Das neue Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch zeigt: Weniger Arbeitslose sind kein Indiz für mehr Inklusion und die Gleichberechtigung von Menschen mit
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Aktion Mensch
Inklusionsbarometer Arbeitsmarkt: Schlechte Prognose für Menschen mit Behinderung in Bayern
Das neue Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch zeigt: Weniger Arbeitslose sind kein Indiz für mehr Inklusion und die Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt Bayerns macht keine Fortschritte.
Auf den ersten Blick vermeldet das diesjährige Inklusionsbarometer Arbeit der Sozialorganisation Aktion Mensch gute Nachrichten für Bayern. Die Anzahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung ist ebenso gesunken wie die Arbeitslosenquote – die Nachwehen der Corona-Pandemie scheinen überwunden. Das teilte die Aktion Mensch heute (30. November) mit.
Doch trotz dieser positiven Entwicklung seien Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt weiterhin strukturell diskriminiert. Nicht nur konjunkturelle Schwankungen, sondern vor allem die unzureichende Einstellungsbereitschaft von Unternehmen stehen laut Aktion Mensch einer wirklichen Verbesserung entgegen. Nach wie vor beschäftigt mehr als ein Viertel der dazu verpflichteten Betriebe in Bayern keine Menschen mit Behinderung.
So zeichnet das elfte Inklusionsbarometer ein gespaltenes Bild. Zwar hat sich die Anzahl der Arbeitslosen mit Behinderung in Bayern im vergangenen Jahr um rund fünf Prozent auf 23.337 reduziert. Doch die Erholung währt nur kurz. Betrachtet man die Entwicklung im laufenden Jahr, so zeigt sich, dass der Wert seit Juni wieder höher liegt als im Jahr 2022. „Der konjunkturelle Abschwung ist mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt angekommen“, sagt Bert Rürup, Präsident des am Barometer beteiligten Handelsblatt Research Institutes. „Wir rechnen in Deutschland mit einer um 0,5 Prozent schrumpfenden gesamtwirtschaftlichen Leistung, die auch die Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Behinderung einmal mehr eintrübt.“
Keine Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt
Obgleich in Bayern die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Behinderung 2022 auf etwa neun Prozent gesunken ist, liegt sie fast dreimal so hoch wie die allgemeine Quote – die zudem im Vergleich stärker sinkt. Der Anteil der langzeitarbeitslosen Menschen mit Behinderung ist mit rund 39 Prozent nahezu gleich geblieben, unterscheidet sich gegenüber langzeitarbeitslosen Menschen ohne Behinderung aber nach wie vor erheblich.
Bundesweit stagniert zudem die Abgangsrate aus der Arbeitslosigkeit, die einen weiteren Missstand in puncto Chancengleichheit beschreibt. Menschen ohne Behinderung haben eine mehr als doppelt so hohe Chance, einen neuen Arbeitsplatz zu finden als Menschen mit Behinderung.
„Die Schere muss endlich kleiner denn größer werden“, sagt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. „und die Verbesserung nachhaltiger. Von einer Gleichberechtigung ist Deutschland noch immer meilenweit entfernt. Und das fast 15 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention, die das Recht auf Teilhabe am Arbeitsmarkt beschreibt.“
Appell an Unternehmen: Einstellungswiderstand überwinden
Entscheidend für die Zukunft der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt ist laut Aktion Mensch die Einstellungsbereitschaft der ArbeitgeberInnen. Aber auch hier macht sich Ernüchterung breit. Mehr als 29.000 Unternehmen in Bayern sind gesetzlich dazu aufgefordert, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Der Anteil der ArbeitgeberInnen, die alle Pflichtarbeitsplätze besetzen, fällt jedoch auf fast 39 Prozent. Keinerlei Menschen mit Behinderung beschäftigt dagegen noch immer mehr als jedes vierte Unternehmen.
Für Christina Marx ist das nicht nachvollziehbar. „Wie können Unternehmen es sich in Zeiten des immer brisanter werdenden Fachkräftemangels leisten, so leichtfertig auf die Potenziale von Inklusion zu verzichten? Insbesondere, da wir aus unserer Studienarbeit wissen, dass es unter Menschen mit Behinderung im Vergleich mehr gut qualifizierte Fachkräfte gibt.“
Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, könnten die einheitliche Ansprechstellen für ArbeitgeberInnen sein, die zum 1. Januar 2022 ihre Arbeit aufnahmen. Sie unterstützen Unternehmen hinsichtlich der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung und sollen eine verlässliche Beratung und Begleitung gewährleisten. Die ersten Erfahrungen sind für die Aktion Mensch ermutigend. Im vergangenen Jahr hatten die Ansprechstellen insgesamt bereits mehr als 10.000 Betriebskontakte.
Über die Aktion Mensch e.V.
