Die VdK Bayern hat letzte Woche (25. Juli) VertreterInnen der demokratischen Parteien des bayerischen Landtags zur Diskussionsrunde nach Nürnberg geladen. Vor mehr als 2.000 VdK-Mitgliedern lieferten sich die Anwesenden einen Schlagabtausch über soziale Themen – schlecht kam dabei vor allem die Staatsregierung weg.
„Wow“, entfuhr es Moderatorin Caro Matzko, als sie auf die Bühne der Meistersingerhalle in Nürnberg trat und das Publikum begrüßte. 2.200 VdK-Mitglieder waren, wie der Sozialverband mitteilte, aus ganz Bayern angereist, um eine Diskussionsrunde zwischen VertreterInnen der demokratischen Parteien des bayerischen Landtags mitzuverfolgen. Diese 2.200 spendeten dann auch großzügigen Applaus, als zuerst Verena Bentele, VdK-Präsidentin und ‑Landesvorsitzende, das Mikrofon übernahm.
Bentele zeigte sich angriffslustig: „So wenig der bayerische Löwe in den Streichelzoo gehört, so wenig ist der VdK Bayern für seine Samtpfötchen bekannt.“ Sie bedauerte, dass CSU-Ministerpräsident Markus Söder „sich ein Heimspiel in seinem Nürnberger Wahlkreis entgehen lässt.“ Mindestens schade sei das, denn die mehr als 2.000 Menschen im Saal stünden stellvertretend für 790.000 VdK-Mitglieder, also für etwa ebenso viele Wählerinnen und Wähler.
„Bayern muss man sich leisten können“, sagte Bentele weiter. Sie warf der Staatsregierung vor, das Land „reich und schön“ zu rechnen. Armut bleibe dabei wenig sichtbar. „Arme Menschen schämen sich, sie demonstrieren nicht, sie kleben sich nicht fest.“ Sie forderte von den Politikerinnen und Politikern, die sich zur Wahl stellen, konkrete Vorschläge, wie die soziale Talfahrt in Bayern gestoppt werden kann.
Redebeiträge von Scharf, Schulze, Hagen, von Brunn
CSU-Sozialministerin Ulrike Scharf, in Vertretung von Markus Söder, eröffnete daraufhin die Diskussionsrunde. Sie verwies auf die großen sozialpolitischen Anstrengungen der aktuellen Staatsregierung. „Der Sozialhaushalt ist der drittgrößte Posten im Gesamthaushalt“, sagte sie. Doch das soziale Netz könnte in Bayern besser genutzt werden, räumte sie gerade im Hinblick auf Altersarmut ein. Einige Forderungen des VdK begrüßte sie zudem ausdrücklich. Dazu gehören eine volle Angleichung der Mütterrente, eine bessere Anerkennung von Familienpflegezeiten und grundsätzlich eine bessere Absicherung für Kinder. Explizit versprach sie, ein bayerisches Gehörlosengeld einzuführen.
„Bayern kann sich keine weiteren fünf Jahren sozialpolitischen Stillstand leisten“, entgegnete darauf Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sozialpolitik müsse als „knallharte Wirtschaftspolitik“ verstanden werden, nicht als „nice to have“, wie es bisher der Fall gewesen sei. Die Förderung von Kindern und Jugendlichen gehöre in den Mittelpunkt. Als erste Maßnahme schlug sie ein kostenloses Mittagessen in den Schulen und eine Ausbildungsvergütung für Erzieherinnen und Erzieher vor. Die pflegepolitischen VdK-Forderungen will sie in Bayern mit einer eigenen „Landespflegegesellschaft“ für die häusliche Pflege unterstützen.
Dann sprach FDP-Fraktionsvorsitzender Martin Hagen. Er sieht in Bayern „noch keine soziale Talfahrt, aber große Herausforderungen“. Liberale Sozialpolitik definierte er „als Befähigung von Menschen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen“. Deshalb befürwortete er mehr Kinderbetreuung, um das ungenutzte berufliche Potenzial von Eltern in Bayern zu heben.
Dem stimmte SPD-Fraktionsvorsitzender Florian von Brunn zu. „Die Kita muss beitragsfrei sein.“ Grundsätzlich wolle seine Partei ein bezahlbares Bayern. Würde der Freistaat beispielsweise die Investitionskosten übernehmen, könnte ein Pflegeheimplatz 300 bis 400 Euro günstiger sein, rechnete er vor. Zudem unterstützt er die VdK-Forderung für ein Recht auf einen Tagespflegeplatz.
Ablehnung für Aiwanger
Hubert Aiwanger, stellvertretender Ministerpräsident und Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, forderte darauf Steuerentlastungen für untere Einkommen und die Abschaffung der Erbschaftssteuer. Ein Punkt, den Florian von Brunn allerdings als politischen Enkeltrick bezeichnete. Schließlich müsse das Geld auch reinkommen. Von Brunn plädierte für hohe Steuern für hohe Einkommen und Vermögen. Und Katharina Schulze fügte weitere Einkommensquellen an: die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs und die Einführung einer Kerosinsteuer.
Hubert Aiwanger versuchte es noch einmal und forderte, Pflege wohnortnäher zu organisieren und die Zuständigkeiten „runterzoomen“. Sein Vorschlag, zur Entlastung der häuslichen Pflege Rentnerinnen und Rentner zur Unterstützung heranzuziehen, stieß im Publikum allerdings auf große Ablehnung.
In Sachen Barrierefreiheit zeigten alle Vertreterinnen und Vertreter der Parteien jedoch große Einigkeit. „Ein barrierefreies Leben ist ein besseres Leben. Das muss in die DNS hinein“, sagte Katharina Schulze. Und Verena Bentele schloss mit den der Anspielung auf Markus Söders Weltraumambitionen: „Barrierefreiheit One ist wichtiger als Bavaria One.“