Ältere Frauen werden im gesellschaftlichen Bewusstsein oft nicht mit politischem Einsatz in Verbindung gebracht. Die Initiative OMAS GEGEN RECHTS stellt sich dem entgegen – dem und vor allem antidemokratischen Entwicklungen und Gruppen. Seit 2021 gibt es auch in Bamberg OMAS GEGEN RECHTS.
Im Grundsatzprogramm der OMAS GEGEN RECHTS heißt es: Bedrohliche Entwicklungen wie Antisemitismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Faschismus müssen erkannt, benannt und im Konkreten auch der politische Widerstand und die Bewusstseinsbildung organisiert werden.
In diesem Sinne wurden die OMAS GEGEN RECHTS im November 2017 in Wien gegründet. Zu Beginn war die zivilgesellschaftliche Initiative nur als Facebook-Gruppe aktiv, fand aber schnell ihren Weg auf die Straßen und begann bald auch außerhalb von Österreich gegen Rechts einzutreten. Im Januar 2018 entstanden die ersten Regionalgruppen der Omas in Deutschland. Die Gründung ihres Bamberger Ablegers, der heute knapp 20 Mitglieder hat, geschah im Mai 2021.
Felicitas war in Bamberg von Anfang an dabei, Astrid stieß einige Wochen später hinzu. Aus Sicherheitsgründen möchten sie nur mit ihren Vornamen genannt werden. Wir haben die beiden kampferprobten Aktivistinnen zum Gespräch getroffen.
Felicitas, Astrid, warum haben Sie sich den OMAS GEGEN RECHTS angeschlossen?
Astrid: Ich wollte etwas unternehmen, weil mich der allgemein zunehmende Rechtsextremismus erschüttert – zum Beispiel was Grenzverschiebungen in der Sprache angeht, also Salonfähigmachung von früher unsagbaren rechten Inhalten. Mein Sohn hat mich auf OMAS GEGEN RECHTS aufmerksam gemacht, daraufhin habe ich Kontakt mit Felicitas aufgenommen.
Felicitas: Ich war und bin auch bei „Freund statt Fremd“ aktiv und habe dabei schon mitbekommen, wie stark Menschen mit Migrationshintergrund Alltagsrassismus ausgesetzt sind und was ihnen täglich zunehmend zugemutet wird: Unnötige Polizeikontrollen, Stichwort Racial Profiling, ständige und überakribische Kontrolle der Busfahrkarten, Schikane beim Behördengang und so weiter. Dagegen wollte ich etwas tun. Dann habe ich gesehen, dass eine Bekannte mit einem Button der Omas rumgelaufen ist, den sie von einer anderen Regionalgruppe geschenkt bekommen hatte. Da habe ich begonnen, mich über die Gruppe zu informieren und letztendlich bei der Gründung des Bamberger Ablegers mitgeholfen.
Wie ist die Zusammensetzung der Mitglieder, muss man Großmutter sein, um bei den OMAS GEGEN RECHTS mitmachen zu können?
Astrid: Nein. Zum Beispiel mein Mann ist auch Mitglied oder auch eine junge Studentin.
An welchen Aktionen haben die Bamberger Omas bisher teilgenommen?
Felicitas: In Wunsiedel haben wir gegen das „Heldengedenken“ des Dritten Weges demonstriert. Wir waren bei Aktionen gegen rechte und Impfgegner-Demonstrationen dabei in Ebern, Breitengüßbach und Erfurt. Diese sogenannten Spaziergängertreffen kommen jetzt überall raus. Am 18. Dezember hatten wir einen großen Demonstrationszug und eine Kundgebung gegen die Impfgegner und Coronaleugner von Stay Awake am Markusplatz.
Astrid: In Ebern waren ungefähr 50 Leute da, 45 jüngere, der Rest Omas. Und wir von den Omas wurden am meisten beschimpft. Wir scheinen die Gegenseite so richtig zu triggern. Die haben uns gehasst und gebrüllt: „Habt ihr keine Enkelkinder?“. Wir haben zurückgerufen: „Doch, genau deswegen stehen wir hier!“. Der Spaziergänger-Impfgegner-Slogan „Hände weg von unseren Kindern“ sollte umformuliert werden in „Kinder weg von diesen Eltern“.
Sind Sie zufrieden mit der bisherigen Entwicklung der OMAS GEGEN RECHTS in Bamberg?
