Die Inklusion von Menschen mit Behinderung in Sportvereine kommt voran, steckt aber laut Förderverein goolkids noch zu sehr in einer Blase fest. Um dem entgegenzuwirken, veranstaltet der Verein am 20. August im Fuchs-Park-Stadion zwei Fußball-Benefizspiele. Im einen spielen die Traditionsmannschaften des FC Eintracht Bamberg und des 1. FC Nürnberg gegeneinander. Im anderen, etwas brisanteren, der SV Altsittenbach, bayerischer Meister 2023 im Inklusions-Fußball, gegen den Saisondritten aus Bamberg, den FV 1912 goolkids.
Ende Juni gingen in Berlin die Special Olympics World Games zu Ende. Bei dieser sportlichen Großveranstaltung haben sich knapp zwei Wochen Menschen mit geistiger Behinderung in verschiedenen olympischen Sportarten miteinander gemessen. Dabei stand allerdings nicht nur der Wettkampf im Mittelpunkt, sondern auch der Inklusions-Gedanke. Denn zu gewinnen gab es nicht nur Medaillen – auch mehr Anerkennung und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit geistiger Behinderung waren das Ziel. Obwohl die Spiele nur in der Hauptstadt stattfanden, konnten überall im Land allerdings auch weitere Städte oder Kommunen von diesem ideellen Anspruch profitieren. Denn die verschiedenen internationalen Delegationen der teilnehmenden Athletinnen und Athleten waren zur Vorbereitung auf die Veranstaltung landesweit in sogenannten „Host Towns“, Gastgeberstätten, untergebracht und konnten dort trainieren. Bamberg war bekanntermaßen eine dieser „Host Towns“, nämlich für die Delegation Bahrains.
Vier Tage lang war die Sport-Gruppe auf hiesigen Sportanlagen unterwegs, ließ sich zum Kontakt mit der Bevölkerung in der Innenstadt blicken und nahm an Veranstaltungen wie einem Fackellauf teil. „Wenn Sie Bamberg wieder verlassen“, sagte Oberbürgermeister Andreas Starke damals zur bahrainischen Delegation, „möchten wir vor allem eines, nämlich dass Sie die Stadt bestens in Erinnerung behalten und gerne an Ihre Zeit bei uns zurückdenken.“
Aber hat im Gegenzug auch Bamberg die Delegation, das „Host-Town“-Programm, die Special Olympics und vor allem den Inklusions-Gedanken in Erinnerung behalten?
Inklusion steckt in einer Blase fest
Wolfgang Heyder ist Vorstandmitglied des Bamberger Fördervereins goolkids, der sich seit Jahren für die Inklusion von Menschen mit Behinderung in den Betrieb von Sportvereinen einsetzt. Ganz im Sinne des Mottos „Sport verbindet“ sollen Menschen mit und ohne Handicap miteinander sportlich aktiv sein und zum Beispiel Fußball, Basketball oder Tischtennis spielen. Einige Fortschritte habe goolkids in dieser Richtung schon gemacht, sagt Wolfgang Heyder, auch wenn die Initiative dazu zumeist aus dem eigenen Haus kommen musste. „Als wir vor fünf Jahren mit goolkids und dem Sportinklusions-Programm ginaS, das steht für „goolkids integriert natürlich alle Sportler“, angefangen haben, wollten wir möglichst viele Menschen mit Behinderung in Sportvereine bringen, damit sie an deren täglichem Sportbetrieb teilnehmen können. Am Anfang lief es zäh und hat zuerst kaum geklappt. Deswegen haben wir eigene Themen entwickelt.“
So können auf Veranlassung des Fördervereins Menschen mit und ohne Handicap zum Beispiel in der Baskidhall in der Gereuth gemeinsam Rollstuhlbasketball spielen, in Hallstadt ins Fitness-Studio gehen oder sich beim FV 1912 Bamberg einer Inklusions-Fußballmannschaft anschließen.
Und seit den Special Olympics und „Host Town“ verschreibe sich auch das Rathaus, namentlich in Gestalt von Sportreferent Matthias Pfeufer, stärker dem Inklusionsgedanken. „Aber es ist noch mehr drin in Sachen Öffentlichkeit für den Inklusionsgedanken. Die Special Olympics haben ihn zwar noch ein bisschen weiter nach oben gebracht und Menschen mit und ohne Handicap machen immer mehr gemeinsamen Sport. Aber insgesamt steckt das Thema der Inklusion immer noch in einer Blase fest und bleibt sozusagen unter sich. Wir wollen eine breitere Öffentlichkeit für Inklusion.“
Da drängt sich allerdings die Frage auf: Wenn selbst die Öffentlichkeitswirksamkeit einer internationalen Großveranstaltung wie die Special Olympics nicht genug zu sein scheint, diese Blase zu sprengen, wessen bedarf es dann noch? „Da ist was dran“, sagt Heyder, möchte die Verbindung aber für goolkids nicht ganz gelten lassen. „Die Special Olympics haben das Thema des Behindertensports groß in die Öffentlichkeit gebracht. Aber ist das schon Inklusion? Denn das ist, was wir von goolkids möchten: Inklusion und Teilhabe in gängigen Sportbetrieben und übrigens zum Beispiel auch in der Kultur. Die Aktivität des gemeinsamen Sporttreibens oder Kulturmachens, wie es in der KUFA möglich ist, muss noch entwickelt werden. Und das war bei den Special Olympics nur bedingt der Fall.“
Zwei Benefizspiele für mehr Inklusion
Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, veranstaltet goolkids am 20. August im Fuchs-Park-Stadion. Dann spielt für den guten Zweck der Inklusion und des gemeinsamen Sporttreibens zuerst der bayerische Meister 2023 im Inklusions-Fußball, der SV Altsittenbach, gegen den Saisondritten aus Bamberg, den FV 1912 goolkids. Ist diese Partie entschieden, betreten für das zweite Benefizspiel die Traditionsmannschaften des FC Eintracht Bamberg und des 1. FC Nürnberg den Platz an der Armeestraße. 2019 gab es schon einmal ein derartiges Wohltätigkeitsspiel: Damals traten der damalige Bayernligist FC Eintracht Bamberg und der damalige Regionalligist SpVgg Bayreuth gegeneinander an.
