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Bamberger Symphoniker

Fres­he Dich­tung und gro­ße Musik

„Slam Sym­pho­ny“ fei­ert zehn­jäh­ri­ges Bestehen

In die­sem Jahr fin­det zum zehn­ten Mal die „Slam Sym­pho­ny“ statt – ein jähr­li­ches Kon­zert der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker in Ver­bin­dung mit einem Poet­ry-Slam-Wett­be­werb. Für Freun­de moder­ner Dicht­kunst und Musik­lieb­ha­ber glei­cher­ma­ßen ein Event, das hohen Kult­sta­tus genießt.

Bald kommt er wie­der, der Novem­ber mit sei­nen kal­ten und grau­en Tagen, an denen sich der Nebel mor­gens und abends über die Stra­ßen und Gas­sen legt wie ein fei­ner Vor­hang und jeder Blick aus dem Fens­ter einer Tris­tesse gleicht. Anders in der Kon­zert­hal­le: Dort hat gera­de jetzt im Herbst die Hoch­spiel­zeit der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker mit einem prall gefüll­ten Kon­zert­pro­gramm begon­nen, in dem am 14. Novem­ber auch die „Slam Sym­pho­ny“ wie­der eine fes­te Grö­ße ist.

Die Slam Sym­pho­ny ist ein Kon­zert­for­mat, das mit sei­nem Mix aus Poet­ry-Slam-Dar­bie­tun­gen und Orches­ter­mu­sik zu einem bestimm­ten The­ma beson­ders jun­ge Leu­te anspricht. Mode­ra­tor Chris­ti­an Rit­ter, selbst Slam-Poet und Autor, führ­te schon zu den Anfän­gen des Kult­kon­zerts durch das abwechs­lungs­rei­che Pro­gramm und ist auch in die­sem Jahr wie­der mit dabei. „Die Idee zur Koope­ra­ti­on stamm­te ursprüng­lich vom Inten­dan­ten Mar­cus Rudolf Axt. Er frag­te mich, ob wir nicht was zusam­men hin­krie­gen könn­ten. Wir haben uns dann getrof­fen, das Kon­zept hat sich aus­ge­formt und es funk­tio­niert immer noch genau gleich wie bei der ers­ten Aus­ga­be. Ziem­lich erfolg­reich“, sagt Ritter.

Pre­mie­re im Jahr 2014

Die Slam Sym­pho­ny hat seit ihrer Pre­mie­re im Jahr 2014 ste­tig an Beliebt­heit zuge­legt. Im letz­ten Jahr war der Joseph-Keil­berth-Saal nahe­zu bis auf den letz­ten Platz besetzt, auch in die­sem Jahr wer­den wie­der vie­le Besu­che­rin­nen und Besu­cher erwar­tet. Kein Wun­der bei den Grö­ßen der Poet­ry-Slam-Sze­ne, die sich zum Jubi­lä­um ange­kün­digt haben. The­re­sa Sper­ling, die amtie­ren­de deutsch­spra­chi­ge Meis­te­rin im Poet­ry-Slam, wird da sein wie auch Samu­el Rich­ner, Schwei­zer­meis­ter von 2022, und Yan­nik Noah Ambrusits, der Gewin­ner des Bam­ber­ger Wett­be­werbs Slam Sym­pho­ny im letz­ten Jahr. Ihn haben wir zu sei­nem Auf­tritt auch inter­viewt – sie­he unten.

Das Orches­ter diri­giert an die­sem Abend Tai­chi Fuku­mura, der beim Diri­gen­ten­wett­be­werb der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker, der Mahler Com­pe­ti­ti­on, 2023 den zwei­ten Platz beleg­te. „Für das Publi­kum beson­ders macht die Slam Sym­pho­ny, dass im Grun­de genom­men zwei getrenn­te Dar­bie­tun­gen zu sehen sind, die sich in einer Ver­an­stal­tung umar­men. Bei einer der bei­den darf auch zwi­schen­ap­plau­diert wer­den, bei der ande­ren wür­de man dafür vom Diri­gent gemaß­re­gelt. Kam übri­gens schon vor“, sagt Rit­ter und lacht.

Musik von Edvard Grieg

Zu ihren Tex­ten, an denen die Wort­akro­ba­tin­nen und ‑akro­ba­ten für den Wett­be­werb im Poet­ry-Slam der­zeit noch fei­len, gibt das Orches­ter beim Jubi­lä­ums­e­vent Musik des nor­di­schen Kom­po­nis­ten Edvard Grieg zum Bes­ten. Grieg, der das Land und die Fjor­de lieb­te, hat mit „Peer Gynt“ ein dra­ma­ti­sches Gedicht von Hen­rik Ibsen in Musik ver­wan­delt, in dem es in Anleh­nung an nor­we­gi­sche Volks- und Feen­mär­chen um einen Träu­mer geht, der sich ger­ne ziel­los trei­ben lässt und durchs Leben mogelt. Er gilt als „Faust des Nor­dens“: Ruhm und Reich­tum, Frau­en und dubio­se Geschäf­te sind das, was ihn umtreibt. Ob im Reich der Trol­le, in Marok­ko oder Ägypten.

Erst die Lie­be einer nor­we­gi­schen Frau kann ihn ret­ten. So beschrei­ben die Bil­der, die Edvard Grieg durch sei­ne 26-teil­i­ge Schau­spiel­mu­sik in der Suite 1 und Suite 2 für die Urauf­füh­rung des Büh­nen­stücks 1876 in Oslo erzeug­te, einen wild-roman­ti­schen wie gleich­zei­tig fan­tas­ti­schen Weg des Prot­ago­nis­ten und Fan­tas­ten Peer Gynt.

Zwi­schen den Text­dar­bie­tun­gen der Poet­ry-Slam­me­rin­nen und ‑slam­mer hören die Besu­cher bei der Slam Sym­pho­ny kur­ze Aus­schnit­te aus den Sui­ten. In einer Applaus-Abstim­mung des Publi­kums ent­schei­det sich, wer den Wett­be­werb gewinnt. Mit­klat­schen soll dabei natür­lich jeder, auch wer kein Poet­ry-Slam-Exper­te ist.

