Gespräch mit Bezirks­tags­kan­di­da­tin­nen und ‑kan­di­da­ten

Früh­för­der­stel­len Ober­fran­ken bekla­gen Miss­trau­en der Politik

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Frühförderstellen
Auf dem Spielplatz der Frühförderstelle der Caritas in Lichtenfels von links: Berthold Kellner (Lebenshilfe), Bertin Abbenhues (Katholische Jugendfürsorge), Josef Höpfner (Linke), Susanne Bauer (Grüne), Heidi Eschenbacher-Müller (Caritas), Karlheinz Vollrath (Blindeninstitut Oberfranken), Christian Weber und Sven Bachmann (beide FDP), Benjamin Schmidt (Caritas), Andreas Hügerich (SPD), Foto: Klaus-Stefan Krieger, Diözesan-Caritasverband Bamberg
Im Vor­feld der baye­ri­schen Land­tags­wahl am 8. Okto­ber haben die Früh­för­der­stel­len Ober­fran­ken Bezirks­tags­kan­di­da­tin­nen und ‑kan­di­da­ten aus Ober­fran­ken zum Gespräch über Früh­för­der­stel­len gela­den. In die­sem Aus­tausch beklag­ten die Ein­rich­tun­gen, dass sich der Bezirk nicht an den Rah­men­ver­trag halte.

Der Ein­la­dung der Früh­för­der­stel­len Ober­fran­ken, in Räum­lich­kei­ten der Cari­tas in Lich­ten­fels über Kin­der mit För­der­be­darf zu spre­chen, kamen eini­ge Kan­di­da­ten und eine Kan­di­da­tin für den Bezirks­tag nach, wie die Bam­ber­ger Cari­tas mit­teil­te. Bereits im ober­frän­ki­schen Regie­rungs-Gre­mi­um ver­tre­te­ne Abge­ord­ne­te hät­te sich jedoch nicht bli­cken las­sen. Die stärks­te Frak­ti­on im Bezirks­tag, die der CSU, sei über­haupt nicht anwe­send gewesen.

„In allen ande­ren Bezir­ken kön­nen die Früh­för­der­stel­len mit der Ver­wal­tung auf Augen­hö­he spre­chen“, sag­te Bert­hold Kell­ner, Geschäfts­füh­rer der Lebens­hil­fe Tir­schen­reuth, „nur in Ober­fran­ken wer­den wir zu Bitt­stel­lern degra­diert, denen man mit gene­rel­lem Miss­trau­en begegnet.“

Früh­för­de­rung ist ein Hilfs­an­ge­bot-Ange­bot, das sich an Kin­der im Vor­grund­schul­al­ter mit einer Behin­de­rung, von Behin­de­rung bedroh­te Kin­der und ver­hal­tens­auf­fäl­li­ge und ent­wick­lungs­ver­zö­ger­te Kin­der rich­tet. Oft kom­men die­se Kin­der zudem aus schwie­ri­gen Fami­li­en­ver­hält­nis­sen. Die Früh­för­der­stel­len bie­ten Sozi­al- und Heil­päd­ago­gik, Psy­cho­lo­gie, Logo­pä­die, Phy­sio- und Ergo­the­ra­pie. Den För­der­be­darf muss eine Kin­der­arzt­pra­xis dia­gnos­ti­zie­ren, ihn für ihr Kind in Anspruch zu neh­men, ist für Eltern frei­wil­lig und kos­ten­frei. Die Finan­zie­rung erfolgt durch den Bezirk und teil­wei­se die Kran­ken­kas­sen. Rund 2.500 Kin­der neh­men in Ober­fran­ken Früh­för­de­rung in Anspruch.

