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Zeitgenössischer Tanz

Zeit­ge­nös­si­scher Tanz

Mar­tha Krö­ger beim CON.NECT Tanz­fes­ti­val 2023

Zeit­ge­nös­si­scher Tanz hat in Bam­berg im Ver­gleich zu ande­ren kul­tu­rel­len Ange­bo­ten einen schwe­ren Stand. Um die Ver­net­zung und Bekannt­heit der Kunst­form vor­an­zu­trei­ben, orga­ni­siert der Ver­ein CON Bam­berg das Tanz­fes­ti­val „CON.NECT“ (8. bis 9. Juli, Jäck­stra­ße 35). Haupt­punkt im Pro­gramm ist der Auf­tritt der Ber­li­ner Tän­ze­rin Mar­tha Kröger.

Mar­tha Krö­ger hat der­zeit eine Resi­dence bei CON Bam­berg inne. „In die Wen­de 1988 in Ber­lin hin­ein­ge­bo­ren wor­den zu sein, war der Grund­stein für mei­nen Tanz zwi­schen den Wel­ten“, sagt sie sie über ihre Her­an­ge­hens­wei­se an den zeit­ge­nös­si­schen Tanz. „Ver­ständ­nis war für mich mehr als das gespro­che­ne Wort. Ich habe immer schon nach ande­ren Aus­drucks­mit­teln gesucht, nach dem sinn­lich Erfahr­ba­ren, dem nicht Sag­ba­ren, dem Verbindenden.“

Beim CON.NECT zeigt Mar­tha Krö­ger ihr Pro­jekt „Col­lapsing Beau­tiful­ly: Mei­ne Erin­ne­rung ist genau­so wert­voll, wie dei­ne“. Dar­in behan­delt sie unter ande­rem ihre ost­deut­sche Her­kunft. Über ihr Pro­jekt haben wir mit ihr im Inter­view gesprochen.

Frau Krö­ger, was hat es mit Titel „Mei­ne Erin­ne­rung ist genau­so wert­voll, wie dei­ne“ auf sich?

Mar­tha Krö­ger: In dem Stück geht es um indi­vi­du­el­le Erin­ne­run­gen und kol­lek­ti­ve Erin­ne­run­gen aus dem Leben in Ost­deutsch­land – also sol­che Erin­ne­run­gen, die in Per­so­nen und in bestimm­ten Orten ein­ge­schrie­ben sind. Da die gesell­schaft­li­che Erzäh­lung über den Osten aber nach wie vor eine ein­sei­tig west­deutsch domi­nier­te Erzäh­lung ist, herrscht eine Art Gefäl­le im Wert der Erin­ne­run­gen. Ich selbst muss mir zum Bei­spiel trotz mei­ner Fami­li­en­er­in­ne­run­gen immer wie­der anhö­ren, als 1988 in Ost-Ber­lin Gebo­re­ne über­haupt nicht wis­sen zu kön­nen, wie es ist, aus dem Osten zu kom­men. Es wird nicht mit einem gespro­chen, son­dern über einen.

Geht es im Stück um eine spe­zi­el­le Erinnerung?

Mar­tha Krö­ger: In mei­nem Fall geht es um die Erin­ne­run­gen an eine bestimm­te Brü­cke in Ber­lin – die Böse­brü­cke, auch Born­hol­mer Brü­cke genannt. Über sie ver­lief ein Grenz­über­gang zwi­schen Ost- und West­ber­lin und sie war 1989 die ers­te Stel­le, die beim Mau­er­fall zwi­schen den bei­den Stadt­tei­len geöff­net wur­de. Mei­ne Fami­lie wohn­te frü­her auf der Ost­sei­te die­ser Brü­cke. Vor allem mein Vater erzählt heu­te noch, wie er die Brü­cke und die Gren­ze jeden Tag betrach­te­te, und über­leg­te, wie es wohl gewe­sen wäre rüber­zu­ge­hen. Ich fah­re heu­te fast jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit drü­ber. Dabei sind die Erin­ne­run­gen mei­nes Vaters bei mir, es ist, als ob ich über die Erin­ne­run­gen fah­re. Das hat sich so lan­ge ange­staut, bis ich ein Stück dar­über gemacht habe.

