„Bar­rie­re­frei­heit One ist wich­ti­ger als Bava­ria One“

Poli­ti­scher Schlag­ab­tausch bei VdK-Dis­kus­si­ons­run­de in Nürnberg

2 Min. zu lesen
Diskussionsrunde
Von links: Florian von Brunn, Caro Matzko, Verena Bentele, Katharina Schulze, Hubert Aiwanger, Martin Hagen und Ulrike Scharf, Foto: Thomas Rosenthal
Die VdK Bay­ern hat letz­te Woche (25. Juli) Ver­tre­te­rIn­nen der demo­kra­ti­schen Par­tei­en des baye­ri­schen Land­tags zur Dis­kus­si­ons­run­de nach Nürn­berg gela­den. Vor mehr als 2.000 VdK-Mit­glie­dern lie­fer­ten sich die Anwe­sen­den einen Schlag­ab­tausch über sozia­le The­men – schlecht kam dabei vor allem die Staats­re­gie­rung weg.

„Wow“, ent­fuhr es Mode­ra­to­rin Caro Matz­ko, als sie auf die Büh­ne der Meis­ter­sin­ger­hal­le in Nürn­berg trat und das Publi­kum begrüß­te. 2.200 VdK-Mit­glie­der waren, wie der Sozi­al­ver­band mit­teil­te, aus ganz Bay­ern ange­reist, um eine Dis­kus­si­ons­run­de zwi­schen Ver­tre­te­rIn­nen der demo­kra­ti­schen Par­tei­en des baye­ri­schen Land­tags mit­zu­ver­fol­gen. Die­se 2.200 spen­de­ten dann auch groß­zü­gi­gen Applaus, als zuerst Vere­na Ben­te­le, VdK-Prä­si­den­tin und ‑Lan­des­vor­sit­zen­de, das Mikro­fon übernahm.

Ben­te­le zeig­te sich angriffs­lus­tig: „So wenig der baye­ri­sche Löwe in den Strei­chel­zoo gehört, so wenig ist der VdK Bay­ern für sei­ne Samt­pföt­chen bekannt.“ Sie bedau­er­te, dass CSU-Minis­ter­prä­si­dent Mar­kus Söder „sich ein Heim­spiel in sei­nem Nürn­ber­ger Wahl­kreis ent­ge­hen lässt.“ Min­des­tens scha­de sei das, denn die mehr als 2.000 Men­schen im Saal stün­den stell­ver­tre­tend für 790.000 VdK-Mit­glie­der, also für etwa eben­so vie­le Wäh­le­rin­nen und Wähler.

„Bay­ern muss man sich leis­ten kön­nen“, sag­te Ben­te­le wei­ter. Sie warf der Staats­re­gie­rung vor, das Land „reich und schön“ zu rech­nen. Armut blei­be dabei wenig sicht­bar. „Arme Men­schen schä­men sich, sie demons­trie­ren nicht, sie kle­ben sich nicht fest.“ Sie for­der­te von den Poli­ti­ke­rin­nen und Poli­ti­kern, die sich zur Wahl stel­len, kon­kre­te Vor­schlä­ge, wie die sozia­le Tal­fahrt in Bay­ern gestoppt wer­den kann.

Rede­bei­trä­ge von Scharf, Schul­ze, Hagen, von Brunn

CSU-Sozi­al­mi­nis­te­rin Ulri­ke Scharf, in Ver­tre­tung von Mar­kus Söder, eröff­ne­te dar­auf­hin die Dis­kus­si­ons­run­de. Sie ver­wies auf die gro­ßen sozi­al­po­li­ti­schen Anstren­gun­gen der aktu­el­len Staats­re­gie­rung. „Der Sozi­al­haus­halt ist der dritt­größ­te Pos­ten im Gesamt­haus­halt“, sag­te sie. Doch das sozia­le Netz könn­te in Bay­ern bes­ser genutzt wer­den, räum­te sie gera­de im Hin­blick auf Alters­ar­mut ein. Eini­ge For­de­run­gen des VdK begrüß­te sie zudem aus­drück­lich. Dazu gehö­ren eine vol­le Anglei­chung der Müt­ter­ren­te, eine bes­se­re Aner­ken­nung von Fami­li­en­pfle­ge­zei­ten und grund­sätz­lich eine bes­se­re Absi­che­rung für Kin­der. Expli­zit ver­sprach sie, ein baye­ri­sches Gehör­lo­sen­geld einzuführen.

