Zum Gedenken an das 1000. Todesjahr von Kaiser und Bambergs Bistums-Gründer Heinrich II. zeigt das Diözesanmuseum die Ausstellung „Kreuze: Begegnung von Edelstein
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Diözesanmuseum
Ausstellung „Kreuze: Begegnung von Edelstein und Kettensäge“
Zum Gedenken an das 1000. Todesjahr von Kaiser und Bambergs Bistums-Gründer Heinrich II. zeigt das Diözesanmuseum die Ausstellung „Kreuze: Begegnung von Edelstein und Kettensäge“. Noch bis zum 14. Mai stehen darin der Kaiser als Kreuzstifter und das Kreuz mit seiner ehemaligen und heutigen Bedeutung im Mittelpunkt. Ein Aspekt wurde dabei allerdings nicht beachtet.
Etwa 30 Stücke und Werke zeigt die Ausstellung „Kreuze: Begegnung von Edelstein und Kettensäge“. Alle davon sind christliche Kreuze, behandeln sie oder stehen assoziativ mit ihnen in Verbindung. Diesen Schwerpunkt zu seinem Beitrag zum 1000. Todesjahr Heinrichs II. hat das Diözesanmuseum gelegt, „weil es kein anderes Symbol gibt, dass einen christlichen Herrscher so gut definiert“, sagt Carola Marie Schmidt, Leiterin des Museums. „Und weil Kaiser Heinrich aufgrund seiner eigenen persönlichen Frömmigkeit im Zeichen des Kreuzes geherrscht und regiert hat und gesalbt worden ist. Heinrichs Leitidee eines „Kirchenreichs auf Erden“, seine enge Verflechtung von Politik und Kirche, die Wahl Christus‘ als Erben und die zahlreichen Kreuz- und Reliquienstiftungen im gesamten Reich rücken das Bild und Zeichen des Kreuzes in den Vordergrund der Auseinandersetzung mit dem Gedenkjahr.“
Diese Auseinandersetzung soll zudem Mittelalter und Gegenwart miteinander verbinden, einzelne Ausstellungsstücke sollen in einen Dialog aufgrund von Gemeinsamkeiten und Unterschieden miteinander treten. „Wichtig war uns bei der Ausstellungskonzeption auch die Rolle des Kreuzes in unserer Gesellschaft abzubilden. Dadurch kommt es zu einer breiten Auswahl, in der Material, Technik und Form berücksichtigt sind und was die Kreuze über unsere Gesellschaft widerspiegeln“, sagt Carola Marie Schmidt. So stünden einige Werke für einen gelebten Glauben, andere für die bis heute währende Tradition der Kirche als Auftraggeber für Kunst, oder für die Spiritualität als Inspirationsquelle der Kunst. Auf einige der Ausstellungsstücke soll hier näher eingegangen werden.
Rundgang durch die Ausstellung
Unterteilt ist die Ausstellung in fünf Themenräume, in jedem davon stehen unter einem Motto historische Objekte gegenwärtigen Bearbeitungen des Motivs „Kreuz“ gegenüber. Dabei geht es um die Themen „Vergänglichkeit“, „Glauben“, „Heil“, „Krieg und Instrumentalisierung“ und „Macht“.
Unter „Vergänglichkeit“ versucht die Ausstellung, ein Bild der Gegenwart der katholischen Kirche zu zeichnen. Bei dieser Gegenwart handelt es sich laut Eigenbeschreibung im Ausstellungskatalog unter anderem um eine Gegenwart unaufhaltsamer Kirchenaustritte und eines Rückzugs aus dem öffentlichen Raum. Diesen Zustand bebildert die Ausstellung zum Beispiel mit dem recht anschaulichen Werk „Entsorgt“. Dabei handelt es sich um ein haufenartig in eine Glasvitrine gestopftes Sammelsurium ausgedienter Kreuze und Kruzifixe, die unter anderem aus Haushaltsauflösungen oder aufgegebenen Kapellen stammen.
Die Bildhauerin Sonja Toepfer sieht in einem solchen Bedeutungsverlust des Kreuzes allerdings auch einen Neuanfang. Für ihre Installation „Oxygen 21 ecce lignum crucis“ (zu deutsch etwa: „Seht, vernarbte Kreuze“) hat sie aus Stücken wurmstichiger Holzbalken eines sanierungsbedürftigen Fachwerkhauses 21 Kreuze gestaltet. Diese schweben wie neubelebt an Nylonfäden über den Köpfen des Publikums. Ihre Anzahl erklärt sich aus der Quersumme von 21 – die Zahl der Dreifaltigkeit.
Auch ein Werk von Joseph Beuys geht auf das Kreuz, das immer weniger öffentlich ist, ein. Der Bronzeguss „Sonnenkreuz“ aus dem Jahr 1947 zeigt Jesus Christus in für einen Gekreuzigten typischer Körperhaltung: Der Kopf hängt nach unten, die Arme sind gewaltsam ausgestreckt. Was fehlt, ist jedoch das dazugehörige Kreuz. Trotzdem erkennt man sofort, dass es sich um eine Kreuzigungsszene handelt. Denn vor dem inneren, auch säkularisierten Auge ergänzen sich unwillkürlich die rechtwinklig zueinander liegenden Balken des Kreuzes, weil man ebensolche Darstellungen schon oft gesehen hat. Das Kreuz ist da, aber eigentlich nicht.
Doch auch in der Gegenwart, die die Ausstellung vom Kreuz zeichnet, fehlt etwas Entscheidendes. So sucht man eine Auseinandersetzung mit den Gründen für die erwähnten Austritte, wie zum Beispiel immer neue Enthüllungen über sexuellen Missbrauch und die oft widerwillige Bereitschaft zur Aufklärung derselben, vergebens. Wahrscheinlich wäre es von einer kirchlichen Einrichtung, wie dem Diözesanmuseum, auch zu viel erwartet, der Ausstellung eine solche selbstkritische Haltung mitzugeben. Es wäre grundsätzlich sogar kaum verwerflich – das Kreuz kann ja nichts für die Verbrechen, die in seinem Namen begangen wurden und werden. Würde die Ausstellung diese Aussage über sich selbst treffen – wäre es in Ordnung.
Die Tatsache, dass einer anderen (Selbst-) Darstellung der Kirche in der Aussage der Ausstellung aber Platz eingeräumt wurde, ist allerdings schwer zu akzeptieren. Dazu später mehr.
Raum „Glauben“
Der nächste Raum von „Kreuze: Begegnung von Edelstein und Kettensäge“ ist dem Kreuz als Zeichen des Glaubens und der Frömmigkeit gewidmet. Obwohl die katholische Kirche über Jahrhunderte immer wieder als Auftraggeber für die Kunst fungierte, haben Künstler:innen auch immer wieder aus persönlichem Antrieb heraus den Glauben und seine Symbole künstlerisch verwertet.
So fertigte etwa Rudolf Ackermann den Holzdruck „Brettdrucke“ an. Darin experimentiert er in erster Linie mit der Kreuzform selbst. Als Druckstempel dienten ihm meterlange, mit Farbe bestrichene Holzbalken. Diese presste er auf Papierbahnen, mal in rechtwinkliger Anordnung, mal diagonal, eher einem Andreaskreuz ähnelnd. Die Kreuzform und damit ihre glaubensmäßige Verwendbarkeit, so eine mögliche Aussage des Werks, bleiben aber trotzdem erhalten.
Ebenso an der Form des Kreuzes interessiert geht Johannes Schreiber in seiner Glasskulptur „Kreiskreuz“ vor. Bei dieser kirchlichen Auftragsarbeit ergibt sich zwischen vier, mit jeweils etwas Abstand zueinander auf einem weißen Untergrund angebrachten Viertelkreisen in der Mitte eine kreuzförmige Auslassung. Die Viertelkreise bestehen aus bunten konzentrisch angeordneten Glasstreifen. Das leuchtende Werk spielt seinerseits mit der Form des Kreuzes und fügt ihm eine leichte, aus sich heraus strahlende Eleganz hinzu.
Ein großes Feld der Auftraggeberschaft der Kirche sind Objekte für den liturgischen Gebrauch. Ein solches hat der Künstler Michael Amberg mit einem goldenen Bischofsstab hergestellt. In der Mitte des kreisförmig geschwungenen Kopfteils sitzt ein reich verziertes Kreuz, in dessen Mitte wiederum ein Bergkristall steckt. Dieser enthält Reliquien von Kaiser Heinrich (Knochensplitter) und seiner Frau Kaiserin Kunigunde (Haare).
Raum „Heil“
Viele Kultur-Aufträge der Kirche sollten ihr Heil sichern, weshalb Heinrich und Kunigunde nicht nur Kreuze gestiftet haben, sondern in Bamberg auch Kirchen in Kreuzform über die Stadt verteilt bauen ließen. Auch Reliquien schreibt man eine solche heilssichernde Wirkung zu. Eine Art Best-of derselben bietet der nächste Raum der Ausstellung, betitelt mit „Heil“.
So wurde aus der Nagelkapelle des Bamberger Doms der heilige Nagel herbeigeholt. Dieser wird als Kreuz-Reliquie verehrt und gehört zu den Heiligtümern des Domschatzes. Heinrich II. soll ihn als sogenannte Berührungsreliquie nach Bamberg gebracht haben, das heißt, der Nagel wurde an seinem Herkunftsort Rom mit einem vermeintlich echten Nagel der Kreuzigung von Jesus Christus in Berührung gebracht. Seit 1993 war der Nagel nicht mehr in einer Ausstellung zu sehen. Neben dem Nagel besitzt der Dom auch einige Kreuzpartikel aus Holzsplittern. Diese zeigt ein vergoldetes Messingkreuz aus dem Jahr 1750.
Diesen Ausstellungsstücken stehen zwei zeitgenössische Bearbeitungen christlicher Symbolik gegenüber. Alfred Haberpointners Holz-Skulptur „K‑TLFI“ hat die Form eines menschlichen Kopfes, auch wenn nähere Merkmale wie Gesichtszüge fehlen. Vielmehr ist die Skulptur auf fast ihrer gesamten Oberfläche mit Kratzern, Schrammen, Dellen und von Feuer verkohlten schwarzen Flächen bedeckt. Auch Ohren weist die Skulptur keine auf, stattdessen führt an der Schläfe zusätzlich ein kreuzförmiger Schnitt quer durch den Kopf. Diesen hat Haberpointner mit einer Kettensäge eingefügt. Daher, und von anderen Werken der Ausstellung, die ebenfalls mit diesem Gerät bearbeitet wurden, rührt auch der Titelzusatz der Schau. „Ist der Glaube eine Sache des Herzens oder in säkularisierten Zeiten eher des Kopfes?“, scheint die Skulptur zu fragen. Auf jeden Fall scheint der Mensch und die Menschlichkeit im Mittelpunkt des Werks zu stehen.