Was mei­nen Sie mit „ange­staut“?

Mar­tha Krö­ger: Ich habe sehr viel Zeit damit ver­bracht, in der Erin­ne­rung und den Geschich­ten mei­nes Vaters zu leben bezie­hungs­wei­se in der natio­na­len Geschich­te, die mit die­sem Teil der Stadt zusam­men­hängt. Das Stück ist mein Ver­such, eine eige­ne Erin­ne­rung auf­zu­bau­en, an das Päck­chen, das die deut­sche Geschich­te ist und das wir alle zu tra­gen haben. Dar­in möch­te ich mei­ne eige­ne Per­son wer­den und das in die Öffent­lich­keit tragen.

Wie gießt man die­se Din­ge in eine Handlung?

Mar­tha Krö­ger: Ich arbei­te nicht so sehr mit einer Hand­lung, son­dern eher mit Bil­dern. Ein Jahr lang haben mein Vater und ich Orte in Ber­lin und Leip­zig abge­fah­ren, die per­sön­li­che und kol­lek­ti­ve Bedeu­tung haben. Wir haben sie abge­filmt und er hat dazu erzählt. Die­se Fil­me und zusätz­li­ches Archiv­ma­te­ri­al aus ver­schie­de­nen Doku­men­ta­tio­nen brin­gen wir bei der Auf­füh­rung mit Video­pro­jek­tio­nen auf die Büh­ne und in einen Dia­log mit mei­nen Tanz- und Spiel­pas­sa­gen. Und Live-Musik haben wir auch.

Wie gestal­ten Sie die Tanzpassagen?

Mar­tha Krö­ger: Es gibt Gefühls­zu­stän­de, wie hin­zu­fal­len und immer wie­der auf­zu­ste­hen, oder nach Frei­heit zu stre­ben, die nicht unbe­dingt greif­bar sind, die man aber gut in Kör­per­bil­der brin­gen und mit dem Kör­per rela­tiv gut und klar aus­drü­cken kann. Ich kom­me ja aus dem Phy­si­cal Theat­re, bei dem Hand­lung oder eben Bil­der in ers­ter Linie durch kör­per­li­che Bewe­gun­gen aus­ge­drückt wer­den. Es geht dabei auch viel um den einen Aus­druck, den es in einem bestimm­ten Moment braucht. Ich arbei­te also viel mehr mit Impro­vi­sa­ti­on als mit fest­ge­setz­ten Choreografien.

Ist das Stück zur Auf­klä­rung eines West­pu­bli­kums gemacht?

Mar­tha Krö­ger: Nicht nur. Ich habe tat­säch­lich die gro­ße Hoff­nung, dass ich das Stück auf bei­den Sei­ten zei­gen kann, denn ich den­ke, es tut gut, wenn man sich im Osten ver­stan­den fühlt. Ich selbst mer­ke, wie gut es mir tut, in Bam­berg mit Leu­ten zu reden und unse­re Erfah­run­gen und Sicht­wei­sen zu teilen.

Zeit­ge­nös­si­scher Tanz

CON.NECT Tanz­fes­ti­val 2023: Mehr Ver­net­zung für mehr Aufmerksamkeit

Zeit­ge­nös­si­scher Tanz hat in Bam­berg im Ver­gleich zu ande­ren kul­tu­rel­len Ange­bo­ten einen schwe­ren Stand. „Für Pro­fis ist kaum etwas zu holen“, sagt Johan­na Kne­fel­kamp vom CON Bam­berg Team. Um die Ver­net­zung und Bekannt­heit der Kunst­form vor­an­zu­trei­ben, orga­ni­siert der Ver­ein das Tanz­fes­ti­val „CON.NECT“.