„Bay­ern kann sich kei­ne wei­te­ren fünf Jah­ren sozi­al­po­li­ti­schen Still­stand leis­ten“, ent­geg­ne­te dar­auf Katha­ri­na Schul­ze, Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der Grü­nen. Sozi­al­po­li­tik müs­se als „knall­har­te Wirt­schafts­po­li­tik“ ver­stan­den wer­den, nicht als „nice to have“, wie es bis­her der Fall gewe­sen sei. Die För­de­rung von Kin­dern und Jugend­li­chen gehö­re in den Mit­tel­punkt. Als ers­te Maß­nah­me schlug sie ein kos­ten­lo­ses Mit­tag­essen in den Schu­len und eine Aus­bil­dungs­ver­gü­tung für Erzie­he­rin­nen und Erzie­her vor. Die pfle­ge­po­li­ti­schen VdK-For­de­run­gen will sie in Bay­ern mit einer eige­nen „Lan­des­pfle­ge­ge­sell­schaft“ für die häus­li­che Pfle­ge unterstützen.

Dann sprach FDP-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der Mar­tin Hagen. Er sieht in Bay­ern „noch kei­ne sozia­le Tal­fahrt, aber gro­ße Her­aus­for­de­run­gen“. Libe­ra­le Sozi­al­po­li­tik defi­nier­te er „als Befä­hi­gung von Men­schen, ihr Leben selbst in die Hand zu neh­men“. Des­halb befür­wor­te­te er mehr Kin­der­be­treu­ung, um das unge­nutz­te beruf­li­che Poten­zi­al von Eltern in Bay­ern zu heben.

Dem stimm­te SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der Flo­ri­an von Brunn zu. „Die Kita muss bei­trags­frei sein.“ Grund­sätz­lich wol­le sei­ne Par­tei ein bezahl­ba­res Bay­ern. Wür­de der Frei­staat bei­spiels­wei­se die Inves­ti­ti­ons­kos­ten über­neh­men, könn­te ein Pfle­ge­heim­platz 300 bis 400 Euro güns­ti­ger sein, rech­ne­te er vor. Zudem unter­stützt er die VdK-For­de­rung für ein Recht auf einen Tagespflegeplatz.

Ableh­nung für Aiwanger

Hubert Aiwan­ger, stell­ver­tre­ten­der Minis­ter­prä­si­dent und Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der Frei­en Wäh­ler, for­der­te dar­auf Steu­er­ent­las­tun­gen für unte­re Ein­kom­men und die Abschaf­fung der Erb­schafts­steu­er. Ein Punkt, den Flo­ri­an von Brunn aller­dings als poli­ti­schen Enkel­trick bezeich­ne­te. Schließ­lich müs­se das Geld auch rein­kom­men. Von Brunn plä­dier­te für hohe Steu­ern für hohe Ein­kom­men und Ver­mö­gen. Und Katha­ri­na Schul­ze füg­te wei­te­re Ein­kom­mens­quel­len an: die Abschaf­fung des Dienst­wa­gen­pri­vi­legs und die Ein­füh­rung einer Kerosinsteuer.

Hubert Aiwan­ger ver­such­te es noch ein­mal und for­der­te, Pfle­ge wohn­ort­nä­her zu orga­ni­sie­ren und die Zustän­dig­kei­ten „run­ter­zoo­men“. Sein Vor­schlag, zur Ent­las­tung der häus­li­chen Pfle­ge Rent­ne­rin­nen und Rent­ner zur Unter­stüt­zung her­an­zu­zie­hen, stieß im Publi­kum aller­dings auf gro­ße Ablehnung.

In Sachen Bar­rie­re­frei­heit zeig­ten alle Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter der Par­tei­en jedoch gro­ße Einig­keit. „Ein bar­rie­re­frei­es Leben ist ein bes­se­res Leben. Das muss in die DNS hin­ein“, sag­te Katha­ri­na Schul­ze. Und Vere­na Ben­te­le schloss mit den der Anspie­lung auf Mar­kus Söders Welt­raum­am­bi­tio­nen: „Bar­rie­re­frei­heit One ist wich­ti­ger als Bava­ria One.“

Weiterer Artikel

Uni­ver­si­tät Bamberg

Bau­be­ginn für neu­es Universitätssportzentrum

Nächster Artikel

Stadt­echo-Fra­ge­bo­gen

Das Stadt­echo fragt: Petra Schil­ler antwortet