Browse Tag

Initiative

Stu­die­ren­de aus aller Welt in Bam­ber­ger Patenfamilien

Ehren­amt­li­che Initia­ti­ve „StiPf“

Um es aus­län­di­schen Stu­die­ren­den in Bam­berg zu ermög­li­chen, abseits des Uni­ver­si­täts­le­bens Ein­bli­cke in die Kul­tur und das Fami­li­en­le­ben ihres Gast­lan­des zu gewin­nen, haben Ute Stö­ri­ko und Armin Gertz vor zehn Jah­ren die ehren­amt­li­che Pri­vat-initia­ti­ve „Stu­die­ren­de aus aller Welt in Bam­ber­ger Paten­fa­mi­li­en“, kurz „StiPf“, gegrün­det. Teil­wei­se ent­wi­ckeln sich Freund­schaf­ten, die jah­re­lang bestehen.

An der Bam­ber­ger Uni­ver­si­tät sind der­zeit etwa 220 aus­län­di­sche Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten ein­ge­schrie­ben. Die einen pfle­gen sozia­le Kon­tak­te aus­schließ­lich mit ande­ren aus­län­di­schen Stu­die­ren­den, die ande­ren auch mit deut­schen Kom­mi­li­to­nin­nen und Kom­mi­li­to­nen. Eini­ge möch­ten aber auch wei­ter­füh­ren­de Ein­bli­cke in das Leben ihres Gast­lan­des erhalten.

Um die­sen Stu­die­ren­den der­ar­ti­ge Per­spek­ti­ven zu eröff­nen, bie­tet das Pro­gramm „StiPf“, „Stu­die­ren­de aus aller Welt in Bam­ber­ger Paten­fa­mi­li­en“, ein Netz­werk von etwa 30 Paten­fa­mi­li­en, für das sich inter­es­sier­te Stu­die­ren­de anmel­den können.

Bei regel­mä­ßi­gen Tref­fen kön­nen sich die bei­den Sei­ten bei ver­schie­dens­ten Akti­vi­tä­ten wie Aus­flü­gen, Spie­len oder gemein­sa­men Essen ken­nen­ler­nen und gegen­sei­tig den Hori­zont erweitern.

Ute Stö­ri­ko und Armin Gertz haben die Initia­ti­ve vor zehn Jah­ren gegrün­det. Wir haben Sie zum Inter­view getroffen.

StiPf
Ute Stö­ri­ko und Armin Gertz, Foto: S. Quenzer
Frau Stö­ri­ko, Herr Gertz, Sie haben die Initia­ti­ve „Stu­die­ren­de aus aller Welt in Bam­ber­ger Paten­fa­mi­li­en“ vor zehn Jah­ren gegrün­det. Was war der Aus­lö­ser für die­sen Schritt?

Ute Stö­ri­ko: Kurz vor­her hat­te ich in Chi­na einen Stu­den­ten ken­nen­ge­lernt, der drei Jah­re in Deutsch­land gelebt und stu­diert hat­te. Er erzähl­te mir, dass er trotz­dem nie mit Deut­schen zu tun hat­te, son­dern eigent­lich nur mit einem wei­te­ren Chi­ne­sen, mit dem er zusam­men wohn­te. Das fand ich erschüt­ternd. Zurück in Bam­berg habe ich Armin dar­auf ange­spro­chen – wir arbei­ten bei­de für das Spra­chen­zen­trum der Uni­ver­si­tät – und sag­te: Das müs­sen wir ändern, das darf in Bam­berg nicht sein!

Armin Gertz: Ich gab zu die­sem Zeit­punkt an der Uni bereits ver­schie­de­ne Kur­se, die in die Rich­tung kul­tu­rel­len Aus­tauschs mit aus­län­di­schen Stu­die­ren­den gin­gen, das heißt, es ihnen zu ermög­li­chen, dass sie hier nicht nur ler­nen als Haupt­be­schäf­ti­gung – oder fei­ern –, son­dern dass sie auch mehr Kon­takt mit Deut­schen haben. Das soll­te aber nicht nur mit Gleich­alt­ri­gen gesche­hen, die sie auch an der Uni­ver­si­tät ken­nen­ler­nen könn­ten. So haben Ute und ich die Idee ent­wi­ckelt, Stu­die­ren­de mit deut­schen Fami­li­en zusam­men­zu­brin­gen, damit sie Ein­bli­cke erhal­ten in deren typi­schen Alltag.

