Seit mehr als zehn Jahren musizieren die Schwestern Elisabeth (Gesang, Geige, Hackbrett, Synthesizer) und Marlene Schuen (Gesang, Geige, Gitarren, Bass, Samples) als Ganes. In La Val, einem Dorf in den Südtiroler Dolomiten, aufgewachsen, inspiriert sie die dortige Natur, Sprache (Ladinisch) und Kultur bis heute. Zusammen mit Natalie Plöger (Kontrabass) kommen sie jetzt nach Hallstadt, um ihr aktuelles Album „Or Brüm“ vorzustellen. Wir haben Elisabeth Schuen zum Gespräch getroffen.
Welche Bedeutung hatte für euch das musikalische Elternhaus sowie die musikalischen Erfahrungen in der Band von Hubert von Goisern bei der Gründung der Ganes?
Elisabeth Schuen: Unsere Mutter ist eine leidenschaftliche Sängerin und hat mit uns schon als kleine Kinder immer gesungen. Papa spielte in jeder freien Minute auf seiner Steirischen Harmonika. Wir haben dann bald von der Blockflöte auf die Violinen und Cello gewechselt und haben mit unserem Bruder und den Eltern von Volksmusik über klassische Musik bis hin zu Gospel viel zusammen gemacht. Die Liebe zur Musik ist uns sozusagen schon ein bisschen in die Wiege gelegt worden. Marlene war dann einige Jahre mit Hubert auf Tour, Maria und ich kamen später dazu. Wir hatten dort viel Zeit, unsere eigenen Songs auszuprobieren und das war dann der Anfang der Band Ganes.
Was bedeutet der Bandname?
Elisabeth Schuen: Die Ganes kommen in den ladinischen Dolomitensagen vor, die sich sozusagen direkt vor unserer Haustür abgespielt haben. Sie sind Wald- und Wasserfrauen, die mit der Natur in enger Verbindung stehen. Außerdem fließt der „Rü dla Gana“ direkt an unserem Elternhaus vorbei.
Seit der Bandgründung 2010 singt ihr überwiegend auf Ladinisch. Diese Minderheitensprache ist in Italien anerkannt und wird noch von etwa 30.000 Südtirolerinnen und Südtirolern gesprochen. Was macht das Ladinisch für euch so besonders?
Elisabeth Schuen: Wir sind mit dem Ladinischen aufgewachsen und haben erst in der Schule Italienisch und dann Deutsch gelernt. Wir sind es als Ladiner gewohnt, dass man uns außerhalb des Tals nicht versteht und wir uns deshalb immer anpassen müssen. Als Kind war das nicht immer leicht, dass man uns den Akzent in den anderen Sprachen angehört hat, aber je älter wir wurden, desto mehr haben wir verstanden, dass es eine große Bereicherung ist. Ladinisch ist eine weiche Sprache, die sich sehr gut zum Singen eignet, außerdem ist es eine sehr bildhafte Sprache, die viel mit Naturelementen arbeitet, um etwas zu beschreiben.
Für eine Bonusausgabe eures zweiten Albums „Mai Guai“ (2011) habt ihr mit dem Filmorchester Babelsberg zusammengearbeitet. Wie kam es dazu?
Elisabeth Schuen: Das war wirklich eine besondere Erfahrung, die wir schon in unseren Anfängen machen durften. Der Musikchef von Radio Eins Peter Radszuhn meinte zunächst zu unserem Manager, dass eine ladinische Band einfach zu exotisch sei für den Sender. Der wiederum hat uns darüber im Unwissen gelassen und ist mit uns einfach bei ihm in der Redaktion aufgekreuzt. Wir haben die Instrumente ausgepackt und gesungen und Peter hat uns danach angeboten ein Radiokonzert mit dem Babelsberger Filmorchester zu spielen. Das war eine unglaublich schöne Erfahrung, die wir auch auf CD festgehalten haben.
Ende 2017 verließ eure Cousine Maria Moling die Band, um sich eigenen Projekten zu widmen. Sie wurde durch Natalie Plöger ersetzt. Welche Bedeutung kommt ihr im Bandkontext zu?
Elisabeth Schuen: Wir sind sehr glücklich darüber, Natalie gefunden zu haben. Als Schwestern und Cousinen waren wir es gewohnt, viel zusammen zu singen und waren sehr eingespielt. Eine neue Gana zu finden war deshalb gar nicht so einfach, denn sie musste dazu ja auch noch auf Ladinisch singen. Mit Natalie haben wir da richtig Glück gehabt, denn ihre Stimme passt unglaublich gut zu unseren. Außerdem spielt sie Kontrabass und das ist für unsere momentane Besetzung mit Raffael Holzhauser an den Gitarren und unseren Violinen perfekt.
2021 erschien euer sechstes Album „Or Brüm“. Mit welchem Stellenwert würdet ihr das Album in eure bisherige Diskographie einordnen?
Elisabeth Schuen: „Or Brüm“ ist ganz dem blauen Gold gewidmet, dem Wasser. Nachdem wir uns von den Dolomitensagen haben inspirieren lassen, war das als Wasserfrauen ein Thema, wo wir Vieles hineinprojizieren konnten. Unser Name Ganes beruht auf Wasser. Wasser ist ein faszinierendes Element, in all seinen verschiedenen Formen, Veränderbarkeit und Poesie. Natürlich interessiert uns Wasser auch als Zukunftsthema. Wie gehen wir mit den Ressourcen um, wem gehören sie, können sie überhaupt jemandem gehören, wie gehen wir mit dem Planeten um? Es geht um eine kleine Schildkröte, mit Plastik in ihrem Magen, um die Odyssee und darum, dass wir Teil des Ganzen sind und wenn wir das wiedererkennen, uns beschützt fühlen können. „Or Brüm“ ist das erste Album, das wir in Eigenregie produziert und aufgenommen haben. Wir suchen immer neue Herausforderungen und lernen ständig dazu. Die Songs klingen sehr unterschiedlich, von poppig, atmosphärisch bis zum Jodler.
An diesem Album orientiert sich auch das aktuelle Live-Programm der Ganes. Was erwartet die BesucherInnen bei eurem Auftritt im Kulturboden in Hallstadt am 10. November?
Elisabeth Schuen: Nach der langen Pause und in diesen Zeiten ist Musik besonders wichtig. Wir haben den Eindruck, dass das Publikum unsere Konzerte sehr schätzt. Uns macht es viel Freude und wir hoffen, dass trotz der schwierigen Zeiten viele zu uns hinfinden.