Der Förderkreis goolkids, der sich um Inklusion und Integration kümmert, ist mittlerweile fünf Jahre alt. In der Serie „Das Jahr im Schnelldurchlauf” lassen wir heute Robert Bartsch, den Initiator der Bamberger Organisation, auf 2020 zurückblicken und einen Ausblick in das kommende Jahr wagen.
Herr Bartsch, das Jahr 2020 war geprägt von der Corona-Pandemie. Wenn sie so kurz vor dem Jahreswechsel zurückblicken: Was nehmen Sie als Fazit aus diesem Jahr mit?
Wir dürfen uns nie sicher sein, dass Gesundheit eine Selbstverständlichkeit ist. Die Krise hat mir gezeigt, wer die echten Freunde sind und wie sie sich in solchen Zeiten verhalten.
Was war das Schlimmste für Sie an diesem Jahr?
Die Erkenntnis, dass die Gesellschaft mehr und mehr von Egoismus geprägt wird. In der Krise wurden eher Konfrontation und Streit statt ein MITeinander gesucht. Menschen am Rand der Gesellschaft wurden noch mehr ignoriert und besonders unsere Schützlinge bei goolkids hatten/haben extrem stark mit der Ausgrenzung zu kämpfen.
Wenn Ihnen vor dem Lockdown im Frühjahr gesagt worden wäre wie sich die Situation zum Ende des Jahres darstellt, wann und wie hätten Sie seitdem anders gehandelt als Sie es getan haben?
Vielleicht hätten ich beziehungsweise unser Team noch intensiver auf digitale Angebote für Training im eigenen Zuhause setzen sollen? Aber generell hatten auch wir sehr viel mit der akuten Versorgung oder persönlichen Betreuung unserer Mitmenschen zu tun. Einkaufsservice oder Gesprächszeiten per Telefon/Video waren so wichtig für sie, um sich nicht gänzlich abgehängt zu fühlen.
Wenn Sie eine positive Sache aus diesem Jahr herausstellen möchten, welche wäre das?
Es gab eine extrem große Welle der Hilfsbereitschaft; sogar mehr als Hilfen angefragt wurden. Das Schöne daran, bei all den tollen Helfern und Hilfsangeboten war es leicht, die Hassprediger und Lügner zu ignorieren. Es war viel leichter oder es gelang früher, die Guten unter den Menschen zu erkennen. Wir waren und wir sind mehr!
Auch Weihnachten wird für die meisten Menschen anders stattfinden als in den Jahren zuvor. Wie verbringen Sie das Fest?
Da ich keine Familie habe, muss (darf?) ich das Fest alleine verbringen. Ich nutze die Zeit, all die schönen Bilder aus den wenigen Begegnungen mit unseren Freunden in den Projekten von 2020 ins Gedächtnis zu rufen. Ich genieße die wunderbaren Stunden noch einmal und gönne mir dabei leckere Weihnachtsgeschenke, die ich von sehr guten Freunden bekommen habe.
Aufgrund der Erfahrungen in diesem Jahr: Wie verändert sich der private Robert Bartsch und wie seine Arbeitsweise für die Zukunft?
Der private Mensch wird noch mehr an seinen Stärken arbeiten. Sie haben mich durch die Krise geführt und gezeigt, dass Menschlichkeit ein Geschenk ist, das man pflegen darf. Für die Arbeit bedeutet das kaum Unterschiede, weil mir die Ziele schon immer mehr bedeutet haben als kurzfristiges Schulterklopfen. Vielleicht werde ich sie noch intensiver verfolgen als bisher?
Was bereitet Ihnen Sorgen im Hinblick auf das neue Jahr?
In Wahrheit der Gedanke, dass die Hassreden und Verschwörungsmärchen noch ungehemmter und noch dümmer werden. Dass sich die schleichende Spaltung weiter fortsetzt, weil die Bewältigung der Pandemie nicht im Sinne der egoistischen Motive dieser Leer(nicht)denker geschafft werden kann. Noch mehr Sorgen bereitet mir die Politik mit ihren zunehmend populistischen statt weit blickenden Pauschal-Entscheidungen. Man ist zu faul, oder sind es Lobbyinteressen, die Möglichkeiten von Maßnahmen differenzierter einzusetzen. Es wird immer nur über den Kamm geschert, koste es (Steuergelder und Pleiten) was es wolle. Dies führt zu einer Entfremdung, die durch nichts mehr repariert werden kann. Die Wahlen werden es hoffentlich den „Königen“ dieses Landes zeigen.
Welche Wünsche haben Sie für das neue Jahr?
Gesundheit! Was sonst ist wichtig für uns? Mehr MITeinander, wenig Egoismus, weniger Streit und vor allem, mehr Weitsicht bei Politikern und bei den Menschen selbst. Dann gelingt es schon bald wieder, gemeinsam in unseren Projekten das Leben und den Sport zu genießen. Neue Begegnungen braucht das Land.
Was macht Ihnen Mut für das neue Jahr?
Schlechte Zeiten machen uns bewusst, wie wertvoll das Leben ist. Doch schlechte Zeiten sind nie von Dauer. Ich vertraue darauf, dass sich das Pendel wieder in die bessere Richtung dreht. Es gab sogar in schweren Tagen neue Begegnungen, die für die guten Zeiten richtige Lebensfreude versprechen.