Wel­che Ent­wick­lung hat StiPf seit­her genommen?

Ute Stö­ri­ko: Neun Jah­re lang waren wir auf rela­tiv glei­chem Level, was die Zahl der Stu­die­ren­den in Gast­fa­mi­li­en angeht. Jetzt aber, wo wir För­der­gel­der aus dem Bun­des­för­der­pro­gramm „Demo­kra­tie leben“ akqui­rie­ren konn­ten, wol­len wir das Gan­ze wei­ter­ent­wi­ckeln. Das heißt, wir möch­ten noch mehr Stu­die­ren­de und Fami­li­en zusam­men­brin­gen und somit an Bekannt­heit gewin­nen – auch, um den Wert der Initia­ti­ve deut­li­cher aufzuzeigen.

Sie arbei­ten ehren­amt­lich. Gibt es Plä­ne, die Initia­ti­ve haupt­amt­lich zu betreiben?

Armin Gertz: Die­sen Weg sehen wir dann doch nicht. Und es ist auch nicht not­wen­dig. Der Geist des Gan­zen ist, dass alle ehren­amt­lich betei­ligt sind, nicht nur wir, auch die Fami­li­en und die Stu­die­ren­den. Sie brin­gen sich mit eige­nen Ideen zur Akti­vi­tä­ten­ge­stal­tung oder durch ihre Offen­heit zum Gespräch ja auch ein.

Gibt es eine Alter­na­ti­ve zu Ihrer Initia­ti­ve oder ist sie in Bam­berg einzigartig?

Armin Gertz: Es gibt an der Uni soge­nann­te Tan­dem-Pro­gram­me, bei denen sich deut­sche Stu­die­ren­de mit inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den in den ers­ten Wochen für die Inte­gra­ti­on zusam­men­schlie­ßen, wor­aus manch­mal auch Freund­schaf­ten ent­ste­hen. Stu­die­ren­de mit Fami­li­en zusam­men­zu­brin­gen, wie wir es machen, ist aber tat­säch­lich einzigartig.

Ute Stö­ri­ko: Ich weiß von mei­nen Kin­dern, dass vie­le Eras­mus-Stu­die­ren­de nur Kon­takt inner­halb ihrer Eras­mus-Bla­se haben – auf Eng­lisch. Das ist nett, aber es stellt sich die Fra­ge, ob da nicht noch mehr mög­lich ist.

Was ist schlimm dar­an, wenn Stu­die­ren­de unter sich bleiben?

Armin Gertz: Schlimm ist es über­haupt nicht, es ist toll – gera­de in der Eras­mus-Grup­pe, in der man vie­le inter­na­tio­na­le Kon­tak­te haben kann. Aber ich den­ke, wenn man im Aus­land stu­diert, wählt man das jewei­li­ge Gast­land meis­tens, um des­sen Spra­che und Kul­tur bes­ser ken­nen­zu­ler­nen. Das geht natür­lich auch ohne Paten­fa­mi­li­en. Aber um ein tie­fe­res Ver­ständ­nis dar­über zu gewin­nen, wie die Men­schen in dem Land ticken, ist es sehr hilf­reich, Ein­hei­mi­sche ken­nen­zu­ler­nen. Wir mei­nen damit aber nicht nur Ein­hei­mi­sche im sel­ben Alter, mit dem glei­chen Musik- oder Mode­ge­schmack, denn da gibt es inter­na­tio­nal ja nicht so gro­ße Unter­schie­de. Wir mei­nen ver­schie­de­ne Gene­ra­tio­nen – genau das bie­tet die Chan­ce, unter­schied­li­che Per­spek­ti­ven kennenzulernen.