Was das CON Bam­berg Team, bestehend aus Johan­na Kne­fel­kamp, Gud­run Lan­ge, Caro­la Streib, Katha­ri­na Mül­lerschön und Lau­ra Scha­back­er, im Som­mer 2021 unter ein­schrän­ken­den Pan­de­mie-Vor­aus­set­zun­gen bereits ein­mal erprob­te, soll nun sei­ne end­gül­ti­ge Form gefun­den haben. Am 8. und 9. Juli fin­det in der Jäck­stra­ße das CON.NECT Tanz­fes­ti­val 2023 statt. Die Aus­ga­be von vor zwei Jah­ren sei klei­ner und weni­ger struk­tu­riert gewe­sen, sagt Fes­ti­val­lei­te­rin und Grün­de­rin des Tanz­raums CON Johan­na Kne­fel­kamp. Dies­mal erwar­ten die Orga­ni­sa­to­rin­nen mehr Publi­kum, etwa 250 Leu­te, das sich vor einer Haupt­büh­ne mit Tanz­auf­füh­run­gen und einer Büh­ne für Musik ein­fin­den kann. Zwei­te­res, so viel vor­weg, wird die neu­ge­grün­de­te Bam­ber­ger Band Drau­ßen nur Känn­chen mit einem Oldies-Pro­gramm liefern.

Die Absicht des Fes­ti­vals ist unter­des­sen die­sel­be geblie­ben. „Dies­mal möch­ten wir die Ver­net­zung viel stär­ker vor­an­trei­ben“, sagt Kne­fel­kamp. „Dafür haben wir Tanz-Com­pa­nies aus ganz Deutsch­land ein­ge­la­den. Mit ihnen wer­den wir eine Gesprächs­run­de ver­an­stal­ten dar­über, wie es ist, in ver­schie­de­nen Bun­des­län­dern im frei­schaf­fen­den zeit­ge­nös­si­schen Tanz zu arbei­ten. Wo wird man unter­stützt, wo rennt man nur gegen Mauern?“

Die Ver­net­zung soll aber nicht nur über­re­gio­nal gesche­hen. Auch in Bam­berg selbst möch­te das CON Team sich und dem zeit­ge­nös­si­schen Tanz mehr Auf­merk­sam­keit ver­schaf­fen. Um die­se könn­te es näm­lich bes­ser bestellt sein. „Es ist schon krass, mit zeit­ge­nös­si­schem Tanz gibt es für Pro­fis kaum etwas zu holen in der Stadt. Was zum Bei­spiel För­der­gel­der angeht, ist in Bam­berg für uns nicht viel drin. Da sind alle ent­we­der Sym­pho­ni­ker- oder Theaterfans.“

Mit Tanz­grup­pen in Fürth und Nürn­berg habe man bereits ange­ban­delt – bleibt noch der Bam­ber­ger Markt. „Wir möch­ten unse­re Sache nach außen tra­gen, damit die Leu­te wis­sen: Es gibt uns in Bam­berg. Jetzt nach Coro­na sehen wir gute Chan­cen dazu, weil alle hung­ri­ger nach Kul­tur sind. Das wol­len wir ausnutzen.“

Und nicht ohne Publi­kums­be­tei­li­gung: Denn um sich selbst und außen­ste­hen­den Inter­es­sier­ten einen grund­le­gen­den Über­blick über die Anknüp­fungs­mög­lich­kei­ten zwi­schen Stadt und zeit­ge­nös­si­schem Tanz zu ver­schaf­fen, wird das CON Team auf dem Fes­ti­val auch eine Art Umfra­ge star­ten. Mit­or­ga­ni­sa­to­rin Gud­run Lan­ge ver­klei­det sich dafür als Wunsch­fee und sam­melt auf dem Gelän­de Vor­schlä­ge, Anre­gun­gen und Kri­tik der Besu­che­rIn­nen. „Wie könn­te Tanz in Bam­berg noch aus­se­hen, was könn­te es sonst noch geben, wie könn­te man Außen­flä­chen bes­ser für Tanz nut­zen? – sol­che Din­ge inter­es­sie­ren uns selbst. Mal schau­en, was das Publi­kum dazu sagt?“, sagt Johan­na Kne­fel­kamp. Das Kul­tur­amt habe sogar bereits Inter­es­se an den poten­zi­ell ein­ge­hen­den Anmer­kun­gen angemeldet.