„Wir haben dies­mal die der­zei­ti­ge deut­sche Meis­te­rin auf der Büh­ne“, sagt Mode­ra­tor Rit­ter. „Die bei­den ande­ren stan­den auch im Fina­le der deutsch­spra­chi­gen Meis­ter­schaf­ten, da dürf­te es sowie­so schwie­rig wer­den, sich zu ent­schei­den. Aber das ist ja der gro­ße Spaß beim Poet­ry-Slam: Es ist ein For­mat, bei dem abso­lut kei­ne Exper­ti­se sei­tens des Publi­kums erfor­der­lich ist. Gute Tex­te errei­chen alle. Beim Abstim­mungs­ap­plaus kann es dann auch mal dar­an lie­gen, in wel­che Rich­tung ich mei­nen Kopf gera­de dre­he und ein biss­chen ein lau­te­res Krei­schen von links höre, bevor ich ent­schei­de, wer den lau­tes­ten Applaus hat­te, und schon hat jemand anders gewon­nen.“ Wer gewinnt sei dabei gar nicht so wich­tig. „Was zählt, ist der Moment des Auf­tritts, das Publi­kum zu errei­chen. The points are not the point, the point is poetry.“

Poet­ry-Slam- und Konzertabend

Im Anschluss an den Wett­be­werb spie­len die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker das gan­ze Kon­zert in vol­ler Län­ge. Die Stü­cke „Mor­gen­stim­mung“, „Ani­t­ras Tanz“ oder „In der Hal­le des Berg­kö­nigs“ aus Suite 1 von Edvard Griegs „Peer Gynt“ dürf­ten dem Publi­kum beson­ders bekannt vor­kom­men. Sie wer­den bis heu­te auch fern­ab der Kon­zert­büh­ne immer wie­der neu inter­pre­tiert. Die Stü­cke aus Suite 2 sind zwar weni­ger bekannt, aber kei­nes­wegs weni­ger inter­es­sant. Zeit also, um sich im Kon­zert­saal ent­spannt zurück zu leh­nen. „Wenn der Poet­ry-Slam ent­schie­den ist und die Sym­pho­nie los­geht, ist es purer Genuss, direkt nach geta­ner Arbeit die­ser gro­ßen Kunst zu fol­gen. Aber all­zu bequem soll­te man es sich nicht machen. Ein über­ra­schen­der Ein­satz der Pau­ke könn­te einen dann zu sehr ver­un­si­chern“, so Ritter.

Dem­nach erwar­tet das Publi­kum ein ful­mi­nan­ter Poet­ry-Slam- und Kon­zert­abend, den es in die­sem For­mat bis­lang ein­zig­ar­tig nur hier in der Stadt gibt. Wer die Slam­me­rin­nen und Slam­mer des Abends per­sön­lich tref­fen möch­te, kann sich bei einem klei­nen „Meet & Greet“ dar­über hin­aus völ­lig unge­zwun­gen mit den Künst­lern unter­hal­ten und austauschen.

Den Novem­ber weni­ger trist sein las­sen, statt­des­sen in der Kon­zert­hal­le vor­bei­kom­men und zuhö­ren. Auch Mode­ra­tor Rit­ter geht die Jubi­lä­ums­ver­an­stal­tung ent­spannt an. Von sei­nem eige­nen Kon­zept ver­rät er noch nicht viel: „Ich habe mir einen neu­en Anzug zuge­legt und im Ita­li­en­ur­laub „Peer Gynt“ gele­sen. Die span­nends­te Fra­ge ist für mich immer, ob ich mal einen grö­ße­ren Applaus bekom­me als der Diri­gent. Wobei ich die Span­nung da schon raus­neh­men kann: Das ist in die­ser Dimen­si­on unse­rer Exis­tenz nicht vorgesehen.“

Slam Symphony
Yan­nik Noah Ambrusits bei der Slam Sym­pho­ny 2023, Foto: Mari­an Lenhard
Yan­nik Noah Ambrusits im Inter­view zur „Slam Symphony“
Yan­nik, du hast im letz­ten Jahr die „Slam Sym­pho­ny“ gewon­nen. Wie über­ra­schend war das für dich?

Yan­nik Noah Ambrusits (lacht): Es war schon über­ra­schend. Ich hat­te mir eigent­lich nicht vor­ge­nom­men, dass ich unbe­dingt gewin­nen will. Wenn man einen Text zum ers­ten Mal auf der Büh­ne liest, ist es schwie­rig ein­zu­schät­zen, wie das Publi­kum dar­auf reagie­ren wird. Dass der Text dann so gut ankam, hat mich natür­lich sehr gefreut.

Für das Publi­kum war es mit sei­nem Applaus sogar mehr als ein­deu­tig, dass du der Gewin­ner des Abends bist.

Yan­nik Noah Ambrusits: Da das Voting über eine Applaus­ab­stim­mung läuft, gewinnt, wer den stärks­ten Applaus bekommt, und das war ich an die­sem Abend. Mein Vor­teil war, dass ich auch lus­ti­ge Stel­len in mei­nen Text ein­ge­baut habe, die gut ange­kom­men sind. In dem For­mat hat man nur sechs Minu­ten Zeit, um alles unter­zu­brin­gen, was einem ein­fällt und da sind ein paar wit­zi­ge Stel­len ganz gut. Vor allem, weil die ande­ren Tex­te alle eher ernst­haft waren und ich mich so ein biss­chen abgren­zen konnte.

Dein Slam hieß „Kopf, Bauch, Kör­per“ und kann inzwi­schen auch über dei­ne Inter­net­sei­te gestreamt wer­den. Weißt du schon, mit wel­chem Bei­trag du in die­sem Jahr antre­ten wirst?

Yan­nik Noah Ambrusits: Wie der Text genau wer­den wird, kann ich noch nicht sagen. In die­sem Jahr ist es etwas schwie­ri­ger. Ich habe die neue Sym­pho­nie, um die es geht, aber schon ange­hört und lese mich gera­de ein. Zum einen bie­tet hier die Geschich­te mit Peer Gynt etwas, über die man schrei­ben könn­te, zum ande­ren ist die Musik von Edvard Grieg auch wahn­sin­nig melo­disch und gut geeig­net für poe­ti­sche Tex­te. Da gibt es vie­le Ideen, die einem ein­fal­len. Die rich­tig guten Gedan­ken für einen Text kom­men mir aber meist erst kurz­fris­tig. Span­nend wird es, wenn ich dann die rich­ti­gen Tage erwi­sche, an denen ich mich voll kon­zen­trie­ren und auch aktiv pro­bie­ren kann.

Was gefällt dir an dem Kon­zert­for­mat „Slam Sym­pho­ny“ besonders?

Yan­nik Noah Ambrusits: Ich fin­de es sehr beson­ders, dass der Poet­ry-Slam auf die Musik bezo­gen ist. Ab und zu gibt es Slam-Ver­an­stal­tun­gen bei­spiels­wei­se zu Jazz-Musik. Mit einem gan­zen Orches­ter auf der Büh­ne zu ste­hen wie bei der Slam Sym­pho­ny, ist aber schon ein ande­res Level, außer­ge­wöhn­lich und sehr beein­dru­ckend. Beim ers­ten Mal hat­te ich gro­ßen Respekt vor dem For­mat. Dann habe ich gemerkt, dass es so zusam­men mit dem Orches­ter eigent­lich ganz gut passt und hof­fe, dass ich in die­sem Jahr nicht mehr ganz so auf­ge­regt sein wer­de (lacht).

Wie stark schätzt du dei­ne Kon­kur­renz bei der kom­men­den Slam Sym­pho­ny ein?

Yan­nik Noah Ambrusits: In die­sem Jahr könn­te es tat­säch­lich ein biss­chen schwie­ri­ger wer­den, da The­re­sa Sper­ling teil­nimmt, die die amtie­ren­de deutsch­spra­chi­ge Meis­te­rin im Poet­ry-Slam und auch wirk­lich gera­de die bes­te Slam­me­rin ist. Bei Samu­el Rich­ner ist es so, dass auch er schon Prei­se gewon­nen hat und sein Stil sehr ähn­lich ist zu mei­nem. Von daher wird es nicht ganz ein­fach wer­den, sich abzu­he­ben. Aber, das Gewin­nen ist mir nicht so wich­tig, son­dern viel­mehr einen span­nen­den und inter­es­san­ten Text ein­zu­brin­gen. Dar­an arbei­te ich noch.

