“Insel einsam” ist die neueste Videoveröffentlichung von Bambägga. Auch wenn das Stück, in dem es um Verlust, Flucht und Resignation geht, so klingt – das Hip Hop-Trio aus Frontmann Jonas Ochs, Cony MC und DJ Startklar wollte damit ausdrücklich keinen Corona-Kommentar abliefern. Bleibt aber noch die Frage, ob “Insel einsam” eine Ankündigung des Endes von Bambägga sein soll. Wir haben mit Jonas Ochs gesprochen.
Jonas, das Video zu “Insel einsam” zeigt Szenen einer zu Ende gehenden Beziehung. Die Frau und der Mann scheinen sich aber in Freundschaft und nur aufgrund von äußerem Druck, vor dem sie gerne auf eine einsame Insel fliehen würden, zu trennen. Sind das Anspielungen auf eigene biografische Erlebnisse oder auf derzeitige gesellschaftliche Entwicklungen?
Jonas Ochs: Die Rückmeldung vieler Leute, die das Video gesehen haben, sah tatsächlich schon oft so aus, dass sie es für einen Corona-Kommentar halten. Aber das Lied ist schon vor Corona geschrieben worden und, genau, es geht um das freundschaftliche Ende einer Beziehung – ein zeitloses Thema also. Ein Thema, das für mich zwar nicht aktuell ist, aber auch in meiner Biografie schon vorkam.
Die Szenen sind sehr filmisch. Gab es ein Drehbuch? Wer hat es geschrieben?
Jonas Ochs: Ja, das war ich! Ich wollte das schon länger machen. Im Rap wird ja unendlich viel geredet und ich finde die Option eines Videos und seiner Bildsprache eine sehr attraktive Möglichkeit, das Lied nochmal, auf eine andere Art und Weise, zu gestalten. So ein Video kann ein Lied aufwerten und nochmal ganz anders sprechen lassen. Für “Insel einsam” wollte ich schon fast strebermäßig alles für ein Video vorbereiten und nicht total planlos einfach nach dem Motto “wir machen jetzt mal ein bisschen Hip Hop” anfangen. In der Geschichte von Bambägga haben wir gelernt, was beim Videodrehen gut ist und was eher hindert. Wir sind oft genug mit unserem berufs-jugendlichen Leichtsinn naiv in irgendwelche Situationen gestolpert, die wegen unserer Unvorbereitetheit dann für alle unangenehm waren.
“Insel einsam” stammt, wie erwähnt, aus der Zeit vor der Pandemie – diese wird also nicht ausdrücklich erwähnt. Aber bei Beschreibungen von Verlust, wie sie im Text vorkommen, denkt man in diesen Zeiten unwillkürlich natürlich sofort an die Pandemie. Stört es euch, dass Corona zwischen den Zeilen mitschwingt?
Jonas Ochs: Nein, eigentlich nicht. Hätten wir vor fünf oder sechs Jahren ein eher gefühlvolles Stück wie “Insel einsam” rausgebracht, hätten sich viele Leute im Gegensatz zu heute nicht getraut, es zum Beispiel in den sozialen Medien zu kommentieren oder zu teilen. Das Genre Hip Hop ist dafür zu sehr von einem etwas chauvinistischen coolen Machobild geprägt. Aber die Zeit macht möglich, was früher ein No-go gewesen wäre, nämlich auch als Hip Hop-Band öffentlich Gefühle oder Schwäche zu zeigen. Die Leute sind empfindsamer für solche Themen geworden – das merke ich an den Reaktionen auf das Video. Mit Einsamkeit können sich ja momentan fast alle identifizieren.
Eine weitere Lesart des Liedes, seiner persönlichen Momente des Aufgebens, könnte sich auch auf die sich immer mehr einstellende Resignation in der Kulturszene beziehen.
Jonas Ochs: “Insel einsam” ist schon das vierte Video, das wir während der Pandemie veröffentlicht haben. Wir möchten unseren Fans einfach so gut es geht etwas anbieten. Aber gar nicht so sehr als Kommentar zur Zeit oder Kritik an irgendwelchen Maßnahmen. Aus Debatten wollten wir uns immer raushalten. Wir wollen zeigen, dass wir da sind, auch wenn die Zeiten schwierig sind, und für 3:30 Minuten einen kreativen Input anbieten, in einer Zeit, in der viele stillstehen müssen und vielleicht auch langsam innerlich gelähmt sind.
Im Lied kommen ebenfalls Formulierungen wie “der letzte Akt beginnt” oder “wir sind gestrandet” vor. Ist das Stück eine Ankündigung des Endes von Bambägga?
Jonas Ochs: Nein, nein! Wie haben heute zwar alle Familien und Cony, unser zweiter Rapper, wohnt schon seit zehn Jahren in Berlin. Wir haben also durchaus schon ein paar Dinge gemacht, die den letzten Akt einer Band einleiten könnten. Aber wir haben es bis jetzt noch immer geschafft, Texte zu schreiben und Musik zu produzieren. Es gibt Phasen, in denen man mehr macht, so wie gerade, und es gibt Phasen, da macht man weniger. Aber wie auch immer ist die Band nach wie vor fester Bestandteil unserer Leben. Ein Vorteil ist ja auch, dass wir finanziell nicht von der Band leben müssen. Das gibt uns gewisse Freiheiten, nicht ständig aktiv sein zu müssen. Auf jeden Fall ist “Insel einsam” keine Ankündigung unseres Endes. Dafür würden wir auch ein ganz anderes Lied wählen – so in der Art des letzten Tages der Sandkerwa, wo es nochmal richtig kracht.
Auch heißt es im Text des Liedes, dass ein Fazit gezogen wird. Bambägga gibt es seit 16 Jahren. Was ist euer Fazit bisher?
Jonas Ochs: Ein Fazit könnte sein: Es geht immer weiter – das ist unser Antrieb. Oder, auch wenn das jetzt ein mega Kalenderspruch ist: Am Ende ist der Weg das Ziel. Die schönsten Momente waren nicht, zum Beispiel in Coburg vor 6.000 Leuten aufzutreten. Das war schon toll, aber eigentlich blicke ich am liebsten auf die wahnsinnig vielen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, die wir in den Jahren hatten, zurück. Manchmal treffe ich Leute, die schon als Jugendliche bei unseren Konzerten waren und heute mit ihren Kindern zu uns kommen. Wegbegleiter zu sein ist die schönste Anerkennung. Und nach 16 Jahren unseren Namen nicht mehr überall buchstabieren zu müssen, ist auch nicht schlecht.