Pro­gramm CON.NECT 2023

Neben der „Spe­cial fairy appearance“ von Gud­run Lan­ge, wie sich das Fes­ti­val­ko­mi­tee aus­drückt, und Dis­kus­si­ons­run­den wird wie schon 2021 auch die Bam­ber­ger Künst­le­rin Eli­sa­beth Kraus zum Fes­ti­val kom­men. Sie reist aus Irland an und zeigt ihre neu­es­ten Arbeiten.

Vor­nehm­lich geht es bei CON.NECT aber natür­lich um den zeit­ge­nös­si­schen Tanz und sei­ne ver­schie­de­nen Spiel­ar­ten. Den Anfang an den bei­den Wochen­end­ta­gen macht jeweils nach­mit­tags mit einem Auf­tritt das aus­rich­ten­de Kol­lek­tiv selbst. „Wir stel­len unser Kol­lek­tiv und unse­re Arbeit vor“, sagt Johan­na Kne­fel­kamp. „und zei­gen das Fami­li­en­stück „BALL|ON“. Pau­la Nie­hoff und Lau­ra Saum­we­ber tan­zen dar­in vor allem für Kin­der ab fünf Jah­ren. Es geht um Tole­ranz und Diver­si­tät. Und das Stück ist inter­ak­tiv, denn man soll­te Bäl­le fan­gen kön­nen, die von der Büh­ne immer wie­der ins Publi­kum fliegen.“

Gegen Abend wer­den Jonas Frey und sei­ne Tän­ze­rIn­nen die Büh­ne betre­ten und das Pro­jekt „Deci­phe­red“ vor­stel­len. „Er trägt ein Urban-Stück bei. Urban ist eine städ­ti­sche Vari­an­te des zeit­ge­nös­si­schen Tan­zes mit Hip-Hop- und Break Dance-Ele­men­ten. Bei die­ser Tanz­form bil­den die Tan­zen­den oft einen Kreis, in des­sen Mit­te jemand sei­ne tän­ze­ri­schen Num­mern zeigt. Dabei geht es aber nicht in ers­ter Linie um Kon­kur­renz, son­dern dar­um, sich gegen­sei­tig sei­ne Fähig­kei­ten vor­zu­füh­ren. Frey ver­sucht die­se For­ma­ti­on gesamt­ge­sell­schaft­li­cher zu deu­ten. Was wäre der Kreis, wer die Ein­zel­nen, die hin­ein gehen?“

Seit letz­tem Jahr ver­sucht das CON Bam­berg Team, den Ver­net­zungs­ge­dan­ken noch auf eine wei­te­re Art und Wei­se zu erfül­len. Eine Resi­dence hat­te der Ver­ein aus­ge­schrie­ben. Die­ses Sti­pen­di­um mit Pro­ben- und Wohn­auf­ent­halt in Bam­berg ging, unter­stützt durch das För­der­pro­gramm „Neu­start Kul­tur“ des Bun­des, an die Ber­li­ner Tän­ze­rin Mar­tha Kröger.

„In die Wen­de 1988 in Ber­lin hin­ein­ge­bo­ren wor­den zu sein, war der Grund­stein für mei­nen Tanz zwi­schen den Wel­ten“, sagt sie sie über ihre Her­an­ge­hens­wei­se an den zeit­ge­nös­si­schen Tanz. „Ver­ständ­nis war für mich mehr als das gespro­che­ne Wort. Ich habe immer schon nach ande­ren Aus­drucks­mit­teln gesucht, nach dem sinn­lich Erfahr­ba­ren, dem nicht Sag­ba­ren, dem Verbindenden.“

Beim CON.NECT zeigt Mar­tha Krö­ger ihr Pro­jekt „Col­lapsing Beau­tiful­ly: Mei­ne Erin­ne­rung ist genau­so wert­voll, wie dei­ne“. Dar­in behan­delt sie unter ande­rem ihre ost­deut­sche Herkunft.

