil des Tryptichons um die Abenteuer des Bamberger Reiters. Die Welt sieht immer noch düster, zerstört und gescheitert aus.
Ein dunkles Meer ist zu sehen, zwei Eisberge dümpeln darin und können eigentlich nur schmelzen, ein unbemanntes Segelschiff treibt richtungslos im Wasser, und die pechschwarze Wolke aus dem ersten Tryptichon-Teil sieht mit ihren feurigrot umrandeten Augen aus als sei sie jetzt nicht nur giftig, sondern auch noch wütend. Und genau wie im ersten Teil versucht sie mit ihren dünnen Ärmchen wieder den Reiter, der ebenfalls in die Szenerie zurückgekehrt ist, anzugreifen.
Dieser macht aber erneut von seinen Laserstrahlen Gebrauch. Aus zwei Waffen in seinen Händen feuert er sie ab. Der eine Strahl ballt sich in einer neuen Lichtkugel oder Eizelle, ein weiterer Strahl bricht daraus hervor und durchbohrt der Wolke den Kopf. Blut ist diesmal nicht zu sehen und ob dieser Kampf zugunsten des Mannes auf dem Pferd ausgehen wird, ist auch nicht klar. Der Reiter scheint ohnehin kurz davor, seine Position am Hang von einem der Eisberge zu verlieren und ins Meer zu rutschen.
Aber eben dieses Meer geht am Horizont in einen hellen Streifen Licht über. Versteht man die drei Teile des Tryptichons als durch den Handlungsbogen der Reise des Reiters verbunden, steht am Ende dieser Reise durch sinnloses Scheitern also zumindest der hoffnungsvolle Ausblick auf den hellen Horizont.
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„Die Schaleks“
Ausstellung in der Universitätsbibliothek
Die Bamberger Universitätsbibliothek zeigt die Ausstellung „Die Schaleks – eine mitteleuropäische Familie“. Darin erzählen fünf Biografien das Leben einer deutsch-tschechisch-jüdische Familie aus dem 20. Jahrhundert.
Sie arbeiteten als Richter, Kriegsberichterstatterin, Fluchthelferin. Sie waren Widerstandskämpfer und Malerin von Bildern aus dem Ghetto Theresienstadt. Anhand von fünf Biografien einer Familie erzählt die Wanderausstellung „Die Schaleks – eine mitteleuropäische Familie“ die Geschichte Mitteleuropas im 20. Jahrhundert. Die Universitätsbibliothek zeigt die Schau vom 4. Mai bis 12. Juni am Heumarkt 2.
Neben den fünf Lebensgeschichten der deutsch-tschechisch-jüdischen Familienmitglieder stellt die Ausstellung auch deren historischer Hintergrund dar. Auch zeigt sie die vielfältigen zerstörten und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wiedererstandenen Verbindungen im Herzen Europas. Kontexttafeln geben Auskunft über das jüdische Leben in Prag und Wien um die Jahrhundertwende und während des Ersten Weltkriegs. Auch die Rolle der Frauen wird thematisiert. Die Ausstellung hat das Ziel, die deutsch-tschechisch-österreichische Geschichte des 20. Jahrhunderts einer breiten Öffentlichkeit anhand von Einzelschicksalen nahezubringen.
Zur Ausstellungseröffnung am Mittwoch, 4. Mai, um 19 Uhr, sprechen unter anderem Dr. Fabian Franke, Direktor der Universitätsbibliothek Bamberg, Universitätspräsident Prof. Dr. Kai Fischbach sowie Grünen-Stadträtin Vera Mamerow.
Tanja Krombach vom Deutschen Kulturforum östliches Europa und Journalist Ralf Pasch geben anschließend eine Einführung in die Ausstellung. Der Eintritt ist kostenlos. Um Beachtung der aktuellen Corona-Regelungen wird gebeten.
Die Wanderausstellung „Die Schaleks – eine mitteleuropäische Familie“ ist ein Projekt des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Kooperation mit dem tschechischen Collegium Bohemicum Aussig, dem Kulturreferenten für die böhmischen Länder im Adalbert Stifter Verein, München, und der Euroregion Elbe/Labe.
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Ausstellung zur Bamberger Geschichte
„150 Jahre städtisches Album“ im Stadtarchiv
Das Stadtarchiv Bamberg zeigt bis zum 4. März kommenden Jahres die Ausstellung „150 Jahre städtisches Album“. Es handelt sich dabei um eine Ausstellung mit 61 großformatigen Fotos zur Bamberger Geschichte, insbesondere zum Bild der Stadt mit seinen Veränderungen bis in die Gegenwart hinein.
