Zwi­schen Punk­rock und epi­schen Klanglandschaften

Mat­ze Rossi

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Rossi
Matze Rossi kommt am 16. Oktober in den Kulturboden nach Hallstadt. Foto: Sven Koppmann
Der Schwein­fur­ter Song­wri­ter, Sän­ger und Gitar­rist Mat­ze Ros­si ist heu­te als bekann­ter Solo­künst­ler unter­wegs. Sei­ner umfang­rei­chen Dis­ko­gra­fie fügt er mit der aktu­el­len LP/​CD „Wunder.punkt“ neu­es Mate­ri­al hin­zu. Für ihn das per­sön­lichs­te und reflek­tier­tes­te Werk, das er je gemacht hat. Die dar­auf ent­hal­te­nen 10 Lie­der spre­chen von den Her­aus­for­de­run­gen des Lebens, von der Ver­letz­lich­keit und von den klei­nen und gro­ßen Wun­dern, die uns prä­gen. Selbst­ver­ständ­lich geht er damit auch auf Tour­nee, am 16. Okto­ber ist er im Kul­tur­bo­den in Hall­stadt zu Gast.
Mit wel­cher Musik bist du als Kind/​Jugendlicher auf­ge­wach­sen. Wer hat dich beein­flusst, sel­ber Musik zu machen?

Ich bin mit sehr musik­be­geis­ter­ten Eltern groß gewor­den, bei uns lie­fen die Beat­les, die Stones, Bob Dylan, Jazz, Blues, aber auch Klas­sik. Das hat mir schon früh gezeigt, dass Musik mehr ist als Unter­hal­tung: Sie ist eine Spra­che, die Men­schen ver­bin­det, beru­higt und wach­rüt­telt. Mit 11 oder 12 war mir klar, dass ich selbst Musik machen und mit mei­nen Songs durch Städ­te und Län­der rei­sen möch­te. Damals habe ich auch mei­ne ers­te Band gegründet.


Hast Du pro­fes­sio­nell ein Instru­ment erlernt und ggf. sogar ein Stu­di­um mit Bezug zu Musik absolviert?

Als Kind hat­te ich vier Jah­re Kla­vier- und drei Jah­re Trom­pe­ten­un­ter­richt. Aller­dings hat­ten mei­ne Lehrer*innen nicht die Geduld oder viel­leicht auch nicht die Lust, mir das bei­zu­brin­gen, was ich eigent­lich machen woll­te. Oder ich war zu unge­dul­dig. Des­halb ist das, was ich heu­te spie­le, kom­plett auto­di­dak­tisch und intuitiv.


Wann hast du die Ent­schei­dung getrof­fen, als Songwriter/​Sänger dei­nen Lebens­un­ter­halt zu ver­die­nen? War von Anfang an klar, auf Deutsch zu singen?

2015, nach dem Tod mei­nes guten Freun­des Wauz, Sän­ger der Band Red Tape Para­de. Bei einem Kran­ken­haus­be­such sag­te er mir, dass das Leben zu kurz ist, um sei­ne Lei­den­schaft und Bestim­mung nicht zu leben. Die­se Wor­te beglei­ten mich seit­dem. Ich habe schon immer auf Deutsch geschrie­ben, manch­mal auch auf Eng­lisch. Aber in mei­ner Mut­ter­spra­che kann ich mich am bes­ten aus­drü­cken, auch wenn es mir melo­disch oft leich­ter fällt, auf Eng­lisch zu singen.


Wie kam es, dass aus dei­nem Geburts­na­men Mat­thi­as Nürn­ber­ger der Künst­ler­na­me Mat­ze Ros­si wur­de. Gibt es da irgend­ei­nen Bezug zu „Signor Rossi/​Herr Ros­si sucht das Glück“, der ita­lie­ni­schen Trick­film-Figur von Bru­no Bozzetto?

Ja, abso­lut! „Signor Ros­si“ war eine prä­gen­de Kind­heits­er­in­ne­rung, genau wie ich, immer auf der Suche nach dem Glück. 2000 habe ich bei mei­ner Band Tag­traum einen Song mit dem Titel „Herr Ros­si“ geschrie­ben, und ab da blieb der Name an mir hängen.


Wie wür­dest du kurz dei­ne künst­le­ri­sche Ent­wick­lung zwi­schen der Band Tag­traum, dei­nem Debüt „solo(w) boy, so-low“ bis hin zum neu­en Album skizzieren?

Tag­traum war mein Leben, wir haben in ganz Euro­pa getourt, bis wir merk­ten, dass wir im Punk­rock alles gesagt hat­ten. Ich begann ruhi­ger und akus­ti­scher zu schrei­ben, wäh­rend die ande­ren ihre eige­nen Wege gin­gen. Aber eigent­lich hat sich nicht viel geän­dert: Ich beob­ach­te die Welt, spü­re die Men­schen und schrei­be Songs dar­über. Jeder Tag, an dem ich Musik machen darf, ist für mich ein High­light. Das größ­te Geschenk bleibt, wenn mir Men­schen nach Kon­zer­ten erzäh­len oder in Mails beschrei­ben, was sie durch mei­ne Lie­der erle­ben und was sie für sie bedeuten.


Auf den Band­kon­text hast du nicht durch­gän­gig ver­zich­tet. Mit Gas­ton und Signals To Air­craft gab es Grup­pen, deren Teil du warst. Bis heute?