Kunst­sti­pen­di­um Bam­berg 2021

Sti­pen­dia­tin Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath im Interview

Das Kunst­sti­pen­di­um Bam­berg geht 2021 an Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath. Zusam­men mit ihrem cont­weed­ance­coll­ec­ti­ve betreibt sie zeit­ge­nös­si­schen Tanz. Das Kol­lek­tiv aus Tänzer*innen, Schauspieler*innen und Musiker*innen arbei­tet dar­an, die­ser in Bam­berg noch wenig bekann­ten Kunst­rich­tung mehr Auf­merk­sam­keit zu ver­schaf­fen. Ent­spre­chend kommt das Sti­pen­di­um sehr gele­gen. Im jähr­li­chen Wech­sel wird es von Stadt und Land­kreis Bam­berg aus­ge­schrie­ben und 2021 zum sieb­ten Mal ver­ge­ben. Für das mit 9.000 Euro dotier­te Sti­pen­di­um 2021 hat­ten sich drei­zehn Kunst­schaf­fen­de beworben.

Die Jury besteht aus Kul­tur­re­fe­ren­tin Ulri­ke Sie­ben­haar, Land­rat Johann Kalb, Olga See­ha­fer (Kunst­sti­pen­dia­tin 2020), Vie­ra Janá­re­ko­vá (E.T.A.-Hoffmann-Preisträgerin 2020) und Nina Lorenz (Thea­ter im Gärt­ner­vier­tel). Ein­stim­mig fiel die Ent­schei­dung für Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath aus. „Sie ist eine Sti­pen­dia­tin, die ganz neu­es Ter­rain betritt und Außer­ge­wöhn­li­ches wagt”, fass­te Ulri­ke Sie­ben­haar die Brgrün­dung der Jury zusam­men, „Zeit­ge­nös­si­scher Tanz ist in Bam­berg eine unter­re­prä­sen­tier­te Kunst­form. Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath setzt sich mit ihrem inter­na­tio­na­len Netz­werk und ihren eige­nen Pro­jekt­an­sät­zen für die Eta­blie­rung einer neu­en Tanz­sze­ne in Bam­berg ein.” Wir haben mit Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath gesprochen.


Frau Kne­fel­kamp-Sto­rath, wie haben Sie auf den Erhalt des Sti­pen­di­ums reagiert?

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath: Ich war ganz über­rascht, weil ich mich schon ein paar Mal ohne Erfolg bewor­ben hat­te. Der Anruf aus dem Rat­haus hat mich dann rich­tig erwischt. Ich hat­te gera­de mei­ne klei­ne Toch­ter zum Schla­fen hin­ge­legt und mich so laut über das Sti­pen­di­um gefreut, dass sie sofort wie­der auf­ge­wacht ist. Im einen Arm hat­te ich das schrei­en­de Kind, am Ohr das Tele­fon. Auf jeden Fall ist das Sti­pen­di­um eine gro­ße Ehre für mich und gera­de in die­sen Zei­ten auch ein klei­nes Rettungsboot.

Ich fin­de es ein­fach sehr gut, dass Bam­berg sich traut, die Kunst­form des zeit­ge­nös­si­schen Tan­zes zu unter­stüt­zen, die hier noch nicht viel Unter­stüt­zung bekom­men hat. Das stärkt mich in mei­ner Moti­va­ti­on wei­ter­zu­ma­chen. Aber obwohl da mein Name drauf­steht, bin ich natür­lich nicht allei­ne, son­dern habe unglaub­li­che Unter­stüt­zung durch mei­ne Fami­lie und Freun­de. Und bei cont­weed­ance­coll­ec­ti­ve habe ich ein tol­les Team mit Lau­ra Saum­we­ber, mit der ich das Kol­lek­tiv gegrün­det habe, und Gud­run Lan­ge, Lau­ra Scha­back­er, Katha­ri­na Mül­lerschön und der TANZWERKSTATT. Und gemein­sam mit Caro­la Streib als Unter­stüt­zung pla­nen wir vom 16. bis 18. Juli etwas ganz beson­de­res. Also save the date!

