Akti­on Mensch

Inklu­si­ons­ba­ro­me­ter Arbeits­markt: Schlech­te Pro­gno­se für Men­schen mit Behin­de­rung in Bayern

2 Min. zu lesen
Inklusionsbarometer
Inklusion auf dem Arbeitsmarkt, Foto: Thilo Schmülgen, Aktion Mensch
Das neue Inklu­si­ons­ba­ro­me­ter Arbeit der Akti­on Mensch zeigt: Weni­ger Arbeits­lo­se sind kein Indiz für mehr Inklu­si­on und die Gleich­be­rech­ti­gung von Men­schen mit Behin­de­rung auf dem Arbeits­markt Bay­erns macht kei­ne Fortschritte.

Auf den ers­ten Blick ver­mel­det das dies­jäh­ri­ge Inklu­si­ons­ba­ro­me­ter Arbeit der Sozi­al­or­ga­ni­sa­ti­on Akti­on Mensch gute Nach­rich­ten für Bay­ern. Die Anzahl der arbeits­lo­sen Men­schen mit Behin­de­rung ist eben­so gesun­ken wie die Arbeits­lo­sen­quo­te – die Nach­we­hen der Coro­na-Pan­de­mie schei­nen über­wun­den. Das teil­te die Akti­on Mensch heu­te (30. Novem­ber) mit.

Doch trotz die­ser posi­ti­ven Ent­wick­lung sei­en Men­schen mit Behin­de­rung auf dem Arbeits­markt wei­ter­hin struk­tu­rell dis­kri­mi­niert. Nicht nur kon­junk­tu­rel­le Schwan­kun­gen, son­dern vor allem die unzu­rei­chen­de Ein­stel­lungs­be­reit­schaft von Unter­neh­men ste­hen laut Akti­on Mensch einer wirk­li­chen Ver­bes­se­rung ent­ge­gen. Nach wie vor beschäf­tigt mehr als ein Vier­tel der dazu ver­pflich­te­ten Betrie­be in Bay­ern kei­ne Men­schen mit Behinderung.

So zeich­net das elf­te Inklu­si­ons­ba­ro­me­ter ein gespal­te­nes Bild. Zwar hat sich die Anzahl der Arbeits­lo­sen mit Behin­de­rung in Bay­ern im ver­gan­ge­nen Jahr um rund fünf Pro­zent auf 23.337 redu­ziert. Doch die Erho­lung währt nur kurz. Betrach­tet man die Ent­wick­lung im lau­fen­den Jahr, so zeigt sich, dass der Wert seit Juni wie­der höher liegt als im Jahr 2022. „Der kon­junk­tu­rel­le Abschwung ist mitt­ler­wei­le auch auf dem Arbeits­markt ange­kom­men“, sagt Bert Rürup, Prä­si­dent des am Baro­me­ter betei­lig­ten Han­dels­blatt Rese­arch Insti­tu­tes. „Wir rech­nen in Deutsch­land mit einer um 0,5 Pro­zent schrump­fen­den gesamt­wirt­schaft­li­chen Leis­tung, die auch die Arbeits­markt­chan­cen von Men­schen mit Behin­de­rung ein­mal mehr eintrübt.“

Kei­ne Gleich­be­rech­ti­gung auf dem Arbeitsmarkt

Obgleich in Bay­ern die Arbeits­lo­sen­quo­te bei Men­schen mit Behin­de­rung 2022 auf etwa neun Pro­zent gesun­ken ist, liegt sie fast drei­mal so hoch wie die all­ge­mei­ne Quo­te – die zudem im Ver­gleich stär­ker sinkt. Der Anteil der lang­zeit­ar­beits­lo­sen Men­schen mit Behin­de­rung ist mit rund 39 Pro­zent nahe­zu gleich geblie­ben, unter­schei­det sich gegen­über lang­zeit­ar­beits­lo­sen Men­schen ohne Behin­de­rung aber nach wie vor erheblich.

Bun­des­weit sta­gniert zudem die Abgangs­ra­te aus der Arbeits­lo­sig­keit, die einen wei­te­ren Miss­stand in punc­to Chan­cen­gleich­heit beschreibt. Men­schen ohne Behin­de­rung haben eine mehr als dop­pelt so hohe Chan­ce, einen neu­en Arbeits­platz zu fin­den als Men­schen mit Behinderung.