Dieses Album, das aber nie die technische Gestalt eines Albums aufwies, sondern als Sammlung angelegt war, geht auf einen Beschluss des Bamberger Stadtmagistrats vom 28. September 1872 zurück. Dabei ging es zum einen um die Aufnahmen „der zum Abbruch gekommenen Gebäude“, um ganz bewusst deren Erinnerung zu bewahren, und andererseits um „Photographische Portraits der Mitglieder des Magistrates, Gemeindebevollmächtigen und Armenpflegschaftsrathes seit Einführung der neuen Gemeindeordnung vom 29.April 1869.“
Zunächst übernahm Alois Erhardt, seit 1857 in Bamberg als Fotograf tätig, diese Tätigkeit mit regelmäßigen Aufträgen seitens der Verwaltung bis zu seinem Tod am 6. Dezember 1902. Die fotografischen Veränderungen in der Stadt wurden aber auch durch Aufnahmen privater Herkunft ergänzt. Mit dem Tod des Fotografen sowie des Bürgermeisters Josef Herd kam diese Tätigkeit zunächst zum Erliegen und die Bestände wurden dem Historischen Museum zur Aufbewahrung übergeben. Im September 1928 unternahm dann der Historische Verein Bamberg einen Vorstoß, diese Dokumentation der baulichen Veränderungen in Bamberg wiederzubeleben. Die Idee fand die Unterstützung der Bauverwaltung und führte 1930 mit Anhebung des Personalschlüssels und ab 1937 mit der Bereitstellung finanzieller Mittel zum Erfolg tatsächlich zum gewünschten Erfolg.
Mit Zusammenführung des „Städtischen Albums“ und der Fotodokumentationssammlung des Baureferats in die zeitgeschichtliche Sammlung des Stadtarchivs zum Bestand Bamberg-Sammlung wurde diese ursprüngliche Idee unter neuem Namen bis Oktober 1961 fortgeführt. Mit Eintritt des Fotografen in den Ruhestand trat allerdings ein erneuter Stillstand ein, der erst mit der Schaffung einer Stelle für einen hauptamtlichen Fotografen im Stadtarchiv zum 1. April 1975 endgültig behoben wurde im Sinne der Fortführung des 1872 getroffenen Sitzungsbeschlusses.
Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des Stadtarchivs und unter Beachtung der jeweils gültigen pandemiebedingten Bestimmungen (3 G‑Regel) zugänglich.
Öffnungszeiten
Montag und Dienstag 08:00 Uhr – 16:00 Uhr,
Mittwoch und Freitag 08:00 Uhr – 12:30 Uhr,
Donnerstag 08:00 Uhr – 18:00 Uhr
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Ausstellung „Porosity Playground“ im Kesselhaus
„Wir tragen keine fertigen Kunstwerke in den Ausstellungsraum“
Angeführt von Kuratorin und Bildhauerin Notburga Karl zeigt eine namenlose Kunst-Gruppe noch bis Mitte November ihre Ausstellung „Porosity Playground“ im Bamberger Kesselhaus. Das Besondere: Keine Ausstellung ist wie die andere, denn die Kunstwerke entstehen als Reaktion auf den jeweiligen Ausstellungsort erst vor Ort.
Seit 24. Oktober zeigen Notburga Karl, Thomas Trinkl, Sonja Engelhard, Carlos de Abreu, Pravdoliub Ivanov und das Duo Dan Dryer (Astrid Piethan und Jörg Koslowski) Skulpturen, Installationen und Malerei im Kesselhaus. In ihren Werken nehmen die Künstlerinnen und Künstler aus ihrer Sicht überkommene Wahrnehmungs- und Interpretationsmechanismen ins Visier und hinterfragen das Zusammenspiel zwischen Werk, Materialität und Ausstellungsort.
Anfang September haben wir Notburga Karl zum Interview über die Ausstellung „Porosity playground“ getroffen, als im Sinne der Herangehensweise noch nicht ganz klar war, was zu sehen sein würde.
Frau Karl, welche Bedeutung hat der Titel der Ausstellung „Porosity Playground“?
Notburga Karl: Porosity, also Durchlässigkeit, etwas Poröses, kann sich auf mehrere Dinge beziehen: Die Durchlässigkeit im Kopf, also das, was bewusst geschieht, wenn man Kunst betrachtet: Man stellt sich eine Materialität vor oder eine filternde, fragile Zustandsform oder auch etwas im übertragenen Sinn einen Übergangszustand, der durchlässig aber doch filternd ist. Auch etwas, das mit einem nicht-visuellen Zugang zu tun hat. Davon ausgehend kann die Art und Weise, Kunst zu sehen oder zu machen durchlässig oder fließend sein, was Interpretation oder Bedeutungszuweisung angeht. Playground spiegelt unser Ansinnen, uns als Künstlerinnen und Künstler immer mit großer Offenheit und Lockerheit auf Dinge einzulassen. Ein Möglichkeitsraum.
Was meinen Sie mit „nicht-visueller Zugang“?
