Stu­die

Lebens­zu­frie­den­heit durch Coro­na-Aus­wir­kun­gen deut­lich gesunken

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LIfBi Außenansicht Wilhelmspost, Foto: Jürgen Schabel /Universität Bamberg
Mit­hil­fe von Daten des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels (NEPS) konn­te erst­mals dif­fe­ren­ziert nach Alters­grup­pen die Lebens­si­tua­ti­on von Erwach­se­nen wäh­rend des ers­ten Lock­downs in Deutsch­land unter­sucht wer­den, wobei ins­be­son­de­re die Zufrie­den­heit und die Zukunfts­er­war­tun­gen von über 65-Jäh­ri­gen betrach­tet wurden.

Es zeigt sich: Älte­re tei­len die­sel­ben Sor­gen, ins­be­son­de­re dar­über, dass die Kluft zwi­schen Arm und Reich wei­ter wächst. Ernst­haf­te Geld­pro­ble­me bei sich oder Nahe­ste­hen­den erwar­ten älte­re dage­gen deut­lich sel­te­ner als jün­ge­re Jahrgänge. 

Für die Aus­wer­tung wur­den die Ant­wor­ten von 2.273 Erwach­se­nen zwi­schen 33 und 76 Jah­ren her­an­ge­zo­gen, die regel­mä­ßig im Rah­men des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels befragt wer­den und im Mai 2020 an einer Coro­na-Zusatz­er­he­bung teil­ge­nom­men haben. Bei der Ana­ly­se wur­de die Lebens­si­tua­ti­on der Befrag­ten im Alter von über 65 Jah­ren mit der von jün­ge­ren Befrag­ten ver­gli­chen – zum einen im Hin­blick auf die aktu­el­le Lebens­zu­frie­den­heit, zum ande­ren bezüg­lich ihrer Erwar­tun­gen an die Zukunft.


Älte­re nicht stär­ker belastet

Erwar­tungs­ge­mäß hat die Coro­na-Pan­de­mie in Ver­bin­dung mit dem ers­ten Lock­down die Lebens­zu­frie­den­heit der Men­schen ver­rin­gert – um knapp einen Punkt auf einer Ska­la von 0 (ganz und gar unzu­frie­den) bis 10 (ganz und gar zufrie­den). Die­ser Befund zeigt sich in allen Alters­grup­pen glei­cher­ma­ßen. Befrag­te über 65 Jah­re waren also vom Lock­down mit all sei­nen sozia­len Fol­gen nicht stär­ker betrof­fen als jün­ge­re Erwach­se­ne. Zu den indi­vi­du­el­len Grün­den für den Zufrie­den­heits­rück­gang in den ver­schie­de­nen Alters­grup­pen lässt die Befra­gung jedoch kei­ne Rück­schlüs­se zu.

„Dass der Rück­gang der Zufrie­den­heit bei allen Alters­grup­pen etwa gleich stark war, hat uns über­rascht“, so Dr. Phil­ipp Hand­schuh, Haupt­au­tor der Aus­wer­tung. „Wir hat­ten ver­mu­tet, dass die Zufrie­den­heit der Älte­ren durch Reduk­ti­on der sozia­len Kon­tak­te beson­ders lei­det. Aller­dings muss man ein­schrän­kend sagen, dass wir bei unse­rer Online-Umfra­ge natür­lich vor allem die Älte­ren mit Zugang zu digi­ta­len Tech­no­lo­gien erreicht haben, durch die feh­len­de per­sön­li­che Sozi­al­kon­tak­te zum Teil ja auch kom­pen­siert wer­den konnten.“


Älte­re und Jün­ge­re tei­len die­sel­ben Sorgen

Bei der Fra­ge nach ihren Sor­gen zeig­te sich, dass alle unter­such­ten Alters­grup­pen in ähn­li­chem Aus­maß eine Über­las­tung des Gesund­heits­sys­tems oder eine län­ge­re schwe­re Wirt­schafts­kri­se fürch­ten. Am stärks­ten war dabei die Sor­ge dar­über aus­ge­prägt, dass die finan­zi­el­le Kluft zwi­schen Arm und Reich durch die Pan­de­mie wei­ter wach­sen werde.

