Gewalt­po­ten­ti­al gestiegen

Ver­fas­sungs­schutz­be­richt 2021

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Verfassungsschutzbericht
Joachim Herrmann bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2021, Foto: Bayerisches Innenministerium
Bay­erns Innen­mi­nis­ter Joa­chim Herr­mann hat den Ver­fas­sungs­schutz­be­richt 2021 vor­ge­stellt. Die­ser gibt Auf­schluss über „Hass und Het­ze in nie dage­we­se­nem Aus­maß“. Wäh­rend er eine gerin­ge Betei­li­gung von Extre­mis­ten bei Coro­na-Pro­tes­ten fest­stellt, ist das Gewalt­po­ten­ti­al bei Reichs­bür­gern gestiegen.

Der baye­ri­sche Ver­fas­sungs­schutz­be­richt 2021 gibt kei­ne Ent­war­nung, im Gegen­teil. Bay­erns Innen­mi­nis­ter Joa­chim Herr­mann erklär­te ges­tern in Mün­chen: „Hass und Het­ze hat­ten 2021 ein bis­lang nicht gekann­tes Aus­maß erreicht, im Netz, auf der Stra­ße bis hin­ein ins pri­va­te Umfeld.“

Gera­de die Debat­te um eine all­ge­mei­ne Coro­na-Impf­pflicht habe nicht nur zu einer Pola­ri­sie­rung, son­dern bei einem klei­ne­ren Teil der Gesell­schaft auch zu einem deut­lich aggres­si­ve­ren Vor­ge­hen gegen Anders­den­ken­de geführt.

„Zwar flau­en der­zeit die Dis­kus­sio­nen um die Coro­na-Pan­de­mie etwas ab. Die Sze­ne wird sich aber mög­li­cher­wei­se neue The­men suchen. Unse­re Ver­fas­sungs­schüt­zer sind des­halb höchst wach­sam, auch mit Blick auf die Aus­wir­kun­gen des Ukrainekriegs.“

In die­sem Zusam­men­hang warn­te der Innen­mi­nis­ter vor von rus­si­scher Sei­te gesteu­er­ten Fake-News und vor geziel­ten Cyber­an­grif­fen. „Rus­si­sche Cyber­an­grif­fe auf baye­ri­sche Behör­den sowie auf Unter­neh­men und Ein­rich­tun­gen sind nicht aus­ge­schlos­sen.“ Die Kapa­zi­tä­ten von Cyber­si­cher­heits-Behör­den sei­en ent­spre­chend bereits erhöht worden.

Ver­fas­sungs­schutz­be­richt 2021: Wesent­li­che Ergebnisse

Der Ein­fluss von Extre­mis­ten auf die Coro­na-Pro­test­ver­an­stal­tun­gen war laut Joa­chim Herr­mann zah­len­mä­ßig gerin­ger als befürch­tet. „Ledig­lich bei 207 von rund 3.000 Pro­tes­ten gegen staat­li­che Pan­de­mie-Maß­nah­men haben die Ver­fas­sungs­schüt­zer Per­so­nen mit extre­mis­ti­schen Bezü­gen fest­ge­stellt. Und: Die Mehr­zahl der Pro­test­be­we­gun­gen ist fried­lich verlaufen.“

Laut Herr­mann sei es aber alar­mie­rend, wenn es unter Aus­nut­zung des Grund­rechts der Ver­samm­lungs­frei­heit zu mas­si­ven Aus­schrei­tun­gen und Straf­ta­ten kommt. „Gegen sol­che Bestre­bun­gen wer­den wir auch wei­ter kon­se­quent vorgehen.“

Beson­ders die rechts­extre­mis­ti­sche Sze­ne ver­su­che die Coro­na-Pro­tes­te für ihre Zwe­cke zu nut­zen und mit geziel­ter Ver­schleie­rungs­tak­tik, Ver­schwö­rungs­theo­rien und Falsch­be­haup­tun­gen Anschluss an das bür­ger­li­che Spek­trum zu fin­den. Auch wenn dies bis­lang nicht gelun­gen sei, sei wei­ter­hin Vor­sicht geboten.