Die Aktion Mensch ist die größte private Förderorganisation im sozialen Bereich in Deutschland. Seit ihrer Gründung im Jahr 1964 hat sie mehr als fünf Milliarden Euro an soziale Projekte weitergegeben. Ziel der Aktion Mensch ist, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung, Kindern und Jugendlichen zu verbessern und das Miteinander in der Gesellschaft zu fördern. Mit den Einnahmen aus ihrer Lotterie unterstützt die Aktion Mensch jeden Monat bis zu 1.000 Projekte.
Aktion Mensch
Inklusionsbarometer Arbeitsmarkt: Schlechte Prognose für Menschen mit Behinderung in Bayern
Das neue Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch zeigt: Weniger Arbeitslose sind kein Indiz für mehr Inklusion und die Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt Bayerns macht keine Fortschritte.
Auf den ersten Blick vermeldet das diesjährige Inklusionsbarometer Arbeit der Sozialorganisation Aktion Mensch gute Nachrichten für Bayern. Die Anzahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung ist ebenso gesunken wie die Arbeitslosenquote – die Nachwehen der Corona-Pandemie scheinen überwunden. Das teilte die Aktion Mensch heute (30. November) mit.
Doch trotz dieser positiven Entwicklung seien Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt weiterhin strukturell diskriminiert. Nicht nur konjunkturelle Schwankungen, sondern vor allem die unzureichende Einstellungsbereitschaft von Unternehmen stehen laut Aktion Mensch einer wirklichen Verbesserung entgegen. Nach wie vor beschäftigt mehr als ein Viertel der dazu verpflichteten Betriebe in Bayern keine Menschen mit Behinderung.
So zeichnet das elfte Inklusionsbarometer ein gespaltenes Bild. Zwar hat sich die Anzahl der Arbeitslosen mit Behinderung in Bayern im vergangenen Jahr um rund fünf Prozent auf 23.337 reduziert. Doch die Erholung währt nur kurz. Betrachtet man die Entwicklung im laufenden Jahr, so zeigt sich, dass der Wert seit Juni wieder höher liegt als im Jahr 2022. „Der konjunkturelle Abschwung ist mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt angekommen“, sagt Bert Rürup, Präsident des am Barometer beteiligten Handelsblatt Research Institutes. „Wir rechnen in Deutschland mit einer um 0,5 Prozent schrumpfenden gesamtwirtschaftlichen Leistung, die auch die Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Behinderung einmal mehr eintrübt.“
Keine Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt
Obgleich in Bayern die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Behinderung 2022 auf etwa neun Prozent gesunken ist, liegt sie fast dreimal so hoch wie die allgemeine Quote – die zudem im Vergleich stärker sinkt. Der Anteil der langzeitarbeitslosen Menschen mit Behinderung ist mit rund 39 Prozent nahezu gleich geblieben, unterscheidet sich gegenüber langzeitarbeitslosen Menschen ohne Behinderung aber nach wie vor erheblich.
Bundesweit stagniert zudem die Abgangsrate aus der Arbeitslosigkeit, die einen weiteren Missstand in puncto Chancengleichheit beschreibt. Menschen ohne Behinderung haben eine mehr als doppelt so hohe Chance, einen neuen Arbeitsplatz zu finden als Menschen mit Behinderung.
„Die Schere muss endlich kleiner denn größer werden“, sagt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. „und die Verbesserung nachhaltiger. Von einer Gleichberechtigung ist Deutschland noch immer meilenweit entfernt. Und das fast 15 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention, die das Recht auf Teilhabe am Arbeitsmarkt beschreibt.“
Appell an Unternehmen: Einstellungswiderstand überwinden
Entscheidend für die Zukunft der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt ist laut Aktion Mensch die Einstellungsbereitschaft der ArbeitgeberInnen. Aber auch hier macht sich Ernüchterung breit. Mehr als 29.000 Unternehmen in Bayern sind gesetzlich dazu aufgefordert, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Der Anteil der ArbeitgeberInnen, die alle Pflichtarbeitsplätze besetzen, fällt jedoch auf fast 39 Prozent. Keinerlei Menschen mit Behinderung beschäftigt dagegen noch immer mehr als jedes vierte Unternehmen.
Für Christina Marx ist das nicht nachvollziehbar. „Wie können Unternehmen es sich in Zeiten des immer brisanter werdenden Fachkräftemangels leisten, so leichtfertig auf die Potenziale von Inklusion zu verzichten? Insbesondere, da wir aus unserer Studienarbeit wissen, dass es unter Menschen mit Behinderung im Vergleich mehr gut qualifizierte Fachkräfte gibt.“
Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, könnten die einheitliche Ansprechstellen für ArbeitgeberInnen sein, die zum 1. Januar 2022 ihre Arbeit aufnahmen. Sie unterstützen Unternehmen hinsichtlich der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung und sollen eine verlässliche Beratung und Begleitung gewährleisten. Die ersten Erfahrungen sind für die Aktion Mensch ermutigend. Im vergangenen Jahr hatten die Ansprechstellen insgesamt bereits mehr als 10.000 Betriebskontakte.