In Bezug auf ihre Erwar­tun­gen für die Zukunft zeig­ten sich wie­der­rum Unter­schie­de zwi­schen den Alters­grup­pen. Befrag­te über 65 Jah­re hiel­ten eige­ne Geld­pro­ble­me, eine Ein­schrän­kung ihres Lebens­stan­dards oder mög­li­che finan­zi­el­le Not­la­gen ihrer Ange­hö­ri­gen für deut­lich weni­ger wahr­schein­lich als jün­ge­re Befrag­te. Auch die Erkran­kung von Ange­hö­ri­gen an Coro­na hiel­ten die Älte­ren für unwahr­schein­li­cher. Ledig­lich wenn es um die eige­ne Gesund­heit geht, rech­ne­ten alle Alters­grup­pen etwa gleich stark mit Einschränkungen.

Alle Ergeb­nis­se der Aus­wer­tung fin­den sich im voll­stän­di­gen Bericht „Älte­re Erwach­se­ne in der Coro­na-Kri­se“ der auf https://www.lifbi.de/Corona mit wei­te­ren Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zum Down­load bereit steht.


Über das NEPS und die Zusatzbefragung

Das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel (NEPS), das am Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) in Bam­berg behei­ma­tet ist, besteht aus sechs gro­ßen Teil­stu­di­en, den soge­nann­ten Start­ko­hor­ten. Die­se umfas­sen ins­ge­samt mehr als 60.000 getes­te­te und befrag­te Per­so­nen von der Geburt über Aus­bil­dungs- und Erwerbs­pha­se bis hin­ein in die Nach­er­werbs­pha­se sowie 40.000 zusätz­lich befrag­te Per­so­nen aus deren Umfeld, etwa Eltern und päd­ago­gi­sches Fach­per­so­nal. Die Stich­pro­ben der Start­ko­hor­ten wur­den reprä­sen­ta­tiv für ganz Deutsch­land gezo­gen. Die so erho­be­nen Daten wer­den anony­mi­siert und Bil­dungs­for­schen­den welt­weit zugäng­lich gemacht.

Das NEPS wird getra­gen von einem inter­dis­zi­pli­när zusam­men­ge­setz­ten, deutsch­land­wei­ten Exzel­lenz­netz­werk, in dem zwölf renom­mier­te For­schungs­in­sti­tu­te zusam­men­ar­bei­ten. Gelei­tet wird das NEPS von Prof. Dr. Cor­du­la Artelt vom Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe in Bamberg.

Durch die Zusatz­be­fra­gung im Mai und Juni 2020 wur­den die aktu­el­len Erleb­nis­se und Ein­drü­cke der NEPS-Teil­neh­men­den in der Zeit zwi­schen dem Beginn der Beschrän­kun­gen und den ers­ten Locke­run­gen wäh­rend der Coro­na-Kri­se ermit­telt und so gemein­sam mit den ande­ren Längs­schnitts­da­ten des NEPS für die Bil­dungs­for­schung nutz­bar gemacht. Die Daten wur­den gewich­tet und post­stra­ti­fi­ziert, um Ver­zer­run­gen in der Stich­pro­be auszugleichen.


Über das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi)

Das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) unter­sucht Bil­dungs­pro­zes­se von der Geburt bis ins hohe Erwach­se­nen­al­ter. Um die bil­dungs­wis­sen­schaft­li­che Längs­schnitt­for­schung in Deutsch­land zu för­dern, stellt das LIf­Bi grund­le­gen­de, über­re­gio­nal und inter­na­tio­nal bedeut­sa­me, for­schungs­ba­sier­te Infra­struk­tu­ren für die empi­ri­sche Bil­dungs­for­schung zur Verfügung.

Kern des Insti­tuts ist das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel (NEPS), das am LIf­Bi behei­ma­tet ist und die Exper­ti­se eines deutsch­land­wei­ten, inter­dis­zi­pli­nä­ren Exzel­lenz­netz­werks ver­eint. Wei­te­re Groß­pro­jek­te, an denen das LIf­Bi betei­ligt oder füh­rend ist, sind die Geflüch­te­ten­stu­di­en ReGES und Bil­dungs­we­ge­Flucht oder das Inklu­si­ons­pro­jekt INSIDE. Grund­la­ge dafür sind die eige­nen For­schungs- und Ent­wick­lungs­ar­bei­ten, ins­be­son­de­re die fun­dier­te Instru­men­ten- und Metho­den­ent­wick­lung für längs­schnitt­li­che Bil­dungs­stu­di­en, von der auch ande­re Infra­struk­tur­ein­rich­tun­gen und ‑pro­jek­te profitieren.

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