„Das rechts­extre­mis­ti­sche Per­so­nen­po­ten­ti­al bleibt mit 2.700 Per­so­nen auf hohen Niveau.“ Die Gesamt­zahl der rechts­extre­mis­ti­schen Straf­ta­ten sei zwar gesun­ken. 2021 waren es 1.750 Fäl­le, 2020 mit 2.455 deut­lich mehr. „Dass hier­mit eine dau­er­haf­te Trend­um­kehr ver­bun­den ist, ist ange­sichts der im Netz immer häu­fi­ger kur­sie­ren­den Auf­ru­fe, an einem Tag „X“ das Sys­tem zu stür­zen, jedoch eher unwahrscheinlich.“

Die teil­wei­se Staats­feind­lich­keit bei den Coro­na-Pro­tes­ten stel­le auch einen Anknüp­fungs­punkt für die Reichs­bür­ger dar. „Sowohl im vir­tu­el­len als auch im rea­len Raum ist es der Sze­ne gelun­gen, Anhän­ger der Coro­na-Pro­tes­te zu gewin­nen. Das Per­so­nen­po­ten­ti­al als auch das Gewalt­po­ten­ti­al der Reichs­bür­ger-Sze­ne hat somit letz­tes Jahr mit 4.605 Anhän­gern und 122 poli­tisch moti­vier­ten Gewalt­ta­ten einen trau­ri­gen Höchst­stand erreicht.“

Besorg­nis­er­re­gend sei hier ins­be­son­de­re die zuneh­men­de Aggres­si­vi­tät. Eben­so stieg die Gesamt­zahl der Straf­ta­ten von 243 auf 425. „Dies zeigt aber auch: Droh­schrei­ben und Erpres­sungs­ver­su­che ahn­den wir kon­se­quent, die Ent­waff­nung der Sze­ne trei­ben wir wei­ter voran.“

Links­extre­mis­mus und Islamismus

Sor­ge berei­tet dem CSU-Minis­ter auch die Gewalt­be­reit­schaft der links­extre­mis­ti­schen Sze­ne. Trotz Rück­gangs bei den Zah­len an Straf­ta­ten (von 705 auf 471) und Gewalt­ta­ten (von 62 auf 47), sind die­se Wer­te im Ver­hält­nis betrach­tet beunruhigend.

„Der Anteil der Gewalt­ta­ten liegt bei nahe­zu zehn Pro­zent, was eine Stei­ge­rung um rund drei Pro­zent seit 2019 bedeu­tet. Der Rück­gang ist also kein Grund zur Ent­war­nung.“ Im Gegen­teil: Links­extre­mis­ti­sche Gewalt­tä­ter hät­ten nun­mehr beson­ders kri­ti­sche Infra­struk­tu­ren als Anschlags­ziel und will­kom­me­nes Vehi­kel ent­deckt, die Gesell­schaft zu destabilisieren.

Ihre Sabo­ta­ge­ak­te zeig­ten immer grö­ße­re Rück­sichts- und Skru­pel­lo­sig­keit. Der­zeit ver­su­che die­se Sze­ne ver­stärkt, über das The­ma Umwelt- und Kli­ma­schutz demo­kra­ti­sche Dis­kur­se zu beein­flus­sen und gesell­schaft­li­chen Pro­test zu radikalisieren.

„Auch isla­mis­ti­sche Bestre­bun­gen dür­fen wir nicht aus dem Blick ver­lie­ren. Die­se ver­su­chen nach wie vor Prä­senz zu zei­gen und mit ein­zel­nen Anschlä­gen ein Kli­ma der Ver­un­si­che­rung zu schüren.“

Nahe­zu aus dem Nichts kom­men isla­mis­ti­sche Ein­zel­tä­ter­an­schlä­ge an belie­bi­gen Orten. Neben Prä­ven­ti­ons­maß­ah­men set­zen die Sicher­heits­be­hör­den daher alle ver­füg­ba­ren Mit­tel zur Bekämp­fung des Isla­mis­mus ein. So hat­te bei­spiels­wei­se das Ver­bot der sala­fis­ti­schen Ver­ei­ni­gung „Ansaar Inter­na­tio­nal e. V.“ sowie ihrer Teil­or­ga­ni­sa­tio­nen im Mai 2021 weit­rei­chen­de Fol­gen – auch in Bayern.

Kon­se­quent bekämpft wird auch der im Isla­mis­mus ver­wur­zel­te Anti­se­mi­tis­mus. „Anti­jü­di­sche Het­ze, wie sie von Orga­ni­sa­tio­nen aus dem isla­mis­ti­schem Spek­trum ver­brei­tet wer­den, dul­det unser Rechts­staat nicht“, so Herrmann.

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