Am 5. November findet die Präsidentschaftswahl in den USA statt. Forschende der Universität Bamberg haben Einschätzungen rund um die US-Wahl zwischen Kamala Harris und Donald Trump gegeben. Dabei geht es um Migration, Kommunikation, Herkunft und Taylor Swift.
Der Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl am 5. November ist bereits in vollem Gange. Spätestens seit dem Rückzug Joe Bidens im Juli und der Ankündigung der Präsidentschaftskandidatur von Kamala Harris verfolgt die ganze Welt den Wahlkampf, so die Universität Bamberg in einer Mitteilung. Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen der Hochschule haben nun Einschätzungen zu einigen Themen rund um die US-Wahl gegeben.
Migration und kulturell-politische Landschaft
Über die Ansätze zur Migrationspolitik von Harris und Trump im Wahlkampf sagt Dr. Georgiana Banita, Professur für Amerikanistik: „Donald Trump will hart gegen die undokumentierte Migration vorgehen. Grenzschließungen sollen die vermeintliche Bedrohung durch kriminelle Migrantinnen und Migranten in den Griff bekommen. Doch auch Joe Biden hat keinen grundlegend anderen Kurs eingeschlagen. Seine Regierung hält an Anti-Asyl-Maßnahmen fest und setzt Polizeikräfte zur internen Kontrolle und Abschiebung ein. Versprechungen, die menschenunwürdigen Massenlager an der Grenze abzubauen, wurden nicht eingehalten. Obwohl Kamala Harris als Vizepräsidentin diese restriktive Politik mitgetragen hat, setzt sie sich im Wahlkampf für eine humane Migrationspolitik ein. Es bleibt abzuwarten, ob ihre Vorschläge für eine gerechte und inklusive Lösung für Migrantinnen und Migranten konkret genug sind, um der Angst der Wählerschaft vor einer drohenden Überfremdung entgegenzuwirken.“
Zu Herausforderungen bei der Beschreibung der kulturell-politischen Landschaft der USA hat sich Prof. Dr. Pascal Fischer, Professur für Anglistische und Amerikanistische Kulturwissenschaft, geäußert: „Die Auseinandersetzungen um die Präsidentenwahlen sollten im Kontext langfristiger kultureller Entwicklungen in den Vereinigten Staaten betrachtet werden. Auch wenn das Schlagwort der politischen Polarisierung im aktuellen Diskurs häufig Verwendung findet, ist keineswegs offensichtlich, wo genau die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft verläuft. Handelt es sich um einen Konflikt zwischen intellektuellen Eliten und dem einfachen Volk? Zwischen Säkularen und Religiösen? Oder zwischen Evangelikalen und Nicht-Evangelikalen? Zwischen Weltgewandten und Engstirnigen? Zwischen den Bewohnern der Küstenstaaten und denen des amerikanischen Kernlands? Diese Liste von Gegensatzpaaren ließe sich noch lange fortsetzen. Dass die gewählten Ausdrücke oft schon einen politischen Standpunkt erkennen lassen, verdeutlicht, wie herausfordernd eine nüchterne, wissenschaftliche Betrachtung der politischen Landschaft Amerikas ist.“
Wahlchancen und Taylor Swift
„Was haben die Wahlchancen von Kamala Harris mit der amerikanischen Kultur zu tun?“, fragt Prof. Dr. Christine Gerhardt, Professur für Amerikanistik. „Dass sich die USA 2024 eine schwarze Frau als Präsidentin vorstellen kann, trifft in seiner visionären Kraft einen Kern der amerikanischen Kultur. Zu den kulturellen Narrativen, die Kamala Harris’ Kandidatur berührt, gehört die Vision eines Einwanderungslandes, das Platz für Menschen jeglicher Herkunft hat, so wie einst für ihre jamaikanisch-indischen Eltern. Ihr „Wir gehen nicht zurück“ vereint vielfältige Anliegen – bezahlbare Krankenversicherung, Abtreibungs- und LGBTQ+ Rechte – und knüpft so an die Leitidee „e pluribus unum“ an. Dass Michelle Obama auf dem Parteitag einen „helleren Tag“ beschwor, verweist auf die religiösen Wurzeln amerikanischen Fortschrittsglaubens. Vor allem verkörpert der Enthusiasmus, den Harris’ Nominierung ausgelöst hat, jene Begeisterung für das Neue, Zukünftige, die sich durch die US-Geschichte zieht.“