Wie schaffst du es, dein The­ma in nur sechs Minu­ten Zeit zu packen?

Yan­nik Noah Ambrusits: Mitt­ler­wei­le kann ich ganz gut ein­schät­zen, wel­che Tex­te dem Publi­kum gefal­len und wie die Mischung aus gereim­ten und lus­ti­gen Pas­sa­gen sein muss. Poet­ry-Slam erzählt kei­ne aus­führ­li­che Geschich­te wie Pro­sa und in sechs Minu­ten ist man auch gezwun­gen, auf den Punkt zu kom­men. Das ist das Schö­ne daran.

Wor­an erkennt man dei­ne Poet­ry-Slam Stücke?

Yan­nik Noah Ambrusits: Ich bin ein Freund von Per­for­mance und Rol­len und schlüp­fe ger­ne in eine ande­re Figur. In mei­nen Poet­ry-Slam-Tex­ten ver­su­che ich, unter­schied­li­che Per­spek­ti­ven dar­zu­stel­len und berei­te ger­ne einen Mix aus einem unter­halt­sa­men und lus­ti­gen Stück vor, meis­tens mit einem ernst­haf­ten The­ma, das mir am Her­zen liegt.

Was möch­test du ger­ne mal ausprobieren?

Yan­nik Noah Ambrusits: Ich bin gera­de stark dar­an inter­es­siert, auch ein­mal län­ge­re Slots zu haben, etwa so lese­büh­nen­mä­ßig. Sprich, ein län­ge­res The­ma aus meh­re­ren Per­spek­ti­ven zu beleuch­ten. Auf län­ge­re Sicht wür­de es mich zudem auch rei­zen, Roma­ne zu schrei­ben, um mehr Zeit und Raum für ein The­ma zu haben.

Wel­cher Moment war im letz­ten Jahr der bes­te für dich?

Yan­nik Noah Ambrusits: Ich fand es total cool, nach dem Wett­be­werb die Sym­pho­nie anzu­hö­ren, von der man vor­her zwi­schen den Text­bei­trä­gen ja nur Aus­schnit­te mit­be­kom­men hat. Im Anschluss dann die gan­ze Sym­pho­nie durch­zu­hö­ren, war eine rich­tig inter­es­san­te Erfah­rung. Die­se Hör­erfah­rung hat mich unglaub­lich berei­chert und ich habe mich sehr geehrt gefühlt, dass ich Teil die­ser wirk­lich beein­dru­cken­den Ver­an­stal­tung war.

Kom­men sich Slam­mer und Musi­ker beim Pro­ben hin­ter der Büh­ne eigent­lich in die Quere?

Yan­nik Noah Ambrusits: Kaum, man hat einen eige­nen Gang und eige­ne Räu­me zum Üben. Es ist ja etwas slam­ty­pisch, vor dem Auf­tritt hin­ter der Büh­ne auf dem Gang zu ste­hen oder auf und ab zu gehen, um sei­ne Tex­te und Ges­ti­ken noch­mal zu üben. Mög­li­cher­wei­se haben sich die Musi­ker da im letz­ten Jahr dar­über gewun­dert. Und viel­leicht auch über das damit ein­her­ge­hen­de etwas selt­sa­me Ver­hal­ten (lacht).

Wie wird es im Poet­ry-Slam wei­ter­ge­hen? Gibt es Trends?

Yan­nik Noah Ambrusits: Es ist häu­fi­ger gewor­den, auch poli­ti­sche Tex­te zu machen, die rela­tiv direkt sind und nicht gereimt, son­dern mehr 1:1, das heißt, dass sich der Slam-Text haupt­säch­lich um den Inhalt und die Bot­schaft dreht, um die es am Ende geht. Dabei wird weni­ger mit Spra­che gespielt, auch Form- und Wort­spie­le kom­men nicht mehr so häu­fig vor wie noch vor zehn Jah­ren. Der Inhalt steht mehr und mehr im Vor­der­grund und am Ende eben die­se eine Mes­sa­ge. Das fin­de ich einer­seits scha­de, ande­rer­seits mache ich mir da aber kei­ne Sor­gen, da man bei dem For­mat ja machen kann, was man will. Poet­ry-Slam ist und bleibt eine ganz wun­der­ba­re, gro­ße Ausprobierbühne.

Auf­trit­te im Juli

Sai­son­fi­na­le der Bam­ber­ger Symphoniker

Die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker been­den die aktu­el­le Spiel­zeit mit einer Hand­voll Son­der­kon­zer­ten. So ste­hen Auf­trit­te im Hain, ein Gast­spiel in Öster­reich und das Sai­son­fi­na­le in der hei­mi­schen Kon­zert­hal­le auf dem Programm.

Wie die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker mit­tei­len, ste­hen zum Abschluss ihrer Spiel­zeit eini­ge Son­der­kon­zert auf ihrem Pro­gramm. Am 7. Juli will das Orches­ter zwi­schen 11 und 17 Uhr ein erfolg­rei­ches kam­mer­mu­si­ka­li­sches For­mat aus dem Jahr 2020 wie­der­ho­len. Mit Kon­zer­ten im Hain neh­men sie die „Musi­ka­li­schen Spa­zier­gän­ge“ wie­der auf. Kur­ze Auf­trit­te von ins­ge­samt sie­ben Ensem­bles der Sym­pho­ni­ker wer­den an aus­ge­wähl­ten Spiel­stät­ten im Hain statt­fin­den. Vom Duo Flö­te und Vio­la über ein Horn­quar­tett bis zu einem Salon­or­ches­ter sind die unter­schied­lichs­ten Beset­zun­gen ver­tre­ten. Zu hören gibt es dabei unter ande­rem Haydn, Mozart und Tangomusik.

Am 11. Juli wird Ehren­di­ri­gen­ten Her­bert Blom­stedt 97 Jah­re alt. Zu die­sem Anlass erfül­len ihm die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker einen Geburts­tags­wunsch und füh­ren mit ihm die Sym­pho­nie Nr. 9 von Anton Bruck­ner in der Stifts­kir­che St. Flo­ri­an bei Linz in Öster­reich auf. Es ist der Ort, an dem Bruck­ner erst als Sän­ger­kna­be und spä­ter als Stif­t­or­ga­nist wirk­te und wo er nun unter Orgel in der Basi­li­ka begra­ben ist. Außer­dem spielt das Orches­ter am 13. Juli im Bam­ber­ger Dom zum 1000. Todes­tag Kai­ser Heinrichs.

Das letz­te Kon­zert der Sai­son fin­det am 31. Juli um 20 Uhr statt. Getreu dem Mot­to „Die Tour beginnt in Bam­berg“ spie­len die Sym­pho­ni­ker unter Chef­di­ri­gent Jakub Hrůša in der Kon­zert­hal­le Anton Bruck­ners Sym­pho­ni­sches Prä­lu­di­um c‑Moll und Hans Rotts Sym­pho­nie Nr. 1 E‑Dur. Gemein­sam mit Altis­tin Catrio­na Mori­son füh­ren sie zudem Gus­tav Mahlers „Lie­der eines fah­ren­den Gesel­len“ auf.

