In jeder Ausgabe des Stadtechos legen wir einer Bamberger Persönlichkeit einen Fragebogen vor. Diesmal hat Oliver Wings die Fragen beantwortet. Er ist Paläontologe und Leiter des Naturkundemuseums Bamberg.
Herr Wings, was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Paläontologe geworden wären?
Vielleicht ein Tischler? Ich mag das Arbeiten mit Holz und restauriere auch gerne alte Möbel. Allerdings gab es seit Kindertagen nie ernsthaft Zweifel an meiner Berufswahl.
Was ist Ihre allererste Erinnerung im Zusammenhang mit Dinosauriern?
Ich erinnere mich daran, als kleiner Junge mit sechs Jahren im Ostseeurlaub einen Feuerstein gefunden zu haben, der ein strahlenförmiges Muster enthielt. Als sich dann herausstellte, dass das der Abdruck eines Seeigels war, war ich total fasziniert. Der Abdruck ist unvollständig und eigentlich auch nicht sammlungswürdig, aber ich besitze ihn heute noch. Das Fossil ist zwar kein Dino, aber exakt genauso alt!
Was mögen Sie an der Paläontologie besonders?
Die unglaubliche Menge und Vielfalt an Organismen zu entdecken, die in den vergangenen vier Milliarden Jahren auf unserem Planeten gelebt haben. Es ist täglich ein großes Privileg, daran forschen zu dürfen.
Was nicht?
Dass die Erforschung des Lebens in der Erdgeschichte noch nicht als essentiell für unsere Gesellschaft wahrgenommen wird und das dadurch nur ein kleiner Teil des wissenschaftlichen Nachwuchses auch langfristig in der Paläontologie beschäftigt werden kann.
Welches Buch haben Sie zuletzt nicht zu Ende gelesen?
Frank Herbert: „Dune“.
Würden Sie gerne öfter Fahrrad fahren?
Ich fahre nahezu jeden Tag Fahrrad, bei Wind und Wetter.
Zahlen Sie gern Rundfunkgebühren?
Nein, es ist aber nötig für die objektive Meinungsbildung. Die hohe Anzahl an existierenden öffentlich-rechtlichen Sendern könnte aber durchaus reduziert werden und die Gebühren für uns alle dadurch sinken.
Töten Sie Insekten?
Ja. Bei jeder Autofahrt. Leider unvermeidlich. Pestizide und Herbizide kommen mir aber nicht ins Haus und mein Garten ist sehr naturnah und insektenfreundlich bepflanzt.
Darf man in Ihrem Schlafzimmer rauchen?
Niemals, das ist maximal eklig!
Ihr Leben wird verfilmt. Welcher Schauspieler sollte Sie spielen?
Meine Tochter sagt: Brad Pitt.
Wie viele Apps sind auf Ihrem Smartphone? Welche benutzen Sie am meisten?
126 Apps. Im Alltag verwende ich am häufigsten Banking-Apps, Google Maps, die Kamera und erstaunlich oft auch immer noch die Taschenlampe. Während meiner Geländearbeiten benutze ich unter anderem sehr häufig „Mobile Topographer“, ein tolles Programm um GPS-Koordinaten mit sehr hoher Genauigkeit erfassen zu können.
Wovon waren Sie zuletzt überrascht?
Vom schnellen Wachstum meines Sohnes.
Was ist Ihr größter Wunsch?
Ein Bewusstsein zu schaffen für die wahren Probleme unserer Gesellschaft.
Wie sieht ein perfekter Tag für Sie aus?
Ausschlafen, leckerer Brunch, ein Ausflug in die Natur bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen, der Fund eines neuen farbenfrohen und fossilreichen Kalksteins für meine Sammlung, Abendessen mit meiner Partnerin beim Sonnenuntergang.
Worüber haben Sie sich zuletzt geärgert?
Populismus. In jeder Form.
Haben Sie ein Lieblingsgeräusch?
Vogelgesang und Meeresrauschen sind schon toll, vor allem in Kombination mit allen anderen stimmigen Sinneseindrücken.
Welchen Luxus leisten Sie sich?
Ab und zu ein Wellnesswochenende darf schon sein.
Wovor haben Sie Angst?
Als Naturwissenschaftler macht mir der durch unseren Umgang mit der Natur ausgelöste schleichende Verlust der Biodiversität unseres Planeten langfristig die meisten Sorgen. Wir stehen vermutlich bereits am Anfang des sechsten Massenaussterbe-Ereignisses der Erdgeschichte. Und das wird ziemlich hart werden für die nächsten Generationen der Menschheit.
Wann haben Sie zuletzt geflirtet?
Eigentlich ständig mit meiner Partnerin.
Wann und warum hatten Sie zum letzten Mal Ärger mit der Polizei?
Letztes Jahr in Australien nach dem Überfahren einer komplett übersehenen (und leicht übersehbaren) roten Abbieger-Ampel. Ich hatte mit dem Abbiegen zwar ordnungsgemäß gewartet bis der Gegenverkehr durchgefahren war und niemanden gefährdet, es war aber trotzdem ein sehr teurer Fehler.