Astrid: Allein, dass wir wachsen, ist schon mal toll. Die Bamberger Grüne Jugend hat uns Ende Januar sogar schon ihren Becher, das ist eine Auszeichnug für ziviles Engagement, verliehen. Und wir lösen entweder Sympathie oder Antipathie aus – beides ist gut.
Felicitas: In Wunsiedel sind wir von der Polizei eingekesselt worden und die Rechten konnten ungehindert demonstrieren. Uns wurde dieses Recht verweigert. Es heißt immer, Demokratie müsste auch rechte Strömungen aushalten, dann müssen Rechte auch uns aushalten.
Wie sieht die antidemokratische Situation in Bamberg aus?
Astrid: Da gibt es natürlich die rechten Gruppen Der Dritte Weg und die Reichsbürger und, wie gesagt, jetzt aktuell hinzugekommen Stay Awake – die sind einfach nur schrecklich. Sie setzen die Maskenpflicht mit dem Tragen des Davidsterns im Dritten Reich gleich. Das ist pervers und unentschuldbar. Alle haben sie den gleichen geistigen Nährboden. Sie möchten den Staat zersetzen. Wir brauchen aber einen starken Staat bei diesen Leuten.
Würde dazu auch eine starke Polizei gehören? In der linken Szene herrscht teilweise, was man durchaus Hass auf die Polizei nennen könnte.
Astrid: Ja, das würde dazugehören, obwohl ich nicht immer die größte Polizeifreundin bin – siehe Wunsiedel. Ich kenne viele Leute aus der linken Szene und weiß, wie die Polizei seit Jahrzehnten mit ihnen umgeht. Für rechte Demos werden Bewegungsgassen freigemacht, Linke werden verprügelt. Ich habe da auch viel mitgekriegt und bin insofern sensibilisiert. Aber ich erkenne absolut an, was die Polizei, gerade in diesen Zeiten, für einen harten Job machen muss, und es geht überhaupt nicht, dass sie von Demonstrierenden angegriffen werden. Da tun mir die Polizisten leid.
Felicitas: Was Sie meinen, sind ganz linke, autonome Gruppen, die auch vor Gewalt nicht zurückschrecken. Mit denen würde ich mich nicht auf die Straße stellen wollen.
Astrid: Das ist nur ein ganz kleiner Kreis, aber da würde ich auch sagen „hört auf mit dem Scheiß“.
Sie haben die Entwicklung von Stay Awake vor Ort wahrscheinlich genau mitverfolgt. Wie lief diese ab?
Astrid: Haben wir und wir finden sie grausig. Sie haben klein angefangen – ein paar Impfgegner sind jeden Montagabend marschiert. Inzwischen ist eine große Soße von verschiedenen Strömungen und Leuten aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen daraus geworden, die von rechts unterwandert ist. In Ebern wurden wir angebrüllt „Wir sind normale Deutsche!“ Aber was ist normal in dem Zusammenhang für ein Begriff, wenn es dabei ganz viele Leute gibt, denen es egal ist, zusammen mit Nazis zu laufen? Diese Leute haben nichts dagegen, an der Seite von Rechten zu stehen.
Inwieweit ist so ein Pauschalurteil über diejenigen, die bei diesen Spaziergängen mitlaufen, erlaubt, beziehungsweise, inwieweit kann man Verständnis für diese Leute aufbringen, die womöglich nur teilnehmen, um ihre Sorgen vor zum Beispiel etwaigen gesundheitlichen Auswirkungen der Impfung auszudrücken?
Astrid: Diese Sorgen kann man auch anders ausdrücken. Für mich gibt es da kein Verständnis. Für mich gilt: Wer mit Nazis geht, toleriert sie.
Felicitas: Wer mit Nazis geht, nimmt deren Haltung in Kauf. Man muss wirklich unter einem Felsbrocken leben, um heutzutage nicht zu wissen, dass Rechte bei diesen Demonstrationen mitmarschieren, sie für sich nutzen, um ihr Gedankengut zu verbreiten, oder sogar zu ihnen aufrufen.
Astrid: Die neuesten Aufrufe gehen ja in die Richtung, die eigenen Kinder als Schutzschilde mitzunehmen. Und wer im Angesicht all dessen sagt, nur mitzulaufen, weil er Impfgegner ist – und vielleicht noch aus irgendwelchen esoterischen Gründen, wenn der Geist gesund ist, wird der Körper kein Corona kriegen, oder so – lügt. Wenn vorneweg ein verurteilter Rechtsradikaler läuft, einer, der vor fünf Jahren in Bamberg das Balthasar angezündet hat und dafür im Gefängnis war, kann es da keine Zweifel geben.