Bis 2029

Jakub Hrůša bleibt Chef­di­ri­gent der Bam­ber­ger Symphoniker

Die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker haben ihren Ver­trag mit Jakub Hrůša ver­län­gert. Um wei­te­re drei Jah­re bleibt er der Chef­di­ri­gent des Orchesters.

Der Chef­di­ri­gent der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker Jakub Hrůša hat letz­te Woche (8. Dezem­ber) in Mün­chen einen Ver­trag für drei wei­te­re Spiel­zei­ten, bis 2029, unter­schrie­ben. Das teil­te das Staats­mi­nis­te­ri­um für Wis­sen­schaft und Kunst mit.

Der in Tsche­chi­en gebo­re­ne Jakub Hrůša ist seit 2016 Chef­di­ri­gent der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker und der ins­ge­samt fünf­te Chef­di­ri­gent des 1946 gegrün­de­ten Orches­ters. Hrůša ist eben­falls stell­ver­tre­ten­der Musik­di­rek­tor des Roy­al Ope­ra House, Ers­ter Gast­di­ri­gent der Tsche­chi­schen Phil­har­mo­nie sowie des Orches­tra dell’Accademia Nazio­na­le di San­ta Ceci­lia. In den letz­ten Jah­ren wur­de sei­ne Arbeit als Chef­di­ri­gent viel­fach gewür­digt. Erst am 16. Novem­ber erhielt er den Kul­tur­preis Bay­ern für sei­ne Ver­diens­te um die Bam­ber­ger Symphoniker.

Bei der Vertragsverlängerung

Jakub Hrůša freu­te sich bei der Ver­trags­ver­län­ge­rung. „Das wun­der­vol­le Mit­ein­an­der der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker, der Musi­ker, des Manage­ments, der gesam­ten Insti­tu­ti­on und ihres Publi­kums ist für mich zu einem herz­li­chen und har­mo­ni­schen Zuhau­se gewor­den; aber eben­so zu einem wahr­lich mit­rei­ßen­den Aben­teu­er, bei dem ich neue Wege in der Pro­gramm­ge­stal­tung, bei neu­ar­ti­gen Auf­nah­me­pro­jek­ten, bei der Reprä­sen­ta­ti­on unse­rer Kul­tur im inter­na­tio­na­len Umfeld und beim Auf­bau einer Gemein­schaft suche und fin­de. Wir haben so vie­le groß­ar­ti­ge gemein­sa­me Plä­ne, dass meh­re­re Leben nicht aus­rei­chen wür­den, um sie in die Tat umzu­set­zen. Aus die­sem und noch vie­len wei­te­ren Grün­den füh­le ich mich glück­lich, dass wir den Weg gewählt haben, wei­ter­hin ein so wun­der­ba­res Team zu sein, und dass ich mei­ne Amts­zeit in Bam­berg um drei wei­te­re Jah­re ver­län­gern wer­de. Ich kann es nicht erwar­ten, mei­ne inni­ge Bezie­hung zu mei­nem Orches­ter wei­ter zu vertiefen.“

Und Inten­dant Mar­cus Rudolf Axt ergänz­te: „Nach mehr als sie­ben Jah­ren unse­rer Zusam­men­ar­beit mit Jakub Hrůša fühlt es sich fast natür­lich an, die­se Erfolgs­ge­schich­te fort­zu­schrei­ben. Und doch ist es ein gro­ßes Pri­vi­leg, dass sich zwi­schen ihm und unse­rem Orches­ter eine der­art enge und tief­grün­di­ge künst­le­ri­sche Ver­bin­dung ent­wi­ckelt hat, die bei­de Part­ner, den Chef­di­ri­gen­ten und sein Orches­ter, zu immer neu­en Erfol­gen und Aus­zeich­nun­gen führt.“

Pro­jekt „Streu­obst hat hier Tradition“

Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker über­neh­men Pfle­ge der Obst­bäu­me am Michaelsberg

Um ihre Umwelt­bi­lanz ein wenig zu ver­bes­sern, haben die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker am Micha­els­berg einen Apfel­baum gepflanzt und wol­len vor allem für drei Jah­re die Kos­ten der Pfle­ge von wei­te­ren 100 Bäu­men unter­halb des Klos­ters übernehmen.

„Wir möch­ten die CO2-Emis­sio­nen, die unser Orches­ter durch Rei­sen ver­ur­sacht, auch selbst kom­pen­sie­ren und unter­stüt­zen des­halb die­ses Umwelt­pro­jekt“, sag­te Mar­cus Rudolf Axt am Mitt­woch (7. Novem­ber). Am Michels­berg half der Inten­dant der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker, wie das Rat­haus mit­teil­te, einen Apfel­baum unter­halb des Klos­ters zu pflan­zen. Einen „Roten Bos­ko­ops“ genau gesagt. Ober­bür­ger­meis­ter Andre­as Star­ke nann­te das „eine her­vor­ra­gen­de Idee, denn sie för­dert den his­to­ri­schen Obst- und Wein­an­bau am Micha­els­berg, den wir zur Lan­des­gar­ten­schau im Jahr 2012 erfolg­reich reak­ti­viert haben.“

Die Sym­pho­ni­ker garan­tie­ren zudem, so die Mit­tei­lung wei­ter, für zunächst drei Jah­re die Kos­ten der Pfle­ge, heißt Bewäs­se­rung, Schnitt und Ern­te der rund 100 Bäu­me in den Ter­ras­sen­gär­ten am Micha­els­berg zu über­neh­men. Axt beton­te: „Mit der Pfle­ge die­ser Streu­obst­wie­sen kön­nen wir auch für unser Publi­kum hier vor Ort ein Zei­chen für Nach­hal­tig­keit und Kli­ma­schutz set­zen.“ Das Pro­jekt wird auch von Land­rat und Stif­tungs­rat Johann Kalb sowie von den Musi­kern Mar­kus May­ers und Chris­toph Mül­ler als Ver­tre­ter des Orches­ter-Vor­stands unterstützt.

Das Bekennt­nis der Sym­pho­ni­ker zu dem Pro­jekt ist für Micha­el Kar­mann, Vor­sit­zen­der des Land­schafts­pfle­ge­ver­ban­des Land­kreis Bam­berg, „wie Musik in sei­nen Ohren“. „Sie hel­fen der Bür­ger­spi­tal­stif­tung bei einer sehr wich­ti­gen Auf­ga­be, denn Streu­obst­wie­sen ver­fü­gen über einen enor­men Arten­reich­tum und bie­ten Lebens­raum für vie­le ver­schie­de­ne Tie­re und Pflan­zen.“
Den Anstoß für die Koope­ra­ti­on von Bür­ger­spi­tal­stif­tung und Sym­pho­ni­kern hat­te der Land­schafts­pfle­ge­ver­band im Rah­men sei­nes vom Baye­ri­schen Streu­obst­pakt geför­der­ten Pro­jekts „Streu­obst hat hier Tra­di­ti­on“ gege­ben. Durch die­se Pakt sol­len die Bür­ger­spi­tal­stif­tung, die Vil­la-Rem­eis-Stif­tung und die Sankt-Getreu-Stif­tung in die Lage ver­setzt wer­den, in die­sem Jahr an drei Stand­or­ten im Bam­ber­ger Stadt­ge­biet ins­ge­samt 95 wei­te­re neue Bäu­me zu pflan­zen. „Die Neu­pflan­zun­gen sind wich­tig, um die wert­vol­len Streu­obst­wie­sen lang­fris­tig zu erhal­ten. Dass sich die Bäu­me gut ent­wi­ckeln und lan­ge leben, dafür sor­gen nun am Micha­els­berg vor­erst die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker“, sag­te Karmann.