Notburga Karl: Wir sind im Alltag darauf getrimmt, zu decodieren. Eine rote Ampel bedeutet stehenbleiben, eine grüne Ampel losgehen. Ob rot auch etwas anderes in uns auslösen kann, Emotionen zum Beispiel, spielt dabei keine Rolle. Es hat sich eingeschlichen, dass wir so auch Kunst betrachten. Man schaut hin, denkt, man weiß Bescheid und schaut wieder weg. Das geht bei unseren Arbeiten nicht. Es braucht eine Zeit des Einlassens, eine Art Bewusstwerdungsprozess, damit sich die Behauptung, die wir in den Werken formulieren, erhärten. Nur weil ein Raum wie das Kesselhaus ein Ort der Kunst ist, heißt das noch nicht, dass alles, was dort gemacht wird automatisch auch Kunst ist. Uns interessieren auch existenzielle Fragen wie: Was macht Kunst, wie kann sie sich eine Form oder Visualität geben – und was bedeutet das konkret fürs Kesselhaus, mit seiner starken Architektur und seiner Geschichte? Wir versuchen, den Kunstort sozusagen auf null zurückzusetzen, um ihn dann mit unseren Werken in seinen Bedeutungen neu zu besetzen.
Sie gehen also davon aus, dass das Publikum diese theoretische Seite der Ausstellung durchaus wahrnehmen und nicht, wie beschrieben, hin und wieder wegschauen wird?
Notburga Karl: Ja, das Publikum wird merken, dass es beim Betreten der Ausstellung vielleicht auch erstmal in ein Vakuum tritt, in dem es sich desorientiert fühlen könnte, weil die mitgebrachte Herangehensweise an Kunst und die bisherige Art und Weise, Kunst zu betrachten, nicht sofort greifen.
Ist es Teil des Ansinnens der Ausstellung, das Publikum zu desorientieren oder vielleicht sogar zu überfordern?
Notburga Karl: Ich finde es interessant, dass Sie desorientieren mit überfordern gleichsetzen. Eine neue oder andere Orientierung muss nicht automatisch negativ bewertet sein. Klar, es ist ein Verlassen der Komfortzone. Vielleicht ist es besser, die mögliche Reaktion des Publikums eher als verhaltend oder zurücktretend zu bezeichnen. Desorientieren klingt eher aggressiv, so als ob wir die Leuten vor den Kopf stoßen oder sie in ihrer etwaigen Unwissenheit bloßstellen wollen würden. Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass die Leute von der Ausstellung etwas haben. Wir haben der Ausstellung vielleicht eine andere Verführungskunst gegeben als die üblichen Herangehensweisen bei Kunstbetrachtung – ein Aha-Erlebnis, das sich vielleicht auch erst zeitversetzt einstellt.
Trotzdem möchte die Ausstellung aber nicht so sehr mit Schauwerten für die Sinne beeindrucken, als mit ihrer abstrakten Theorie?
Notburga Karl: Eigentlich hoffen wir schon, die Leute auch auf der ästhetischen Ebene zu erreichen. In Kunst geht es immer auch um die Form. Wir werden zum Beispiel mit sowas wie Akustik oder Licht arbeiten, was den Raum auch füllt und ihn sinnlich wirken lässt. Wir wollen den Raum nicht durch unsere große Kunstgeste bekämpfen, sondern ihm eine neue Wirkung und begleitende Kommentierung verleihen.
Ein Teil dieses Programms besteht darin, dass Sie als Künstlerinnen und Künstler sich oft von konkreten Ausstellungssituationen zu neuen Arbeiten inspirieren lassen.
Notburga Karl: Ja, das zeichnet unsere Arbeitsweise aus. Wir nehmen den Raum nicht nur als austauschbaren Behälter für Kunst wahr, sondern versuchen, ihm gerecht zu werden und lassen uns von seiner Beschaffenheit zu Werken herausfordern. Darum gibt es auch die ganze Bandbreite künstlerischer Darstellungsformen – bildhauerisch, malerisch, installativ, multimedial, konzeptuell und vieles mehr.
Haben schon alle an der Ausstellung Beteiligten das Kesselhaus und die Beschaffenheit seiner Ausstellungsfläche gesehen? Haben die Beteiligten in diesem Sinne schon entschieden, was sie vor Ort enstehen lassen und ausstellen werden?
Notburga Karl: Alle Beteiligten haben sich den Raum schon vergegenwärtigt. Was ausgestellt wird, kann ich aber noch nicht sagen. Es ist ja nicht so, dass wir fertige Kunstwerke einfach so in den Ausstellungsraum hineintragen. Der Raum spricht gerade bei dreidimensionalen Arbeiten immer mit. Viele unsrer Werke entstehen im Raum und mit dem Raum. Nicht alles passt in so einen Raum. Es gibt Arbeiten und Entwürfe im Vorfeld, die in Bezug auf den tatsächlichen Ort aber dann erst überprüft werden müssen.