Einen negativeren Kommentar zu Kreuz und Glaube legt gegenüber von „K‑TLFI“ die Skulptur „Drug lord“ des britischen Künstlers Imbue nahe. Sie stellt ein rotes Plastikkreuz gefüllt mit blauen medizinischen Kapseln, also Medikamenten oder Drogen, dar. Obwohl das Werk mit seinen grellen Farben dem Betrachtenden geradezu „Religion als Droge, Einlullung, Placebo, Abhängigmachung“ und so weiter entgegen schreit, versucht die Katalogbeschreibung von „Drug lord“ eine Beziehung und fast Gleichwertigkeit von Glaube und Medizin zu behaupten. „Was unterscheidet die Notwendigkeit von Medizin und Religion in der Gegenwart?“, wird dort gefragt. „Wenn doch beides den Menschen Heil oder zumindest Heilung bringen kann?“ Als Beleg für die Gleichrangigkeit werden US-amerikanische Ärzte angeführt, die mit ihren Patienten beten.
Raum „Krieg“
Ähnlich letztlich wenig interessiert an den Abgründen des Kreuzes wird die Ausstellung im mit „Krieg.Instrumentalisiert“ übertitelten nächsten Abschnitt. Im Raumtext weist sie pflichtschuldig auf die Kriege hin, die, zum Beispiel durch Heinrich II., im Namen des Kreuzes geführt wurden. Die Ausstellungsstücke dazu sind die mit Gold und Edelsteinen verzierte Reichskrone Heinrichs oder der militärische St. Heinrichs-Orden.
Darauf angesprochen, dass Hinweise auf heutige Verfehlungen der Kirche allerdings fehlen, sagt Carola Marie Schmidt: „Für die Ausstellung haben wir uns Kreuze als Zeichen für Heinrich II. und die 1000 Jahre nach ihm ausgewählt. Um eine Aufarbeitung aller Missstände zu ermöglichen, ist diese Art der Ausstellung nicht der richtige Rahmen.“
Dieser Verzicht auf Werke, die auf die Opfer der Kirche eingehen, wäre in Ordnung, wenn die Ausstellung entsprechend genauso auf Werke verzichtet hätte, die das Opfersein der Kirche zeigen. Das tut sie bedauerlicherweise jedoch nicht. Beispiel: Das sogenannte Mutterkreuz war ein Orden, den die Nationalsozialisten Müttern verliehen, die dem Regime besonders viele Kinder geboren hatten. Das in der Mitte des Ordens angebrachte Hakenkreuz hatte nichts mehr mit christlichen Werten zu tun und war in gewisser Weise eine Pervertierung des religiösen Symbols. Solche Kreuze zeigt die Ausstellung auch mit der Absicht, die Kirche und ihr Symbol als Opfer zu präsentieren. Schon zu Beginn der Ausstellung, im Abschnitt „Vergänglichkeit“, tat sie dies. Der dort platzierte Fotodruck „Berg der Kreuze“ von Martin Seidenschwann zeigt einen beträchtlichen Haufen durch das sowjetische Regime in Litauen entsorgter und zerstörter Kreuze.
Ähnliches hat das Werk „Cross memorial Hall“ der chinesischen Künstlergruppe Utopia zum Inhalt. Diese Druckgrafik eines Kreuzes behandelt kurz gesagt, dass unter einem anderen Regime, in diesem Fall dem chinesischen, immer wieder und immer mehr christliche Kirchen abgerissen werden. Erneut: Die Kirche als Opfer.
Raum „Macht“
Im nächsten und letzten Teil der Ausstellung wartet ihr prächtigstes Stück. Zur weiteren Veranschaulichung, welche Formen die christliche Macht und ihr vordringlichstes Symbol in 1000 Jahren noch annahmen, stehen sich auch hier historische und zeitgenössische Objekte gegenüber.
Die heutigen Kreuze, das zeigen die Arbeiten von zum Beispiel Ortrud Sturm – sie präsentiert mit der Holzskulptur „Block-Kreuz“ ein weiteres mit der Kettensäge gemachtes Stück – oder die feinsinnige Radierung „Großes Kreuz“ von Arnulf Rainer, kommen optisch reizvoll und gleichzeitig bescheiden daher. Vom Fritzlaer Heinrichskreuz, das Ausstellungs-Highlight und zum ersten Mal in Bamberg zu sehen, kann man das nicht sagen. Das Kreuz, auf dem kaum ein Quadratmillimeter nicht mit Edelsteinen und Gold besetzt ist, wurde zwar nicht vom Kaiser gestiftet. Die Kreuz-Reliquie, die in der Mitte unter einem mit Lupeneffekt geschliffenen Kristall platziert ist, jedoch schon.
Dann endet die Ausstellung „Kreuze: Begegnung von Edelstein und Kettensäge“. Die Opfer des Kreuzes werden mit keinem Ausstellungsstück bedacht. Das wäre, wie gesagt, in diesem Fall in Ordnung. Die Entscheidung, die Darstellung der Kirche als Opfer nicht ebenfalls wegzulassen, ist es nicht.
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Diözesanmuseum
Ausstellung: „Kreuze. 1000 Jahre nach Heinrich II. – Begegnung von Edelstein und Kettensäge“
Im 1000. Todesjahr Kaiser Heinrich II. zeigt das Bamberger Diözesanmuseum die Ausstellung „Kreuze. 1000 Jahre nach Heinrich II. – Begegnung von Edelstein und Kettensäge“. Darin ist bis 14. Mai unter anderem ein wertvolles Gemmenkreuz, das der Kaiser gestiftet haben soll, zu sehen. Und Kettensägen spielen auch eine Rolle.
Das Diözesanmuseum Bamberg hat am 24. Februar die Reihe sicherlich zahlreicher Veranstaltungen, die es in diesem Jahr zum Gedenken an den 1000. Todestag von Kaiser Heinrich II. geben wird, eröffnet. Bis zum 14. Mai ist die Sonderausstellung „Kreuze. 1000 Jahre nach Heinrich II. – Begegnung von Edelstein und Kettensäge“ zu sehen.
Im Fokus stehen der Kaiser als Kreuzstifter und das Kreuz als Zeichen bis in die Gegenwart, wie das Museum mitteilte. „Die Kunstausstellung will so Mittelalter und Gegenwart miteinander verbinden“, sagt Carola M. Schmidt, Leiterin des Diözesanmuseums, während der Vernissage. „Heinrich II. stiftete zahlreichen und bedeutenden Kirchen seines Reiches Kreuzreliquien und Kreuze – kostbare Gemmenkreuze, Vortragekreuze, Altarkreuze, die kostbare Reliquien bargen.“ Die mit Gold beschlagenen und mit Edelsteinen verzierten Reliquienkreuze galten als Zeichen des Heils und auch als Zeichen des christlichen Herrschaftsanspruchs des letzten ottonischen Kaisers.
Birgit Kastner, Hauptabteilungsleiterin für Kunst und Kultur, wies zudem auf die Bedeutung der kirchlichen Kunstschätze hin, die überall im Erzbistum Bamberg verteilt sind. „Wir haben ein unfassbar großes, wertvolles Erbe an kirchlichen Kunstschätzen, verteilt auf über 700 Kirchen und Kapellen im Erzbistum Bamberg. Und ein Erbe von Weltrang im Bamberger Domschatz, der auf die Stiftungen Kaiser Heinrichs II. zurückgeht.“
Highlight der Ausstellung
Ein besonderes Objekt der Ausstellung ist das Fritzlarer Heinrichskreuz. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Gemmenkreuz, eine Kreuzart, die mit Edelsteinen verziert ist. Das Kreuz aus dem hessischen Fritzlar soll Heinrich II. gestiftet haben. Nun ist es zum ersten Mal in Bamberg zu sehen.
Zusammen mit anderen historischen Objekten soll es zudem in einen Dialog mit zeitgenössischen Kreuzen treten. Denn heutige Künstler:innen interpretieren das religiöse Motiv nicht nur als Glaubenssymbol, so die Mitteilung weiter, sondern auch als Zeichen und Gegenstand existenzieller Fragen oder wirtschaftlicher und politischer Interessen.
Mit Werken von Joseph Beuys, Hermann Bigelmayr, Sonja Toepfer, Alfred Haberpointner, Horst Egon Kalinowski, Arnulf Rainer, Jörg Länger, Ortrud Sturm, imbue (siehe Foto) und anderen sollen dem Publikum neue Blickwinkel eröffnen. Auch will die Ausstellung den Wandel der Bedeutungsebenen des Kreuzes durch die letzten 1000 Jahre aufzeigen.
„Denn der Hauptabteilung Kunst und Kultur des Erzbistums ist sehr viel an der Zeitgenossenschaft gelegen“, sagt Birgit Kastner. „Die Kunstausstellung ist daher keine Mittelalterschau, sondern sucht Dialog und Konfrontation mit Kreuzen des 20. und 21. Jahrhunderts.“
So erklärt sich auch die titelgebende Kettensäge. Diese ist ein in der modernen Kunst beziehungsweise der zeitgenössischen Bildhauerei häufig zur Holzbearbeitung eingesetztes Werkzeug. „Der Spannungsbogen“, so Kastner, „zwischen dem 11. und dem 21. Jahrhundert besteht somit auf mehreren Ebenen.“ Dabei handelt es sich zum Beispiel einmal um die Ebene kostbarer Materialien wie Gold und Edelsteine versus Holz, Glas, Kunststoff, Stahl, oder auch um die Ebene der Verarbeitung der Materialien: filigrane Goldschmiedearbeiten und Edelsteinschnitte auf der einen Seite, grobe Säge- oder Axtarbeiten auf der anderen.
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Buchvorstellung
Kaisergewänder: Expertinnen präsentieren neue Forschungsergebnisse
Die Kaisergewänder aus der Zeit der Bistumsgründer Heinrich und Kunigunde gehören zu den Aushängeschilder des Bamberger Domschatzes. Ihre Geschichte, ihr Material und ihre Herstellung haben Sibylle Ruß und Ursula Drewello in den letzten acht Jahren erforscht. Die neuen Ergebnisse dieser Forschung stellen die beiden Autorinnen am 12. Januar im Diözesanmuseum vor.
Sechs reich und prächtig mit Goldfäden bestickte Mäntel aus der Sammlung des Diözesanmuseums sind als „Bamberger Kaisergewänder“ bekannt. Die Textilien, die am kaiserlichen Hof und im Dom getragen und wohl vom Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde gestiftet wurden, gehören weltweit zu den kostbarsten Textilien des 11. Jahrhunderts, so das Museum in einer Mitteilung.
Im Zuge eines Forschungsprojekts der Universität Bamberg haben die Textilrestauratorin Sibylle Ruß und die Biologin Ursula Drewello die 1.000 Jahre alten Gewänder von 2015 bis 2022 nun erstmals auch kunsttechnologisch und materialwissenschaftlich untersucht. Das Ergebnis übertrifft laut Museum die Erwartungen. Mit 482 Farbabbildungen dokumentieren Ruß und Drewello ihre Forschungen. Mit Mikroskop und Labortechnik beantworteten sie die Fragen nach den originalen Bestandteilen, suchten Spuren von Veränderungen und Reparaturen vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert und konnten so Quellen und Forschungsergebnisse neu deuten.