Was war Ihr bisher schönster Moment als Leiter des Naturkundemuseums?
Die Eröffnung unserer selbst konzipierten Sonderausstellung „So viel mehr als nur T. rex!“. Die Ausstellung ist jetzt übrigens im Jura-Museum Eichstätt zu sehen. Bei uns in Bamberg kommen in den nächsten Jahren aber bestimmt noch viel mehr solche tollen Momente dazu!
Auf welchen Moment Ihrer Laufbahn waren Sie am schlechtesten vorbereitet?
Intrigierende Kollegen an ehemaligen Arbeitsstätten.
Gibt es einen wiederkehrenden Albtraum, der von Ihrem Beruf handelt?
Nein. Ich hatte noch nie einen berufsbezogenen Alptraum.
Was ist Ihr Lieblingsschimpfwort?
WTF!
Bei welchem historischen Ereignis wären Sie gern dabei gewesen?
Beim ersten Landgang der Wirbeltiere.
Was ist Ihre schlechteste Angewohnheit?
Prokrastination.
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Fehler, die aus dem Überschwang der Begeisterung heraus entstehen.
Ihre Lieblingstugend?
Selbstmotivation.
Ihr Hauptcharakterzug?
Gelassenheit und Resilienz.
Was mögen Sie an sich gar nicht?
Das Älterwerden. Andererseits ist die Alternative dazu noch wesentlich schlechter und kommt eh noch früh genug.
Was hätten Sie gerne erfunden?
Das Beamen.
Haben Sie ein Vorbild?
Viele Menschen haben mich geprägt. In vielen, allerdings auch nicht allen Aspekten des Lebens ist mein Vater mein Vorbild.
Wofür sind Sie dankbar?
Mein bisheriges Leben in Frieden gelebt zu haben und den Beruf meiner Wahl ausüben zu dürfen.
Was lesen Sie gerade?
Ich komme derzeit leider kaum dazu, Bücher zu lesen, bin aber ein großer Fan von Hard Science-Fiction. Alternativen bieten gute Hörbücher, die lange Autofahrten gefühlt stark verkürzen können. Momentan bin ich bei Band 7 der Expanse-Serie von James S. A. Corey: Persepolis Rising. Eine coole, in vielen Aspekten auch realistische Serie und ein grandioser Sprecher.
Was ist Ihr Lieblingsfilm?
Es gibt mehrere Favoriten, ganz oben mit dabei sind „Fight Club“ und „Das Leben des Brian“.
Welche Musik hören Sie nur heimlich?
Keine.
Mit welchem Lied beginnt die perfekte Playlist?
Wardruna und Aurora: „Helvegen (Live)“.
Was war Ihre größte Modesünde?
Vermutlich die Kunstlederjacke als Teenager.
Was ist Ihr liebstes Smalltalk-Thema?
Natur und Wetter. Da muss es auch nicht bei Smalltalk bleiben.
Was zeigt das letzte Foto, das Sie mit Ihrem Handy aufgenommen haben?
Ein großes Osterfeuer.
Mit wem würden Sie gerne eine Nacht durchzechen?
Robert Habeck.
Wovon haben Sie überhaupt keine Ahnung?
Kunst und Kunstgeschichte.
Was finden Sie langweilig?
Moderne Kunst.
Sie sind in einer Bar. Welches Lied würde Sie dazu bringen, zu gehen?
„Layla“ und alle ähnlich gelagerten Schlager.
Was ist Ihre Vorstellung von Hölle?
Ohne Unterbrechung Schlager hören zu müssen.
Wie glauben Sie, würde der Oliver Wings von vor zehn Jahren auf den heutigen Oliver Wings reagieren?
Ganz glücklich mit der Jobwahl und froh über die unbefristete Anstellung. Ich habe mich übrigens damals bereits freiwillig auf mögliche Leitungsaufgaben in Naturkundemuseen vorbereitet.
Gibt es etwas, das Ihnen das Gefühl gibt, klein zu sein?
Ja klar, das Arbeiten an sauropoden Dinosaurierknochen, den größten Landtieren aller Zeiten.
Ich kann nicht leben ohne…
Eine gute Bratwurst und ab und zu eine Vita Cola.
In welchen Club sollte man unbedingt mal gehen?
Aus der Lebensphase bin ich nun doch schon raus.
Sind Sie Tänzer oder Steher?
Sitzer.
Stellen Sie sich vor, Sie könnten wählen – was für ein Tier wären Sie gerne?
Ornithorhynchus anatinus, das Schnabeltier. Oder gehen auch ausgestorbene Tiere? Dann vielleicht Xinjiangtitan shanshanesis, unser selbst entdeckter Riesendino aus
China.
Was war die absurdeste Unwahrheit, die Sie je über sich gelesen haben?
Das ich bei Ausgrabungen faul rumsitzen würde. War auch problemlos mit Zeitraffervideos entkräftbar.
Welches Problem werden Sie in diesem Leben nicht mehr in den Griff bekommen?
Da fällt mir spontan nichts ein. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Das Stadtecho gibt eine Runde aus. Was trinken Sie?
Ein leckeres fränkisches dunkles Bier. Prost!