Was macht das Kesselhaus für diese Ausstellung und diese Art auszustellen interessant?
Notburga Karl: Auf der einen Seite ist das ganz klar seine Materialität. Dazu rechne ich nicht nur den Beton, sondern auch das Licht, die Stimmung und Spuren vorheriger Ausstellungen oder Benutzung. Und auf der anderen Seite spielt auch die Geschichte des Kesselhauses für die künstlerische Annäherung eine große Rolle. Die Tatsache, dass dort einmal die Heizkessel für das nebenan gelegene ehemalige Krankenhaus waren, verleiht dem heutigen Kesselhaus gleich eine gewisse Aussage. Dieser historische Hintergrund, der in diesem Raum mitspricht, wirkt sich auf das aus, was man in ihn reinträgt. Man könnte sich also als Bildhauerin oder Bildhauer mit Dampf beschäftigen, dem anderen Aggregatszustand von Wasser. Dieser Raum allerdings bringt den Kontext der nicht mehr sichtbaren Kessel sofort ins Spiel. Ein anderer Raum würde das nicht.
Wissen Sie schon grundsätzlich, wie Sie sich dem Raum nähern werden?
Notburga Karl: Meine Vorstellungen gehen immer wieder von Lichtsituationen aus, ich werde wohl mit Licht arbeiten. Ein wandernder Lichtkegel vielleicht, der die Oberfläche streichelt. Jedenfalls wird es wohl mit der Decke zu tun haben. Haben Sie schon mal hoch geschaut? Sie hat einen seltsam gleichmäßigen Teint. Wir alle werden jeweils andere Sphären des Raumes aufgreifen. Wenn ich zum Beispiel von der Decke nicht loskomme, immer wieder hochschaue, muss ich damit wohl was machen. Außerdem steht noch der Boden in all seiner Doppelbödigkeit zu Verfügung oder die von oben hängenden Doppel-Trichter und ihr bestimmendes Volumen, oder die Glasfassade, oder Rost. Wir suchen nach Charakteristika des Raums, und suchen nach großzügigen Antworten auf die vorgegebene Situation.
Was ist der Reiz an dieser Herangehensweise?
Notburga Karl: Wahrscheinlich ist es die Lust auf das Ungewisse, die in neuen Kontexten wie Ausstellungsräumen oder der Gefallen daran, Grenzen immer wieder neu zu erfahren, zu thematisieren und zu verschieben. Das ist übrigens ein grundsätzlicher Anspruch, den wir aus der Avantguarde geerbt haben. Auch wollen wir den Kontext Kunst und ihre Ausdrucksweisen immer wieder von grundauf infrage stellen, um dann zu ihr hoffentlich zurückzufinden, um zu sagen, dass es immer noch sinnvoll ist, Kunst zu machen und sie in Räume zu stellen. Wenn wir es hinbekämen, dass das Kesselhaus für alle, die es schon kennen, ein anderer Ort wird, wo man sich auch mal ganz anderes sich denken getraut, dann hätten wir schon was geschafft.
Wie sahen die Publikumsreaktionen an den vorherigen Orten, an denen Sie ausstellten, aus?
Notburga Karl: Interessiert, offen und dankbar, weil es in der Ausstellung ja tatsächlich so einen Verschiebe-Effekt in der Wahrnehmung geben kann – wenn man sich darauf einlässt, und weil es zugleich einen Kunstdiskurs gibt, in dem wir etwas beisteuern. Wir sind auch sehr gesprächsbereit und verfügbar. Die Ausstellung wird Bamberg auch zugute kommen.
Warum?
Notburga Karl: Wenn man Kunst anschaut, erfährt man ja nicht nur etwas über das Werk, sondern auch etwas über sich. Entweder findet man etwas von sich darin bestätigt oder infrage gestellt. Die Ausstellung und ihre Herangehensweise ist vielleicht etwas, das in Bamberg noch nicht so oft zu sehen gewesen ist oder gemacht wurde. In Bamberg hat sich durch die Menge an ehrwürdiger, alter Kunst – die ja übrigens nicht immer alt war, sondern kurz sehr zeitgenössisch – bei vielen das Bedürfnis nach Bewahren ausgelöst. Was in der Sprache der Kunst verhandelt wird, was in ihren Kontext hineingedacht werden kann oder soll, ist aber in ständiger Veränderung und immer im Übergang. Dadurch sind die Werke, die wir ausstellen, erstmal wie im Modus von Behauptungen oder Fragen zu verstehen, und sie sind noch nicht so anerkannt beziehungsweise abgesichert wie die Dinge, die es in Antiquitätenläden gibt. Die größte Frage betrifft übrigens auch das Kesselhaus selbst und sein Potential für Bamberg.