Buchvorstellung am 12. Januar
Als Sensation gilt laut Diözesanmuseum die Entdeckung und Analyse von unterschiedlichen Vorzeichnungen, die Hinweise auf den Entstehungsort des jeweiligen Mantels, also zu den verschiedenen Werkstätten geben können. Auch die neue Datierung des Reitermantels Heinrichs II. und der Nachweis seines originalen Zuschnitts zählen zu den Meilensteinen der jahrelangen Forschung.
Der Sternenmantel Heinrichs II. gibt zwar nach wie vor Rätsel auf, doch konnten auch hier neue Erkenntnisse gewonnen werden. So haben gewebetechnische Untersuchungen eine Annäherung an die ursprüngliche Konzeption des Sternenmantels ermöglicht. Auch widerlegen sie bisherige Theorien wie etwa die des Auftraggebers, der Funktion des Mantels oder seiner Veränderungen im 15. Jahrhundert.
Bei allen untersuchten Gewändern lieferten die Analysen der Gewebe und verwendeten Farbstoffe, der Fadenverläufe, Schnittmuster und Vorzeichnungen außerdem wertvolle Hinweise für die Rekonstruktion des ursprünglichen mittelalterlichen Zustands der Gewänder, ihrer Motive und Inschriften. Die Zusammensetzung, Herstellung und Verarbeitung der Goldfäden und die komplexe Goldstickerei bezeugen die herausragende Handwerkskunst und Prachtentfaltung im Umfeld Kaiser Heinrichs II. im frühen 11. Jahrhundert.
Über diese und weitere Ergebnisse ihrer Forschungen haben Sibylle Ruß und Ursula Drewello das Buch „Die Bamberger Kaisergewänder im Wandel. Textiltechnologische und materialwissenschaftliche Aspekte“ geschrieben. Dieses stellen sie am 12. Januar um 18 Uhr im Diözesanmuseum vor.
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Diözesanmuseum
Ausstellung: 750 Jahre Karmeliten in Bamberg
Die Karmeliten sind seit 750 Jahren in Bamberg ansässig. Eine Sonderausstellung im Diözesanmuseum zeigt die Verwurzelung des Bettelordens in der Stadt.
Der Karmelitenorden, ein mittelalterlicher Bettelorden, begeht 2023 sein 750-jähriges Bestehen in Bamberg. Das Diözesanmuseum zeigt ab 4. November in der Ausstellung „Leidenschaft für Gott – 750 Jahre Karmeliten in Bamberg“, welche Spuren die Mönche in Bamberg hinterlassen haben.
Die Ausstellung führt ihr Publikum von der Gegenwart in die Vergangenheit des Ordens. Sie beleuchtet die aktuellen Aufgaben der elf Ordensbrüder in Stadt und Landkreis Bamberg ebenso wie die Anfänge. „Dass die Sonderausstellung nicht trocken historisierend ist, sondern auch die Gegenwart thematisiert, ist wichtig“, sagt Museumsleiterin Carola Marie Schmidt. „Außergewöhnlich ist sicherlich, dass die Brüder des Karmelitenordens auch selbst durch die Ausstellung führen.“
Dabei geht die Ausstellung auf markante Punkte der Geschichte des Bamberger Karmelitenklosters ein, wie die Umwandlung des Konvents zu Wohnraum in den vergangenen Jahren, die Restaurierung der Klosteranlagen in den 1960er und ‑70er Jahren oder die Gründungen des Marianums (1918) und des Theresianums (1946).
Ein Augenmerk legt die Ausstellung auch auf die Blütezeit der Karmeliten im 17. Jahrhundert, die sich auch in vermehrter Bautätigkeit manifestierte. Im Jahr 1658 begann der Umbau der Klosterkirche, die durch die Barockisierung ein völlig neues Erscheinungsbild erhielt. Einzelne Künstler, aber auch Bischöfe, die den Neubau des Klosters unterstützten, werden anhand von Gemälden, Kupferstichen und Münzen näher vorgestellt.
Einen kunsthistorischen Höhepunkt in der Ausstellung geben zudem die Bestandteile des Marienaltars von Veit Stoß ab, die die Zeit der Reformation und den Prior Andreas Stoß dokumentieren.
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Weihnachtsausstellungen am Domberg
„Die magische Nuss Krakatuk“ und Krippen von Max Huscher
Auch das Historische Museum möchte es sich nicht entgehen lassen, das beherrschende Bamberger Kulturthema 2022 zu bedienen – den 200. Todestag von E.T.A. Hoffmann. So widmet sich die diesjährige Weihnachtsausstellung „Die magische Nuss Krakatuk“ Hoffmanns Weihnachtsmärchen „Nussknacker und Mausekönig“. Auch im Diözesanmuseum wird es mit den Krippen von Max Huscher weihnachtlich. Wir haben mit Dombergkoordinatorin Christiane Wendenburg, Ausstellungskurator Arne Schönfeld und Carola Marie Schmidt, Leiterin des Diözesanmuseums, über die Ausstellungen gesprochen.
Herr Schönfeld, was zeigt die Weihnachtsausstellung „Die magische Nuss Krakatuk“ zu E.T.A. Hoffmann, das die anderen E.T.A.-Ausstellungen von BBK oder Staatsbibliothek in diesem Jahr noch nicht gezeigt haben?
Arne Schönfeld: „Die magische Nuss Krakatuk“ ist keine Ausstellung über E.T.A. Hoffmann, sein Leben oder seine Werke. Wir werden keine Illustrationen aufhängen und auch keine umfassenden Erklärungen zu den Episoden seines Schaffens anbieten. Stattdessen wollen wir unsere Gäste in eine seiner Erzählungen mitnehmen.
Was ist die „magische Nuss Krakatuk“?
Arne Schönfeld: Das kommt darauf an, wen Sie fragen. Der Ballett-Direktor Goyo Montero hat Krakatuk in seiner Nussknacker-Inszenierung als Maries, das ist die Protagonistin, Verstand angelegt, der durch ihre Erfahrungen während des Stückes von allem befreit werden muss, was sie glaubte zu wissen. In Hoffmanns Erzählung ist die magische Nuss der Schlüssel, einen mächtigen Fluch zu brechen und Gegenstand einer 15 Jahre andauernden Suche. Bei uns ist sie der Namenspatron für die gesamte Ausstellung, weil sie in vielerlei Hinsicht das Zentrum der gesamten Erzählung bildet.
Die Ausstellung ist eine Reise durch E.T.A. Hoffmanns Weihnachtsmärchen „Nussknacker und Mausekönig“. Wie wird das aussehen?
Arne Schönfeld: Mitreißend, will ich hoffen. Die Ausstellung basiert auf einem stark szenografischen Ansatz. Wir haben uns Requisiten und Bühnenbilder vom Theater ausgeliehen, haben Bäume aus dem Stadtforst geholt und bauen eigens neue Möbel. Wer das Historische Museum betritt, soll in Hoffmanns Erzählung eintauchen. Natürlich stellen wir spannende Objekte aus und natürlich liefern wir Hintergrundinformationen, aber vor allem sollen die Räume das Märchen erzählen. Wer dann noch etwas über Versandhandel um 1800 – quasi den Urgroßvater des heutigen Onlinehandels – oder Zinnsoldaten erfahren möchte, für den ist ebenso gesorgt.
Sie kündigen lebende Spielzeuge und sprechende Standuhren an. Wie wird das technisch dargestellt?
Arne Schönfeld: Wir haben eine großartige Illustratorin für dieses Projekt gewinnen können, die uns Bilder von den verschiedenen Figuren angefertigt hat. Mit einer Ausnahme finden sich in jedem Raum der Ausstellung Projektoren oder Bildschirme, über die wir die magischen Aspekte der Erzählung als Bilder und Videos in die Räume integrieren können. Und das so immersiv wie möglich, unsere Gäste sollen also in die Scheinwelt des Märchens eintauchen können.
Ist die Ausstellung auch für Erwachsene geeignet?
Arne Schönfeld: Ganz klar: Ja! Hoffmanns Erzählung ist mit Anspielungen gespickt, von denen seine Zeitgenossen meinten, sie wären für Kinder völlig unverständlich. Zu kompliziert, zu verworren, zu akademisch. Aber Kinder verstehen oft mehr als man denkt. Und andersherum haben viele Erwachsene weit mehr Fantasie und Vorstellungskraft in sich, als ihnen ihr Alltag zugesteht. Zu Weihnachten ist die ideale Zeit, um auch als Erwachsener Kinderfreuden zu genießen. Und wie schon gesagt, kommt auch die wissenschaftliche Arbeit mit dem Objekt nicht zu kurz, etwa bei unserer Leihgabe eines Automaten aus dem Mathematisch-Physikalischen Salon der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Ein wirklich tolles Stück, samt einem kurzen Film, der die Mechanik in Aktion zeigt. Hoffmann und seine Zeitgenossen waren überzeugt, die Maschinentechnik stünde kurz vor der Entwicklung eines Androiden, also künstlichen Menschen. Dieser Aspekt zieht sich durch viele seiner Werke und auch wir werden darauf eingehen.
Sie schreiben, dass das Märchen Hoffmanns Zeitgenossen als überkompliziert galt. Warum hat es sich trotzdem bis heute gehalten?
Christiane Wendenburg: Die Werksgeschichte ist recht verwinkelt. Seine Berühmtheit verdankt es vor allem Alexandre Dumas, dem Autor von „Die drei Musketiere“, der eine französische Version davon veröffentlichte, die sich wiederum im damals sehr frankophilen Russland sehr gut verkaufte. Daher Tschaikowskys Ballett. Ohne das wäre die Erzählung heute mit Sicherheit nicht derart bekannt.
Worin besteht der psychologische Reiz des Märchens, der bis heute erforscht wird?
Christiane Wendenburg: Hoffmanns Märchen stellt die Wahrnehmung und die Perspektive eines Kindes in den Mittelpunkt und weist dabei Parallelen mit Erkenntnissen der zeitgenössischen Kinderpsychologie auf. Diese betonte die Bedeutung der kindlichen Fantasie-Tätigkeit für die kindliche Entwicklung, wies aber auch darauf hin, dass Kinder in ihren ersten Lebensjahren gar nicht zwischen Fantasie und Wirklichkeit unterscheiden können; diese Fähigkeit entwickeln sie erst später. Hoffmanns Blick in die kindliche Seele, sein Verständnis für psychische Phänomene und nicht zuletzt seine Fähigkeit, sie in seinem Märchen eindringlich darzustellen, war für seine Zeit innovativ. Einen Gegenpol zu Maries Fantasiewelt bilden die Eltern, die sich vom aufklärerischen Prinzip der Vernunft leiten lassen, wohingegen die Figur des Paten Drosselmeier eine Mittlerfunktion einnimmt. Dadurch wird der Zusammenprall zwischen Märchenwelt und Realitätserfahrung mehrdeutig, die fantastischen Ereignisse können als Einbildung, Traum, Wirklichkeit oder auch als Bewusstseinskrise gedeutet werden.