Sie ver­spre­chen den teil­neh­men­den Stu­die­ren­den, authen­ti­sche deut­sche Kul­tur ken­nen­zu­ler­nen. Was ist die­se Kul­tur für Sie?

Ute Stö­ri­ko: Das fängt zum Bei­spiel in der Weih­nachts­zeit an. Meis­tens kom­men die Eras­mus-Stu­die­ren­den im Win­ter­se­mes­ter nach Bam­berg und ler­nen die Fami­li­en im Novem­ber ken­nen. Dann gibt es Weih­nachts­markt, Weih­nachts­kek­se oder Glüh­wein. Hin­zu kom­men Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten wie Wan­dern, Rad­tou­ren oder Spieleabende.

Armin Gertz: Wir wol­len aber nicht sagen, dass es die eine deut­sche oder die eine frän­ki­sche Kul­tur gibt. Wir ver­su­chen ein bun­tes und viel­sei­ti­ges Bam­berg abzu­bil­den und nicht nur das frän­ki­sche Bamberg.

Kön­nen zum Bei­spiel schon Rauch­bier oder Glüh­wein mit ihrem für vie­le doch gewöh­nungs­be­dürf­ti­gen Geschmack einen Kul­tur­schock auslösen?

Armin Gertz: Einen ech­ten Kul­tur­schock sicher nicht. Wobei das def­ti­ge hie­si­ge Essen schon eine Her­aus­for­de­rung für aus­län­di­sche Stu­die­ren­de sein kann. Aber zum Bei­spiel ist es, im Unter­schied zu Deutsch­land, nicht in allen Län­dern üblich, mit Stra­ßen­schu­hen im Haus herumzulaufen.

Ute Stö­ri­ko: Wir geben den Stu­die­ren­den schon ein paar Tipps, wor­auf vie­le Fami­li­en Wert legen, wie zum Bei­spiel das Licht aus­zu­ma­chen, wenn man das Zim­mer ver­lässt, oder dass man beim Essen gemein­sam beginnt. Aber zu Kul­tur­schocks kommt es eigent­lich nicht. Unse­re Fami­li­en sind wun­der­bar welt­of­fen. Und wenn es irgend­wel­che Miss­ver­ständ­nis­se gibt, wird gemein­sam gelacht und die Sache aufgeklärt.

Wur­de die Paten­schaft schon ein­mal gekündigt?

Armin Gertz: Zu Streit ist es noch nicht gekom­men, aber es ist schon pas­siert, dass der Kon­takt ein­fach immer weni­ger wur­de. Es kann pas­sie­ren, dass es Ter­min­schwie­rig­kei­ten gibt und Tref­fen immer wie­der ver­scho­ben wer­den, bis sie dann gar nicht mehr zustan­de kom­men. Aber ein­schrei­ten und schlich­ten muss­ten wir noch nie.

Wel­che Vor­aus­set­zun­gen soll­ten die Paten­fa­mi­li­en mitbringen?

Armin Gertz: Es soll­ten Fami­li­en sein, die welt­of­fen sind und Inter­es­se haben, die jewei­li­ge Kul­tur ihrer Stu­die­ren­den ken­nen­zu­ler­nen und sozu­sa­gen die Welt zu Gast zu haben. Sie soll­ten außer­dem bereit sein, Zeit zu inves­tie­ren oder auch Ideen ein­brin­gen, wie sich Akti­vi­tä­ten gestal­ten lassen.

Dann machen Sie ein Matching-Ver­fah­ren, um Fami­li­en und Stu­die­ren­de zusam­men­zu­brin­gen. Das klingt nach einem Vorstellungsgespräch.

Ute Stö­ri­ko: Nein, über­haupt nicht. Die Fami­li­en und die Stu­die­ren­den schrei­ben so eine Art Steck­brief über sich. Matching-Ver­fah­ren bedeu­tet in die­sem Fall ledig­lich, dass wir die­se Brie­fe mit­ein­an­der abglei­chen und schau­en, wer am bes­ten zu wem passt.