Wenn Sie demonstrieren, hoffen Sie dann darauf, auf der Gegenseite ein Umdenken zu erreichen?
Astrid: Nein, das ist illusorisch. Es geht einfach darum zu zeigen, dass es auch noch eine andere Meinung gibt – ihr kapert nicht unsere Stadt.
Was meinen Sie mit kapern?
Astrid: Ein Verbreiten beispielweise falscher wissenschaftlicher Behauptungen über das Coronavirus oder die Impfung, oder ein Hineinwirken in die gesellschaftliche Mitte, um diese für sich einzuspannen. Und wenn da jeden Montagabend 2000 Leute durch die Stadt ziehen, scheint das ziemlich erfolgreich zu laufen. Die Stay Awake-Leute sind vernetzt und kommen von überall nach Bamberg und fluten die Straßen.
Felicitas: Dieses Kapern zeigt sich, finden wir, auch daran, dass es ganz viele Menschen gibt, die sagen, man solle diese Leute laufen lassen und sie ignorieren, anstatt ihnen Aufmerksamkeit zu geben – zum Beispiel durch Gegendemonstrationen. Aber das hatten wir in Deutschland schonmal, wir haben sie schonmal laufen lassen, die Rechten, in den 1930-er Jahren. Wir haben ihnen Raum gegeben und plötzlich war eine Regierung im Amt, die diesen Raum genutzt hat, um die Demokratie abzuschaffen. Man muss sich dagegenstellen und aufmerksam machen auf das, was passiert.
Astrid: Man muss aber auch schon sagen, dass das trotz allem eine Minderheit ist, die da auf die Straße geht. Sie ist halt einfach nur laut, plakativ und gewalttätig. Und unsere Seite wächst durchaus auch. Als wir vor Kurzem am Maxplatz demonstriert haben, waren 700 Leute da, statt den der erwarteten 300 – und die kommen nicht, wie bei den Spaziergängern, von weit her angereist, aus Thüringen oder Sachsen. 700 Leute, die einfach sagen „so einen Schmutz möchten wir in der Stadt nicht haben“.
Wie ist der Stand der OMAS GEGEN RECHTS in der eigenen Szene? Kann es passieren, dass ältere Menschen, die sich politisch einbringen, nicht ganz ernst genommen werden, weil ihnen kein politisches oder ein von vorneherein konservatives oder altmodisches politisches Bewusstsein unterstellt wird?
Astrid: Die Jüngeren lieben uns! Wir werden teilweise mit Applaus empfangen. Die Jungen freuen sich, dass Leute in unserem Alter mit ihnen endlich mal solidarisch und nicht, wie es durchaus oft passiert, gegen die Jugend und ihre Werte oder linke Werte eingestellt sind. Als wir in Wunsiedel angekommen sind, standen da 400 Leute von der Antifa und haben sich gefreut. Ich glaube, wir sind ein bisschen deren Maskottchen.
Aber ist ein Maskottchen nicht immer ein wenig putzig?
Astrid: Ja, wir sind doch auch ein bisschen putzig. Aber im Ernst, wir werden ernst genommen und man freut sich wirklich, Leute aus unserer Generation an seiner Seite zu haben.
Hat man als ältere Aktivistin oder älterer Aktivist Vorteile gegenüber jüngeren?
Felicitas: Wir haben vielleicht ein bisschen mehr Weisheit und Lebenserfahrung. Und ein ausgeprägteres Geschichtsbewusstsein nicht zu vergessen. Wobei die Gemeinsamkeiten überwiegen. Wir sind genauso gegen Rechts und für Umweltschutz und möchten in einer weltoffenen Gesellschaft leben. Menschenwürde für alle.
Was planen Sie für 2022?
Astrid: Ende Januar feierten wir das fünfjährige Bestehen der OMAS GEGEN RECHTS. Außerdem möchten wir die Vernetzung der Bamberger Gruppe mit anderen Omas-Gruppen vorantreiben.
Felicitas: Und immer, wenn wir mitkriegen, dass Aktionen gegen Rechts geplant und für uns erreichbar sind, werden wir hinfahren.