Was sagt das Märchen über Hoffmanns Zeit, das frühe 19. Jahrhundert?
Christiane Wendenburg: Es gibt uns tiefe Einblicke in die Wahrnehmung von Kindern und Kindheit in der damaligen Zeit. Eine Lebensphase, zu der sich die Einstellungen gerade dramatisch änderten. Spielen wird gesellschaftsfähig und ein Aspekt der Bildung und Pädagogik. Gleichzeitig war Hoffmann die Vorstellung ein Graus, die Aufklärung könnte die Kindheit „durchrationalisieren“. Kinder sollten die Freiheit haben, unbeschwerte Jahre zu verleben, ohne dass alles, was sie tun, einen Zweck erfüllen oder eine bestimmte pädagogische Zielsetzung haben muss. Wird dieser kindliche Drang unterdrückt – und da pflichtete Sigmund Freud Hoffmann bei –, hat das psychologische Auswirkungen, kann es Kinder krank und depressiv machen oder anderweitig stark belasten. Kann der Drang dagegen ausgelebt werden, entwickeln Kinder die Fähigkeit, außerhalb vorgegebener Bahnen zu denken, Widersinnigkeiten zu hinterfragen und für sich selbst zu entscheiden, was sie sich wünschen und wie sie es erreichen wollen. Solche Kinder werden zu Erwachsenen, die sich, so zumindest Hoffmanns Hoffnung, einen Teil ihrer kindlichen Fantasie erhalten und auch zwischen Pflicht, Beruf und Alltag noch die magischen Augenblicke finden können.
Das Märchen war die Grundlage für Pjotr Tschaikowskys Ballett. Wie geht das in die Ausstellung ein?
Arne Schönfeld: Vor allem durch fantastische Leihgaben. Die Staatsoper München stellt etwa Originalkostüme aus ihrer Nussknacker-Inszenierung zur Verfügung. So dicht wie unsere Gäste kommt also kaum jemand an Kostüme ran, die Balletttänzer in einer weltberühmten Inszenierung getragen haben und auch wieder tragen werden. Auch die Ensembles aus Nürnberg und der Semperoper sind filmisch vertreten und das Theatermuseum München leiht uns Material, das einen Blick hinter die Kulissen einer Ballettproduktion erlaubt.
Auch im Diözesanmuseum wird es mit einer Krippenausstellung weihnachtlich. Was genau gibt es zu sehen?
Carola Marie Schmidt: Detailliert geschnitzte Charakterköpfe bärtiger Männer, schöne Frauengesichter und die typischen sprechenden Hände machen Max Huschers Krippenfigurengruppen einzigartig. Bis 15. Januar bietet die Weihnachtausstellung Einblicke in das Leben des vor 30 Jahren verstorbenen gelernten Konditors und veranschaulicht die Vorlagen für seine Krippen und deren Inspirationsquellen wie auch die Machart der Figuren. Erstmals zeigen wir auch eine figurenreiche Jahreskrippe, welche als private Schenkung ins Diözesanmuseum kam.
Werden auch wieder Geschäfte im Umkreis des Dombergs Krippen ausstellen?
Carola Marie Schmidt: Da die diesjährige Weihnachtsausstellung eine monografische Ausstellung ist, lag es auf der Hand, mal wieder alle Ausstellungsstücke in den Sonderausstellungs-Räumlichkeiten des Diözesanmuseums zu zeigen. Diese Räumlichkeiten, welche erst seit letztem Sommer für Sonderausstellungen genutzt werden, erlauben es, dort die Krippe und Max Huschers Leben zu präsentieren.
Sie schreiben in der Ankündigung der Ausstellung, das Publikum liebe die Krippen. Warum sind Krippen jedes Jahr wieder interessant, was ist ihr Reiz?
Carola Marie Schmidt: Krippen erwecken bei den Betrachtern viele Emotionen. Wenn man das Leben von Max Huscher betrachtet, wird deutlich, dass die Leidenschaft zum Schnitzen von Krippenfiguren schon im Kindesalter anfangen kann. Darum eignen sich Krippenausstellungen für einen Besuch mit der ganzen Familie.
Gibt es zum Krippen-Thema noch Neues zu zeigen?
Carola Marie Schmidt: Die vielen Krippenbauvereine in Franken und anderenorts zeigen, dass es immer etwas Neues gibt. Man kann wohl ohne Vorbehalt sagen, dass Max Huscher bis heute andere Krippenbauer beeinflusst und inspiriert.
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Auf zum Domberg
Internationaler Museumstag 2022
Am 15. Mai öffnen Museen weltweit zum Internationalen Museumstag ihre Türen besonders weit und machen mit Sonderausstellungen, Spezialführungen und Rahmenprogrammen auf ihre Bestände aufmerksam. Mit Diözesanmuseum, Historischem Museum und Neuer Residenz beteiligen sich auch die Museen am Bamberger Domberg. Wir haben mit Christiane Wendenburg, Dombergkoordinatorin, über das Angebot des 15. Mai gesprochen.
Frau Wendenburg, das Motto des Museumstags 2022 lautet „Museum mit Freude entdecken“. Was bedeutet es?
Christiane Wendenburg: Auf der ganzen Welt machen Museen am Internationalen Museumstag auf die Vielfalt ihrer Sammlungen und Vermittlungsprogramme aufmerksam. Am 15. Mai zeigen sie einer breiten Öffentlichkeit, was für einen wichtigen Beitrag sie zum kulturellen und gesellschaftlichen Leben leisten. Der Museumstag soll dabei auch Menschen, die ansonsten keine klassischen Museumsbesucher*innen sind, Appetit auf mehr machen. Der Eintritt ist frei und das Programm ist so vielfältig, dass für jede und jeden etwas dabei sein wird.
Welche Bedeutung haben Museen für eine Gesellschaft?
Christiane Wendenburg: Im allgemeinen Verständnis erscheint ein Gang durchs Museum wie eine Zeitreise in die Vergangenheit und nicht wie eine in die Zukunft. Aber Geschichte zu bewahren und zu verstehen, ist von entscheidender Bedeutung, wenn sich eine Gesellschaft weiterentwickeln will. Museen sind schließlich nicht nur eine nutzlose Ansammlung alter Dinge, wie manche sagen. Sie sind Orte der Begegnung, der Reflexion, der Diskussion, der Erfahrung, der Entdeckung. Sie sind öffentliche Orte einer offenen Gesellschaft.
Ein Beispiel: Die Museen der Stadt Bamberg bieten seit mehreren Jahren sogenannte KulturWerkRäume an. Das sind Programme, die Geflüchtete und Einheimische im Rahmen eines Museumsbesuchs zusammenbringen, das gemeinsame Erleben und der interkulturelle Austausch stehen dabei im Vordergrund. Die Teilnahme ist natürlich kostenlos. Die Museen nehmen also das Ziel sozialer Nachhaltigkeit – gemäß dem Motto „leave no one behind“ – ernst. Museen sind für die Menschen da, nicht nur für die Dinge.
Wie viele Leute haben den Domberg am Museumstag letztes Jahr besucht? Wie viele erwarten und erhoffen Sie diesmal?
Christiane Wendenburg: Letztes Jahr war eine richtige Zitterpartie. Ob Bamberger Museen am Museumstag überhaupt geöffnet haben dürfen, war wegen der damaligen Corona-Bestimmungen bis vier Tage vorher gar nicht sicher. Immerhin kamen dann etwa 500 Besucher*innen auf den Domberg. Zusätzlich nahmen knapp 200 Personen aus dem ganzen Bundesgebiet an den neu konzipierten Führungen via Livestream teil. Die Resonanz war durchweg sehr positiv. Unsere Gäste waren richtig glücklich, wieder Kultur analog genießen zu können. Natürlich hoffen wir dieses Jahr, wieder an die Zahlen aus Vor-Corona-Zeiten anknüpfen zu können – 2019 zählte allein das Historische Museum knapp 1.800 Gäste.
Wie möchten Sie der Bevölkerung den Museumstag und einen Besuch in den Museen schmackhaft machen?
Christiane Wendenburg: Unter anderem mit freiem Eintritt in alle Häuser. Und auch die Teilnahme an allen Angeboten, seien es Führungen oder Bastelaktionen, ist kostenlos. Die kurzweiligen, abwechslungsreichen Programmangebote sind alle rund um den Domplatz angesiedelt, zu Fuß also bestens erreichbar. Und für eine Pause zwischendurch bietet sich der Rosengarten und das dortige Café geradezu ideal an.
Ein Programmschwerpunkt mit Ausstellungen wie „Holz macht Sachen“ im Historischen Museum wird Nachhaltigkeit sein. Wie kam es dazu?
Christiane Wendenburg: „Holz macht Sachen“ ist nicht einfach nur eine Ausstellung, sondern vielmehr ein Kooperationsprojekt mehrerer Museen mit dem Ziel, Nachhaltigkeitsthemen zu vermitteln und das Umweltbewusstsein der Menschen zu stärken. Das Historische Museum ist prädestiniert dafür, diese Ausstellung zu zeigen. Und zwar nicht nur wegen der kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlung, die vielerlei Holzobjekte beherbergt, sondern auch weil es einen Ausstellungsraum zu bieten hat, der zum Thema Holz wie geschaffen ist. Der Marstall der ehemaligen fürstbischöflichen Residenz Bamberg hat hölzerne Decken und Pferdeboxen. Er eignet sich hervorragend für diese Sonderausstellung. Zudem hat die Stadt Bamberg eigene bewirtschaftete Wälder, Förster und Waldarbeiter, die auch mit dabei sind, wenn es um das vielfältige Rahmenprogramm zur Ausstellung geht.
Die Highlightführung ist „Götzen, Papst und Kaiser“. Was gibt es hier zu sehen, warum ist sie das Highlight?
Christiane Wendenburg: Der Rundgang, der chronologisch der Stadtgeschichte folgt, beginnt in der Alten Hofhaltung, genauer gesagt im Historischen Museum. Dort lernen Besucher*innen die Bamberger Götzen kennen, außergewöhnliche, für die Region einmalige Menhire, das sind in die Höhe ragende Steinblöcke, in Menschengestalt. Ein weiteres Highlight im Historischen Museum ist das Gemälde „Der Apostelabschied“, die älteste erhaltene Stadtansicht Bambergs und eines der ältesten Stadtpanoramen überhaupt. Es lädt zu einem Stadtrundgang durch das Bamberg im Jahr 1485 ein.