In der Ausstellung werden neben Ihrem Beitrag Werke von Thomas Trinkl, Sonja Engelhard, Carlos de Abreu, Pravdoliub Ivanov und des Duos Dan Dryer zu sehen sein. Nach welchen Kriterien haben Sie als Kuratorin die austellenden Künstlerinnen und Künstler ausgewählt?
Notburga Karl: Für diese Herangehensweise, die uns verbindet, also so mit Räumen zu arbeiten, braucht es Gemeinsamkeiten in der Fragestellung, in der Suche, in der Lust am Betreten von ungesichertem Terrain – anhand solcher Gemeinsamkeiten habe ich ausgewählt. Wir wollten auch Pravdoliub Ivanov aus Sofia dabei haben; er ist zu dieser Zeit Internationaler Gastprofessur für Diversity an der Universität Bamberg. Ich als verantwortliche Kuratorin brauche außerdem noch das Bewusstsein, mich darauf verlassen zu können, dass die Werke, die wir sehen werden, interessant sein werden, trotz der Unsicherheit, die im Vorfeld besteht und die herausfordernd sein kann.
Ist es ein Trend in den ausstellenden Künsten, die Rolle der Künstlerinnen und Künstler und ihrer Werke zu reduzieren und mehr die Interaktion zu betonen, mit dem Publikum oder, wie in diesem Fall, dem Ausstellungsort?
Notburga Karl: Es gibt wohl eine Entwicklung hin zu mehr Performativität und Kombinationsformen in den Künsten. Vielleicht hängt es auch mit der pragmatischen Frage zusammen, wo die ganzen Werken gelagert werden sollen, wenn sie so nicht oder nicht mehr gezeigt werden. Aber das Prinzip des Relationalen – also wie man sich zu was in Beziehung setzt – ist insgesamt ein großes Thema. Vielleicht ist es eine Konsequenz daraus, nicht so sehr von anfassbaren Grenzen auszugehen, sondern mehr von Beziehungsräumen. Das ist für mich immer noch Bildhauerei. Es hat dann möglicherweise den Effekt, dass man die einzelnen Künstlerinnen und Künstler dahinter nicht mehr so deutlich identifizieren kann. Das ändert aber an deren Präsenz und Einfluss nichts.
Ausstellung „Porosity
Playground“
24. Oktober bis 28. November
Kesselhaus
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„Das machen wir gemeinsam“
Deutscher Caritas-Sonntag in Bamberg zu 100 Jahren Diözesan-Caritasverband
„Die Caritas gehört zur Kirche wie das Amen zum Gebet.“ Das betonte Erzbischof Dr. Ludwig Schick gleich zu Anfang seiner Predigt. Mit einem Gottesdienst im Bamberger Dom wurde gestern der deutschlandweite Caritas-Sonntag gefeiert. Auf diesen Ort fiel die Wahl, weil der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg heuer sein 100jähriges Gründungsjubiläum begeht.
Erzbischof Dr. Ludwig Schick verwies auf den morgigen Gedenktag des heiligen Vincenz von Paul, der im 17. Jahrhundert die organisierte Caritas begründete: „Diese Zeugen der Caritas laden uns ein, unseren karitativen Auftrag ernst zu nehmen.“ Denn wie er selbst sich um die Menschen kümmerte, die „müde und erschöpft waren“, so habe Jesus alle Christen mit dieser Aufgabe betraut.
„Das machen wir gemeinsam“, das Jahresmotto der deutschen Caritas, beschreibe, wie dies am besten getan werden könne: indem niemand abgehängt und zurückgelassen werde. „Statt mit dem Ellenbogen sein Ding zu machen“, sorgten sich Christen um „die, die es allein nicht schaffen“.
Dies gelte, so Schick, weltweit. Corona habe gelehrt: „Entweder besiegen wir die Pandemie überall oder wir müssen alle weiter unter dem Virus leiden.“
Nach dem Gottesdienst eröffnete der Diözesan-Caritasverband im Bistumshaus St. Otto die Ausstellung „Der Caritas ein Gesicht geben“. 20 großformatige Schwarz-weiß-Aufnahmen des Fotografen Marcus Bauer zeigen Menschen aus Einrichtungen, Diensten und Tätigkeitsfeldern der Caritas. Die Porträtierten – von einer Hundertjährigen im Bayreuther Caritas-Alten- und Pflegeheim St. Martin bis zur Einjährigen aus der Kreuzberg-Kindertagesstätte in Altenkunstadt – repräsentieren die 100 Jahre Caritas-Arbeit im Erzbistum Bamberg.
