Gestern (11. September) war der Tag der Wohnungslosen. Zu diesem Anlass mahnt die Bamberger Caritas die wachsenden Probleme der Wohnraumsituation in Oberfranken an. Wohnungsnot sei soziale Realität.
Der Aktionstag „Tag der Wohnungslosen“ soll Aufmerksamkeit auf eines der großen Probleme des Landes lenken – die sich ständig verschlechternde Wohnraumsituation. Diese stellt, wie die Caritas Bamberg mitteilt, eine akute soziale Herausforderung dar, die dringendes Handeln erfordert. Denn immer mehr Menschen seien von akuter Wohnungsnot betroffen – auch in Ober- und Mittelfranken.
Deshalb appelliert Michael Endres, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes für die Erzdiözese Bamberg, an die Politik, die Wirtschaft, an Städte, Kommunen und Gemeinden, die Landratsämter sowie die Gesellschaft insgesamt, sich dieser Herausforderung anzunehmen und konstruktive Lösungen zu entwickeln, „um schließlich gemeinsam die Lebensbedingungen der betroffenen Menschen nachhaltig zu verbessern.“
Denn auch in der Erzdiözese Bamberg, die sich über Oberfranken und Teile Mittelfrankens erstreckt, wirken sich steigende Mieten und die unzureichende Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum negativ auf die Wohnraumsituation von Familien, Alleinerziehenden und Menschen mit niedrigem Einkommen aus. Die Folge: Ein kontinuierlich wachsender Anteil der Bevölkerung ist von Obdachlosigkeit bedroht oder muss in prekären Wohnverhältnissen leben.
Wohnungslosigkeit im Gebiet der Erzdiözese stark gewachsen
Wie besorgniserregend die Lage ist, zeigt laut Caritas der Blick in die Region. Im Vorjahresvergleich meldete das Bayerische Landesamt für Statistik für 2023 für Oberfranken einen Anstieg um 47 Prozent bei registrierten Fällen von Wohnungslosigkeit. Insgesamt waren dort im vergangenen Jahr 1.595 Personen betroffen. 2022 waren es 1.085. Die Zahlen für Mittelfranken fallen nicht ganz so hoch aus. Im Regierungsbezirk Nürnberg die Wohnungslosigkeit um 22 Prozent, von 5.810 (2022) auf 7.120 (2023).
Allerdings geht der Caritasverband Bamberg bei der Wohnraumsituation von einer hohen Dunkelziffer aus. „Aus den Beratungsstellen unserer Kreiscaritasverbände wissen wir, dass dort oftmals mehrere hundert Menschen von Wohnungsnot betroffen sind“, sagt Endres. „Alleine in Kronach hatten in den letzten zwei Jahren circa 900 Menschen mit akuter Wohnungsnot zu kämpfen. Aktuell sind es immer noch 400, also fast ein Drittel der offiziellen Zahlen für ganz Oberfranken.“
Dazu zählen für Endres insbesondere einkommensschwache Familien, Alleinerziehende und Menschen mit sozialen Schwierigkeiten wie Verschuldung, Sucht, psychische Erkrankungen und familiären Problemen. Sie fänden oftmals keine adäquaten Wohnmöglichkeiten zu bezahlbaren Konditionen.
Laut Endres umfasse die Zahl aus Kronach aber nicht nur registrierte Fälle von Wohnungslosigkeit. „Da sind auch Personen dabei, die bei Freunden, Familienangehörigen oder in nichtoffiziellen Behelfsunterkünften unterkommen und deshalb nicht in der Statistik auftauchen.“
Wohnungsnot ist soziale Realität
Bei Wohnungsnot wegzuschauen, sie zu verharmlosen oder gar totzuschweigen, sei jedoch keine Lösung, so Endres weiter. „Wohnungsnot ist längst in unseren Kommunen angekommen, sie ist präsent und leider zu einer sozialen Realität geworden, die sich nicht mehr ignorieren lässt.“
Die Notwendigkeit für eine verstärkte Unterstützung sowie das Ergreifen von Maßnahmen im Bereich der Wohnraumversorgung sei dringender denn je. „Fachstellen für wohnungs- und obdachlose Menschen, die von den Kommunen finanziert werden und in diesen die Unterstützung und Koordination der Maßnahmen vornehmen, sind ein sehr richtiger und sehr wichtiger Ansatz für die betroffenen Menschen. Sie lösen aber die soziale Schieflage nicht auf.“
Sofortmaßnahmen sind gefragt
Ob Wohnungsnot oder Wohnungslosigkeit, es sei kein Geheimnis, beides wirke sich negativ auf die Gesundheit aus, sagt Michael Endres. Betroffene wie sozial Benachteiligte, Schwache, bedürftige Kranke oder eben obdachlose Menschen fehle es aber auch an medizinischen und pflegerischen Leistungen. In diesem Sommer habe auch die Hitze vieler dieser Menschen zu schaffen gemacht.
Hier sei es Aufgabe der Kommunen, entsprechende Sofortmaßnahmen zu ergreifen und ausreichend menschenwürdige Notunterkünfte sowie eine adäquate Versorgung zur Verfügung zu stellen, in denen auch Familien und Alleinerziehende unterkommen können. „Aber“, so Endres, „Kommunen, die über gut organisierte Hilfsmaßnahmen verfügen, können Nachbar-Gemeinden nicht automatisch mitversorgen und dürfen nicht überlastet werden.“
Wie solche Hilfsmaßnahmen in der Wohnraumsituation konkret aussehen könnten, versucht der Caritasverband Bamberg zu zeigen. Gemeinsam mit anderen Wohlfahrtsverbänden setzt er sich bereits für Menschen ein, die von der Wohnraumproblematik betroffen sind. Über seine Träger bietet der Verband Beratung und Unterstützung bei der Wohnraumsicherung und Wohnungssuche. Er betreibt Notunterkünfte und Verpflegungsstellen, führt Projekte zur Prävention von Obdachlosigkeit durch und engagiert sich für die Schaffung von mehr sozialem Wohnungsbau.
Beispiel Kronach
Wie das in der Praxis aussieht, zeigt sich wieder in Kronach. Der dortige Kreiscaritasverband investierte in den letzten beiden Jahren etwa 80.000 Euro an Eigenmitteln in die Wohnraumberatung. Damit konnte er die anspannte Situation von circa 450 wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Personen vor Ort lösen und sie davor bewahren, in die Obdachlosigkeit abzurutschen.
Und dennoch: Wohlfahrtsverbände wie die Caritas seien nicht in der Lage, die wachsenden Herausforderungen alleine zu bewältigen, sagt Endres. „Deshalb muss es ein gesellschaftliches Anliegen sein, Probleme wie Wohnungsnot durch konzertierte Gegenmaßnahmen zu bekämpfen, um jedem Menschen ein sicheres Zuhause zu geben.“ Hier seien auch Staat und Politik gefordert. „Wir brauchen endlich Rahmenbedingungen, die das Wohnraumproblem nachhaltig lösen.“ Das was bisher geschehen ist, reiche definitiv nicht aus. „Wir sind jederzeit dazu bereit, uns an einen Tisch zu setzen, dort unsere Expertise einzubringen und gemeinsam konstruktive, praktikable und vor allem belastbare Konzepte zu erarbeiten, mit denen das Wohnraumproblem Schritt für Schritt aus der Welt geschafft werden kann.“