Was wird aus Bambergs Unterer Brücke? Florian Herrnleben hat sich für seine aktuelle Stadtecho-Kolumne ein paar Gedanken gemacht.
Die Untere Brücke, Bambergs architektonischstes Schmuckstück, direkt nach Rathaus am ZOB und Heroldhaus, soll in diesem Jahr nicht wieder gesperrt werden müssen. Zumindest dahingehend ist man sich einig bei den führenden Köpfen vom Maxplatz. Die peinliche Sichtbarwerdung in Bauzaunoptik von völliger Hilf- und Machtlosigkeit gegen das wochenendnächtliche Partyvolk möchte man sich und der Stadt über die kommende Freiluftsaison hinweg ersparen.
Das Dilemma dabei: Man will aber auch nicht noch einmal (oder sagt man in Bamberg inzwischen eher „nicht schon wieder“) durch die überregionale Berichterstattung gezerrt werden als Ballermann Frankens, so überfordert beim Verscheuchen der Betrunkenen um das Alte Rathaus wie ein Vierjähriger beim Pac-Man-Spielen. Mit den Beschwerden von Anwohnern kann man im Rathaus seit Jahren gut weiterschlafen, aber negative Berichterstattung… da sind sie empfindlich!
Deshalb rein in die städtische Ideenschmiede, die ja übrigens – davon bin ich bis heute fest überzeugt – unterhalb der ominösen Tabakscheune beherbergt ist, neben dem Büro derer, die sich so Sprüche ausdenken wie „Keine Leistung ohne Gegenleistung“ und „Wir haben eine eigene Rechtsauffassung“. Aber anderes Thema! – Jedenfalls hatte man ja nun ein gutes halbes Jahr Zeit, um Ideen zu entwickeln, dem Partyvolk auf der Unteren Brücke und eventuell auch ein wenig den leidgeplagten Anwohnern gerecht zu werden.
Die Besten der Bestbezahltesten, die alternativlosesten Optimalbesetzungen, die Erfahrensten und Erfahrenstinnen sollten keine Zeit verlieren, nachdem man 2021 schmerzlich lernen musste, dass es in Bamberg keinen Neubau einer Brücke braucht, um sich bundesweit in zweifelhafte Brückenbekanntheitswerte zu torkeln.
Und dann! Tadadataaaaaaa! Fanfare, Trommelwirbel! Da kam sie! Die krasseste Rathaus-Idee unserer Prämienpremiums nach monatelangem Nachdenken: „Wir richten eine Bushaltestelle ein und fahren die, die da einsteigen, einfach woanders hin. Hafen, Osten, Südflur, egal!“ – „Hauptsache, ein nicht so privilegierter Stadtteil?!“, fragte ich mich, um im altbekannten Sprech der Stadtspitze zu bleiben.
Ich entwickelte übrigens in diesem Zusammenhang auch aus aktuellem Anlass die aus meiner Sicht berechtigte Sorge, dass unsere offensichtlich für Nachtkultur zuständige Kulturreferentin noch einmal auf die Idee kommt, bei den Eigentümern des Heroldhauses anzufragen, ob im dortigen (gar nicht mehr vorhandenen) Leerstand vielleicht eine Partyzone für feierwütige Zweipromiller eingerichtet werden könnte, nachdem es mit den diversen religiösen Gemeinschaften – sagen wir – eher suboptimal gelaufen ist. Aber inzwischen erinnert sie sich anscheinend wieder an die brenzligen Themen aus ihrer Zeit als Pressesprecherin. Jedenfalls liegt noch keine Anfrage vor.
Zurück auf die Partybrücke: Für alle, die an der Promillefahrt wegen der zu erwartenden Bierpreise am Ziel und dem fehlenden Blick auf Klein Venedig nicht teilnehmen möchten, ob Richtung Osten, Norden oder Hain, hängen sie „nette Plakate“ mit freundlichen Appellen auf. Die helfen bestimmt, so die Überzeugung nach einem Jahr Krawall und Radau, weil sie ja „Bitte“ draufgefloskelt haben!
„Und oben drüber schreiben wir in großer Schrift ‚Gute Nachtruhe!‘ – Verstehste? ‚GUTE NACHT-RUHE‘!“ – Wortspiele dieser Qualität wirken nach 4 Uhr und bei mehr als zwei Promille wie von E.T.A. Hoffmann persönlich aufs Plakat gemalt. Ja, ich bin mir sicher: Der freundliche Appell, der heiligen Kuni nur leise die halbverdauten Essensreste vor die Füße zu splattern, wirkt garantiert Wunder.
Es besteht übrigens eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sie bald feststellen, dass die Brüstungen der Brücke seit Jahrzehnten viel zu niedrig und nicht absturzsicher sind. Dann wird schnell ein unbequemer Edelstahlhandlauf auf ganzer Länge hingedübelt, so dass da bald blöderweise niemand mehr sitzen mag.
Und das Murmeltier grüßt künftig vom Gabelmann.