Armin Gertz: Wir haben bei­spiels­wei­se immer wie­der musi­ka­li­sche Fami­li­en und Stu­die­ren­de, die selbst ein Instru­ment spie­len. Sol­che Anknüp­fungs­punk­te ver­su­chen wir zu finden.

Geben Sie vor, wie oft oder wozu sich die Betei­lig­ten tref­fen sollten?

Armin Gertz: Nein, das machen wir nicht – wol­len wir auch gar nicht. Die Leu­te tref­fen sich etwa ein­mal alle zwei Wochen. Es gibt aber auch Fami­li­en, die ihre Stu­die­ren­den öfter sehen oder auch mal ein gan­zes Wochen­en­de mit ihnen ver­brin­gen. Es ist aber wich­tig für die Fami­li­en zu wis­sen, dass sie sich nicht ver­pflich­tet füh­len müs­sen, jede Woche einen Ter­min zu vereinbaren.

Ute Stö­ri­ko: Es soll nach Lust und Lau­ne gesche­hen. Und wenn sich aus der Paten­schaft eine lebens­lan­ge Ver­bin­dung ent­wi­ckelt, ist das umso schö­ner. Es gibt bei­spiels­wei­se eine Fami­lie, die mit einer Ame­ri­ka­ne­rin wäh­rend der Paten­schaft einen so guten Kon­takt auf­ge­baut hat, dass sie zu ihrer Hoch­zeit ein­ge­la­den wurde.

Ent­ste­hen für die Fami­li­en Unkosten?

Armin Gertz: Unse­re Fami­li­en laden ihre Paten­stu­die­ren­den zwar gele­gent­lich zum Essen oder auch mal ins Thea­ter oder Kon­zert ein, aber im Vor­der­grund steht der per­sön­li­che Aus­tausch und die Begeg­nung zwei­er Kul­tu­ren. Und die Stu­die­ren­den kochen auch ger­ne mal etwas Typi­sches aus ihrem Hei­mat­land für die Familien.

Soll­ten es Fami­li­en mit Mut­ter, Vater und Kin­der sein oder kön­nen sich zum Bei­spiel auch Allein­ste­hen­de für die Paten­schaft melden?

Ute Stö­ri­ko: Es soll­ten schon Fami­li­en sein, aber Paa­re ohne Kin­der oder wie im
Fall von mei­nem Mann und mir, wo die Kin­der schon aus dem Haus sind, gehen auch.

Spielt die StiPf-Initia­ti­ve eine Rol­le bei der Unter­brin­gung von geflüch­te­ten Ukrai­ne­rin­nen und Ukrainern?

Armin Gertz: Zu dem Zeit­punkt als der Krieg in der Ukrai­ne los­ging, also etwa zur Zeit des Über­gangs vom letz­ten Win­ter- zum Som­mer­se­mes­ter, hat­ten wir vier Ukrai­ne­rin­nen in unse­rem Pro­gramm, die zum Semes­ter­en­de Bam­berg eigent­lich wie­der ver­las­sen soll­ten. Doch sie konn­ten in Bam­berg blei­ben und so wur­den ihnen ihre Bam­ber­ger Fami­li­en in die­ser emo­tio­nal belas­te­ten Situa­ti­on ein wenig zur zwei­ten Heimat.

Ute Stö­ri­ko: Die Uni Bam­berg hat mehr Stu­die­ren­den aus der Ukrai­ne die Mög­lich­keit gege­ben hier zu blie­ben und wir den­ken, dass unser Pro­gramm dadurch beson­ders für die­se Grup­pe inter­es­sant sein könnte.

Zivil­ge­sell­schaft­li­che Initiative

OMAS GEGEN RECHTS Bamberg

Älte­re Frau­en wer­den im gesell­schaft­li­chen Bewusst­sein oft nicht mit poli­ti­schem Ein­satz in Ver­bin­dung gebracht. Die Initia­ti­ve OMAS GEGEN RECHTS stellt sich dem ent­ge­gen – dem und vor allem anti­de­mo­kra­ti­schen Ent­wick­lun­gen und Grup­pen. Seit 2021 gibt es auch in Bam­berg OMAS GEGEN RECHTS.