Bam­ber­ger Symphoniker

The Mahler Com­pe­ti­ti­on: Welt­weit bekann­te Castingshow

Ken­ne­rIn­nen klas­si­scher Musik schau­en in die­sen Tagen vol­ler Vor­freu­de nach Bam­berg. Denn zwi­schen 7. und 15. Juli tra­gen die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker zum sieb­ten Mal den welt­weit best­do­tier­ten Diri­gier-Wett­be­werb „The Mahler Com­pe­ti­ti­on“ aus. Wir haben den Modus und die Bedeu­tung des Wett­be­werbs näher betrach­tet und mit Inten­dant Mar­cus Rudolf Axt über das dies­jäh­ri­ge Reper­toire und sei­nen Anspruch gesprochen.

Der Diri­gier-Wett­be­werb „The Mahler Com­pe­ti­ti­on“ dient der För­de­rung jun­ger Diri­gen­tIn­nen mit Schwer­punkt auf den Wer­ken von Gus­tav Mahler und inter­na­tio­na­ler zeit­ge­nös­si­scher Musik. Er wur­de 2004 erst­mals zu Ehren des Kom­po­nis­ten und Diri­gen­ten Gus­tav Mahler von den Bam­ber­ger Sym­pho­ni­kern und ihrem dama­li­gen Chef­di­ri­gen­ten Jona­than Nott ver­an­stal­tet und fin­det seit­her alle drei Jah­re statt. Gus­tav Mahlers Enke­lin Mari­na Mahler ist die Schirm­her­rin und Ehren­mit­glied der Jury.

Auf dem Pro­gramm ste­hen Kom­po­si­tio­nen von Gus­tav Mahler, in die­sem Jahr etwa die „Sym­pho­nie Nr. 7“, sowie ande­re klas­si­sche Wer­ke wie Joseph Haydns „Sym­pho­nie Nr. 92“, „Sie­ben frü­he Lie­der“ von Alban Berg oder das „Kon­zert für Vio­li­ne und Orches­ter in D“ von Igor Stra­win­ski. Auch eine zeit­ge­nös­si­sche Neu­heit soll heu­er im Wett­be­werbs­re­per­toire gespielt und diri­giert wer­den. Es ist ein „Neu­es Werk für Orches­ter“ von Bernd Richard Deutsch in einer Urauf­füh­rung, das von den Bam­ber­ger Sym­pho­ni­kern als moder­ne Kom­po­si­ti­on eigens in Auf­trag gege­ben wur­de. Die bes­te Per­for­mance des Werks wird mit zusätz­lich 7.500 Euro aus der „Mahler Foun­da­ti­on“ ausgezeichnet.

Die Aus­wahl im Wett­be­werb erfolgt unter­des­sen in vier Run­den. Bereits von Beginn an hat das inter­na­tio­na­le Renom­mee der zu einer Art Cas­ting­show für jun­ge Diri­gen­tIn­nen avan­cier­ten Ver­an­stal­tung mehr und mehr zuge­nom­men und inzwi­schen welt­wei­te Bekannt­heit erreicht. So win­ken den Gewin­ne­rIn­nen ansehn­li­che Preisgelder.

Für den ers­ten Platz und das Diri­gat des fina­len Kon­zerts sind es 30.000 Euro, der Zweit­plat­zier­te erhält 20.000 Euro und der drit­te Preis ist mit 10.000 Euro dotiert. Die Aus­sicht auf wei­te­re Auf­trä­ge und eine (Welt-) Kar­rie­re besteht dank der nam­haf­ten inter­na­tio­na­len Jury ebenso.

Die­se setzt sich aus 15 hoch­ka­rä­ti­gen Musik­ken­ne­rIn­nen zusam­men. Dar­un­ter Diri­gen­tIn­nen, Kom­po­nis­tIn­nen, Musik­ma­na­ge­rIn­nen und Mit­glie­der der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker selbst sowie Inten­dant Mar­cus Rufolf Axt und Chef­di­ri­gent Jakub Hrůša. Letz­te­rer lei­tet das Bam­ber­ger Orches­ter seit der Sai­son 2016/​2017. Beim Wett­be­werb gibt er sei­ne wich­ti­ge Posi­ti­on am Pult vor einem groß besetz­ten Orches­ter vor­über­ge­hend aber an den Nach­wuchs ab. Eine Her­aus­for­de­rung, auch für die Orches­ter­mit­glie­der, die sich schnell auf die ein­zel­nen Kan­di­da­tIn­nen und ihre musi­ka­li­schen Inter­pre­ta­tio­nen einstellen.

Bewer­bung per Video

20 jun­ge Talen­te haben es in die­sem Jahr in die Vor­auswahl der Jury der „The Mahler Com­pe­ti­ti­on“ geschafft. Sie kom­men aus Bela­rus, Polen, USA, Ukrai­ne, Eng­land, Ita­li­en, Russ­land, Nor­we­gen, Korea, Isra­el, Peru, Tai­wan und natür­lich aus Deutsch­land. 16 Män­ner und 4 Frau­en, deut­lich mehr als in den letz­ten Wett­be­werbs­jah­ren, konn­ten einen der begehr­ten Plät­ze in Bam­berg ergattern.

Die jüngs­te Teil­neh­me­rin ist 21 Jah­re alt und stammt aus der Ukrai­ne, die ältes­ten Teil­neh­mer sind 35 Jah­re und in Deutsch­land und Russ­land behei­ma­tet. Per Online-For­mu­lar und Video mit Auf­nah­men von aus­sa­ge­kräf­ti­gen Diri­ga­ten unter­schied­li­cher Wer­ke konn­te man sich bewerben.

Haben Audio- und Bild­qua­li­tät sowie ande­re Anfor­de­run­gen gestimmt, war ihnen ein Rei­se­ti­cket nach Bam­berg sicher. Hier ver­pflich­ten sie sich im Rah­men des Wett­be­werbs zur Teil­nah­me an sämt­li­chen Pro­ben und Kon­zer­ten in der Kon­zert­hal­le mit und ohne Publikum.

Gesucht wer­den im Wett­be­werb weni­ger eigen­wil­li­ge Noten­le­se­rIn­nen oder schnel­le Takt­schlä­ge­rIn­nen, son­dern viel­mehr bes­ten­falls Leu­te, die die Musik schwe­ben las­sen und dem Publi­kum zu ver­ste­hen geben, war­um auch ein Spit­zen­or­ches­ter unbe­dingt Diri­gen­tIn­nen braucht. Neben der Bega­bung zählt also der Umgang mit der Musik und dem Orches­ter gleichermaßen.