Die beiden Fußball-Benefizspiele sollen Aufmerksamkeit schaffen, Publikum anziehen und nicht zuletzt Gelder einspielen. „Denn“, sagt Wolfgang Heyder, „wir haben leider keine institutionelle Förderung, also zum Beispiel eine städtische, sondern wir müssen uns über Spenden und immer wieder Aktionen wie diese Spiele finanzieren.“ 5.000 bis 7.000 Euro an Einnahmen erhofft sich goolkids von diesem Tag. „Oder natürlich gerne auch mehr. Ich bin auf jeden Fall überzeugt, dass wir einen guten Betrag zusammenbekommen.“
Wo dieses Geld am dringendsten gebraucht würde, ist unterdessen bereits klar. „Neben unseren Veranstaltungen muss unsere Hauptamtlichkeit finanziert werden. Und wo es speziell kostenintensiv wird, sind unsere Schulprojekte. Zwischen 50 und 60 Mal pro Jahr besuchen wir Schulen in der Region, um unser Projekt vorzustellen – das kostet viel Geld.“
Was die Organisation der Benefizspiele am 20. August angeht, sei zumindest bisher alles glatt gelaufen. So musste Wolfgang Heyder keine der beteiligten Fußball-Mannschaften lange bitte, für den guten Zweck nach Bamberg zu kommen. „Mit Thomas Ziemer, dem Trainer der Nürnberger Traditionself, hatte ich schon mehrmals Kontakt. Er war einmal zu Gast bei einer goolkids-Gala und ist inzwischen ein richtiger Fan von goolkids und ginaS.“
Mit dem Traditionsteam des Club könnten neben Thomas Ziemer, der zu seiner Zeit in den 1990er Jahren 1. und 2. Bundesliga für den FSV Mainz und die Nürnberger gestürmt hat, weitere große Namen ehemaliger Profis nach Bamberg kommen. Dieter Nüssing (104 Bundesligaeinsätze mit 13 Toren) und Jörg Dittwar (150 Spiele und 12 Tore) könnten genauso dabei sein wie die slowakischen und tschechischen Vereinslegenden Marek Mintál (Erstliga-Torschützenkönig 2005) und Pavel Kuka (Vize-Europameister 1996).
„Nicht zu vergessen Leute wie Andreas Wolf oder Martin Driller”, sagt Wolfgang Heyder. „Oder auf wen ich mich persönlich freue: Dieter Eckstein. Mit ihm ist der Club 1985 als Meister in die erste Liga aufgestiegen. Insgesamt hat er fast 200 Mal für Nürnberg gespielt und ist mit knapp 70 Toren hinter Heinz Strehl der Bundesliga-Torschütze mit der zweithöchsten Trefferzahl beim FC.“
Welche Spieler letztlich, auch auf Seiten der Traditionself der Eintracht Bamberg, genau teilnehmen werden, müsse man (Stand Mitte Juli) aber abwarten. „Thomas Ziemer und Christoph Starke, der Trainer der Bamberger, werden aber auf jeden Fall schlagkräftige Mannschaften mitbringen.“
Auch die Frage, ob sich die beiden Allstar-Teams dann tatsächlich einen kräftigen Schlagabtausch liefern oder eher Spaß und fußballerische Tricks das Spiel dominieren, wird erst auf dem Platz beantwortet. „Ich erwarte ein Mittelding. Beide werden schon ernsthaft spielen und gewinnen wollen, aber besonders intensiv wird es wahrscheinlich nicht. Die Mannschaftsmitglieder freuen sich immer sehr, wenn sie zusammenkommen und ein schönes Spiel zeigen können. Und hinterher wollen sie auch ein Bierchen miteinander trinken.“
Sportlich interessanter dürfte es derweil werden, wenn der FV 1912 goolkids Bamberg und der SV Altsittenbach den Platz im Spiel davor betreten. Denn dann spielt der Bayerische Inklusionsfußball-Meister, beziehungsweise der allererste Träger dieses Titels, gegen den Tabellendritten der letzten Saison. „Diese beiden Mannschaften sind extrem ehrgeizig und gehen mit großem Herzblut an die Sache ran. Zur Vorbereitung trainieren sie mindestens einmal die Woche und Bamberg möchte bestimmt ein bisschen Revanche nehmen, denn Altsittenbach hat den FV im Saison-Halbfinale besiegt. Aber Hauptsache ist, es fallen viele Tor und es gibt viel Erlös.“