Im Grund­satz­pro­gramm der OMAS GEGEN RECHTS heißt es: Bedroh­li­che Ent­wick­lun­gen wie Anti­se­mi­tis­mus, Ras­sis­mus, Frau­en­feind­lich­keit und Faschis­mus müs­sen erkannt, benannt und im Kon­kre­ten auch der poli­ti­sche Wider­stand und die Bewusst­seins­bil­dung orga­ni­siert werden.

In die­sem Sin­ne wur­den die OMAS GEGEN RECHTS im Novem­ber 2017 in Wien gegrün­det. Zu Beginn war die zivil­ge­sell­schaft­li­che Initia­ti­ve nur als Face­book-Grup­pe aktiv, fand aber schnell ihren Weg auf die Stra­ßen und begann bald auch außer­halb von Öster­reich gegen Rechts ein­zu­tre­ten. Im Janu­ar 2018 ent­stan­den die ers­ten Regio­nal­grup­pen der Omas in Deutsch­land. Die Grün­dung ihres Bam­ber­ger Able­gers, der heu­te knapp 20 Mit­glie­der hat, geschah im Mai 2021.

Feli­ci­tas war in Bam­berg von Anfang an dabei, Astrid stieß eini­ge Wochen spä­ter hin­zu. Aus Sicher­heits­grün­den möch­ten sie nur mit ihren Vor­na­men genannt wer­den. Wir haben die bei­den kampf­erprob­ten Akti­vis­tin­nen zum Gespräch getroffen.

Feli­ci­tas, Astrid, war­um haben Sie sich den OMAS GEGEN RECHTS angeschlossen?

Astrid: Ich woll­te etwas unter­neh­men, weil mich der all­ge­mein zuneh­men­de Rechts­extre­mis­mus erschüt­tert – zum Bei­spiel was Grenz­ver­schie­bun­gen in der Spra­che angeht, also Salon­fä­hig­ma­chung von frü­her unsag­ba­ren rech­ten Inhal­ten. Mein Sohn hat mich auf OMAS GEGEN RECHTS auf­merk­sam gemacht, dar­auf­hin habe ich Kon­takt mit Feli­ci­tas aufgenommen.

Feli­ci­tas: Ich war und bin auch bei „Freund statt Fremd“ aktiv und habe dabei schon mit­be­kom­men, wie stark Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund All­tags­ras­sis­mus aus­ge­setzt sind und was ihnen täg­lich zuneh­mend zuge­mu­tet wird: Unnö­ti­ge Poli­zei­kon­trol­len, Stich­wort Racial Pro­fil­ing, stän­di­ge und über­akri­bi­sche Kon­trol­le der Bus­fahr­kar­ten, Schi­ka­ne beim Behör­den­gang und so wei­ter. Dage­gen woll­te ich etwas tun. Dann habe ich gese­hen, dass eine Bekann­te mit einem But­ton der Omas rum­ge­lau­fen ist, den sie von einer ande­ren Regio­nal­grup­pe geschenkt bekom­men hat­te. Da habe ich begon­nen, mich über die Grup­pe zu infor­mie­ren und letzt­end­lich bei der Grün­dung des Bam­ber­ger Able­gers mitgeholfen.

Wie ist die Zusam­men­set­zung der Mit­glie­der, muss man Groß­mutter sein, um bei den OMAS GEGEN RECHTS mit­ma­chen zu können?

Astrid: Nein. Zum Bei­spiel mein Mann ist auch Mit­glied oder auch eine jun­ge Studentin.

An wel­chen Aktio­nen haben die Bam­ber­ger Omas bis­her teilgenommen?

Feli­ci­tas: In Wun­sie­del haben wir gegen das „Hel­den­ge­den­ken“ des Drit­ten Weges demons­triert. Wir waren bei Aktio­nen gegen rech­te und Impf­geg­ner-Demons­tra­tio­nen dabei in Ebern, Brei­ten­güß­bach und Erfurt. Die­se soge­nann­ten Spa­zier­gän­ger­tref­fen kom­men jetzt über­all raus. Am 18. Dezem­ber hat­ten wir einen gro­ßen Demons­tra­ti­ons­zug und eine Kund­ge­bung gegen die Impf­geg­ner und Coro­na­leug­ner von Stay Awa­ke am Markusplatz.