Im Diözesanmuseum, der nächsten Station des Rundgangs, können einzigartige Schätze der Bistumsgeschichte bestaunt werden. Das weltweit einzige erhaltene Papstornat des Hochmittelalters aus dem Grab Papst Clemens’ II., den mit feinen Goldfäden bestickten, blauen Kunigundenmantel aus dem 11. Jahrhundert und das prächtige, 600 Kilogramm schwere Domkreuz, ein Zeugnis gelebter und lebendiger Religiosität. Letzte Station der Zeitreise über den Domberg ist die Neue Residenz. Der Kaisersaal, der bedeutendste Raum der Residenz, wurde ab 1707 von Melchior Steidl ausgemalt. Das Deckengemälde zeigt den „Triumphzug der Weisheit als Allegorie der guten Herrschaft“, die Wände schmücken 16 überlebensgroße, aber nicht immer besonders schmeichelhafte Porträts von Kaisern des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, vom Bistumsgründer Heinrich II. bis hin zu Joseph I.
Welches Programm bietet das Diözesanmuseum?
Christiane Wendenburg: Alle, die denken, dass sie dieses Museum schon ganz gut kennen, können bei halbstündigen Führungen durch das ehemalige Kapitelhaus Räumlichkeiten erkunden, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind und auch das eine oder andere Detail entdecken, das man vielleicht leicht übersieht. Außerdem präsentiert eine Führung den Domschatz und die Textilsammlung mit den mittelalterlichen Kaisergewändern. Im Kreuzgang kann man den Originalfiguren von der Fassade des Doms, darunter auch die Domkühe, ganz nahekommen.
Welches das Historische Museum?
Christiane Wendenburg: Neben der Sonderausstellung „Holz macht Sachen“ gibt es Führungen mit dem Initiator der Ausstellung, eine Schnitz-Vorführung in einem ansonsten für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Innenhof der Alten Hofhaltung sowie zahlreiche Aktivstationen, die den Gästen einen Einstieg in dieses komplexe Thema bieten. Außerdem stellt Dr. Marina Scheinost eine Kurzführung zu Highlights aus der Sammlung des Historischen Vereins vor. Und die neue Direktorin der städtischen Museen, Dr. Kristin Knebel, stellt in der Gemäldegalerie die Frage „100 Meisterwerke?“. Natürlich können am Museumstag auch alle anderen Abteilungen des Historischen Museums erkundet werden, zum Beispiel „Jüdisches Leben in Bamberg“, „Zeit und Raum“ – die Abteilung zu Astronomie und Zeitmessung, oder auch „Im Fluss der Geschichte – Bambergs Lebensader Regnitz“.
Wie beteiligen sich Neue Residenz und Staatsgalerie am Museumstag?
Christiane Wendenburg: Das Publikum kann durch den Kaisersaal mit dem angrenzenden Kaiserappartement und durch das Fürstbischöfliche Appartement, das normalerweise nur im Rahmen von Führungen zugänglich ist, flanieren. In der Staatsgalerie kann man monumentale Galeriebilder, die Sammel- und Präsentationsgewohnheiten des Barock, aber auch Meisterwerke bambergischer, fränkischer und kölnischer Malerei der Spätgotik und Frührenaissance betrachten. Und für alle Blumenliebhaber*innen bieten wir Führungen zur Geschichte des Rosengartens an.
Was gibt es in der Sammlung Ludwig zu sehen?
Christiane Wendenburg: Am Fuße des Dombergs zeigen wir im Alten Rathaus die Ausstellung „Wunderwerke“ der zeitgenössischen Keramikkünstlerin Grita Götze. Figürliche Malerei steht dabei im Vordergrund. Die Motive findet Gritta Götze in der Natur. In der Dauerausstellung zu Fayence und Porzellan aus der Sammlung Ludwig bieten wir zudem unsere beliebten Kurzführungen im Barockkostüm an.
Was ist für Kinder und Jugendliche geboten?
Christiane Wendenburg: Für alle Altersgruppen gibt es Aktivstationen in der Ausstellung „Holz macht Sachen“ im Historischen Museum, Jüngere können dort auch in der Kinder-Museumswerkstatt mit Holzresten, Zweigen und Stoff kreativ werden. Das Diözesanmuseum bietet außer Rätselbögen auf Papier auch einen Actionbound, eine Art digitale Schatzsuche, fürs Smartphone an und die Selfie-Station „Einmal Kaiser sein…“. In der Sammlung Ludwig im Alten Rathaus entstehen – passend zur Ausstellung „Wunderwerke“ – bunte Schmetterlinge und lustige Krabbeltierchen aus Papier.
In der Alten Hofhaltung zeigt Antje Vowinckel ihre Klanginstallation „Reichweiten“. Wie kam das zustande, auch vor dem Hintergrund, dass am Domberg sonst wenig zeitgenössische Kunst gezeigt wird?
Christiane Wendenburg: Die Klanginstallation war bereits zur Feier der 1000-jährigen Weihe der Thomaskapelle im Jahr 2020 geplant, musste aber coronabedingt verschoben werden. Außer der Weiheinschrift, die im Original jetzt als Dauerleihgabe im Diözesanmuseum zu sehen ist, und als Kopie in der Kapelle, besitzen wir keinerlei Objekte, die mit der Weihe und dem Papstbesuch im Jahr 1020 in Zusammenhang stehen. Um das Jubiläum also wirklich würdig begehen zu können, jenseits einer Mini-Ausstellung, die nur Spezialisten interessieren würde, muss man einen zeitgenössischen Blick auf das historische Erbe werfen. Und genau das wird Frau Vowinckel sicher hervorragend machen. Die Künstlerin wurde übrigens in Kooperation mit der Villa Concordia ausgesucht, weil sie dort Stipendiatin war.
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Stadtecho Fragebogen
Das Stadtecho fragt: Carola Marie Schmidt antwortet
In jeder Ausgabe des Stadtechos legen wir einer Bamberger Persönlichkeit einen Fragebogen vor. Diesmal hat Carola Marie Schmidt die Fragen beantwortet. Seit Anfang 2021 ist die Kunsthistorikerin und gebürtige Salzburgerin die Leiterin des Bamberger Diözesanmuseums.
Auf einer Skala von 0 (überhaupt nicht) bis 10 (komplett): Wie hat sich Ihr Leben durch die Corona-Pandemie verändert?
10, aber auch zum Positiven.
Was braucht gute Kunst?
Betrachter, die sich Zeit nehmen.
Was mögen Sie an Kunst besonders?
Dass sie bei jedem Menschen andere Emotionen auslöst.
Was sind drei grundlegende kulturelle Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland?
Der Umgang mit Schnee und vor allem der „politische“ Stellenwert von öffentlichen Transportmitteln. Zum Beispiel kostet das Klimaticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel in ganz Österreich rund 1000 Euro im Jahr. Aber auch die unterschiedliche Emotionalität gleichklingender Ausdrücke, zum Beispiel „Passt“ – im Gegensatz zum Fränkischen bedeutet es im Salzburgerischen etwas positiv Bestärkendes.
Würden Sie gerne öfter Fahrrad fahren?
Noch öfter? Ich fahre jeden Tag, allerdings hätte ich nichts dagegen, jeweils noch länger zu radeln.
Zahlen Sie gern Rundfunkgebühren?
Qualitätsmedien und guter Journalismus haben ihren berechtigten Preis.
Töten Sie Insekten?
Nur, wenn sie mein Blut saugen wollen.
Darf man in Ihrem Schlafzimmer rauchen?
Nein, auch in keinem anderen Zimmer meiner Wohnung.
Welche Drogen sollten Ihrer Meinung nach legalisiert werden?
Das sollten Expertinnen und Experten entscheiden, aber der Vorteil der Steuereinnahmen für den Staat könnte durchaus interessant sein.
Ihr Leben wird verfilmt. Welche Schauspielerin sollte Sie spielen?
Uma Thurman.
Wie viele Apps sind auf Ihrem Smartphone? Und welche benutzen Sie am meisten?
Mit allen Systemapplikationen 60, am meisten benutze ich – neben dem CovPass – WhatsApp und Evangelizo.
Wovon waren Sie zuletzt überrascht?
Wie schlau meine Nichten und Neffen sind.
Was ist Ihr größter Wunsch?
Dass mir der Herr nicht das gibt, was ich mir wünsche, sondern das, was ich wirklich brauche.
Wie sieht ein perfekter Tag für Sie aus?
Das hängt vom Ort und vom Anlass ab, er ist geprägt von Kunst, Sport, gutem Essen und bereichernden Begegnungen – passend zum geographischen und inhaltlichen Umfeld.
Worüber haben Sie sich zuletzt geärgert?
Über mich selbst.
Haben Sie ein Lieblingsgeräusch?
Eher zwei: das Knistern von Schnee und das Rieseln von Wüstensand im leichten Wind.
Welchen Luxus leisten Sie sich?
Mein selbstbestimmtes Leben empfinde ich als Luxus.
Wovor haben Sie Angst?
Mein Gottvertrauen bewahrt mich vor Angst, aber natürlich habe ich Respekt.
Wann haben Sie zuletzt geflirtet?
In Coronazeiten ist das gar nicht so einfach.
Wann und warum hatten Sie zum letzten Mal Ärger mit der Polizei?
Mit der Exekutive nicht, allerdings hatte ich 2015 in meiner ehrenamtlichen Tätigkeit mit einzelnen wenigen Polizistinnen Dispute über den respektvollen Umgang mit Flüchtlingen und Schutzsuchenden.
Auf welchen Moment Ihrer Laufbahn waren Sie am schlechtesten vorbereitet?
Auf das Blitzlichtgewitter, das 2006 Angelina Jolie und Brad Pitt in der ALBERTINA auslösten.
Mit welcher großen Künstlerin oder welchem großen Künstler können Sie gar nichts anfangen?
Ganz ehrlich, wenn man nichts mit bestimmter großer Kunst anfangen kann, hat man sich noch nicht ausreichend mit ihr beschäftigt.
Was ist Ihr Lieblingsschimpfwort?
Ich schimpfe, wenn überhaupt, in Fremdsprachen oder im Dialekt – das lässt sich hier nicht übersetzen.
Bei welchem historischen Ereignis
wären Sie gern dabei gewesen?
Bei der (Habsburger) Wiener Doppelhochzeit vom 22. Juli 1515, bei den politischen Verhandlungen und am liebsten natürlich bei der Zeremonie im Stephansdom.
Was ist Ihre schlechteste Angewohnheit?
Dass ich manchmal in unpassenden Momenten gelangweilt dreinschaue.
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Rechtschreibfehler.
Ihre Lieblingstugend?
Demut – und dabei sollte man nicht übersehen, dass darin auch das Wort Mut enthalten ist.
Ihr Hauptcharakterzug?
Begeisterungsfähigkeit.
Was hätten Sie gerne erfunden?
