Nach Monaten der Schließungen geht es für die Museen am Domberg Bamberg derzeit Schlag auf Schlag. Diözesanmuseum, Staatsbibliothek, Staatsgalerie, Neue Residenz und Historisches Museum bieten im Dezember nicht nur ein volles Ausstellungsprogramm. Vor Kurzem gab der Domberg auch die Kulisse für die Dreharbeiten einer Netflix-Serie ab.
Christiane Wendenburg ist Koordinatorin der Museen am Domberg. Sie hat uns über das Dezemberprogramm und die jüngsten Ereignisse Aufschluss gegeben.
Frau Wendenburg, wie lassen sich die eineinhalb Coronajahre aus Sicht der Museen am Domberg zusammenfassen?
Christiane Wendenburg: Es war ein nervenaufreibender Wechsel aus Schließungen und Öffnungen unter immer neuen Auflagen. Wir hatten wochenlang kein Publikum und somit auch keine Einnahmen. Es gab keine Führungen, keine Schulprogramme, keine Kindergeburtstagsfeiern im Museum und auch keinen direkten Austausch mit den Kooperationspartnern, Kolleginnen und Kollegen. Digitale Angebote und Zoom-Konferenzen sind hierfür leider kein adäquater Ersatz.
Wie geht es den Museen heute? Sind Sie schon wieder mitten im Geschäft mit neuen Projekten oder muss erst noch nachgeholt werden, was schon 2020 geplant war?
Christiane Wendenburg: Die Ausstellungs- und Veranstaltungsvorbereitungen für 2022, und zum Teil auch 2023, sind natürlich schon im vollen Gange. Außerdem ist der barrierefreie Ausbau des Diözesanmuseums geplant.
Gibt es Ausstellungen, die geplant waren, aber nicht zustande gekommen sind?
Christiane Wendenburg: Die meisten Ausstellungen wurden verschoben oder ihre Laufzeit verlängert. Leider konnten jedoch sehr, sehr viele Veranstaltungen nicht stattfinden. Das Veranstaltungsprogramm der Neuen Residenz für 2020 musste ausnahmslos abgesagt werden, unter anderem die Feierstunde zur 1000-jährigen Weihe der Thomas-Kapelle, die „Tage der alten Musik“, die Eröffnungsfeier zur Wiedereröffnung des Fürstbischöflichen Appartements nach der umfangreichen Restaurierung, ein vielfältiges Kammermusikprogramm in den Räumen am Tag des offenen Denkmals und die geplante Vortragsreihe zu den Restaurierungsmaßnahmen. Im Historischen Museum entfiel ebenfalls fast das komplette, umfangreiche Begleitprogramm zur Ausstellung „Tüte um Tüte“. Immerhin konnte zumindest die Modenschau „Ausgetütet“ mit Modekreationen aus Plastiktüten in Kooperation mit dem Maria Ward-Schulen im Innenhof der Alten Hofhaltung stattfinden.
Vor Kurzem gab der Domberg die Kulisse ab für Dreharbeiten zur Serie „The Empress“, die vom Leben von Elisabeth von Österreich, bekannt als Sisi, handelt. Konnten Sie Eindrücke der Dreharbeiten sammeln?
Christiane Wendenburg: Es ist immer wieder spannend, wenn auf dem Domberg Dreharbeiten stattfinden. Der Dreh zu „The Empress“ war natürlich besonders aufregend – immerhin wurden zwei der größten und wichtigsten Szenen dieser Netflix-Produktion auf dem Domplatz und in der Alten Hofhaltung gedreht. Welche Szenen das sind, werde ich natürlich nicht verraten – nur so viel: Auf dem Weg ins Büro kam man nicht nur am festlich geschmückten Dom und an adeligen Hofdamen in Reifröcken vorbei, sondern auch an einem Galgen. Übrigens: Der Vater der historischen Sisi, Herzog Max in Bayern, wurde in Bamberg geboren, genauer gesagt in der Neuen Residenz!
Seit wann durften die Museen am Domberg wieder Publikum empfangen? Wie entwickelt sich seither der Andrang?
Christiane Wendenburg: Seit dem 6. Mai – mit Voranmeldung, aber immerhin kurz vor dem Internationalen Museumstag am 16. Mai, zu dem wir schon wieder viele interessierte Besucherinnen und Besucher begrüßen durften.
Ist ein Bedürfnis nach Kultur nach wie vor vorhanden?
Christiane Wendenburg: Das Bedürfnis ist auf jeden Fall vorhanden! O‑Ton einer Besucherin am Museumstag: „Ich bin ja sooo glücklich, dass ich endlich wieder Ausstellungen besuchen kann!“ Worüber wir uns besonders freuen: Es besuchen wieder vermehrt Bambergerinnen und Bamberger sozusagen ihre Museen und auch der Zuspruch von jungen Familien ist gewachsen.
Die Staatsbibliothek zeigt noch bis 18. Dezember die Ausstellung „Joseph Heller und die Kunst des Sammelns“. Heller war Bamberger, Kunstsammler und Mäzen der Staatsbibliothek. Welchen Stellenwert hat er für das Haus?
