Stu­die

Hält Wut von der Coro­na-Imp­fung ab?

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Wut
Universitätsstandort Feldkirchenstraße in Bamberg. Foto: Jürgen Schabel / Universität Bamberg
Ein sozi­al­wis­sen­schaft­li­ches For­schungs­team von For­sche­rin­nen und For­schern der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin, des Deut­schen Zen­trums für Inte­gra­ti­ons- und Migra­ti­ons­for­schung sowie der Uni­ver­si­tät Bam­berg zeigt, dass star­ke Emo­tio­nen zu Pola­ri­sie­rung füh­ren. Sie haben am Bei­spiel der Covid-19-Pan­de­mie ana­ly­siert, wie Wut unter­schied­li­che Arten von Pola­ri­sie­rung beeinflusst.

Bereits seit eini­gen Jah­ren beob­ach­ten Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler eine zuneh­men­de gesell­schaft­li­che und poli­ti­sche Pola­ri­sie­rung. Wel­chen Ein­fluss haben star­ke Gefüh­le, wie etwa Angst oder Wut, auf die Hal­tung zu gesell­schaft­lich rele­van­ten The­men und die Ein­stel­lung gegen­über als geg­ne­risch emp­fun­de­nen Grup­pen? Die­se Fra­ge hat sich ein For­schungs­team der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin, des Deut­schen Zen­trums für Inte­gra­ti­ons- und Migra­ti­ons­for­schung sowie der Uni­ver­si­tät Bam­berg gestellt. Die For­sche­rin­nen und For­scher haben ana­ly­siert, wie Wut unter­schied­li­che Arten von Pola­ri­sie­rung beein­flusst – und das am Bei­spiel der Covid-19-Pan­de­mie. Das zen­tra­le Ergeb­nis: „Die Erin­ne­rung an wütend machen­de Ereig­nis­se ver­stärkt bis­he­ri­ge Ein­stel­lun­gen – Men­schen hal­ten also noch mehr an ihrer Hal­tung fest“, erklärt Prof. Dr. Sabri­na May­er, Inha­be­rin des Lehr­stuhls für poli­ti­sche Sozio­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Bam­berg, die an dem Pro­jekt betei­ligt ist. „Gleich­zei­tig erhöht sich ihre Ableh­nung von Men­schen mit ande­ren Stand­punk­ten.“ Dar­aus ableit­bar ist laut der For­sche­rin auch: „Eine emo­tio­na­li­sier­te Bericht­erstat­tung und State­ments von Poli­ti­ke­rin­nen und Poli­ti­kern, die Wut nut­zen, um etwa die Impf­be­reit­schaft bei unge­impf­ten Men­schen zu erhö­hen, sind kontraproduktiv.“

Wut ver­stärkt Abnei­gung gegen Coro­na-Impf­man­dat bei frei­wil­lig Ungeimpften

Für die Stu­die, die im August im wis­sen­schaft­li­chen Jour­nal „Rese­arch & Poli­tics“ erschie­nen ist, nutz­ten die For­sche­rin­nen und For­scher ein Umfra­ge­ex­pe­ri­ment, bei dem sie 2.857 Per­so­nen zwi­schen 18 und 69 Jah­ren aus Deutsch­land befrag­ten. Die Umfra­ge wur­de im Sep­tem­ber 2021 durch­ge­führt, als das Zögern in Bezug auf Imp­fun­gen zu einem zuneh­men­den Pro­blem wur­de, die Befür­wor­tung einer Coro­na-Impf­pflicht in der Poli­tik aber noch gering war. In der Befra­gung ging es um Pola­ri­sie­rung in Bezug auf die Unter­stüt­zung einer Impf­pflicht und die Feind­se­lig­keit zwi­schen Per­so­nen, die den Covid-Sicher­heits­maß­nah­men zustimm­ten und den­je­ni­gen, die sie nicht befolg­ten. Bei der Aus­wer­tung unter­schie­den die For­schen­den dem­entspre­chend zwi­schen the­men­be­zo­ge­ner und grup­pen­be­zo­ge­ner Pola­ri­sie­rung. Wäh­rend die the­men­be­zo­ge­ne Pola­ri­sie­rung zuneh­mend unter­schied­li­che und extre­me poli­ti­sche Posi­tio­nen beschreibt, erfasst die per­so­nen­be­zo­ge­ne Pola­ri­sie­rung die wach­sen­de Feind­se­lig­keit gegen­über Mit­glie­dern ande­rer gesell­schaft­li­cher Gruppen.

„Wut kann die Pola­ri­sie­rung in Bezug auf ein bestimm­tes The­ma ver­stär­ken, da sie zu einer ver­min­der­ten kogni­ti­ven Ver­ar­bei­tung und einem stär­ke­ren Ver­trau­en in bereits bestehen­de Über­zeu­gun­gen führt“, erklärt Dr. Chris­toph Nguy­en, Poli­tik­wis­sen­schaft­ler an der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin, der Teil des For­schungs­teams ist. Im Ver­gleich zu neu­tra­len Bedin­gun­gen löst Wut im Rah­men der Stu­die bei bereits geimpf­ten Per­so­nen eine stär­ke­re Unter­stüt­zung einer Impf­pflicht aus, wohin­ge­gen frei­wil­lig unge­impf­te Per­so­nen eine ver­stärk­te Abnei­gung gegen ein Impf­man­dat zei­gen. Außer­dem führt Wut zu mehr Feind­se­lig­keit gegen­über Per­so­nen mit ande­rer Mei­nung zur Coro­na-Situa­ti­on. Die Ana­ly­se von geimpf­ten und unge­impf­ten Befrag­ten zeigt, dass der Anstieg der per­so­nen­be­zo­ge­nen Pola­ri­sie­rung haupt­säch­lich bei Unge­impf­ten auf­tritt. Bei geimpf­ten Per­so­nen ver­ur­sacht Ärger kei­nen wesent­li­chen Anstieg der Polarisierung.

„Die meis­ten gro­ßen Kri­sen sind mit emo­tio­nal auf­ge­la­de­nen Situa­tio­nen ver­bun­den“, erklärt Chris­toph Nguy­en. „Unse­re Stu­die zeigt, wel­che Rol­le Emo­tio­nen bei der Ver­stär­kung der Pola­ri­sie­rung im Zusam­men­hang mit sol­chen hoch­gra­dig sen­si­blen und emo­tio­nal gela­de­nen Kon­tex­ten spie­len.“ Ganz all­ge­mein ver­an­schau­lich­ten die Befun­de auch die Schwie­rig­kei­ten, mit denen poli­ti­sche Ent­schei­dungs­trä­ge­rin­nen und ‑trä­ger kon­fron­tiert sind, wenn sie mit stark umstrit­te­nen und emo­tio­nal auf­ge­la­de­nen The­men umge­hen. „Wäh­rend eine gestei­ger­te Wut hilf­reich sein kann, um bereits befür­wor­ten­de Bür­ge­rin­nen und Bür­ger zu mobi­li­sie­ren, trägt sie wenig dazu bei, skep­ti­sche Men­schen zu über­zeu­gen und bewirkt eine wach­sen­de Pola­ri­sie­rung in der Gesell­schaft“, sagt Sabri­na Mayer.

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