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath ist Kunst­sti­pen­dia­tin 2021. Foto: The­re­sa Friedrich

Stand es zuletzt um die Moti­va­ti­on nicht gut?

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath: Letz­tes Jahr hat der künst­le­ri­sche Arbeits­kreis FRANZ Kaf­kA sein Ende bekannt­ge­ge­ben, unter ande­rem aus man­geln­der Unter­stüt­zung sei­tens der Stadt. Der Ver­ein hat so viel Ener­gie und Arbeit inves­tiert, aber die Stadt hat nicht an ihn geglaubt. Die­ses Gefühl, dass die Stadt nicht hin­ter Kaf­kA steht, hat mich trau­rig gemacht. Sol­che Ent­wick­lun­gen kön­nen uns alle tref­fen. Das Sti­pen­di­um war mir dar­um auch inso­fern wich­tig, dass es mir gezeigt hat, dass die Stadt mich auf dem Schirm hat.


Trübt es ein wenig die Freu­de, dass die Stadt, von der man ein Kul­tur-Sti­pen­di­um erhält, nicht immer hin­ter ihrer Kul­tur steht?

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath: Das kann man ja im Prin­zip jeder Kom­mu­ne vor­wer­fen. Gro­ße Insti­tu­tio­nen wer­den immer geför­dert, klei­ne wer­den eher benutzt, um sich Kul­tur­stadt nen­nen zu kön­nen. Aber ich füh­le mich nicht schlecht, weil ich das Sti­pen­di­um bekom­men habe. Ich freue mich, dass zumin­dest irgend­was geför­dert wird.


War­um hat­ten Sie sich um das Sti­pen­di­um beworben?

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath: Ich hat­te mich schon zum vier­ten Mal bewor­ben, jedes Mal aus dem­sel­ben Grund: Ich hof­fe durch das Sti­pen­di­um, den zeit­ge­nös­si­schen Tanz in Bam­berg bekann­ter zu machen und mehr Auf­merk­sam­keit für ihn zu bekommen.


Was müss­te gesche­hen, um die Bekannt­heit des zeit­ge­nös­si­schen Tan­zes in Bam­berg zu steigern?

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath: An ers­ter Stel­le wür­de ich tat­säch­lich mehr Auf­merk­sam­keit von Pres­se­stel­len nen­nen. Das jun­ge Publi­kum kennt uns. Aber die etwas älte­re Gene­ra­ti­on, die die in Bam­berg noch Zei­tung liest, ist schwe­rer zu errei­chen. Denen wür­de ich total ger­ne zei­gen, was zeit­ge­nös­si­scher Tanz ist. Dazu wür­de es viel­leicht auch hel­fen, wenn die poli­ti­sche Pro­mi­nenz eine Auf­füh­rung von unse­rem Kol­lek­tiv, dem cont­weed­ance­coll­ec­ti­ve, besu­chen würden.


Ver­leiht das Sti­pen­di­um eine gewich­ti­ge­re Stim­me in der Bam­ber­ger Kulturszene?

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath: Ja. Ich ste­he schon mit dem Kul­tur­amt in Kon­takt, um zu bespre­chen, was man aus dem Sti­pen­di­um alles raus­ho­len könn­te. Es kom­men von der Stadt Ideen, wo, an wel­chen Tagen, zu wel­chen Ver­an­stal­tun­gen Tanz ein­ge­setzt wer­den könn­te. Ich bekom­me also schon nach kur­zer Zeit Anfragen.