Zukunftsaufgaben: Wohnen, Pflege, Klimaschutz und Digitalisierung
Die Porträtierten hätten an der Auswahl mitgewirkt und drückten in den Fotos aus: „Das bin ich“, erläuterte Caritas-Mitarbeiter Horst Engelhardt, der die Schau mitkonzipiert hat. Kurze Interviews, die man mittels QR-Code auf den Bildtafeln aufrufen kann, ergänzen die Fotografien. Dadurch, so Engelhardt, erzählten diese auch etwas über die Mitarbeiter der Caritas, „ohne die das Leben der Porträtierten nicht möglich ist“.
Bei der Gründung des Diözesan-Caritasverbandes Bamberg standen materielle Hilfen zur Bekämpfung wirtschaftlicher Not, die Verteilung von Säuglingsnahrung, Lebensmitteln und Kleidung, im Vordergrund. Daran erinnerte Heinz-Josef Kessmann, Vizepräsident des Deutschen Caritasverbandes, in seiner Ansprache bei der Ausstellungseröffnung. In den 1920er Jahren sei gleichzeitig die heutige Freie Wohlfahrtspflege begründet worden, deren besondere Rolle sich in vielen Einrichtungen wie Kindergärten, Altenheimen und Sozialstationen zeige.
Dass aber das Thema Armut und die materielle Hilfe stets aktuell geblieben seien, habe ganz aktuell die Flutkatastrophe im Ahrtal gezeigt, berichtete Kessmann, der auch Diözesan-Caritasdirektor in Münster ist. Gleichzeitig beschrieb er die Gegenwart als „Zeit der Veränderungen“. Zukunftsaufgaben seien Wohnen, Pflege, Klimaschutz und Digitalisierung.
Die Pandemie habe „auf drastische Art vor Augen geführt, wie wichtig eine funktionierende und erreichbare soziale Infrastruktur ist“. Im Lockdown seien Orte weggebrochen, an denen Kinder Teilhabe erfahren: Hort, Verein, Freundeskreis, Kindergarten und Schule. „Die soziale Infrastruktur entscheidet darüber, welche Entwicklungschancen Menschen haben“, betonte Kessmann.
Er bezeichnete die Online-Beratung der Caritas als „Glücksfall“, da sie „nicht nur ein Call-Center“ sei, sondern Hilfesuchende mit Beratungsstellen in Verbindung bringe. Er lobte das Spendenprojekt „Digitale Bildung und Teilhabe“ des Diözesan-Caritasverbandes Bamberg als „genau das richtige Zeichen“. Es fördert Maßnahmen, die benachteiligte Menschen befähigt, trotz materieller und anderer Hürden an der zunehmend digitalisierten Welt teilzunehmen.
Der Caritas-Sonntag bildete zugleich den Auftakt zur Herbstsammlung der Caritas. Bis zum 3. Oktober bitten die Pfarreien um Spenden für die karitative und soziale Arbeit. Da wegen der Corona-Pandemie vielerorts keine Ehrenamtlichen von Tür zu Tür gehen, verteilen die Pfarreien Flyer mit angehängtem Zahlschein oder Spendentütchen in die Briefkästen der Haushalte. Eine Gottesdienstkollekte schließt die Sammlungswoche ab. Von seinem Anteil am Erlös der Sammlung gibt der Diözesan-Caritasverband 80 % in das Projekt „Digitale Bildung und Teilhabe“. Bei der diesjährigen Frühjahrssammlung waren dies rund 46.000 Euro. Mehr Informationen zum Projekt sind zu finden unter https://caritas100.de/
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Bildhauerwerkstatt und Ausstellung zur Internationalen Woche
Skulpturen am Main-Donau-Kanal werden Wirklichkeit
Zur diesjährigen internationalen Woche des Landkreises Bamberg werden die ersten drei Skulpturen der Kunstbegegnungen am Main-Donau-Kanal bei Hirschaid, Altendorf und Neuses a.d.R. aufgestellt.
Wer die Bildhauerinnen vor Ort bei ihrer Arbeit kennenlernen möchte, hat ab dem morgigen Montag dazu Gelegenheit. Cissy van der Wel (Utrecht) wird im Hof der Korbflechterei Friedrich in Altendorf bis zum 16. September ihre Skulptur „On taking root“ fertig stellen. Direkt an der Kanalroute des RegnitzRadwegs gegenüber der Kläranlage Eggolsheim verleiht Emanuela Camacci (Rom) ihrem Kunstwerk „Between“ den letzten Schliff. Petra Langes „Wasserblume“ ist dann schon fertig und wird auf dem Kanaldamm zwischen Hirschaid und dem Kraftwerk bei Strullendorf aufgestellt.
Eine Fotoausstellung zeigt vom 13. bis 25. September die Entwürfe aller acht geplanten Skulpturen. Die Ausstellung im Hof der Korbflechterei Friedrich in Altendorf ist Montag bis Freitag jeweils von 10 bis 18 Uhr und Samstag von 10 bis 16 Uhr frei zugänglich.