Dabei wer­den die Leis­tun­gen, bei denen sich die Künst­le­rIn­nen von den ers­ten Auf­trit­ten in den Vor­run­den bis hin zum Fina­le ent­wi­ckeln, nicht nur von der Jury bewer­tet, son­dern auch von einem inter­es­sier­ten Publi­kum und von Fach­leu­ten aus aller Welt im Live­stream eingeordnet.

Ers­ter Bam­ber­ger Jung­star Dudamel

Dass eine Teil­nah­me am Wett­be­werb und vor allem ihn zu gewin­nen för­der­lich für den Kar­rie­re­weg ist, hat sich bereits für den ers­ten Gewin­ner aus dem Jahr 2004 gezeigt. Gustavo Duda­mel aus Vene­zue­la, damals 23 Jah­re alt, wur­de als Jung­star in Bam­berg gekürt und ist heu­te Chef­di­ri­gent des Los Ange­les Phil­har­mo­nic Orchestra.

Lahav Shani aus Isra­el, der 2013 „The Mahler Com­pe­ti­ti­on“ gewann, ist Chef­di­ri­gent des Isra­el Phil­har­mo­nic Orches­tra und Kah­chun Wong aus Sin­ga­pur, der Gewin­ner des Wett­be­werbs von 2016, ist Chef­di­ri­gent des Tokyo Phil­har­mo­nic Orchestra.

Die letz­te Mahler Com­pe­ti­ti­on 2020 gewann der Bri­te Fin­ne­gan Dow­nie Dear. Dass er sich beim Mahler-Wett­be­werb durch­set­zen konn­te, ver­half ihm anschlie­ßend zu einem Kar­rie­re­schub mit ver­schie­de­nen inter­na­tio­na­len Kon­zert­de­büts und Zusam­men­ar­bei­ten, vor allem im Bereich der Oper. Heu­te ist er Musik­di­rek­tor des preis­ge­krön­ten Ensem­bles „Shad­well Ope­ra“ in Lon­don und lei­tet Pro­duk­tio­nen an inter­na­tio­na­len Häusern.

Den Gus­tav-Mahler-Diri­gier­wett­be­werb in der Kon­zert­hal­le Bam­berg zu gewin­nen, begüns­tigt aber nicht nur die Lauf­bahn. Das gefor­der­te, hohe Qua­li­täts­ni­veau mit einem anspruchs­vol­len Reper­toire geht auch mit hoch­wer­ti­gen Arbeits­be­din­gun­gen ein­her. Durch diri­gis­ti­sches Hand­werk eine magi­sche Klang­wir­kung zu erzie­len, ist kei­ne leich­te Auf­ga­be. Kom­ple­xe Zusam­men­hän­ge der Musik gilt es zu erfas­sen und ein Gespür für die Atmo­sphä­re ist eben­so not­wen­dig. Ein gewis­ses Cha­ris­ma der Kan­di­da­tIn­nen scha­det auch nicht, Aus­drucks­wil­len und Über­zeu­gungs­kraft sind eben­so vorteilhaft.

Für die Jury zäh­len außer­dem die Schlag­tech­nik am Diri­gier­pult, das musi­ka­li­sche Emp­fin­den und die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Orches­ter. Die­se fin­det heu­te mehr auf Augen­hö­he statt, da Diri­gen­tIn­nen nicht mehr allei­ne für die Musik zustän­dig sind. Sie suchen die Balan­ce, neh­men Anre­gun­gen auf und stim­men Klang­mischun­gen ab, bis in die letz­te Blä­ser­rei­he. Der Auf­zug als Maes­tro und Maes­tra im Frack oder Kos­tüm ist über­dies Geschich­te und wird von vie­len Nach­wuchs­ta­len­ten durch lege­re, auch avant­gar­dis­ti­sche Klei­dung ersetzt. Etwas Staram­bi­en­te darf bei den Kon­zer­ten und auch Drum­her­um aber durch­aus sein, gera­de für das dem Fina­le ent­ge­gen­fie­bern­de Publikum.

Inten­dant Mar­cus Rudolf Axt
im Inter­view
Herr Axt, Ins­ge­samt 20 Teil­neh­me­rIn­nen wer­den beim Mahler-Wett­be­werb ver­su­chen, ihr Talent unter Beweis zu stel­len. Wel­che beson­de­ren Eigen­schaf­ten müs­sen sie zusätz­lich zum Diri­gie­ren mit­brin­gen und was macht gute Diri­gen­tIn­nen aus Ihrer Sicht aus?
The Mahler Competition
Mar­cus Rudolf Axt, Foto: Andre­as Herzau

Mar­cus Rudolf Axt: Cha­ris­ma. Man muss eine eige­ne Idee von der Musik haben, von dem Werk, das man diri­giert, und muss die­se Idee ins Orches­ter kom­mu­ni­zie­ren. Aber auch das Publi­kum soll­te ver­ste­hen, was man will. Ein tie­fes Ver­ständ­nis der Musik, gute Ner­ven, Belast­bar­keit, Per­sön­lich­keit vor allem, das suchen wir.

Die Jury ist mit nam­haf­ten Exper­tIn­nen der klas­si­schen Musik breit auf­ge­stellt. Auf wen freu­en sie sich besonders?

Mar­cus Rudolf Axt: Auf jeden und jede Ein­zel­ne! Unse­re Jury ist sehr viel­fäl­tig, was den beruf­li­chen Hin­ter­grund betrifft. Neben Diri­gen­ten wie Jakub Hrůša, Juan­jo Mena und John Stor­gårds ist auch Bar­ba­ra Han­nig­an dabei, die als Sän­ge­rin und als Diri­gen­tin inter­na­tio­nal erfolg­reich ist. Dazu noch Per­sön­lich­kei­ten aus dem Orches­ter­ma­nage­ment, Diri­gier­pro­fes­so­ren, ein Sän­ger, ein Kom­po­nist und eine Ver­tre­te­rin des Orches­ters. So wol­len wir die Kan­di­da­tIn­nen ganz­heit­lich bewer­ten: Ist ihre musi­ka­li­sche Arbeit über­zeu­gend? Wie ist die Prä­senz vor dem Orches­ter? Wie die Wir­kung auf das Publi­kum? Ich freue mich, in Bam­berg eine so hoch­ka­rä­ti­ge inter­na­tio­na­le Jury zu haben, deren Mit­glie­der teil­wei­se schon von Anfang an dabei sind, wie der Diri­gent John Care­we, teil­wei­se 2023 zum ers­ten Mal ihre Exper­ti­se ein­brin­gen wie Tho­mas Hamp­son, der berühm­te Bari­ton und Mahler-Exper­te. Und wie immer wird es ein pro­duk­ti­ver Aus­tausch und eine ange­neh­me Zusammenarbeit.

Wie hoch sind die Hür­den im dies­jäh­ri­gen Wettbewerbsrepertoire?