Sie pla­nen der­zeit eine Solo­vor­stel­lung. Dar­in ver­su­chen Sie das Medi­um Video in den zeit­ge­nös­si­schen Tanz zu inte­grie­ren. Wie gehen die bei­den Aus­drucks­for­men zusammen?

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath: Coro­na hat mir klar gemacht, dass ich zur­zeit nicht in einer gro­ßen Grup­pe tan­zen kann und will. So kam mei­ne Über­le­gung auf, allein, bezie­hungs­wei­se mit mir selbst, zu tan­zen, indem ich zu Video-Auf­nah­men von mir beim Tan­zen tan­ze. Ich möch­te damit das The­ma “Iden­ti­tät” unter­su­chen und ver­su­chen her­aus­zu­fin­den, wie Video-Ele­men­te ein­ge­setzt wer­den kön­nen, um Emo­tio­nen oder Per­spek­ti­ven, die der Tanz schon zeigt, zu erwei­tern oder zu ver­tie­fen. Kann ein Video ein tan­zen­der Gegen­part sein? Gemein­sam mit dem Kame­ra­mann Micha­el Mir­wald und den Musi­kern Simon Manz und Max Kraus von Nomanz­land wer­de ich an einer Solo­vor­stel­lung bas­teln. Die Pre­mie­re ist für den Som­mer geplant.


Wei­te­re Informationen:

https://www.contweedancecollective.com/

Stadt­rat folgt ein­stim­mi­ger Jury-Entscheidung 

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath wird Kunst­sti­pen­dia­tin 2021

Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath erhält 2021 das von der Stadt Bam­berg und dem Land­kreis Bam­berg aus­ge­lob­te Kunst­sti­pen­di­um. Der Bam­ber­ger Stadt­rat folg­te in sei­ner gest­ri­gen Sit­zung der Emp­feh­lung der Jury unter Vor­sitz von Kul­tur­re­fe­ren­tin Ulri­ke Siebenhaar.

Das Kunst­sti­pen­di­um Bam­berg, im jähr­li­chen Wech­sel zwi­schen Stadt und Land­kreis aus­ge­schrie­ben, wird 2021 zum sieb­ten Mal ver­ge­ben und ist mit ins­ge­samt 9.000 Euro dotiert. Es soll in der Regi­on wohn­haf­ten Künst­le­rin­nen und Künst­lern ermög­li­chen, sich eini­ge Mona­te lang auf die künst­le­ri­sche Arbeit zu kon­zen­trie­ren, um ein Pro­jekt zu begin­nen, fort­zu­set­zen oder fer­tig­zu­stel­len. Für das Sti­pen­di­um 2021 hat­ten sich drei­zehn Kunst­schaf­fen­de jeden Alters und aller Kunst­spar­ten bewor­ben. „Die Kraft und der Esprit der Bewer­bung von Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath hat uns sofort begeis­tert. Sie ist eine Sti­pen­dia­tin, die ganz neu­es Ter­rain betritt und Außer­ge­wöhn­li­ches wagt. Ich freue mich über das ein­stim­mi­ge Votum der Jury und auf die Prä­sen­ta­ti­on der Künst­le­rin am Ende des Sti­pen­di­ums“, beton­te Kul­tur­re­fe­ren­tin Ulri­ke Siebenhaar.

Die Jury – bestehend aus Kul­tur­re­fe­ren­tin Ulri­ke Sie­ben­haar, Land­rat Johann Kalb, Olga See­ha­fer (Kunst­sti­pen­dia­tin Bam­berg 2020), Vie­ra Janá­rče­ko­vá (E.T.A.-Hoffmann-Preisträgerin 2020) und Nina Lorenz (Ver­tre­te­rin des amtie­ren­den Kul­tur­för­der­preis­trä­gers TiG – Thea­ter im Gärt­ner­vier­tel) – ent­schied sich ein­stim­mig für die Bewer­bung von Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath (Dar­stel­len­de Kunst /​zeit­ge­nös­si­scher Tanz).
Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath zeig­te sich nach der Ent­schei­dung über­glück­lich: „Oh, wow, ich bin begeis­tert und füh­le mich geehrt und gestärkt, dass mei­ne Hei­mat­stadt sich hin­ter mei­ne Kunst­form stellt. Als Kunst­dis­zi­plin hat Tanz bis­her wenig Raum in Bam­berg gefun­den. Ein­fach toll, dass es jetzt soweit ist! Das fühlt sich rich­tig gut an.“