Am Mittwoch, 15. September, ist das Flussparadies Franken von 14 bis 17 Uhr mit einem Infostand ebenfalls vor Ort und freut sich über interessierte große und kleine Besucher. Der Eintritt ist frei. Es werden aber sehr gerne Spenden für die Weiterführung der Kunstbegegnungen angenommen. Denn in den nächsten Jahren soll jeweils ein weiteres Kunstwerk am RegnitzRadweg dazu kommen.
Weitere Informationen sind zu finden unter https://www.flussparadies-franken.de/
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„Oh, eine Dummel!“
Ausstellung zu Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit in Karikatur und Satire
Anlässlich der Bundestagswahl und der Aktion WILLENSSTARK! des Bundes der Katholischen Jugend (BDKJ) wird am 16. September in den Bildungs- und Tagungshäusern Vierzehnheiligen die Ausstellung „Oh, eine Dummel! Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit in Karikatur und Satire“ eröffnet. Sie ist bis 5. Oktober zu sehen.
Die Wanderausstellung aus Celle, unter der Schirmherrschaft des niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne, ermöglicht einen besonders jugendgerechten Zugang zu den Themen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit: Anhand von etwa 60 aktuellen Karikaturen von namenhaften Künstlerinnen und Künstlern sowie satirischen Fernseh- und Filmbeiträgen können sich die Ausstellungsbesucherinnen und ‑besucher mit den typischen, allzu simplen rechtspopulistischen und rechtsextremen Problemlösungsversuchen und Argumentationsweisen auseinandersetzen und so deren gefährlichen Gehalt offenlegen.
Geeignet insbesondere für Schulklassen ab Jahrgangsstufe 9
Dem Betrachtenden bleibt hier das Lachen förmlich im Halse stecken, und dies soll als Ausgangspunkt dienen, um über die Entstehung und über Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit nachzudenken und gemeinsam darüber zu diskutieren, wie man dem etwas entgegensetzen kann.
Die Wanderausstellung ist kostenfrei zu besuchen und eignet sich insbesondere für Schulklassen ab Jahrgangsstufe 9 oder Jugendgruppen – aber auch für Erwachsene. Sie wird mit speziell erarbeitetem didaktischem Material begleitet. Konzipiert und realisiert wurde die Wanderausstellung bereits 2015 von der CD-Kaserne gGmbH in Kooperation mit dem Fachdienst Jugendarbeit der Stadt Celle. „Die Idee zur Ausstellung kam uns, nachdem wir nach einer passenden Ausstellung für Jugendliche im Rahmen der Celler Aktionswochen gesucht hatten“, so Projektleiter Kai Thomsen. „Wir wollten hierbei einen anderen, emotionaleren und jugendgerechteren Zugang zu der Thematik und wurden auf dem Ausstellungsmarkt nicht fündig. So haben wir kurzerhand beschlossen, selbst eine Wanderausstellung zu konzipieren.“ Bereits von April 2016 bis März 2018 ist die Ausstellung sehr erfolgreich in Niedersachsen und darüber hinaus gezeigt worden, an insgesamt 21 Standorten hat sie über 25.000 Besucherinnen und Besucher erreicht. Seit April 2018 tourt nun die Aktualisierung der Ausstellung bundesweit durch Schulen, Museen, Kulturzentren, Rathäuser, Jugend- und Bildungseinrichtungen, Galerien unter anderem.
Zum Begleitprogramm der Ausstellung gehört auch eine eigens dafür entwickelte Ausstellungszeitung, die neben einer Auswahl von Karikaturen auch Zitate unterstützender Künstlerinnen und Künstler wie Culcha Candela, Clueso, Cro, Jella Haase, Milky Chance, die Toten Hosen und Karoline Herfurth sowie Interviews zum Thema Rechtsextremismus enthält. „Auch auf diese Weise bietet die Ausstellung einen etwas anderen Zugang zum Thema Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, als er sonst oft in der politischen Bildung verbreitet ist“, sagt Projektleiter Thomsen.
