Eine Studie der Universität Bamberg hat die Rolle von Selbstmitgefühl in Beziehungen untersucht. Ergebnis: Selbstmitgefühl kann nicht nur die eigene Beziehungszufriedenheit, sondern auch die der Partnerin oder des Partners positiv beeinflussen.
Selbstmitgefühl kann einen positiven Effekt auf die Qualität einer Beziehung haben. Das ist das zentrale Ergebnis einer psychologischen Studie der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). „Selbstmitgefühl bedeutet, dass Personen sich selbst gegenüber eine fürsorgliche, freundliche und achtsame Einstellung haben – insbesondere in Hinblick auf eigene Unzulänglichkeiten“, erläutert Dr. Robert Körner, Erstautor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik der Universität Bamberg. „Zwei Menschen profitieren davon, wenn sie in der Lage sind, sich selbst gegenüber bei Unzulänglichkeiten, Leid und Schmerz in der Beziehung mitfühlend zu reagieren. Auf diese Weise kann nicht nur das eigene Liebesleben aufblühen, sondern auch das des Partners oder der Partnerin.“ Besonders Männer in heterosexuellen Beziehungen wiesen in der Untersuchung eine hohe Beziehungszufriedenheit auf, wenn ihre Partnerin innerhalb der Paarbeziehung selbstmitfühlend ist.
Das Paar im Fokus
Bisher war laut Universität Bamberg bereits bekannt, dass die Ausprägung des Selbstmitgefühls Effekte auf das persönliche Wohlbefinden haben kann. Zudem kann es beeinflussen, wie Menschen ihre romantischen Beziehungen erleben, wie zufrieden sie in ihrer Beziehung sind und wie sie mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner interagieren. Dabei geht es zum Beispiel darum, wie sie Konflikte lösen oder mit Eifersucht umgehen.
In der aktuellen Studie sind die Forschenden einen Schritt weitergegangen, um einen tieferen Einblick in das Potential von Selbstmitgefühl in Paarbeziehungen zu gewinnen. „Bisher wurden hauptsächlich Studien durchgeführt, die sich auf eine Person in der Beziehung beziehen. Wir haben beide Personen in der romantischen Beziehung befragt“, sagt Dr. Nancy Tandler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie der MLU.
Die Forschenden verwendeten dabei ein differenziertes Messverfahren für die Beziehungszufriedenheit, um verschiedene Aspekte romantischer Beziehungen berücksichtigen zu können. Die Fragen an die Testpersonen drehten sich demnach etwa darum, wie zufrieden diese mit der Sexualität in der Beziehung sind oder welches langfristige Potential sie der Beziehung beimessen.
Zudem betrachteten die Forschenden den Zusammenhang auf einer beziehungsspezifischen Ebene. Dafür untersuchten sie nicht nur das individuelle Selbstmitgefühl, sondern auch das Selbstmitgefühl innerhalb der Beziehung. „Dieser Ansatz trägt der Tatsache Rechnung, dass sich Menschen in verschiedenen Lebensbereichen unterschiedlich verhalten“, sagt Prof. Dr. Astrid Schütz, Inhaberin des Lehrstuhls für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik der Universität Bamberg. Zum Beispiel könne es einen Unterschied geben, wie selbstmitfühlend eine Person nach einem Konflikt in einer Liebesbeziehung ist und wie selbstfürsorglich die Person nach einem Konflikt bei der Arbeit ist. Für die Studie befragten die Forschenden zwischen Januar und Dezember 2022 insgesamt 209 deutschsprachige heterosexuelle Paare in Form von Online-Fragebögen.
Ergebnisse für Paartherapien nützlich
„Neben den inhaltlichen Ergebnissen ziehen wir den Schluss, dass es wichtig ist, die Wechselbeziehung zwischen den Beziehungspartnerinnen und ‑partnern zu berücksichtigen, um das volle Potential des Selbstmitgefühls als Ressource für glückliche Beziehungen zu verstehen“, sagt Nancy Tandler. Weitere Forschung solle vor allem auch gleichgeschlechtliche Beziehungen und Paare aus anderen Nationen berücksichtigen, da die Erwartungen an romantische Beziehungen sich je nach Kultur, Beziehungsmodell, Geschlecht- und Genderrollen unterscheiden können.
Die Ergebnisse der aktuellen Studie können laut den Forschenden insbesondere für Paartherapien nützlich sein, da Selbstmitgefühl trainiert werden kann. Bei einem Misserfolg oder dem Erleben einer persönlichen Unzulänglichkeit könnte man sich beispielsweise fragen: Wie würde ich mich gegenüber einem Freund oder einer Freundin verhalten, wenn er oder sie sich in so einer Situation befinden würde? Anschließend wendet man diese Art der Fürsorge auf sich selbst an.