Mar­cus Rudolf Axt: Das Reper­toire in die­sem Jahr ist mei­ner Mei­nung nach beson­ders anspruchs­voll. Nicht ohne Grund ist „The Mahler Com­pe­ti­ti­on“ der bedeu­tends­te und best­do­tier­te Diri­gen­ten­wett­be­werb welt­weit. Jedes ein­zel­ne Stück birgt unter­schied­li­che Herausforderungen.

Wel­che Stü­cke machen das Reper­toire aus?

Mar­cus Rudolf Axt: Das zeit­ge­nös­si­sche Stück von Bernd Richard Deutsch ist ein Auf­trags­werk von uns und wird als Urauf­füh­rung in Bam­berg gespielt. Hier muss man sich ganz auf die Par­ti­tur ver­las­sen, es gibt kei­ne Auf­nah­me und kei­ne Vor­er­fah­run­gen. Gus­tav Mahlers „7. Sym­pho­nie“ ist ein Werk vol­ler Gegen­sät­ze: strah­lend, tri­um­phal aber auch düs­ter und gro­tesk. Und sie ist eine der am schwers­ten zugäng­li­chen Sym­pho­nien Mahlers, die man wirk­lich musi­ka­lisch durch­drin­gen muss, um die­se Gegen­sät­ze zum Klin­gen zu brin­gen. Haydns Sym­pho­nien zei­gen, ob man aus rela­tiv ein­fach struk­tu­rier­ter Musik auch den Witz und die Ori­gi­na­li­tät des Meis­ters, aber auch die Anspie­lun­gen der Ent­ste­hungs­zeit erken­nen und alles ganz fein her­aus­ar­bei­ten kann. Der Star-Bari­ton Tho­mas Hamp­son wird im Wett­be­werb Alban Bergs frü­he Lie­der sin­gen. Es ist immer schwer, eine Gesangs­stim­me gegen die gro­ße Orches­ter­be­set­zung in einem aus­ge­wo­ge­nen Klang rich­tig zu balan­cie­ren. Das glei­che gilt für Stra­win­skis Vio­lin­kon­zert, bei dem aber noch beson­ders die Schlag­tech­nik, Takt- und Tem­po­wech­sel, und eine ganz ande­re Klang­spra­che als die Mahlers im Fokus stehen.

Wag­ne­rism an der Regnitz

Son­der­kon­zer­te der Bam­ber­ger Symphoniker

Mit der neu­en Son­der­kon­zert­rei­he im Mai „Die Welt mit Wag­ner“ in der Kon­zert­hal­le Bam­berg und dem „Ring ohne Wor­te“ in Bam­berg und der Isar­phil­har­mo­nie Mün­chen sowie dem live unter­mal­ten Stumm­film­klas­si­ker „Die Nibe­lun­gen: Sieg­fried 1. Teil“ von Fritz Lang aus dem Jahr 1924 prä­sen­tie­ren die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker nach dem gro­ßen Erfolg von 2013 erneut eine Hom­mage an Richard Wagner.

In ihrer neu­en Son­der­kon­zert­rei­he spü­ren die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker mit gro­ßer Neu­gier wie­der der Wir­kung der Wag­ner­schen Musik nach. Inspi­riert durch das aktu­el­le Buch des New Yor­ker Musik­kri­ti­kers und Autors Alex Ross „Die Welt nach Wag­ner“ wer­den meh­re­re Musik­stü­cke ver­schie­de­ner Kom­po­nis­ten, unter ande­rem von Richard Wag­ner, Clau­de Debus­sy, Gus­tav Mahler und Richard Strauss in einer Art Labor zum Klin­gen gebracht. Mit mul­ti­me­dia­len Pro­jek­tio­nen der Brü­der Nick und Cle­mens Prokop, die pas­send zur Musik Film­aus­schnit­te, Vide­os, Fotos und Ani­ma­tio­nen zei­gen, wer­den die Bil­der zu den Musik­phä­no­me­nen inter­dis­zi­pli­när verwoben.

Dazu kom­men Musik und Stim­men aus dem „Off“. So fin­den ver­schie­de­ne Musik­stü­cke aus dem Wag­ner-Kos­mos eine Gegen­über­stel­lung mit von ihm beein­fluss­ten ande­ren Kunst­wer­ken in groß­for­ma­ti­gen, mul­ti­me­dia­len Inszenierungen.

Mul­ti­me­dia­les Konzertprojekt

Das Pro­jekt ist eine Art Hom­mage vor allem an das Gesamt­kunst­werk des Künst­lers Wag­ner, der das Orches­ter immer wie­der auf sei­ner musi­ka­li­schen Rei­se beglei­tet. „Richard Wag­ner hat mit sei­nem Werk nahe­zu alle Kom­po­nis­ten beein­flusst, die nach ihm kamen und kom­men“, sagt Mar­cus Rudolf Axt, Inten­dant der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker. Auch sym­pho­ni­sches Reper­toire kön­ne ohne Wag­ner nicht voll­stän­dig gedacht wer­den, wes­halb das Orches­ter über die Zeit hin­weg immer wie­der Wag­ner als kon­zer­tan­te Auf­füh­run­gen gespielt habe.

Die Son­der­kon­zert­rei­he mit Wag­ner ist wie­der etwas Beson­de­res, zumal die mul­ti­me­dia­le Prä­sen­ta­ti­on ein zusätz­li­ches High­light gibt. „Die­ses Pro­jekt ist der Ver­such, sich ein­mal nur der sym­pho­ni­schen Sei­te zu nähern sowie dem Ein­fluss, den Wag­ner auf ande­re Kom­po­nis­ten wie Strauss und Mahler aber auch auf ande­re Künst­le­rin­nen und Künst­ler wie Schrift­stel­ler und Fil­me­ma­cher hat­te“, so Axt.

Wag­ne­rism

Der „Wag­ner-Exper­te“ Alex Ross hat sofort begeis­tert zuge­sagt, das ers­te Son­der­kon­zert der Rei­he zusam­men mit dem Chef­di­ri­gen­ten der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker, Jakub Hrůša, und den Prokop-Brü­dern zu kon­zi­pie­ren. Er wird für die ers­ten bei­den Kon­zer­te nach Bam­berg rei­sen und auch vor den Kon­zer­ten eine Ein­füh­rung auf Deutsch hal­ten, an deren ers­ter Aus­ga­be auch Cle­mens Prokop via eines Talks auf der Büh­ne teilnimmt.

Dabei geht es in sei­nem Buch mit dem eng­li­schen Titel „Wag­ne­rism. Art and Poli­tics in the Shadow of Music“ eigent­lich mehr um Male­rei, Schrift­stel­le­rei und Archi­tek­tur in Zusam­men­hang mit Wag­ner. Den Inhalt des Buches zu trans­for­mie­ren ist auch für das Orches­ter eine völ­lig neue Sicht auf den gro­ßen Kom­po­nis­ten. „Im Buch ist die Wir­kung Wag­ners auf alle mög­li­chen Kunst­gat­tun­gen beschrie­ben: bil­den­de Kunst, Film, Lite­ra­tur, aber auch auf poli­ti­sche und ideo­lo­gi­sche Strö­mun­gen des 20. Jahr­hun­derts. Poten­zi­el­le Nach­wir­kun­gen in der Musik sind nicht Teil des Buches, son­dern ihnen wur­de von uns im Dia­log mit Alex Ross und Jakub Hrůša nach­ge­spürt und spe­zi­ell für die­ses Pro­jekt aus­ge­wählt“, erläu­tert Axt weiter.

