Im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober haben die Frühförderstellen Oberfranken Bezirkstagskandidatinnen und ‑kandidaten aus Oberfranken zum Gespräch über Frühförderstellen geladen. In diesem Austausch beklagten die Einrichtungen, dass sich der Bezirk nicht an den Rahmenvertrag halte.
Der Einladung der Frühförderstellen Oberfranken, in Räumlichkeiten der Caritas in Lichtenfels über Kinder mit Förderbedarf zu sprechen, kamen einige Kandidaten und eine Kandidatin für den Bezirkstag nach, wie die Bamberger Caritas mitteilte. Bereits im oberfränkischen Regierungs-Gremium vertretene Abgeordnete hätte sich jedoch nicht blicken lassen. Die stärkste Fraktion im Bezirkstag, die der CSU, sei überhaupt nicht anwesend gewesen.
„In allen anderen Bezirken können die Frühförderstellen mit der Verwaltung auf Augenhöhe sprechen“, sagte Berthold Kellner, Geschäftsführer der Lebenshilfe Tirschenreuth, „nur in Oberfranken werden wir zu Bittstellern degradiert, denen man mit generellem Misstrauen begegnet.“
Frühförderung ist ein Hilfsangebot-Angebot, das sich an Kinder im Vorgrundschulalter mit einer Behinderung, von Behinderung bedrohte Kinder und verhaltensauffällige und entwicklungsverzögerte Kinder richtet. Oft kommen diese Kinder zudem aus schwierigen Familienverhältnissen. Die Frühförderstellen bieten Sozial- und Heilpädagogik, Psychologie, Logopädie, Physio- und Ergotherapie. Den Förderbedarf muss eine Kinderarztpraxis diagnostizieren, ihn für ihr Kind in Anspruch zu nehmen, ist für Eltern freiwillig und kostenfrei. Die Finanzierung erfolgt durch den Bezirk und teilweise die Krankenkassen. Rund 2.500 Kinder nehmen in Oberfranken Frühförderung in Anspruch.
Argumente der Frühförderstellen
Außerdem ist Frühförderung in Bayern durch einen Rahmenvertrag „gut einheitlich geregelt“, sagte Karlheinz Vollrath, Leiter der Frühförderung beim Blindeninstitut Oberfranken in Kulmbach, im Gespräch mit den PolitikerInnen. Es gebe aber Interpretationsspielräume „und damit haben wir in Oberfranken zu kämpfen.“ Der Rahmenvertrag lege bis zu 72 Behandlungen im Jahr als Standard fest. Oberfranken genehmige aber oft deutlich weniger. „Die Eltern verstehen das nicht. Warum werden in Oberfranken die Kinder schlechter behandelt als in anderen Bezirken?“
Und Heidi Eschenbacher-Müller, Leiterin der Frühförderstelle in Lichtenfels, fügte an, dass zudem die Antragstellung mühsamer sei als andernorts. Laut Rahmenvertrag genüge der Förder- und Behandlungsplan, der vom Kinderarzt und der Leitung der Frühförderstelle unterschrieben wird. In Oberfranken müssten zusätzliche Dokumente beigebracht werden, zum Beispiel Tests und Gesprächsprotokolle. Bei Kindern von Geflüchteten sei dies oft gar nicht möglich. Auch prüfe der Sozialmedizinische Fachdienst des Bezirks jeden einzelnen Antrag, so Eschenbacher-Müller. „Um jede einzelne Behandlungsstunde wird gefeilscht.“
„Die Krankenkassen stellen die Diagnose des Arztes nicht in Frage,“ ergänzte Bertin Abbenhues von der Katholischen Jugendfürsorge, die in Wunsiedel eine Frühförderstelle betreibt. „Aber der Bezirk Oberfranken tut das.“
Benjamin Schmidt von der Caritas gGmbH St. Heinrich und Kunigunde kritisierte: „Der Bezirk unterstellt, die Träger würden sich bereichern. Es wird ein riesiger Apparat mit Prüfungen beschäftigt, um Kleinstbeträge einzusparen. Das ist volkswirtschaftlicher Unfug.“
Argumente der Frühförderstellen
Dann äußerten sich die, möglicherweise zukünftigen, Bezirkstagskandidaten. Der Bezirkstag müsse von der Verwaltung eine genaue Gegenüberstellung von Aufwand und Einsparung verlangen, forderte Sven Bachmann von der FDP. Einen insgesamt engeren und vertrauensvollen Austausch zwischen Trägern und Bezirk verlangte Andreas Hügerich, 1. Bürgermeister von Lichtenfels und Kandidat der SPD.
Susanne Bauer von den Grünen berichtete, dass Oberfranken auch in anderen sozialen Bereichen so knauserig sei. „Dafür hat Oberfranken dann die geringste Bezirksumlage.“ Diese müssen die Kommunen an den Bezirk abführen. Und Josef Höpfner von den Linken erzählte, dass einer seiner Söhne bereits vor 40 Jahren Frühförderung benötigt hätte. Diese habe er aber nicht bekommen, weswegen Höpfner die Förderung letztlich selbst organisierte.