Astrid: In Ebern waren unge­fähr 50 Leu­te da, 45 jün­ge­re, der Rest Omas. Und wir von den Omas wur­den am meis­ten beschimpft. Wir schei­nen die Gegen­sei­te so rich­tig zu trig­gern. Die haben uns gehasst und gebrüllt: „Habt ihr kei­ne Enkel­kin­der?“. Wir haben zurück­ge­ru­fen: „Doch, genau des­we­gen ste­hen wir hier!“. Der Spa­zier­gän­ger-Impf­geg­ner-Slo­gan „Hän­de weg von unse­ren Kin­dern“ soll­te umfor­mu­liert wer­den in „Kin­der weg von die­sen Eltern“.

Sind Sie zufrie­den mit der bis­he­ri­gen Ent­wick­lung der OMAS GEGEN RECHTS in Bamberg?

Astrid: Allein, dass wir wach­sen, ist schon mal toll. Die Bam­ber­ger Grü­ne Jugend hat uns Ende Janu­ar sogar schon ihren Becher, das ist eine Aus­zeich­nug für zivi­les Enga­ge­ment, ver­lie­hen. Und wir lösen ent­we­der Sym­pa­thie oder Anti­pa­thie aus – bei­des ist gut.

Feli­ci­tas: In Wun­sie­del sind wir von der Poli­zei ein­ge­kes­selt wor­den und die Rech­ten konn­ten unge­hin­dert demons­trie­ren. Uns wur­de die­ses Recht ver­wei­gert. Es heißt immer, Demo­kra­tie müss­te auch rech­te Strö­mun­gen aus­hal­ten, dann müs­sen Rech­te auch uns aushalten.

Wie sieht die anti­de­mo­kra­ti­sche Situa­ti­on in Bam­berg aus?

Astrid: Da gibt es natür­lich die rech­ten Grup­pen Der Drit­te Weg und die Reichs­bür­ger und, wie gesagt, jetzt aktu­ell hin­zu­ge­kom­men Stay Awa­ke – die sind ein­fach nur schreck­lich. Sie set­zen die Mas­ken­pflicht mit dem Tra­gen des David­sterns im Drit­ten Reich gleich. Das ist per­vers und unent­schuld­bar. Alle haben sie den glei­chen geis­ti­gen Nähr­bo­den. Sie möch­ten den Staat zer­set­zen. Wir brau­chen aber einen star­ken Staat bei die­sen Leuten.

Wür­de dazu auch eine star­ke Poli­zei gehö­ren? In der lin­ken Sze­ne herrscht teil­wei­se, was man durch­aus Hass auf die Poli­zei nen­nen könnte.

Astrid: Ja, das wür­de dazu­ge­hö­ren, obwohl ich nicht immer die größ­te Poli­zei­freun­din bin – sie­he Wun­sie­del. Ich ken­ne vie­le Leu­te aus der lin­ken Sze­ne und weiß, wie die Poli­zei seit Jahr­zehn­ten mit ihnen umgeht. Für rech­te Demos wer­den Bewe­gungs­gas­sen frei­ge­macht, Lin­ke wer­den ver­prü­gelt. Ich habe da auch viel mit­ge­kriegt und bin inso­fern sen­si­bi­li­siert. Aber ich erken­ne abso­lut an, was die Poli­zei, gera­de in die­sen Zei­ten, für einen har­ten Job machen muss, und es geht über­haupt nicht, dass sie von Demons­trie­ren­den ange­grif­fen wer­den. Da tun mir die Poli­zis­ten leid.

Feli­ci­tas: Was Sie mei­nen, sind ganz lin­ke, auto­no­me Grup­pen, die auch vor Gewalt nicht zurück­schre­cken. Mit denen wür­de ich mich nicht auf die Stra­ße stel­len wol­len.
Astrid: Das ist nur ein ganz klei­ner Kreis, aber da wür­de ich auch sagen „hört auf mit dem Scheiß“.