Christiane Wendenburg: Joseph Heller, der von 1798 bis 1849 lebte, hatte die zu seiner Zeit noch königliche Bibliothek zur Erbin seiner Kunstgegenstände, Handbibliothek sowie Schriftstücke erklärt. Hellers Mentor war nämlich der damalige Bibliotheksdirektor Joachim Heinrich Jäck, beide verband eine lebenslange Freundschaft. Ihre gemeinsame Reise durch Deutschland, Österreich und Italien kann anhand der unterwegs erworbenen Objekte nachvollzogen werden. Im wunderschönen Scagliola-Saal zeigt die Staatsbibliothek ihren Umgang mit diesem reichen Erbe. An einem Medientisch kann man sich noch mehr Objekte aus dem Heller’schen Nachlass ansehen: als Digitalisate samt Kurzbeschreibung. Und auch ein kostenfreier Audioguide fürs Smartphone ist vor Ort über abrufbar. Übrigens hat sich die Staatsbibliothek noch etwas Besonderes für lange Winterabende einfallen lassen, nämlich die Online-Vortragsreihe „Bamberger Buchgeschichten“. Dienstags erzählen Referentinnen und Referenten Geschichten über Bücher und andere in Bibliotheken verborgene Schätze. Die Zugangsdaten werden auf der Website der Staatsbibliothek Bamberg veröffentlicht, die Vorträge beginnen in der Regel um 19 Uhr.
Im Historischen Museum zeigen Sie die Ausstellung „Geschenkt! Geschenke aus 22 Jahren an die Museen der Stadt Bamberg“. Wie wichtig sind Schenkungen für ein Museum? Von wem kamen oder kommen sie? Was waren die Highlights?
Christiane Wendenburg: Geschenke sind für Museen sehr wichtig und unverzichtbar – und dies nicht nur aus pekuniären Gründen. Sie ergänzen nicht nur die großartige Kunstsammlung der Stadt Bamberg durch zeitgenössische und historische Gemälde, sondern bieten auch einen Einblick in die Geschichte, Kunst und Kultur der Stadt Bamberg und das Alltags-Leben ihrer Bürgerinnen und Bürger. Beispiele wären Spielzeug, Vereinspokale oder Erzeugnisse Bamberger Handwerksbetriebe. Sie stammen von Sammelnden, von Künstlerinnen und Künstlern oder aus Erbschaften. Teilweise sind es auch Bamberger Dachbodenfunde, wie zum Beispiel eine gusseiserne Toilette aus der Zeit um 1900. Eines der Highlights ist sicherlich das Kunstwerk von Gerhard Hoehme, der von 1920 bis 1989 lebte, einem bedeutenden Vertreter der abstrakten Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg. Hoehme steht für die Informelle Kunst, ein Sammelbegriff für abstrakte, soll in diesem Fall heißen, nicht-geometrische Kunst, die ihre Ursprünge in den 1950er Jahren hatte.
Was gibt es im Dezember im Diözesanmuseum zu sehen?
Christiane Wendenburg: Noch bis 9. Januar 2022 zeigt das Diözesanmuseum die Krippen-Ausstellung „Willkommene Fremde“. Wie bereits im letzten Jahr werden die Krippen im Diözesanmuseum und in Geschäften Bambergs ausgestellt. Und in einigen Krippen haben Figuren Platz genommen, die dem Krippenthema fremd sind. Sie stehen für die christliche Gastfreundschaft und symbolisch für die Flucht und Vertreibung in verschiedenen Nationen. Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung sind dazu eingeladen, sich auf die Suche dieser fremden Figuren zu machen und können mit etwas Glück einen schönen Preis gewinnen.
Welche Ausstellung kann man im Dezember in der Staatsgalerie besuchen?
Christiane Wendenburg: Die Barockabteilung der Staatsgalerie zeigt monumentale Galeriebilder – das größte misst 222 mal 338 Zentimeter – von Johann Michael Bretschneider, der von 1656 bis 1727 lebte. Außerdem gibt es Werke des Rubens-Lehrers Otto van Veen, 1556 bis 1629, und des Rembrandt-Zeitgenossens Jan Lievens, 1607 bis 1674, sowie niederländische Landschaftsgemälde und Stillleben. Ein eigener Raum ist der Sammlung der Bamberger Fürstbischöfe gewidmet: 40 Gemälde veranschaulichen dort die Sammel- und Präsentationsgewohnheiten des Barock. Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch die 14 Supraportengemälde – das sind Gemälde, die über Türen oder Portalen angebracht sind – der Bamberger Malerfamilie Treu, die als geschlossener Bestand die Malerei des ausklingenden Rokokos in Mainfranken repräsentieren.
In der Neuen Residenz können seit 2019 die renovierten Räumlichkeiten des Fürstbischöflichen Appartements besichtigt werden. Wie entwickelt sich das Publikumsinteresse?
