Seit November ist Dr. Birgit Kastner die neue Ordinariatsrätin und Hauptabteilungsleiterin Kunst und Kultur des Erzbischöflichen Ordinariats Bamberg. Die Kunsthistorikerin kennt die Strukturen des Dombergs aus ihrer Zeit als Dombergkoordinatorin von 2013 bis 2016 bestens. Wir haben mit ihr über Kirche und Kunst gesprochen.
Dr. Kastner, worin bestehen Ihre Aufgaben als neue Ordinariatsrätin und Hauptabteilungsleiterin Kunst und Kultur?
Birgit Kastner: Als Hauptabteilungsleiterin Kunst und Kultur unterstehen mir das Diözesanmuseum, die Domtouristik, die Kunstdenkmalpflege und die Bibliothek des Metropolitankapitels, das heißt die wissenschaftliche Bibliothek. Als Ordinariatsrätin bin ich Mitglied der Ordinariatskonferenz, dem obersten Entscheidungsgremium des Erzbistums. Spektakulär ist, dass in diesem bisher nur mit Männern besetzten Gremium nun drei Frauen Mitglied sind. Das Erzbistum Bamberg folgt damit dem Anliegen des „Synodalen Wegs“, das heißt des Reformprozesses, der unter anderem die Stärkung der Position der Frau in der katholischen Kirche verfolgt. Das Hauptaugenmerk meiner Stelle liegt seinerseits darauf, die Rolle der katholischen Kirche und des Erzbistums Bamberg in der Gesellschaft präsent zu halten und unser kulturelles Erbe zu bewahren und zu vermitteln.
Was bereitet Ihnen mehr Freude: Die Verwaltungsaufgaben als Ordinariatsrätin oder die kulturelle Arbeit der Hauptabteilungsleiterin?
Birgit Kastner: Beides hat faszinierende Aspekte, die für die Gesamttätigkeit sehr wichtig sind. Der Bereich als Ordinariatsrätin, wo ich an großen Prozessen des Bistums teilhaben kann, ist faszinierend und hat eine große Verantwortung, denn in diesem Bereich habe ich die Möglichkeit, die Rolle von Kunst und Kultur im Erzbistum zu stärken und gestalterisch an Strukturprozessen oder Neuausrichtung mitwirken. Als studierte Kunsthistorikerin liegt mir der tägliche Umgang mit der Kunst und die Erhaltung und Vermittlung von Kulturerbe natürlich besonders am Herzen. Am meisten freue ich mich darauf, Akzente mit zeitgenössischer Kunst zu setzen, Kontakt mit zeitgenössischen Kulturschaffenden zu haben. Ich möchte, dass es einen Dialog gibt zwischen zeitgenössischer Kunst und dem, was wir im Bestand haben, also in Museum und Kirchen.
Sie haben die Stelle seit Anfang November 2020 inne. Wie sieht Ihr Fazit bisher aus?
Birgit Kastner: Als ich die Stelle antrat, war meine erste Amtshandlung, wegen der Corona-Pandemie das Diözesanmuseum schließen zu müssen. Unter Pandemiebedingungen kann man nicht mit herkömmlichen Erwartungen arbeiten, entsprechend schwer ist ein Fazit. Wie der gesamte Kulturbetrieb fahren auch wir auf Sicht.
Wird sich eine Handschrift in der kulturellen Ausrichtung des Erzbistums erkennen lassen? Welche Linien möchten Sie verfolgen?
Birgit Kastner: Mir ist es wesentlich, unser kulturelles Erbe zukunftsfähig zu machen. Das heißt, Kontextualisierung und Resonanzen zu schaffen zwischen dem, was die Kirche aus ihrer mehrere tausend Jahre alten Geschichte mitbringt und dem, was Kirche, Kunst und Kultur heute bedeutet.
Via Lewandowskys letztjährige Installation “Good/God” zwischen den Türmen des Doms hat im wahrsten Sinne des Wortes in die Stadt hineingestrahlt. Planen Sie Ausstellungen in ähnlicher Größenordnung?
Birgit Kastner: Ausstellungen, die mit einem so großen kuratorischen und finanziellen Aufwand einhergehen, sind Ausstellungen, die nicht jedes Jahr stattfinden können. Was ich wegweisend an dieser Ausstellung fand, war der Dialog mit zeitgenössischer Kunst und unserem Sammlungsbestand. Das soll auf alle Fälle wiederholt werden, das gehört zu meinen festen Vorsätzen. Kunst und Kultur des Erzbistums soll nicht nur im Bamberger Diözesanmuseum verortet und sichtbar sein, sondern die Hauptabteilung soll an vielen Stellen sichtbar werden. “Good/God” war ganz signifikant ein Zeichen, das in die Stadt hinaus gestrahlt hat. Wir werden auch in Zukunft den Austausch und den Dialog mit zeitgenössischen Künstlern suchen, auch um über das Erzbistum hinaus sichtbar zu sein.
Wie groß ist die Bereitschaft der zeitgenössischen Kunst, mit der Kirche, die nicht unbedingt für das Zeitgenössische steht, zu kooperieren?
Birgit Kastner: Das halte ich für eine Fehleinschätzung. Sehr viele zeitgenössische Künstler sind bekennende Christen oder arbeiten im sakralen Raum. Zahlreiche documenta-Künstler zum Beispiel oder hier in Bamberg Markus Lüpertz oder Rui Chafes.
Kunst zu erzeugen, ist sehr oft die Auseinandersetzung mit sich selbst und dem eigenen Schicksal – Fragen, die sich aufgrund ihres existenziellen Charakters sehr oft mit Glauben auseinandersetzen.
Gerade im Bereich der sakralen Kunst gibt es sehr viele zeitgenössische Themen wie Kirchenfenster, Kirchenausstattung oder viele prominente Beispiele moderner Kirchenarchitektur. Die Kirche hat eine große Tradition als Auftraggeber für Kunst. Die Verbindung zwischen Kunst und Kirche, die Rolle der Kirche für Kunst und Gesellschaft war für Europa über Jahrhunderte identitätsstiftend. An diese Rolle gilt es anzuknüpfen.
Was ist kulturell in der Hauptabteilung Kunst und Kultur für 2021 geplant?
Birgit Kastner: Wir werden 2021 keine neuen Ausstellungen haben. Wir werden die Zäsur der personellen Neuaufstellung und der Schließungen zur Neukonzeption nutzen. Ich stelle mich zusammen mit meinen Abteilungsleitungen neu auf. Wir arbeiten intensiv daran, alternative Möglichkeiten der Kunst- und Kulturbegegnung zu schaffen, das ist unser Hauptaugenmerk. Zum Beispiel entwickeln und erweitern wir unsere digitalen Angebote. Wir prüfen, was wir online umsetzen können. Als Hauptabteilungsleiterin Kunst und Kultur bin ich auch für das Heinrichsfest verantwortlich – dabei fragen wir uns, wie wir dieses Format in die Zukunft bringen oder es pandemietauglich machen können.