Sie haben die Ent­wick­lung von Stay Awa­ke vor Ort wahr­schein­lich genau mit­ver­folgt. Wie lief die­se ab?

Astrid: Haben wir und wir fin­den sie grau­sig. Sie haben klein ange­fan­gen – ein paar Impf­geg­ner sind jeden Mon­tag­abend mar­schiert. Inzwi­schen ist eine gro­ße Soße von ver­schie­de­nen Strö­mun­gen und Leu­ten aus ver­schie­de­nen Bevöl­ke­rungs­grup­pen dar­aus gewor­den, die von rechts unter­wan­dert ist. In Ebern wur­den wir ange­brüllt „Wir sind nor­ma­le Deut­sche!“ Aber was ist nor­mal in dem Zusam­men­hang für ein Begriff, wenn es dabei ganz vie­le Leu­te gibt, denen es egal ist, zusam­men mit Nazis zu lau­fen? Die­se Leu­te haben nichts dage­gen, an der Sei­te von Rech­ten zu stehen.

Inwie­weit ist so ein Pau­schal­ur­teil über die­je­ni­gen, die bei die­sen Spa­zier­gän­gen mit­lau­fen, erlaubt, bezie­hungs­wei­se, inwie­weit kann man Ver­ständ­nis für die­se Leu­te auf­brin­gen, die womög­lich nur teil­neh­men, um ihre Sor­gen vor zum Bei­spiel etwa­igen gesund­heit­li­chen Aus­wir­kun­gen der Imp­fung auszudrücken?

Astrid: Die­se Sor­gen kann man auch anders aus­drü­cken. Für mich gibt es da kein Ver­ständ­nis. Für mich gilt: Wer mit Nazis geht, tole­riert sie.

Feli­ci­tas: Wer mit Nazis geht, nimmt deren Hal­tung in Kauf. Man muss wirk­lich unter einem Fels­bro­cken leben, um heut­zu­ta­ge nicht zu wis­sen, dass Rech­te bei die­sen Demons­tra­tio­nen mit­mar­schie­ren, sie für sich nut­zen, um ihr Gedan­ken­gut zu ver­brei­ten, oder sogar zu ihnen aufrufen.

Astrid: Die neu­es­ten Auf­ru­fe gehen ja in die Rich­tung, die eige­nen Kin­der als Schutz­schil­de mit­zu­neh­men. Und wer im Ange­sicht all des­sen sagt, nur mit­zu­lau­fen, weil er Impf­geg­ner ist – und viel­leicht noch aus irgend­wel­chen eso­te­ri­schen Grün­den, wenn der Geist gesund ist, wird der Kör­per kein Coro­na krie­gen, oder so – lügt. Wenn vor­ne­weg ein ver­ur­teil­ter Rechts­ra­di­ka­ler läuft, einer, der vor fünf Jah­ren in Bam­berg das Bal­tha­sar ange­zün­det hat und dafür im Gefäng­nis war, kann es da kei­ne Zwei­fel geben.

Wenn Sie demons­trie­ren, hof­fen Sie dann dar­auf, auf der Gegen­sei­te ein Umden­ken zu erreichen?

Astrid: Nein, das ist illu­so­risch. Es geht ein­fach dar­um zu zei­gen, dass es auch noch eine ande­re Mei­nung gibt – ihr kapert nicht unse­re Stadt.

Was mei­nen Sie mit kapern?

Astrid: Ein Ver­brei­ten bei­spiel­wei­se fal­scher wis­sen­schaft­li­cher Behaup­tun­gen über das Coro­na­vi­rus oder die Imp­fung, oder ein Hin­ein­wir­ken in die gesell­schaft­li­che Mit­te, um die­se für sich ein­zu­span­nen. Und wenn da jeden Mon­tag­abend 2000 Leu­te durch die Stadt zie­hen, scheint das ziem­lich erfolg­reich zu lau­fen. Die Stay Awa­ke-Leu­te sind ver­netzt und kom­men von über­all nach Bam­berg und flu­ten die Straßen.