Etwas irdischer wird es bei Prof. Dr. Jörn Glasenapp, Lehrstuhl Literatur und Medien, der fragt: „Pop und Politik: Ob Taylor Swift die US-Wahl entscheiden kann? „Wie eng das popkulturelle und das politische Feld in den USA zusammenhängen, wie fließend die Übergänge sind, verdeutlicht immer wieder mit besonderer Prägnanz der Präsidentschaftswahlkampf. Stärker noch als vor vier Jahren gerät diesbezüglich der erfolgreichste Popstar der Gegenwart, Taylor Swift, in den Fokus, deren politischer Einfluss als erheblich eingeschätzt wird. Swift hat sich lange Zeit aus der Politik herausgehalten, positioniert sich seit 2018 aber eindeutig aufseiten der Demokraten beziehungsweise gegen Donald Trump. Eine explizite Wahlempfehlung für Kamala Harris und Tim Waltz hat die Musikerin noch nicht abgegeben, aber vieles deutet darauf hin, dass es noch dazu kommen wird.“
Kommunikation, KI, Geschlecht
Zu einem möglichen Endspiel in der US-Wahl um die Zukunft der politischen Kommunikationskultur sagt Prof. Dr. Olaf Hoffjann, Professur für Kommunikationswissenschaft: „Im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf wird nicht nur über den künftigen Amtsinhaber, sondern wohl auch über die künftige politische Kommunikationskultur entschieden. Spielen Kategorien wie Fakten und Lüge künftig noch eine Rolle oder setzt sich ein postfaktischer emotionalisierender Politikstil durch, dem die Wahrheit weitgehend egal ist? Geht es in der politischen Kommunikation noch um eine sachlich klare, aber doch zivilisierte Auseinandersetzung zwischen politischen Gegnern oder um das Vernichten des politischen Feindes? Der Wahlkampf und vor allem sein Ausgang werden wohl auch für europäische Demokratien weitreichende Folgen haben.“
Digitale Medien im Wahlkampf stehen im Mittelpunkt der Äußerung von Prof. Dr. Andreas Jungherr, Lehrstuhl für Politikwissenschaft. „Wahlkämpfe in den USA demonstrieren immer wieder eindrucksvoll, wie neue Werkzeuge und Methoden in Wahlkämpfen eingesetzt werden, im Guten wie im Schlechten. Der aktuelle US-Präsidentschaftswahlkampf verspricht dabei ein Beispiel für die Nutzung von KI zu werden. Dies gilt es besonders zu beobachten, da sich hier für die nächsten vier bis acht Jahre entscheidet, ob KI international als eine Chance oder Gefahr für Demokratie wahrgenommen wird.“
Und zur geschlechtsspezifische Selbstdarstellung von Kandidatinnen und Kandidaten in Wahlkämpfen sagt Prof. Dr. Isabel Kusche, Professur für Soziologie mit dem Schwerpunkt digitale Medien: „Nach dem Rückzug von Präsident Joe Biden als Kandidat der Demokratischen Partei geht, nach 2016 zum zweiten Mal, mit Kamala Harris eine Frau in das Rennen um die amerikanische Präsidentschaft. Frauen sind in Wahlkämpfen noch immer mit stereotypen Vorurteilen konfrontiert beziehungsweise rechnen mit ihnen. Sie reagieren darauf oft, indem sie vermeiden ihr Geschlecht zum Thema zu machen. Das könnte in diesem Wahlkampf anders sein, weil die Demokraten unter anderem auf das Thema des Rechtes auf Abtreibung setzen, um Wählerinnen zu gewinnen, und die Aussicht, erstmals eine Frau zur Präsidentin wählen zu können, zusätzlich gegen die Alternative Donald Trump mobilisieren könnte.“