Gas­ton war ein Ver­such, eine fes­te Back­ing-Band auf­zu­bau­en – finan­zi­ell aber schwer umzu­set­zen. Bei Signals To Air­craft habe ich als Gitar­rist gespielt, was ich sehr genos­sen habe, weil ich mal nicht im Mit­tel­punkt stand. Heu­te gibt es mei­ne „Alt­her­ren-Punk­band“ Bad Drugs, wir haben ein Album drau­ßen („Old Men, Young Blood“), aber wir sind eher eine Pro­be­raum-Band. Mit Ros­si selbst gibt es 2025 ein beson­de­res Band-High­light: Am 29.11. neh­me ich im Audio­lodge-Stu­dio in Schwan­feld mit Publi­kum mein drit­tes Live-Album auf – das ein­zi­ge Kon­zert mit Band.


Um wel­che Inhal­te geht es auf dei­nem neu­en Album „Wunder.punkt“? Pri­mär um rei­ne Unter­hal­tung, eine Art Info­tain­ment oder mehr um eine kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit Gesell­schaft und Politik

„Wunder.punkt“ ist defi­ni­tiv kein rei­nes Unter­hal­tungs-Album. Die Songs sind wie klei­ne Fens­ter in mei­ne Gedan­ken- und Gefühls­welt. Da geht es um Ver­letz­lich­keit, Zwei­fel, Hoff­nung, Ver­lust, aber auch um die klei­nen und gro­ßen Wun­der, die uns allen begeg­nen. Retro­spek­tiv betrach­tet zieht sich vor allem ein The­ma durch: sich der eige­nen Ver­letz­lich­keit bewusst zu wer­den und dar­aus Kraft zu schöp­fen. Lie­der wie die Sin­gle „Gitar­re Stift Papier“ erzäh­len von mei­nem Weg, mit Musik mei­nen Platz im Leben zu fin­den, „Rot­wein­fla­schen­län­ge“ geht um ech­te Begeg­nun­gen und das Zuhö­ren, „Ich denk so oft an dich“ ist eine sehr per­sön­li­che Erin­ne­rung an mei­nen ver­stor­be­nen Freund Wauz und mit „Weit“ schaue ich fast sehn­süch­tig auf die Mög­lich­keit, dass wir alle die Schön­heit und Wei­te um uns wahr­neh­men und auf­hö­ren uns klein zu machen. Gesell­schaft und Poli­tik spie­len dabei immer indi­rekt mit, weil ich glau­be, dass per­sön­li­che Aus­ein­an­der­set­zung nie los­ge­löst von der Welt um uns her­um ist. Wenn wir über Nähe, Ver­lust, Ehr­lich­keit oder Hoff­nung sin­gen, dann ist das auto­ma­tisch auch ein Kom­men­tar zu unse­rer Zeit.


Wer unter­stützt dich in Sachen Boo­king und Label-Arbeit, oder bist du auch kom­plett selbständig?

Ich kom­me aus dem Punk­rock und DoI­tY­ours­elf ist mei­ne Lebens­de­vi­se. 2004–2015 habe ich alles auf mei­nem eige­nen Label Dancing In The Dark ver­öf­fent­licht. Von 2015 bis 2024 war ich bei End Hits Records, ech­te Lehr­jah­re was das Musik-Busi­ness angeht, zum Glück ist Betrei­ber, Oise Ronsber­ger, schon seit bald 30 Jah­ren ein guter Freund. Seit 2024 mache ich wie­der alles über mein eige­nes Label. Das Boo­king über­nimmt Grand Hotel van Cleef aus Ham­burg. Alles ande­re, Social Media, Patre­on, Manage­ment, mache ich kom­plett selbst. Ich bin sehr froh, dass mich mei­ne Fami­lie, allen vor­an mei­ne Frau, immer tat­kräf­tig unterstützt.


Wie wich­tig ist es dir Vide­os zu dre­hen und/​oder auf Social Media-Kanä­len prä­sent zu sein? Für hohe Reich­wei­ten muss man in der Regel auch ent­spre­chen­de Geld­sum­men einsetzen.

Klar, Social Media ist wich­tig, aber auch ein kapi­ta­lis­tisch getrie­be­nes Spiel mit Algo­rith­men. Ich ver­su­che, mich nicht abhän­gig zu machen. Ich bin über­all prä­sent, aber ohne Druck.


Was kön­nen alte und neue Fans von dei­nem Auf­tritt in Hall­stadt erwarten?

Mei­ne Kon­zer­te sind immer Über­ra­schun­gen, ich spie­le sel­ten nach einer Set-Lis­te. Ich las­se mich vom Publi­kum tra­gen und ent­schei­de spon­tan, wel­cher Song als nächs­tes passt.


Neben dem Künst­ler Mat­ze Ros­si gibt es auch die Pri­vat­per­son. Wie und wobei ent­spannst du abseits der Musik am besten?

Das ist ein flie­ßen­der Über­gang. Des­halb ist es so, dass ich immer zu viel mache und übe mich bewusst im „weni­ger machen“, oder wie mei­ne Kin­der sagen wür­den: im „Chil­len“. Ich lie­be es, mit unse­ren Hun­den im Wald zu sein oder mei­ner Frau bei den Pfer­den zu hel­fen. Da bin ich ein ziem­lich guter „Mis­ter“ und „Pfos­ten-in-die-Erde-Hau­er“.

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