Feli­ci­tas: Die­ses Kapern zeigt sich, fin­den wir, auch dar­an, dass es ganz vie­le Men­schen gibt, die sagen, man sol­le die­se Leu­te lau­fen las­sen und sie igno­rie­ren, anstatt ihnen Auf­merk­sam­keit zu geben – zum Bei­spiel durch Gegen­de­mons­tra­tio­nen. Aber das hat­ten wir in Deutsch­land schon­mal, wir haben sie schon­mal lau­fen las­sen, die Rech­ten, in den 1930-er Jah­ren. Wir haben ihnen Raum gege­ben und plötz­lich war eine Regie­rung im Amt, die die­sen Raum genutzt hat, um die Demo­kra­tie abzu­schaf­fen. Man muss sich dage­gen­stel­len und auf­merk­sam machen auf das, was passiert.

Astrid: Man muss aber auch schon sagen, dass das trotz allem eine Min­der­heit ist, die da auf die Stra­ße geht. Sie ist halt ein­fach nur laut, pla­ka­tiv und gewalt­tä­tig. Und unse­re Sei­te wächst durch­aus auch. Als wir vor Kur­zem am Max­platz demons­triert haben, waren 700 Leu­te da, statt den der erwar­te­ten 300 – und die kom­men nicht, wie bei den Spa­zier­gän­gern, von weit her ange­reist, aus Thü­rin­gen oder Sach­sen. 700 Leu­te, die ein­fach sagen „so einen Schmutz möch­ten wir in der Stadt nicht haben“.

Wie ist der Stand der OMAS GEGEN RECHTS in der eige­nen Sze­ne? Kann es pas­sie­ren, dass älte­re Men­schen, die sich poli­tisch ein­brin­gen, nicht ganz ernst genom­men wer­den, weil ihnen kein poli­ti­sches oder ein von vor­ne­her­ein kon­ser­va­ti­ves oder alt­mo­di­sches poli­ti­sches Bewusst­sein unter­stellt wird?

Astrid: Die Jün­ge­ren lie­ben uns! Wir wer­den teil­wei­se mit Applaus emp­fan­gen. Die Jun­gen freu­en sich, dass Leu­te in unse­rem Alter mit ihnen end­lich mal soli­da­risch und nicht, wie es durch­aus oft pas­siert, gegen die Jugend und ihre Wer­te oder lin­ke Wer­te ein­ge­stellt sind. Als wir in Wun­sie­del ange­kom­men sind, stan­den da 400 Leu­te von der Anti­fa und haben sich gefreut. Ich glau­be, wir sind ein biss­chen deren Maskottchen.

Aber ist ein Mas­kott­chen nicht immer ein wenig putzig?

Astrid: Ja, wir sind doch auch ein biss­chen put­zig. Aber im Ernst, wir wer­den ernst genom­men und man freut sich wirk­lich, Leu­te aus unse­rer Gene­ra­ti­on an sei­ner Sei­te zu haben.

Hat man als älte­re Akti­vis­tin oder älte­rer Akti­vist Vor­tei­le gegen­über jüngeren?

Feli­ci­tas: Wir haben viel­leicht ein biss­chen mehr Weis­heit und Lebens­er­fah­rung. Und ein aus­ge­präg­te­res Geschichts­be­wusst­sein nicht zu ver­ges­sen. Wobei die Gemein­sam­kei­ten über­wie­gen. Wir sind genau­so gegen Rechts und für Umwelt­schutz und möch­ten in einer welt­of­fe­nen Gesell­schaft leben. Men­schen­wür­de für alle.

Was pla­nen Sie für 2022?

Astrid: Ende Janu­ar fei­er­ten wir das fünf­jäh­ri­ge Bestehen der OMAS GEGEN RECHTS. Außer­dem möch­ten wir die Ver­net­zung der Bam­ber­ger Grup­pe mit ande­ren Omas-Grup­pen vorantreiben.

Feli­ci­tas: Und immer, wenn wir mit­krie­gen, dass Aktio­nen gegen Rechts geplant und für uns erreich­bar sind, wer­den wir hinfahren.