Der Autor, Musiker, Filmemacher und Cartoonist Ralph Ruthe, der mit seinem „Dummel“-Cartoon der Ausstellung seinen Titel verliehen hat, ist in der Zeitung mit einem Interview vertreten. In rechtsextremen Erscheinungen sieht er eine Gefahr, gegen die er sich als öffentliche Person positionieren müsse: „Hassen ist so einfach. Um zu hassen muss man nichts können. Jede Dummel kann hassen. Hass auf Asylanten, Hass auf Homosexuelle, Hass auf ‚die Ausländer‘. Ich verstehe, wenn manche Leute wütend sind. Das bin ich auch manchmal. Und Wut kann etwas Gutes sein, ein Antrieb für etwas Konstruktives, der Schubs den man braucht, um Dinge zu verändern. Hass allerdings führt niemals zu etwas Gutem. Sei keine Dummel!“
„Dass die Thematik Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit auch im Erzbistum Bamberg und der Region am Obermain virulent ist, zeigen nicht nur die Aktion WILLENSSTARK! des BDKJ-Diözesanverbandes und das Engagement des Bündnis Lichtenfels ist bunt!“, so Johannes Löhlein, Bildungsreferent in Vierzehnheiligen. „Daher freue ich mich über die entstandene Kooperation mit dem BDKJ und die Möglichkeit, in unseren Bildungs- und Tagungshäusern diese interessante und wichtige Ausstellung zeigen zu können.“ Für Schulklassen und Jugendgruppen besteht die Möglichkeit, auf Anfrage einen der Workshops im Rahmen des Projekts WILLENSSTARK! im Anschluss an den Besuch der Ausstellung durchzuführen. Bei Interesse werden die Referentinnen und Referenten vermittelt.
Eröffnet wird die Ausstellung am 16. September um 16.00 Uhr. Neben einer Einführung durch die Verantwortlichen der Ausstellung aus der Stadt Celle werden die evangelische Pfarrerin Anne Salzbrenner vom Bündnis „Lichtenfels ist bunt“ sowie Florian Hörlein vom BDKJ Diözesanverband Bamberg die Notwendigkeit des Einsatzes gegen Rechtsextremismus und für Demokratie in der Region aufzeigen.
Aufgrund der Corona-Regelungen wird um eine Anmeldung zur Teilnahme an der Eröffnung gebeten (09571÷926−0; info@14hl.de).
Die Ausstellung wird gefördert durch das Niedersächsische Kulturministerium, die Klosterkammer Hannover, die Stiftung Niedersachsen sowie für den Ausstellungsort Vierzehnheiligen durch die Oberfrankenstiftung.
Öffnungszeiten
Täglich 10:00 bis 18:00 Uhr
Es wird darum gebeten, Gruppen und Schulklassen ab einer Größe von 20 Personen vorher anzumelden.
Ausstellungsort
Bildungs- und Tagungshäuser Vierzehnheiligen – Haus 1
Vierzehnheiligen 9; 96231 Bad Staffelstein
09571÷926−0 | info@14hl.de
Aktuelle Corona-Regelungen: http://www.14hl.de
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„Alle anders, alle gleich – stoppt Rassismus“
Ausstellung zum Plakatwettbewerb im Rahmen der Interkulturellen Wochen 2021
Der Migrantinnen- und Migrantenbeirat der Stadt Bamberg (MIB) zeigt bis zum 17. Juli im Schaufenster des Bürgerlabors in der Hauptwachstraße 3 Bilder des Plakatwettbewerbs „Alle anders, alle gleich – stoppt Rassismus“.
Zusammen mit Stadtjugendring, SkF-Jugendmigrationsdienst, dem Senioren- und Generationsmanagement, ja:ba – Offene Jugendarbeit, Medienzentrale der Erzdiözese Bamberg und dem Landkreis Bamberg hatte der MIB im Rahmen der Interkulturellen Wochen im Frühjahr 2021 Kinder und Jugendliche dazu aufgerufen, kreativ zu werden. Und zwar zum Thema Vielfalt und Toleranz. Um das Engagement der Schüler:innen zu würdigen, werden die eingereichten Plakatentwürfe jetzt im Bürgerlabor ausgestellt und sollen dann in einer Wanderausstellung an verschiedenen Orten präsentiert werden.
Gezeigt werden sieben Plakate, die sich auf ganz unterschiedliche Art und Weise mit dem Thema auseinandersetzen – jedes einzelne für sich ist ein kleines Kunstwerk. „Es ist toll zu sehen, welche Gedanken sich die Schülerinnen und Schüler gemacht haben und wie sie das Thema künstlerisch umgesetzt haben“, freut sich Bürgermeister und Sozialreferent Jonas Glüsenkamp und wünscht sich, „dass möglichst viele Menschen in den nächsten Tagen vor dem Bürgerlabor einen Moment innehalten und sich ihre eigenen Gedanken beim Betrachten der Bilder machen – gerade in Zeiten, in denen Respekt und Toleranz nicht mehr selbstverständlich sind.“
Im Namen von Stadt und Landkreis betonte Glüsenkamp weiter, dass Integration und das Engagement gegen Rassismus wichtige Daueraufgaben einer Stadtgesellschaft seien, in der jeder unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Religion seinen Lebensmittelpunkt finden können soll. „Darum freue ich mich, dass der Plakatwettbewerb immer wieder aufs Neue ausgerichtet wird. Die Akteur:innen leisten damit einen wichtigen Beitrag für die Stadtgesellschaft.“