Christiane Wendenburg: Sehr gut! Für die Führungen durch das Appartement muss die Gruppengröße, Stand Anfang November, allerdings noch auf sieben Personen begrenzt sein. Gerade an Wochenenden kann es darum zu Wartezeiten kommen.
Was gibt es im Dezember außerdem in der Residenz?
Christiane Wendenburg: Der neue Museumsraum „Die verlorenen Räume“ im Kaiserappartement wird eröffnet. Seit der 2009 beendeten Restaurierung des Kaiserappartements der Neuen Residenz präsentiert sich dieses in der Form, die ihm das Erbprinzenpaar Rupprecht und Marie Gabriele um 1900 gegeben hat. Die Bayerische Schlösserverwaltung zeigt nun einen neu eingerichteten Museumsraum. Dieser zeugt von jenen Wohnräumen des Erbprinzenpaares, die durch den Einzug der Staatsbibliothek 1962 vom Kaiserappartement abgetrennt wurden. Der Raum ist – wie auch das gesamte Kaiserappartement – ab 2. Dezember bis zum Ende des Jahres zu den regulären Öffnungszeiten täglich von 10 bis 16 Uhr im freien Rundgang, das heißt ohne Führung, zu sehen. Mit dem Themenraum „Die verlorenen Räume“ erhält die Raumflucht des Kaiserappartements zudem einen zeitgenössischen musealen Abschluss, der nicht zuletzt auch über die Baugeschichte der Residenz nach den letzten fürstlichen Bewohnern informiert. Im Ausstellungsraum selbst, dem ehemaligen Toilettenzimmer der Prinzessin, das übrigens später als Hausmeisterwohnung der Staatsbibliothek diente, wurden Teile des Bodens und der Decke wie bei einer archäologischen Ausgrabungsstelle offengelegt. Von der ursprünglichen Bausubstanz können so barocke Parketttafeln, die beim Umbau ausgebaut worden waren, und eine von einer abgehängten Decke verborgene ebenfalls barocke Stuckdecke neu entdeckt werden.
Wird es im Dezember auch zeitgenössische Kunst in den Museen am Domberg zu sehen geben?
Christiane Wendenburg: Ja – in der Ausstellung „Geschenkt!“ im Historischen Museum werden auch Arbeiten zeitgenössischer und zum Teil Bamberger Künstlerinnen und Künstler gezeigt, zum Beispiel Objekte und Gemälde von Michael Huth, Volker Hinniger, Gerhard Hoehme, Christiane Toewe und Ottmar Mohring.
Unterhalten Sie auch Kooperation mit lokalen Künstlerinnen und Künstlern?
Christiane Wendenburg: Ja, die städtischen Museen, also auch die Museen am Domberg, arbeiten mit dem Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken und dem Bamberger Kunstverein zusammen. Das Diözesanmuseum stellt lokale Künstlerinnen und Künstler aus und die Neue Residenz kooperiert mit der Villa Concordia.
Worin besteht Ihr Angebot für junges Publikum?
Christiane Wendenburg: Wir haben museumspädagogische Programme und Führungen für Schulklassen in allen Häusern, Taschenlampenführungen und digitale Rundgänge im Diözesanmuseum, sonntags freien Eintritt für Familien, Kinderstationen in der Ausstellung sowie Angebote für Kindergeburtstage im Historischen Museum oder auch mal einen InstaWalk mit Studierenden der Uni Bamberg.
Welche Ausstellungen stehen 2022 auf dem Plan?
Christiane Wendenburg: In der Neuen Residenz ist zwischen 8. und 10. April 2022 zum Tag der offenen Kapellen eine Klanginstallation von Antje Vowinckel in Kooperation mit der Villa Concordia geplant. Zu den Tagen der alten Musik im Juni 2022 soll die Musikgruppe Musica Canterey Bambergensis im Kaisersaal spielen. Begleitend dazu wird ein vielfältiges Führungsprogramm angeboten. Von September bis November 2022 wird die Sonderausstellung zum Maler Alexander Macco „MACCO. Von Rom nach Bamberg“ in fünf Räumen der Residenz gezeigt. In der Staatsbibliothek begehen wir 2022 den 200. Todestag von E.T.A. Hoffmann gemeinsam mit diversen Bamberger Institutionen wie dem ETA Hoffmann-Theater, dem ETA Hoffmann-Haus, dem Marionettentheater Bamberg, aber auch mit deutschlandweiten Kooperationen wie mit der Staatsbibliothek Berlin und dem Romantik-Museum Frankfurt. Dazu wird es eine gemeinsame Sonderausstellung mit umfassendem Begleitprogramm geben. Die Ausstellungseröffnung ist für den 24. Juli geplant. Im Diözesanmuseum soll am 1. Juli die Sonderausstellung „Erlesen“ eröffnet werden, die dann bis 18. September 2022 besucht werden kann. Und im Historischen Museum gastiert von Mai bis Oktober 2022 die Wanderausstellung „Holz macht Sachen: Holz, Baum, Wald und Du?“, bei der eine Kooperation mit den Kulturinstitutionen der Museen am Domberg angedacht ist.