Eine Uhr, die uns erinnert, das Richtige in jeder auch kleinen Entscheidung zu tun und zwar für die Allgemeinheit und nicht für das eigene Ego.
Haben Sie ein Vorbild?
Oh ja, das hängt vom Lebensbereich ab. Deshalb habe ich nicht nur eines. Für mich sind starke Persönlichkeiten, die der Gesellschaft etwas positives gebracht haben, vorbildlich
Wofür sind Sie dankbar?
Freunde, Familie, Gesundheit, dass ich mich als Glückskind fühlen darf.
Was lesen Sie gerade?
„Sprache und Sein“ von Kübra Gümüşay.
Welches Buch haben Sie zuletzt nicht zu Ende gelesen?
Den Kurzkommentar zum österreichischen Sexualstrafrecht – für die Art von Lektüre bin ich zu zartbesaitet.
Was ist Ihr Lieblingsbuch, Lieblingsalbum, Lieblingsfilm?
„Oh, wie schön ist Panama“ von Janosch, aber auch die Bibel, der Koran und den Talmud lese ich gerne. „London Calling“ von The Clash und „Der Geiger des Jahrhunderts“ von Yehudi Menuhin sind Alben, welche ich immer hören kann. Bei Filmen find ich „Der dritte Mann“ von Carol Reed und „Lang lebe Ned Devine!“ als Regiedebüt von Kirk Jones sehenswert.
Welche Musik hören Sie nur heimlich?
Ich höre die Musik, die mir gefällt, die muss mein Umfeld dann auch ertragen, ich habe keine Heimlichkeiten. Außerdem braucht Musik nicht immer volle Lautstärke – bis jetzt hat sich noch nie eine Nachbarin oder ein Nachbar beschwert.
Was war Ihre größte Modesünde?
Davor haben mich meine Brüder bewahrt.
Was ist Ihr liebstes Smalltalk-Thema?
Sport.
Was zeigt das letzte Foto, das Sie mit Ihrem Handy aufgenommen haben?
Eine Skipiste.
Mit wem würden Sie gerne eine Nacht durchzechen?
Maria Theresia, Winston Churchill, Stephen Hawking, Kamala Harris.
Wovon haben Sie überhaupt keine Ahnung?
Würde ich das wissen, sollte ich das ändern.
Was finden Sie langweilig?
Menschen ohne eigenen Antrieb.
Sie sind in einer Bar. Welches Lied würde Sie dazu bringen, zu gehen?
„Atemlos durch die Nacht“ von Helene Fischer.
Was ist Ihre Vorstellung von Hölle?
In diesem Punkt sympathisiere ich mit den Theologinnen und Theologen, die die Existenz der Hölle verneinen.
Wie glauben Sie, würde die Carola Marie Schmidt von vor zehn Jahren auf die heutige Carola Marie Schmidt reagieren?
Sie würden sich gut verstehen.
Gibt es etwas, das Ihnen das Gefühl gibt, klein zu sein?
Mit 1,87 Körpergröße passiert mir das eher selten.
Ich kann nicht leben ohne…
… Bücher, Freundschaften und Sauerstoff.
In welchen Club sollte man unbedingt mal gehen?
In jeder Stadt, in der man lebt, in den jeweils angesagten, auch wenn es so wie bei mir nur dazu dient, festzustellen, dass man eigentlich lieber in ein Konzert oder auf einen tollen Ball gehe. Die Clubszene sagt viel über den Geist einer Stadt aus.
Sind Sie Tänzerin oder Steherin?
Tänzerin.
Was war die größte Unwahrheit, die Sie je über sich gelesen haben?
Darüber schweige ich.
Welches Problem werden Sie in diesem Leben nicht mehr in den Griff bekommen?
Dass ich alle Probleme lösen möchte.
Das Stadtecho gibt eine Runde aus. Was trinken Sie?
Gin Tonic, außer wenn der Gin wirklich gut ist, dann darf sich das Stadtecho das Tonic sparen.
Carola Marie Schmidt,
Leiterin Diözesanmuseum,
Januar 2022.
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Neue Leiterin des Diözesanmuseums
Carola Schmidt im Interview
Seit Anfang des Jahres ist Carola Schmidt die neue Leiterin des Diözesanmuseums. Vorher war die Salzburger Kunsthistorikerin unter anderem in der Wiener Albertina, im Bergbau- und Gotikmuseum Leogang und im Domquartier Salzburg tätig. Ihren Dienst in Bamberg trat sie mit der Absicht an, dem Diözesanmuseum ein schärferes Profil zu verleihen. Mit Foto möchte sie sich noch nicht abgebildet sehen, um in der Stadt noch eine zeitlang unerkannt über das Museum ins Gespräch kommen zu können.
Frau Schmidt, Sie sind seit knapp einem Jahr in Bamberg. Haben Sie sich schon eingelebt?
Carola Schmidt: Ja, soweit ein Einleben unter Corona-Bedingungen möglich ist.
Wie waren die ersten Eindrücke der Stadt?
Carola Schmidt: Ich bin mitten im Lockdown hergezogen, es war also sehr ruhig.
Wie waren die ersten Eindrücke, die Sie über die Bamberger Kulturlandschaft sammeln konnten?
Carola Schmidt: Auch hier war alles geschlossen und ich habe mich ohnehin primär auf das Diözesanmuseum konzentriert. Aber man hatte mir im Vorfeld viel berichtet – über die Symphoniker zum Beispiel.
Welches Bild hatten Sie vorher vom Diözesanmuseum?
Carola Schmidt: Das Diözesanmuseum hat eine spannende Sammlung mit sehr viel Material, vor allem Textilien. Was mittelalterliche Textilien angeht, gibt es eigentlich kein vergleichbares Museum. Was die Sammlung so einzigartig macht, ist die Tatsache, dass in ihr Textilien bewahrt wurden und nicht wie andernorts nur Gemälde von Personen, die diese Textilien trugen. Gewundert hat mich allerdings, wie wenig sich die Bambergerinnen und Bamberger dieser Einzigartigkeit bewusst zu sein scheinen.
Woran liegt dieses mangelnde Bewusstsein?
Carola Schmidt: Manchmal, wenn man irgendwo in der Stadt unterwegs ist und erzählt, dass man vom Diözesanmuseum ist, reagieren die Leute schon mit Anerkennung der schönen Textilien. Andere sagen zumindest noch Dinge wie „das ist doch nur altes Zeug“. Manchen sagt das Angebot des Diözesanmuseums aber tatsächlich gar nichts. Da macht sich eine zunehmende Säkularisierung bemerkbar.
Sind Ihnen bei Ihren ersten Eindrücken des Diözesanmuseums Dinge aufgefallen, die Sie nicht gut fanden?
Carola Schmidt: Das wäre, glaube ich, zu stark gewichtet. Aber das Museum hat seit den 1990er Jahren kein Makeover bekommen, um modernen Sehgewohnheiten gerecht zu werden.
Worin bestehen diese Sehgewohnheiten?
Carola Schmidt: Was zum Beispiel die Objektzahl in einer Ausstellung angeht, ist weniger heute mehr. Auch geht es darum, den Hintergrund oder Kontext der Objekte interreligiös zu thematisieren. Warum sind die Objekte Katholiken wichtig, warum kann es aber auch durchaus für säkularisierte Menschen spannend sein, sie sich anzuschauen?
Spielen bei diesen Sehgewohnheiten auch Aspekte einer potentiellen Verwertbarkeit in sozialen Medien eine Rolle?
Carola Schmidt: Auf jeden Fall. Das Diözesanmuseum hat selbst einen Facebook- und einen Instagram-Account. Und diese Plattformen sind als Bild-Content-Lieferanten maßgeblich.
Sie haben also nichts dagegen, wenn das Publikum Ausstellungsobjekte fotografiert, um die Bilder online zu posten?
Carola Schmidt: Genau, solange ohne Blitz für private Zwecke fotografiert wird, dann ist das kein Problem. Wenn der richtige Hashtag #DioezesanmuseumBamberg verwendet und das Diözesanmuseum verlinkt wird, sind wir sogar glücklich.
Wie sehen Sie die Stellung des Diözesanmuseums in der örtlichen Kulturszene?
Carola Schmidt: Ich denke, den kulturellen Protagonisten ist schon klar, dass wir eine der besucherstärksten Institutionen in der Stadt sind.
Wie geht es dem Diözesanmuseum nach bald zwei Jahren Pandemie, auch wirtschaftlich?
Carola Schmidt: Besser als vielen anderen Institutionen. Wir sind mit unserer festen Sammlung nicht auf so viele Leihgaben angewiesen. Was das Finanzielle angeht: Wir bekommen dank unserer vielen tollen Objekte in der Sammlung gute Drittmittel, aber wie immer in der Kultur könnte es natürlich mehr sein. Aber während der Pandemie darüber zu jammern, wäre müsig, vor allem im Angesicht kultureller Einzelschicksale, die viel härter sind.
Haben Sie sich um die Stelle der Leitung des Diözesanmuseums beworben oder wurden Sie abgeworben?
Carola Schmidt: Ich habe mich beworben. Für eine studierte Kunsthistorikerin mit Textilschwerpunkt wie mich gibt es nicht so viele Häuser, die mich derart reizen. Als ich die Ausschreibung gesehen habe, dachte ich, ich versuche es. Ich kannte hier vorher niemanden, hatte also auch keine Verbindungen. Das spricht vielleicht für die Bamberger Kulturlandschaft, dass Leitungspositionen hier offensichtlich ganz korrekt ausgeschrieben und besetzt werden und das, was man Vitamin B nennen kann, nicht so wichtig ist.
Sie haben angekündigt, dem Diözesanmuseum ein schärferes Profil zu verleihen. Was heißt das?
Carola Schmidt: Das schärfere Profil besteht darin, mehr Bewusstsein dafür zu bilden, dass die Textilien einzigartig sind. Auch soll es beim Rundgang durchs Haus einen deutlicheren roten Faden geben, eine Kontextualisierung, die klar macht, dass die Kunst im Diözesanmuseum über Jahrhunderte bewahrt wurde, aber auch heute durchaus noch zur Selbstreflexion und Unterhaltung anregt, also aus verschiedenen Perspektiven gelesen werden kann, die aber für alle nachvollziehbar ist.
Möchten Sie das Profil auch im Sinne von politischer Haltung schärfen?
Carola Schmidt: Wir haben eine Weihnachtskrippenausstellung namens „Willkommene Fremde“. Das würde ich schon ein Profil nennen. Wie bereits im letzten Jahr stellen wir Krippen im Diözesanmuseum und in den Schaufenstern von Bamberger Geschäften rund um den Domberg aus. In einigen dieser Krippen haben wir für die Thematik fremde Figuren platziert. Sie stehen für die christliche Gastfreundschaft und symbolisch für die Flucht und Vertreibung in verschiedenen Nationen.
Wie scharf kann das Profil einer kirchlichen Institution aber sein? Ist man nicht immer gezwungen, ein Stück weit im Vergangenen verhaftet zu bleiben?
