Zeitgenössischer Tanz hat in Bamberg im Vergleich zu anderen kulturellen Angeboten einen schweren Stand. „Für Profis ist kaum etwas zu holen“, sagt Johanna Knefelkamp vom CON Bamberg Team. Um die Vernetzung und Bekanntheit der Kunstform voranzutreiben, organisiert der Verein das Tanzfestival „CON.NECT“.
Was das CON Bamberg Team, bestehend aus Johanna Knefelkamp, Gudrun Lange, Carola Streib, Katharina Müllerschön und Laura Schabacker, im Sommer 2021 unter einschränkenden Pandemie-Voraussetzungen bereits einmal erprobte, soll nun seine endgültige Form gefunden haben. Am 8. und 9. Juli findet in der Jäckstraße das CON.NECT Tanzfestival 2023 statt. Die Ausgabe von vor zwei Jahren sei kleiner und weniger strukturiert gewesen, sagt Festivalleiterin und Gründerin des Tanzraums CON Johanna Knefelkamp. Diesmal erwarten die Organisatorinnen mehr Publikum, etwa 250 Leute, das sich vor einer Hauptbühne mit Tanzaufführungen und einer Bühne für Musik einfinden kann. Zweiteres, so viel vorweg, wird die neugegründete Bamberger Band Draußen nur Kännchen mit einem Oldies-Programm liefern.
Die Absicht des Festivals ist unterdessen dieselbe geblieben. „Diesmal möchten wir die Vernetzung viel stärker vorantreiben“, sagt Knefelkamp. „Dafür haben wir Tanz-Companies aus ganz Deutschland eingeladen. Mit ihnen werden wir eine Gesprächsrunde veranstalten darüber, wie es ist, in verschiedenen Bundesländern im freischaffenden zeitgenössischen Tanz zu arbeiten. Wo wird man unterstützt, wo rennt man nur gegen Mauern?“
Die Vernetzung soll aber nicht nur überregional geschehen. Auch in Bamberg selbst möchte das CON Team sich und dem zeitgenössischen Tanz mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Um diese könnte es nämlich besser bestellt sein. „Es ist schon krass, mit zeitgenössischem Tanz gibt es für Profis kaum etwas zu holen in der Stadt. Was zum Beispiel Fördergelder angeht, ist in Bamberg für uns nicht viel drin. Da sind alle entweder Symphoniker- oder Theaterfans.“
Mit Tanzgruppen in Fürth und Nürnberg habe man bereits angebandelt – bleibt noch der Bamberger Markt. „Wir möchten unsere Sache nach außen tragen, damit die Leute wissen: Es gibt uns in Bamberg. Jetzt nach Corona sehen wir gute Chancen dazu, weil alle hungriger nach Kultur sind. Das wollen wir ausnutzen.“
Und nicht ohne Publikumsbeteiligung: Denn um sich selbst und außenstehenden Interessierten einen grundlegenden Überblick über die Anknüpfungsmöglichkeiten zwischen Stadt und zeitgenössischem Tanz zu verschaffen, wird das CON Team auf dem Festival auch eine Art Umfrage starten. Mitorganisatorin Gudrun Lange verkleidet sich dafür als Wunschfee und sammelt auf dem Gelände Vorschläge, Anregungen und Kritik der BesucherInnen. „Wie könnte Tanz in Bamberg noch aussehen, was könnte es sonst noch geben, wie könnte man Außenflächen besser für Tanz nutzen? – solche Dinge interessieren uns selbst. Mal schauen, was das Publikum dazu sagt?“, sagt Johanna Knefelkamp. Das Kulturamt habe sogar bereits Interesse an den potenziell eingehenden Anmerkungen angemeldet.
Programm CON.NECT 2023
Neben der „Special fairy appearance“ von Gudrun Lange, wie sich das Festivalkomitee ausdrückt, und Diskussionsrunden wird wie schon 2021 auch die Bamberger Künstlerin Elisabeth Kraus zum Festival kommen. Sie reist aus Irland an und zeigt ihre neuesten Arbeiten.
Vornehmlich geht es bei CON.NECT aber natürlich um den zeitgenössischen Tanz und seine verschiedenen Spielarten. Den Anfang an den beiden Wochenendtagen macht jeweils nachmittags mit einem Auftritt das ausrichtende Kollektiv selbst. „Wir stellen unser Kollektiv und unsere Arbeit vor“, sagt Johanna Knefelkamp. „und zeigen das Familienstück „BALL|ON“. Paula Niehoff und Laura Saumweber tanzen darin vor allem für Kinder ab fünf Jahren. Es geht um Toleranz und Diversität. Und das Stück ist interaktiv, denn man sollte Bälle fangen können, die von der Bühne immer wieder ins Publikum fliegen.“
Gegen Abend werden Jonas Frey und seine TänzerInnen die Bühne betreten und das Projekt „Deciphered“ vorstellen. „Er trägt ein Urban-Stück bei. Urban ist eine städtische Variante des zeitgenössischen Tanzes mit Hip-Hop- und Break Dance-Elementen. Bei dieser Tanzform bilden die Tanzenden oft einen Kreis, in dessen Mitte jemand seine tänzerischen Nummern zeigt. Dabei geht es aber nicht in erster Linie um Konkurrenz, sondern darum, sich gegenseitig seine Fähigkeiten vorzuführen. Frey versucht diese Formation gesamtgesellschaftlicher zu deuten. Was wäre der Kreis, wer die Einzelnen, die hinein gehen?“
Seit letztem Jahr versucht das CON Bamberg Team, den Vernetzungsgedanken noch auf eine weitere Art und Weise zu erfüllen. Eine Residence hatte der Verein ausgeschrieben. Dieses Stipendium mit Proben- und Wohnaufenthalt in Bamberg ging, unterstützt durch das Förderprogramm „Neustart Kultur“ des Bundes, an die Berliner Tänzerin Martha Kröger.
„In die Wende 1988 in Berlin hineingeboren worden zu sein, war der Grundstein für meinen Tanz zwischen den Welten“, sagt sie sie über ihre Herangehensweise an den zeitgenössischen Tanz. „Verständnis war für mich mehr als das gesprochene Wort. Ich habe immer schon nach anderen Ausdrucksmitteln gesucht, nach dem sinnlich Erfahrbaren, dem nicht Sagbaren, dem Verbindenden.“
Beim CON.NECT zeigt Martha Kröger ihr Projekt „Collapsing Beautifully: Meine Erinnerung ist genauso wertvoll, wie deine“. Darin behandelt sie unter anderem ihre ostdeutsche Herkunft.