Argu­men­te der Frühförderstellen

Außer­dem ist Früh­för­de­rung in Bay­ern durch einen Rah­men­ver­trag „gut ein­heit­lich gere­gelt“, sag­te Karl­heinz Voll­rath, Lei­ter der Früh­för­de­rung beim Blin­den­in­sti­tut Ober­fran­ken in Kulm­bach, im Gespräch mit den Poli­ti­ke­rIn­nen. Es gebe aber Inter­pre­ta­ti­ons­spiel­räu­me „und damit haben wir in Ober­fran­ken zu kämp­fen.“ Der Rah­men­ver­trag lege bis zu 72 Behand­lun­gen im Jahr als Stan­dard fest. Ober­fran­ken geneh­mi­ge aber oft deut­lich weni­ger. „Die Eltern ver­ste­hen das nicht. War­um wer­den in Ober­fran­ken die Kin­der schlech­ter behan­delt als in ande­ren Bezirken?“

Und Hei­di Eschen­ba­cher-Mül­ler, Lei­te­rin der Früh­för­der­stel­le in Lich­ten­fels, füg­te an, dass zudem die Antrag­stel­lung müh­sa­mer sei als andern­orts. Laut Rah­men­ver­trag genü­ge der För­der- und Behand­lungs­plan, der vom Kin­der­arzt und der Lei­tung der Früh­för­der­stel­le unter­schrie­ben wird. In Ober­fran­ken müss­ten zusätz­li­che Doku­men­te bei­gebracht wer­den, zum Bei­spiel Tests und Gesprächs­pro­to­kol­le. Bei Kin­dern von Geflüch­te­ten sei dies oft gar nicht mög­lich. Auch prü­fe der Sozi­al­me­di­zi­ni­sche Fach­dienst des Bezirks jeden ein­zel­nen Antrag, so Eschen­ba­cher-Mül­ler. „Um jede ein­zel­ne Behand­lungs­stun­de wird gefeilscht.“

„Die Kran­ken­kas­sen stel­len die Dia­gno­se des Arz­tes nicht in Fra­ge,“ ergänz­te Ber­tin Abben­hues von der Katho­li­schen Jugend­für­sor­ge, die in Wun­sie­del eine Früh­för­der­stel­le betreibt. „Aber der Bezirk Ober­fran­ken tut das.“

Ben­ja­min Schmidt von der Cari­tas gGmbH St. Hein­rich und Kuni­gun­de kri­ti­sier­te: „Der Bezirk unter­stellt, die Trä­ger wür­den sich berei­chern. Es wird ein rie­si­ger Appa­rat mit Prü­fun­gen beschäf­tigt, um Kleinst­be­trä­ge ein­zu­spa­ren. Das ist volks­wirt­schaft­li­cher Unfug.“

Argu­men­te der Frühförderstellen

Dann äußer­ten sich die, mög­li­cher­wei­se zukünf­ti­gen, Bezirks­tags­kan­di­da­ten. Der Bezirks­tag müs­se von der Ver­wal­tung eine genaue Gegen­über­stel­lung von Auf­wand und Ein­spa­rung ver­lan­gen, for­der­te Sven Bach­mann von der FDP. Einen ins­ge­samt enge­ren und ver­trau­ens­vol­len Aus­tausch zwi­schen Trä­gern und Bezirk ver­lang­te Andre­as Hüge­rich, 1. Bür­ger­meis­ter von Lich­ten­fels und Kan­di­dat der SPD.

Susan­ne Bau­er von den Grü­nen berich­te­te, dass Ober­fran­ken auch in ande­ren sozia­len Berei­chen so knau­se­rig sei. „Dafür hat Ober­fran­ken dann die gerings­te Bezirks­um­la­ge.“ Die­se müs­sen die Kom­mu­nen an den Bezirk abfüh­ren. Und Josef Höpf­ner von den Lin­ken erzähl­te, dass einer sei­ner Söh­ne bereits vor 40 Jah­ren Früh­för­de­rung benö­tigt hät­te. Die­se habe er aber nicht bekom­men, wes­we­gen Höpf­ner die För­de­rung letzt­lich selbst organisierte.

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