Carola Schmidt: Überhaupt nicht. Es gibt keinen Ort, wo ein moderner Religionsdialog besser funktioniert als in einem Museum. Darum ist es uns auch so wichtig, dass zum Beispiel das Thema Ecclesia-Synagoga aus katholischer, jüdischer und säkularisierter Sicht beleuchtet wird.
Die Zeichen stehen also auf Neukonzeption?
Carola Schmidt: Ja. Es ist auch so, dass wir das Haus barrierefrei machen wollen. Dazu wird der Hintereingang umgebaut. Gerade ein Haus mit einem katholischen Träger muss Inklusion soweit wie möglich leben. Dazu gehört Barrierefreiheit.
Ihr Vorgänger Holger Kempkens hatte dem Diözesanmuseum mit Ausstellungen wie „Der Funke Gottes“ zuletzt eine sehr zeitgenössische Ausrichtung verliehen. Werden Sie einen ähnlichen Ansatz verfolgen?
Carola Schmidt: Ja. Ich denke, mit einer zeitgenössischen Thematik kann man am klarsten nach außen kommunizieren, dass man nicht in der Vergangenheit verhaftet ist. Dementsprechend wird es bei uns immer wieder einen modernen Input geben.
Betreiben Sie Kooperationen mit anderen Kulturanbietern der Stadt?
Carola Schmidt: Wir stehen in Kontakt mit den Verantwortlichen von zum Beispiel Kunstverein oder BBK, wir sitzen ja in denselben Gremien. Coronabedingt ist es da aber zurzeit schwer, längerfristige Kooperationen zu planen.
Was ist im Diözesanmuseum für 2022 geplant?
Carola Schmidt: Sofern die es die Situation auf dem Baumarkt zulässt, wir genug Baumaterialien zusammenbekommen – es herrscht ja zurzeit eine gewisse Knappheit – werden wir, wie gesagt, den Umbau zur Barrierefreiheit angehen. Im Sommer steht außerdem zum Beispiel eine Ausstellung an, die exquisite Stücke aus der Metropolitanbibliothek zeigt. Diese wird 2022 200 Jahre alt.
Gibt es große Namen, Künstlerinnen oder Künstler, deren Werke Sie einmal gern im Diözesanmuseum präsentieren würden?
Carola Schmidt: Ich glaube, große Namen kommen in dem Moment von selbst, wenn sie wissen, dass ein Haus die Räumlichkeiten bietet, die sie brauchen. Das Diözesanmuseum hat die dazu nötige Aura, tolles Licht und eine sichere Alarmanlage. Es ist einzigartig. Das Gebäude ist direkt am Dom, erzählt Geschichte in jedem Detail und wurde niemals überrenoviert. Wenn ein Künstler in Bayern in besonderen Räumlichkeiten ausstellen möchte, weiß er, wo er anfragen muss.
2019 gelang dem Diözesanmuseum was man als einen kulturellen Knüller bezeichnen könnte, als im Zuge der Ausstellung „Der Funke Gottes“ zwischen den Türmen des Doms das Werk „Good God“ von Via Lewandowski angebracht wurde. Werden Sie einen adäquaten Nachfolger präsentieren?
Carola Schmidt: „Good God“ war eine geniale Idee und es wird genau solche Ideen wieder geben und dann werden sie umgesetzt. Wir möchten noch mehr in die Stadt hineinwirken und auch ganz niederschwellige Fragen beantworten.
Zum Beispiel?
Carola Schmidt: Was hat Religion mit der Stadt gemacht, was macht sie heute, wie wird sie praktiziert. Oder auch: Wer waren Kunigunde und Heinrich, was haben sie für die Stadt gemacht?
Sie haben den Eindruck, dass nicht einmal Kunigunde und Heinrich in der Stadt bekannt sind?
Carola Schmidt: Ja. Ich habe in Bamberg den Vorteil, also noch, dass nicht jeder weiß, wer ich bin. So kann ich mich mit den Leuten viel freier unterhalten und sie geben mir
viel freier Auskunft über zum Beispiel solche Themen.
Marktforschung inkognito in der Kneipe sozusagen?
Carola Schmidt: Bingo.
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Volles Programm
Dezemberausstellungen der Museen am Domberg
Nach Monaten der Schließungen geht es für die Museen am Domberg Bamberg derzeit Schlag auf Schlag. Diözesanmuseum, Staatsbibliothek, Staatsgalerie, Neue Residenz und Historisches Museum bieten im Dezember nicht nur ein volles Ausstellungsprogramm. Vor Kurzem gab der Domberg auch die Kulisse für die Dreharbeiten einer Netflix-Serie ab.
Christiane Wendenburg ist Koordinatorin der Museen am Domberg. Sie hat uns über das Dezemberprogramm und die jüngsten Ereignisse Aufschluss gegeben.
Frau Wendenburg, wie lassen sich die eineinhalb Coronajahre aus Sicht der Museen am Domberg zusammenfassen?
Christiane Wendenburg: Es war ein nervenaufreibender Wechsel aus Schließungen und Öffnungen unter immer neuen Auflagen. Wir hatten wochenlang kein Publikum und somit auch keine Einnahmen. Es gab keine Führungen, keine Schulprogramme, keine Kindergeburtstagsfeiern im Museum und auch keinen direkten Austausch mit den Kooperationspartnern, Kolleginnen und Kollegen. Digitale Angebote und Zoom-Konferenzen sind hierfür leider kein adäquater Ersatz.
Wie geht es den Museen heute? Sind Sie schon wieder mitten im Geschäft mit neuen Projekten oder muss erst noch nachgeholt werden, was schon 2020 geplant war?
Christiane Wendenburg: Die Ausstellungs- und Veranstaltungsvorbereitungen für 2022, und zum Teil auch 2023, sind natürlich schon im vollen Gange. Außerdem ist der barrierefreie Ausbau des Diözesanmuseums geplant.
Gibt es Ausstellungen, die geplant waren, aber nicht zustande gekommen sind?
Christiane Wendenburg: Die meisten Ausstellungen wurden verschoben oder ihre Laufzeit verlängert. Leider konnten jedoch sehr, sehr viele Veranstaltungen nicht stattfinden. Das Veranstaltungsprogramm der Neuen Residenz für 2020 musste ausnahmslos abgesagt werden, unter anderem die Feierstunde zur 1000-jährigen Weihe der Thomas-Kapelle, die „Tage der alten Musik“, die Eröffnungsfeier zur Wiedereröffnung des Fürstbischöflichen Appartements nach der umfangreichen Restaurierung, ein vielfältiges Kammermusikprogramm in den Räumen am Tag des offenen Denkmals und die geplante Vortragsreihe zu den Restaurierungsmaßnahmen. Im Historischen Museum entfiel ebenfalls fast das komplette, umfangreiche Begleitprogramm zur Ausstellung „Tüte um Tüte“. Immerhin konnte zumindest die Modenschau „Ausgetütet“ mit Modekreationen aus Plastiktüten in Kooperation mit dem Maria Ward-Schulen im Innenhof der Alten Hofhaltung stattfinden.
Vor Kurzem gab der Domberg die Kulisse ab für Dreharbeiten zur Serie „The Empress“, die vom Leben von Elisabeth von Österreich, bekannt als Sisi, handelt. Konnten Sie Eindrücke der Dreharbeiten sammeln?
Christiane Wendenburg: Es ist immer wieder spannend, wenn auf dem Domberg Dreharbeiten stattfinden. Der Dreh zu „The Empress“ war natürlich besonders aufregend – immerhin wurden zwei der größten und wichtigsten Szenen dieser Netflix-Produktion auf dem Domplatz und in der Alten Hofhaltung gedreht. Welche Szenen das sind, werde ich natürlich nicht verraten – nur so viel: Auf dem Weg ins Büro kam man nicht nur am festlich geschmückten Dom und an adeligen Hofdamen in Reifröcken vorbei, sondern auch an einem Galgen. Übrigens: Der Vater der historischen Sisi, Herzog Max in Bayern, wurde in Bamberg geboren, genauer gesagt in der Neuen Residenz!
Seit wann durften die Museen am Domberg wieder Publikum empfangen? Wie entwickelt sich seither der Andrang?
Christiane Wendenburg: Seit dem 6. Mai – mit Voranmeldung, aber immerhin kurz vor dem Internationalen Museumstag am 16. Mai, zu dem wir schon wieder viele interessierte Besucherinnen und Besucher begrüßen durften.
Ist ein Bedürfnis nach Kultur nach wie vor vorhanden?
Christiane Wendenburg: Das Bedürfnis ist auf jeden Fall vorhanden! O‑Ton einer Besucherin am Museumstag: „Ich bin ja sooo glücklich, dass ich endlich wieder Ausstellungen besuchen kann!“ Worüber wir uns besonders freuen: Es besuchen wieder vermehrt Bambergerinnen und Bamberger sozusagen ihre Museen und auch der Zuspruch von jungen Familien ist gewachsen.
Die Staatsbibliothek zeigt noch bis 18. Dezember die Ausstellung „Joseph Heller und die Kunst des Sammelns“. Heller war Bamberger, Kunstsammler und Mäzen der Staatsbibliothek. Welchen Stellenwert hat er für das Haus?
Christiane Wendenburg: Joseph Heller, der von 1798 bis 1849 lebte, hatte die zu seiner Zeit noch königliche Bibliothek zur Erbin seiner Kunstgegenstände, Handbibliothek sowie Schriftstücke erklärt. Hellers Mentor war nämlich der damalige Bibliotheksdirektor Joachim Heinrich Jäck, beide verband eine lebenslange Freundschaft. Ihre gemeinsame Reise durch Deutschland, Österreich und Italien kann anhand der unterwegs erworbenen Objekte nachvollzogen werden. Im wunderschönen Scagliola-Saal zeigt die Staatsbibliothek ihren Umgang mit diesem reichen Erbe. An einem Medientisch kann man sich noch mehr Objekte aus dem Heller’schen Nachlass ansehen: als Digitalisate samt Kurzbeschreibung. Und auch ein kostenfreier Audioguide fürs Smartphone ist vor Ort über abrufbar. Übrigens hat sich die Staatsbibliothek noch etwas Besonderes für lange Winterabende einfallen lassen, nämlich die Online-Vortragsreihe „Bamberger Buchgeschichten“. Dienstags erzählen Referentinnen und Referenten Geschichten über Bücher und andere in Bibliotheken verborgene Schätze. Die Zugangsdaten werden auf der Website der Staatsbibliothek Bamberg veröffentlicht, die Vorträge beginnen in der Regel um 19 Uhr.
Im Historischen Museum zeigen Sie die Ausstellung „Geschenkt! Geschenke aus 22 Jahren an die Museen der Stadt Bamberg“. Wie wichtig sind Schenkungen für ein Museum? Von wem kamen oder kommen sie? Was waren die Highlights?