Die Jury begrün­de­te die Ent­schei­dung wie folgt: 

„Zeit­ge­nös­si­scher Tanz ist in Bam­berg eine unter­re­prä­sen­tier­te Kunst­form. Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath setzt sich mit ihrem inter­na­tio­na­len Netz­werk und ihren eige­nen Pro­jekt­an­sät­zen für die Eta­blie­rung einer neu­en Tanz­sze­ne in Bam­berg ein.

Mit Hil­fe des Kunst­sti­pen­di­ums möch­te Johan­na Kne­fel­kamp-Sto­rath ihr explo­ra­ti­ves Vor­ha­ben ver­wirk­li­chen, in dem sie die Dis­zi­pli­nen Tanz, Thea­ter und Musik mit den Medi­en Film und Video ver­eint, ohne dass die Dar­stel­lung zu sehr ent­frem­det wirkt. Die­ses Vor­ha­ben möch­te die Künst­le­rin in zwei unter­schied­li­chen Pro­jek­ten aus­pro­bie­ren und erfor­schen, die von der Jury als sehr gute, viel­ver­spre­chen­de Vor­ha­ben gewer­tet wer­den und bei die­ser gro­ße Neu­gier geweckt haben:

- In „our heri­ta­ge“ geht es um die tän­ze­ri­sche Begeg­nung zwi­schen Bam­ber­ger Jugend­li­chen und nie­der­län­di­schen Zeit­zeu­gen des Zwei­ten Welt­krie­ges. Die aktu­el­len Coro­na-beding­ten Rege­lun­gen und Auf­la­gen ver­lan­gen viel Umden­ken in der Erar­bei­tung einer gemein­sa­men Tanz­vor­stel­lung. Dadurch, dass die Betei­lig­ten sich erst­mal nicht per­sön­lich begeg­nen dür­fen, möch­te die Künst­le­rin inner­halb die­ses Pro­jek­tes umsich­tig und krea­tiv auf das Ele­ment der Medi­en und des Inter­nets zurück­grei­fen. In Zusam­men­ar­beit mit einem Fil­me­ma­cher soll pro­biert wer­den, meh­re­re klei­ne­re Bewe­gungs-und Tanz­fil­me zu schaf­fen, die ein Ken­nen­ler­nen der jeweils ande­ren Gene­ra­ti­on und deren Geschich­te ermöglichen.

- Wäh­rend der Ent­wick­lung einer Solo­vor­stel­lung möch­te die Künst­le­rin das Medi­um Film/​Video unter­su­chen. Inwie­weit kann ein Video die Dar­stel­len­de Kunst auf der Büh­ne unter­stüt­zen, ohne zu stö­ren oder gar die Auf­merk­sam­keit des Zuschau­ers zu beein­träch­ti­gen? Inwie­weit könn­te über das Video eine Art tan­zen­der Gegen­part ent­ste­hen? Inwie­weit kann man als Per­for­mer impro­vi­sie­rend auf das Video reagie­ren, ohne dass der Kon­text ver­lo­ren geht? Das Solo soll das The­ma Iden­ti­tät und Weib­lich­keit bear­bei­ten und steht in Ver­bin­dung mit der Hei­mat der Künst­le­rin, der Stadt Bam­berg. Die Kon­zept­idee beruht dar­auf, das Solo an unter­schied­li­chen Orten zei­gen zu kön­nen, zum Bei­spiel öffent­li­chen Plät­zen wie dem Hain, das P+R Hein­richs­damm, auf der Alten­burg, am Hexen­mahn­mahl. Je nach Geneh­mi­gung und Ausarbeitung.“