Über die Aktion Mensch e.V.
Die Aktion Mensch ist die größte private Förderorganisation im sozialen Bereich in Deutschland. Seit ihrer Gründung im Jahr 1964 hat sie mehr als fünf Milliarden Euro an soziale Projekte weitergegeben. Ziel der Aktion Mensch ist, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung, Kindern und Jugendlichen zu verbessern und das Miteinander in der Gesellschaft zu fördern. Mit den Einnahmen aus ihrer Lotterie unterstützt die Aktion Mensch jeden Monat bis zu 1.000 Projekte.
Einschätzung Aktion Mensch
Inklusionsbarometer Arbeit: Pandemie für Menschen mit Behinderung noch nicht vorbei
Die Folgen der Pandemie für Menschen mit Behinderung sind auf dem Arbeitsmarkt in Bayern noch immer spürbar. Dies zeigt das jährliche „Inklusionsbarometer Arbeit“ des Inklusionsvereins Aktion Mensch. Zwar würden die Arbeitslosenzahlen nach Jahren der Krise wieder sinken, gleichzeitig verschärfe sich jedoch die Langzeitarbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung. Inklusion auf dem Arbeitsmarkt scheitere zudem oft an der Einstellungspolitik von Unternehmen.
Mehr als ein Drittel aller arbeitslosen Menschen mit Behinderung ist mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung. Das gab der Inklusionsverein Aktion Mensch heute bekannt. Die Zahl bedeute ein Plus von über fünf Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Erholung und Fortschritt der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt würden dabei insbesondere an der Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen scheitern. Zu diesem Ergebnis kommt das „Inklusionsbarometer Arbeit“ der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes, das 2022 zum zehnten Mal erscheint.
Ausgleichsabgabe statt Beschäftigung
Etwa 29.000 Unternehmen in Bayern sind gesetzlich dazu aufgefordert, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Während lediglich rund 40 Prozent dieser Unternehmen alle Pflichtarbeitsplätze besetzen, beschäftigen fast 27 Prozent keine ArbeitnehmerInnen mit Behinderung. Sie entziehen sich vielmehr gänzlich ihrer Verpflichtung und zahlen stattdessen die volle Höhe der sogenannten Ausgleichsabgabe. Diesen Vorgang bezeichnet die Aktion Mensch als ein Sich-Freikaufen.
Diese derzeitige Einstellungspolitik sei vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen von Unternehmen, die Menschen mit Behinderung beschäftigen, umso kritischer zu bewerten. 80 Prozent geben laut einer bundesweiten repräsentativen Befragung an, keine Leistungsunterschiede zwischen KollegInnen mit und ohne Behinderung wahrzunehmen.
„Die Entwicklung der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt hängt entscheidend von der Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen ab“, sagt Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes. „Doch trotz zunehmender Personalengpässe ignorieren viele das Potenzial von ArbeitnehmerInnen mit Behinderung.“
Stabile Arbeitsverhältnisse versus Langzeitarbeitslosigkeit
Einmal auf dem Arbeitsmarkt angekommen, bewertet der Großteil der Angestellten mit Behinderung in Deutschland den Einsatz ihrer Fähigkeiten laut „Inklusionsbarometer Arbeit“ als adäquat. 89 Prozent bestätigen, dass sie ihren beruflichen Qualifikationen entsprechend eingesetzt würden.
Gleichzeitig erweisen sich bestehende Arbeitsverhältnisse als stabil. 2021 gab es bundesweit mit 19.746 so wenig Anträge auf Kündigung von Menschen mit Behinderung wie noch nie seit Erscheinen des ersten Inklusionsbarometers. Gleiches gilt für Bayern mit 3.121 Anträgen.
Sind Menschen mit Behinderung dagegen arbeitslos, zeige sich ein anderes Bild. Bundesweit sei im vergangenen Jahr lediglich drei Prozent die Rückkehr in den Arbeitsmarkt gelungen. Bei Menschen ohne Behinderung waren es sieben Prozent. Arbeitslose ohne Behinderung haben folglich eine mehr als doppelt so hohe Chance, eine Anstellung zu finden als Arbeitslose mit Behinderung. Dies verstärke weiterhin die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit. In Bayern sind 9.627 potenzielle ArbeitnehmerInnen – 39 Prozent der arbeitslosen Menschen mit Behinderung – mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung. Der Anteil an Langzeitarbeitslosen mit Behinderung liegt in Bayern damit unter dem Bundesdurchschnitt von rund 47 Prozent.
„Der in ganz Deutschland erneut gestiegene Anteil an langzeitarbeitslosen Menschen mit Behinderung ist alarmierend“, sagt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. „Dieser Missstand verfestigt sich mehr und mehr. Ohne eine drastische Verstärkung der Inklusionsbemühungen wird die Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren kaum aufzuheben sein.“