Bambergs Erzbischof Ludwig Schick hat sich am Wochenende mit einem Tweet den Unmut einiger Twitternutzer zugezogen. Darin forderte er, trotz des erneuten Lockdowns an der Ausführung von Präsenzgottesdiensten in Kirchen auch weiterhin festzuhalten.
Am zurückliegenden Sonntag tweetete Erzbischof Ludwig Schick: „Liebe Politiker! Auch bei einem harten Lockdown müssen die Kirchen an Weihnachten offen und Gottesdienstbesuche möglich bleiben, sicher bei Einhaltung der nötigen Regeln. Wunsch & Bitte von Millionen Christen und auch von anderen Religionen. Einen Lockdown der Seele darf es nicht geben.“
Zwar ist die Religionsfreiheit und ihre Ausübung grundrechtlich geschützt und entsprechend nicht von den Bestimmungen des aktuellen Lockdowns eingeschränkt – die Möglichkeit, auf Präsenzgottesdienste zugunsten von online verfügbar gemachten Gottesdiensten zu verzichten, und so das Infektionsrisiko möglicherweise zu verringern, besteht aber auch.
Entsprechend fielen die Reaktion auf den Tweet des Erzbischofs aus.
Während Comedy-Autor und Kolumnist Micky Beisenherz in seinem Kommentar „Wieso eigentlich: Dinge unter Verschluss halten, das ist doch der Kirche immer vortrefflich gelungen.“ noch eher auf kabarettistische Art und Weise auf den Tweet von Erzbischof Schick einging, wiesen andere Twitter-Nutzer auf die mögliche Folgenschwere von Präsenzgottesdiensten hin.
So schrieb ein Nutzer: „Ich dachte es geht, gerade an Weihnachten, um Nächstenliebe. Und wie kann man diese in solch einer Zeit am besten zeigen? Indem man auf die Schwachen achtet und zu Hause bleibt!“
Ähnlich sah es dieser Kommentar: „Nächstenliebe ist für mich, keinen anzustecken und unnötig zu gefährden. In der heutigen Zeit ist es sehr unkompliziert über Internet & Co., Live Übertragung zu verfolgen! Es sollten ALLE an einem Strang ziehen und die Maßnahmen einhalten, ohne Extrawürste.“
Und dieser: „Dafür Sorge zu tragen, dass sich dieses Virus nicht weiterverbreitet, ist Dienst an unseren Mitmenschen und damit Ausdruck christlicher Nächstenliebe. Größere Ansammlungen von Menschen in Innenräumen sind und bleiben riskant. Die Kirchen müssen ihrer Verantwortung gerecht werden.“
Eine weitere Antwort lautete: „Lieber Bischof, schon wegen der einzuhaltenden Hygieneregeln kann nur ein Bruchteil der Christen an Gottesdiensten teilnehmen, weil das Platzangebot stark eingeschränkt ist. Man kann auch über die Medien verbunden Gottesdienst feiern, wenn es wegen der Pandemie real nicht geht. Selbst als die Gotteshäuser im Frühjahr von den Kirchen freiwillig geschlossen wurden, gab es keinen Lockdown für die Seele eines Gläubigen, der mit Christus im Gebet verbunden ist. Angesichts der Pandemie-Lage sollten die Kirchen solidarisch auf Versammlungen verzichten.“
Der Kommentar „Wer beten möchte, kann das auch zu Hause tun. Ich kann nicht nachvollziehen, dass wir zu Hause bleiben, aber trotzdem in die Kirche rennen sollen. Gläubigkeit hat nichts damit zu tun, wo man betet.“ wies auf die Ortsungebundenheit des Gebets hin.
Ein weiterer Nutzer lenkte die Aufmerksamkeit auf die Zustände in Krankenhäusern: „Müssten nicht auch und gerade die Kirchen ein Signal aussenden? Für Gesundheit, für Menschenleben, für Zusammenhalt. Was hilft ein Gottesdienst, wenn in kirchlichen Krankenhäusern zeitgleich Ausnahmezustand herrscht?“
Antwort Erzbischof Schick
Erzbischof Ludwig Schick blieb bei seiner Entscheidung für Präsenzgottesdienste. Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk äußerte er sich zu den Reaktionen, indem er auf die getroffenen Hygienemaßnahmen, Eigenverantwortung und freie Entscheidungen verwies:
„Wir halten unsere Gottesdienste, wir halten aber auch alle Hygienemaßnahmen ein. Wir streamen auch die Gottesdienste. Die Bischofskonferenz hat einen Plan veröffentlicht, welche Gottesdienste übertragen werden. Jeder soll die Freiheit haben, in die Kirche zu gehen oder zu Hause zu bleiben. Wer kann und will, der kann sich anmelden und der kann teilnehmen. Andere können zu Hause bleiben und so mitfeiern, wie es jedem gut tut und wie es jeder kann. Natürlich sollten Risikogruppen wie ältere Menschen lieber zu Hause bleiben. Aber die Freiheit sollte bewahrt werden.”
Außerdem hat sich Erzbischof Ludwig Schick mit anderen bayerischen Bischöfen über die Folgen der angekündigten Ausgangssperre in Bayern von 21 bis 5 Uhr für die Christmetten an Heiligabend ausgetauscht. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es:
„Die Christmette ist ursprünglich eine Mitternachtsmesse und gehört gerade in Bayern zu den wichtigsten Gottesdiensten des Jahres. In den meisten Pfarreien beginnt sie am späten Abend um 22 Uhr oder 22:30 Uhr.
In Anbetracht der Entwicklungen haben in allen Diözesen die Pfarrer und die mitverantwortlichen Haupt- und Ehrenamtlichen in den Pfarreien Konzepte entwickelt, die im Rahmen des beschränkten Platzangebotes vielen Gläubigen ermöglichen, eine weihnachtliche Liturgie an Heiligabend mitzufeiern. Da die Vorbereitungen der Haupt- und Ehrenamtlichen weitgehend abgeschlossen, strenge Hygienekonzepte entwickelt, persönliche Platzkarten ausgegeben sind und das Gottesdienstangebot über den ganzen Nachmittag und Abend erheblich erweitert und somit entzerrt ist, trifft die Ausgangssperre ab 21 Uhr alle Beteiligten hart.
Die zeitliche Ausweitung der Gottesdienste über den ganzen Abend würde das Infektionsrisiko im Gegensatz zu einer Verdichtung in der Zeit vor 19:30 Uhr mindern. Der Besuch der Christmette trägt zudem mit der religiösen Stärkung erheblich zur seelischen Gesundheit und Stabilisierung der Menschen in dieser Krisenzeit bei.
Den bayerischen Bischöfen ist der Ernst der Lage voll bewusst und alle gemeinsam unterstreichen ihr Anliegen, für die von der Staatsregierung erbetene Ausnahme von der Ausgangsbeschränkung alles daranzusetzen, dass von den Weihnachtsgottesdiensten kein erhöhtes Infektionsrisiko ausgehen darf.
Die Bischöfe sind sich einig, dass am Heiligen Abend so viele Gottesdienste wie möglich gefeiert werden sollen, und haben dringend darum gebeten, dass diese schmerzhafte Entscheidung der Ausgangssperre an Heiligabend eine einzige Ausnahme erfahren kann.“