„Die Sche­re muss end­lich klei­ner denn grö­ßer wer­den“, sagt Chris­ti­na Marx, Spre­che­rin der Akti­on Mensch. „und die Ver­bes­se­rung nach­hal­ti­ger. Von einer Gleich­be­rech­ti­gung ist Deutsch­land noch immer mei­len­weit ent­fernt. Und das fast 15 Jah­re nach Inkraft­tre­ten der UN-Behin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on, die das Recht auf Teil­ha­be am Arbeits­markt beschreibt.“

Appell an Unter­neh­men: Ein­stel­lungs­wi­der­stand überwinden

Ent­schei­dend für die Zukunft der Inklu­si­on auf dem Arbeits­markt ist laut Akti­on Mensch die Ein­stel­lungs­be­reit­schaft der Arbeit­ge­be­rIn­nen. Aber auch hier macht sich Ernüch­te­rung breit. Mehr als 29.000 Unter­neh­men in Bay­ern sind gesetz­lich dazu auf­ge­for­dert, min­des­tens fünf Pro­zent ihrer Arbeits­plät­ze an Men­schen mit Behin­de­rung zu ver­ge­ben. Der Anteil der Arbeit­ge­be­rIn­nen, die alle Pflicht­ar­beits­plät­ze beset­zen, fällt jedoch auf fast 39 Pro­zent. Kei­ner­lei Men­schen mit Behin­de­rung beschäf­tigt dage­gen noch immer mehr als jedes vier­te Unternehmen.

Für Chris­ti­na Marx ist das nicht nach­voll­zieh­bar. „Wie kön­nen Unter­neh­men es sich in Zei­ten des immer bri­san­ter wer­den­den Fach­kräf­te­man­gels leis­ten, so leicht­fer­tig auf die Poten­zia­le von Inklu­si­on zu ver­zich­ten? Ins­be­son­de­re, da wir aus unse­rer Stu­di­en­ar­beit wis­sen, dass es unter Men­schen mit Behin­de­rung im Ver­gleich mehr gut qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te gibt.“

Eine Mög­lich­keit, dem ent­ge­gen­zu­wir­ken, könn­ten die ein­heit­li­che Ansprech­stel­len für Arbeit­ge­be­rIn­nen sein, die zum 1. Janu­ar 2022 ihre Arbeit auf­nah­men. Sie unter­stüt­zen Unter­neh­men hin­sicht­lich der Aus­bil­dung, Ein­stel­lung und Beschäf­ti­gung von Men­schen mit Behin­de­rung und sol­len eine ver­läss­li­che Bera­tung und Beglei­tung gewähr­leis­ten. Die ers­ten Erfah­run­gen sind für die Akti­on Mensch ermu­ti­gend. Im ver­gan­ge­nen Jahr hat­ten die Ansprech­stel­len ins­ge­samt bereits mehr als 10.000 Betriebskontakte.

Über die Akti­on Mensch e.V.

Die Akti­on Mensch ist die größ­te pri­va­te För­der­or­ga­ni­sa­ti­on im sozia­len Bereich in Deutsch­land. Seit ihrer Grün­dung im Jahr 1964 hat sie mehr als fünf Mil­li­ar­den Euro an sozia­le Pro­jek­te wei­ter­ge­ge­ben. Ziel der Akti­on Mensch ist, die Lebens­be­din­gun­gen von Men­schen mit Behin­de­rung, Kin­dern und Jugend­li­chen zu ver­bes­sern und das Mit­ein­an­der in der Gesell­schaft zu för­dern. Mit den Ein­nah­men aus ihrer Lot­te­rie unter­stützt die Akti­on Mensch jeden Monat bis zu 1.000 Projekte.

Weiterer Artikel

Bas­ket­ball

Gegen die Ros­tock Sea­wol­ves: Zwei­ter Sieg für die Bas­kets in drei Tagen

Nächster Artikel

Arbeits­markt der Region

Herbst­be­le­bung been­det: Arbeits­lo­sig­keit in der Regi­on wuchs im November