Christiane Wendenburg: Geschenke sind für Museen sehr wichtig und unverzichtbar – und dies nicht nur aus pekuniären Gründen. Sie ergänzen nicht nur die großartige Kunstsammlung der Stadt Bamberg durch zeitgenössische und historische Gemälde, sondern bieten auch einen Einblick in die Geschichte, Kunst und Kultur der Stadt Bamberg und das Alltags-Leben ihrer Bürgerinnen und Bürger. Beispiele wären Spielzeug, Vereinspokale oder Erzeugnisse Bamberger Handwerksbetriebe. Sie stammen von Sammelnden, von Künstlerinnen und Künstlern oder aus Erbschaften. Teilweise sind es auch Bamberger Dachbodenfunde, wie zum Beispiel eine gusseiserne Toilette aus der Zeit um 1900. Eines der Highlights ist sicherlich das Kunstwerk von Gerhard Hoehme, der von 1920 bis 1989 lebte, einem bedeutenden Vertreter der abstrakten Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg. Hoehme steht für die Informelle Kunst, ein Sammelbegriff für abstrakte, soll in diesem Fall heißen, nicht-geometrische Kunst, die ihre Ursprünge in den 1950er Jahren hatte.
Was gibt es im Dezember im Diözesanmuseum zu sehen?
Christiane Wendenburg: Noch bis 9. Januar 2022 zeigt das Diözesanmuseum die Krippen-Ausstellung „Willkommene Fremde“. Wie bereits im letzten Jahr werden die Krippen im Diözesanmuseum und in Geschäften Bambergs ausgestellt. Und in einigen Krippen haben Figuren Platz genommen, die dem Krippenthema fremd sind. Sie stehen für die christliche Gastfreundschaft und symbolisch für die Flucht und Vertreibung in verschiedenen Nationen. Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung sind dazu eingeladen, sich auf die Suche dieser fremden Figuren zu machen und können mit etwas Glück einen schönen Preis gewinnen.
Welche Ausstellung kann man im Dezember in der Staatsgalerie besuchen?
Christiane Wendenburg: Die Barockabteilung der Staatsgalerie zeigt monumentale Galeriebilder – das größte misst 222 mal 338 Zentimeter – von Johann Michael Bretschneider, der von 1656 bis 1727 lebte. Außerdem gibt es Werke des Rubens-Lehrers Otto van Veen, 1556 bis 1629, und des Rembrandt-Zeitgenossens Jan Lievens, 1607 bis 1674, sowie niederländische Landschaftsgemälde und Stillleben. Ein eigener Raum ist der Sammlung der Bamberger Fürstbischöfe gewidmet: 40 Gemälde veranschaulichen dort die Sammel- und Präsentationsgewohnheiten des Barock. Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch die 14 Supraportengemälde – das sind Gemälde, die über Türen oder Portalen angebracht sind – der Bamberger Malerfamilie Treu, die als geschlossener Bestand die Malerei des ausklingenden Rokokos in Mainfranken repräsentieren.
In der Neuen Residenz können seit 2019 die renovierten Räumlichkeiten des Fürstbischöflichen Appartements besichtigt werden. Wie entwickelt sich das Publikumsinteresse?
Christiane Wendenburg: Sehr gut! Für die Führungen durch das Appartement muss die Gruppengröße, Stand Anfang November, allerdings noch auf sieben Personen begrenzt sein. Gerade an Wochenenden kann es darum zu Wartezeiten kommen.
Was gibt es im Dezember außerdem in der Residenz?
Christiane Wendenburg: Der neue Museumsraum „Die verlorenen Räume“ im Kaiserappartement wird eröffnet. Seit der 2009 beendeten Restaurierung des Kaiserappartements der Neuen Residenz präsentiert sich dieses in der Form, die ihm das Erbprinzenpaar Rupprecht und Marie Gabriele um 1900 gegeben hat. Die Bayerische Schlösserverwaltung zeigt nun einen neu eingerichteten Museumsraum. Dieser zeugt von jenen Wohnräumen des Erbprinzenpaares, die durch den Einzug der Staatsbibliothek 1962 vom Kaiserappartement abgetrennt wurden. Der Raum ist – wie auch das gesamte Kaiserappartement – ab 2. Dezember bis zum Ende des Jahres zu den regulären Öffnungszeiten täglich von 10 bis 16 Uhr im freien Rundgang, das heißt ohne Führung, zu sehen. Mit dem Themenraum „Die verlorenen Räume“ erhält die Raumflucht des Kaiserappartements zudem einen zeitgenössischen musealen Abschluss, der nicht zuletzt auch über die Baugeschichte der Residenz nach den letzten fürstlichen Bewohnern informiert. Im Ausstellungsraum selbst, dem ehemaligen Toilettenzimmer der Prinzessin, das übrigens später als Hausmeisterwohnung der Staatsbibliothek diente, wurden Teile des Bodens und der Decke wie bei einer archäologischen Ausgrabungsstelle offengelegt. Von der ursprünglichen Bausubstanz können so barocke Parketttafeln, die beim Umbau ausgebaut worden waren, und eine von einer abgehängten Decke verborgene ebenfalls barocke Stuckdecke neu entdeckt werden.
Wird es im Dezember auch zeitgenössische Kunst in den Museen am Domberg zu sehen geben?
Christiane Wendenburg: Ja – in der Ausstellung „Geschenkt!“ im Historischen Museum werden auch Arbeiten zeitgenössischer und zum Teil Bamberger Künstlerinnen und Künstler gezeigt, zum Beispiel Objekte und Gemälde von Michael Huth, Volker Hinniger, Gerhard Hoehme, Christiane Toewe und Ottmar Mohring.
Unterhalten Sie auch Kooperation mit lokalen Künstlerinnen und Künstlern?
Christiane Wendenburg: Ja, die städtischen Museen, also auch die Museen am Domberg, arbeiten mit dem Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken und dem Bamberger Kunstverein zusammen. Das Diözesanmuseum stellt lokale Künstlerinnen und Künstler aus und die Neue Residenz kooperiert mit der Villa Concordia.
Worin besteht Ihr Angebot für junges Publikum?
Christiane Wendenburg: Wir haben museumspädagogische Programme und Führungen für Schulklassen in allen Häusern, Taschenlampenführungen und digitale Rundgänge im Diözesanmuseum, sonntags freien Eintritt für Familien, Kinderstationen in der Ausstellung sowie Angebote für Kindergeburtstage im Historischen Museum oder auch mal einen InstaWalk mit Studierenden der Uni Bamberg.
Welche Ausstellungen stehen 2022 auf dem Plan?
Christiane Wendenburg: In der Neuen Residenz ist zwischen 8. und 10. April 2022 zum Tag der offenen Kapellen eine Klanginstallation von Antje Vowinckel in Kooperation mit der Villa Concordia geplant. Zu den Tagen der alten Musik im Juni 2022 soll die Musikgruppe Musica Canterey Bambergensis im Kaisersaal spielen. Begleitend dazu wird ein vielfältiges Führungsprogramm angeboten. Von September bis November 2022 wird die Sonderausstellung zum Maler Alexander Macco „MACCO. Von Rom nach Bamberg“ in fünf Räumen der Residenz gezeigt. In der Staatsbibliothek begehen wir 2022 den 200. Todestag von E.T.A. Hoffmann gemeinsam mit diversen Bamberger Institutionen wie dem ETA Hoffmann-Theater, dem ETA Hoffmann-Haus, dem Marionettentheater Bamberg, aber auch mit deutschlandweiten Kooperationen wie mit der Staatsbibliothek Berlin und dem Romantik-Museum Frankfurt. Dazu wird es eine gemeinsame Sonderausstellung mit umfassendem Begleitprogramm geben. Die Ausstellungseröffnung ist für den 24. Juli geplant. Im Diözesanmuseum soll am 1. Juli die Sonderausstellung „Erlesen“ eröffnet werden, die dann bis 18. September 2022 besucht werden kann. Und im Historischen Museum gastiert von Mai bis Oktober 2022 die Wanderausstellung „Holz macht Sachen: Holz, Baum, Wald und Du?“, bei der eine Kooperation mit den Kulturinstitutionen der Museen am Domberg angedacht ist.
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„Der Caritas ein Gesicht geben“
Fotoausstellung im Domkreuzgang zu 100 Jahren Diözesan-Caritasverband Bamberg
Die Fotoausstellung „Der Caritas ein Gesicht geben“ ist ab kommendem Dienstag, dem 19. Oktober, im Domkreuzgang im Diözesanmuseum in Bamberg zu sehen. Sie ist ein Beitrag zum 100jährigen Jubiläum des Caritasverbandes für die Erzdiözese Bamberg e.V.
Im Jahr 2021 feiert der Caritasverband Bamberg sein 100jähriges Gründungsjubiläum. Aus diesem Anlass haben der Fotograf Marcus Bauer und Horst Engelhardt, Referent für Caritas & Pastoral im Diözesan-Caritasverbandes Bamberg, die Idee einer Ausstellung entwickelt, die ab Dienstag im Domkreuzgang zu sehen ist.
Der Domkreuzgang ist Teil des Diözesanmuseums. Daher ist die Ausstellung zu dessen Öffnungszeiten von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr zugänglich. Es ist der Eintritt für den Besuch des Diözesanmuseums zu entrichten.
Mit ihrem Lebensalter repräsentieren die Porträtierten 100 Jahre Caritas
Unter dem Motto „Der Caritas in der Erzdiözese Bamberg ein Gesicht geben” porträtieren 20 großformatige schwarz-weiß-Aufnahmen des Fotografen Marcus Bauer Mitarbeiter, Bewohner, Klienten, Ehrenamtliche und Schüler aus Einrichtungen und Diensten der Caritas aus dem gesamten Erzbistum Bamberg.
Mit ihrem Lebensalter repräsentieren die dargestellten Personen 100 Jahre Caritas. Die100- jährige Ella P. aus dem St. Martin-Caritas-Altenheim in Bayreuth und die 1‑jährige Julia, Krippenkind in der Caritas-Kindertagesstätte „Kreuzberg“ in Altenkunstadt, bilden den Rahmen für 18 weitere Porträts von Menschen, die stellvertretend stehen für die Vielfalt und das Engagement christlicher Nächstenliebe.
In Kurz-Interviews erzählen die Porträtierten „ihre Geschichte“ mit der Caritas. Diese Interviews sind als Tonaufnahmen ins Internet gestellt; mit Hilfe von QR-Codes auf den Bildtafeln können sie mit dem Smartphone aufgerufen werden. Auf diese Weise geben die Menschen der Caritas ein Gesicht und die Caritas gibt den Menschen Gesicht und damit Unterstützung, Wert und Würde.
Die Fotoausstellung „Der Caritas ein Gesicht geben“ ist bis 14. November im Domkreuzgang zu besichtigen. Danach wandert sie an weitere Orte in Ober- und Mittelfranken.