Von links: Mar­cus Rudolf Axt (Foto: Andre­as Her­zau), Jakub Hruša (Foto: Mari­an Len­hard), Alex Ross (Foto: Josh Goldstine)
Musik und Text

Vor allem Diri­gent Jakub Hrůša hat bereits viel Erfah­rung mit Kon­zer­ten, die sich etwas außer­halb der Norm bewe­gen, die modern gedacht und inspi­rie­rend gespielt wer­den. Sei­ne Tätig­keit als Diri­gent von Opern und sei­ne Ver­traut­heit mit dem kom­po­si­to­ri­schen Schaf­fen Richard Wag­ners kom­men dem Pro­jekt über­dies zugu­te. So auch im „Ring ohne Wor­te“, den die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker in der Kon­zert­hal­le an der Reg­nitz und in der Isar­phil­har­mo­nie geben. Hier dreht sich alles um Wag­ners zeit­lo­se Para­bel der Macht und der Liebe.

Ein monu­men­ta­les Wel­ten­dra­ma, auf­ge­zeigt in einer Art Schnell­durch­lauf durch die vier Opern des Rings. Ohne Büh­nen­bil­der, Sän­ger und Kos­tü­me. Dafür gespielt in der Zusam­men­stel­lung und Aus­wahl des ame­ri­ka­ni­schen Kom­po­nis­ten und Diri­gen­ten Lorin Maa­zel. Dies­mal – auch das ist neu – mit gele­se­nen Text­pas­sa­gen aus bekann­ten lite­ra­ri­schen Wer­ken, bei­spiels­wei­se von Fried­rich Nietz­sche, Tho­mas Mann, Elfrie­de Jeli­nek, Vir­gi­nia Woolf oder Theo­dor W. Ador­no. Die Tex­te liest der Schau­spie­ler und Hör­buch­spre­cher Jens Har­zer, selbst ein gro­ßer Fan der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker. Durch das Hör­buch „Böh­men liegt in uns. War­um der Klang der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker die Men­schen ergreift“ hat er bereits in der Ver­gan­gen­heit inten­siv mit dem Orches­ter zusammengearbeitet.

Lorin Maa­zels „Ring ohne Wor­te“ ist eine bekann­te Zusam­men­stel­lung von Wag­ners Ring und wird häu­fi­ger von Orches­tern auf der gan­zen Welt gespielt. Um die Refle­xio­nen von und um Wag­ner unter­stüt­zend zur Musik dar­zu­stel­len, erwei­sen sich die aus­ge­wähl­ten Tex­te berühm­ter, aber auch weni­ger bekann­ter Autoren als gute Par­al­le­len oder Kon­tras­te, um Wag­ners Kos­mos zu erwei­tern. So eröff­nen sie auch ande­re Per­spek­ti­ven als die rein musi­ka­li­sche auf sein Werk und Wirken.

Stumm­film mit Musik

Beim Son­der­kon­zert zum Stumm­film­klas­si­ker „Die Nibe­lun­gen: Sieg­fried 1. Teil“ von Fritz Lang aus dem Jahr 1924 wird Chris­ti­an Schu­mann diri­gie­ren. Der gebür­ti­ge Frei­bur­ger Schu­mann gibt mit die­sem Kon­zert sein Debüt bei den Bam­ber­ger Sym­pho­ni­kern. In gro­ßer Beset­zung spielt das Orches­ter die ori­gi­na­le Film­mu­sik, wäh­rend im Saal auf einer gro­ßen Film­lein­wand der Stumm­film gezeigt wird. Der deut­sche Kom­po­nist Gott­fried Hup­pertz kom­po­nier­te 1924 die Musik für den Film von Fritz Lang. Auch Schu­mann selbst ist Kom­po­nist von Film­mu­sik und wird in der nächs­ten Sai­son mit den Edu­ca­ti­on-Kon­zer­ten „Sound of Cli­ma­te“, einem wei­te­ren mul­ti­me­dia­len Kon­zert­pro­jekt, die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker unterstützen.

Auch für Stu­die­ren­de und die Jüngsten

Die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker sind das ein­zi­ge Orches­ter mit Welt­ruf, das nicht in einer Groß­stadt behei­ma­tet ist. Den­noch geht die Magnet­wir­kung des Klang­kör­pers nach außen. So trägt das Orches­ter auf Rei­sen den Rhyth­mus und das musi­ka­li­sche Echo sei­ner Hei­mat­stadt in die gan­ze Welt hinaus.

Mehr als 7.300 Kon­zer­te in über 500 Städ­ten und 63 Län­dern haben die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker seit ihrer Grün­dung im Jahr 1946 gege­ben. Das Orches­ter, des­sen Wur­zeln bis nach Prag rei­chen, ver­steht sich als grenz­über­schrei­ten­der, welt­of­fe­ner Klang­bot­schaf­ter. Der cha­rak­te­ris­ti­sche Klang, der als dun­kel, warm und strah­lend beschrie­ben und seit 2016 von Chef­di­ri­gent Jakub Hrůša aus Tsche­chi­en geprägt wird, ist viel gerühmt und wur­de häu­fig prä­miert. Als Leucht­turm der Kul­tur­ge­sell­schaft steht für das Orches­ter Nach­hal­tig­keit sowohl musi­ka­lisch als auch öko­lo­gisch im Vor­der­grund. Auch die Nähe zum Hei­mat­pu­bli­kum und dabei vor allem zu den Kon­zert­be­su­che­rIn­nen von mor­gen ist den Bam­ber­ger Sym­pho­ni­kern beson­ders wich­tig. So spie­len sie im Mai unter dem Mot­to „Viva Espa­ña!“ auch für Stu­die­ren­de und „Sitz­kis­sen­kon­zer­te“ für die Jüngsten.

Bene­fiz­ver­an­stal­tung für die Ukraine

Lesung: Vol­ha Hapeyeva

Mor­gen Abend liest die Autorin Vol­ha Hapeye­va um 20 Uhr im Stu­dio des ETA Hoff­mann Thea­ters aus ihren Wer­ken. Im Anschluss spie­len die bei­den Mit­glie­der der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker, Vla­dis­lav Popy­al­kovs­ky und Edu­ard Resatsch, ein Kon­zert. Die Spen­den­ein­nah­men des Abends kom­men der Initia­ti­ve „Bam­berg hilft Ukrai­ne“ zugute.

Vol­ha Hapeye­va, 1982 in Minsk gebo­ren, ist Lyri­ke­rin, Lin­gu­is­tin, Über­set­ze­rin und Roman­au­to­rin – eine poli­tisch den­ken­de und schrei­ben­de Poe­tin. In ihrem preis­ge­krön­ten Essay „Die Ver­tei­di­gung der Poe­sie in Zei­ten dau­ern­den Exils“ führt Hapeye­va die Macht der Spra­che gegen ihren gewalt­tä­ti­gen Miss­brauch an. Poe­sie kön­ne ein Zuhau­se sein, weil sie Wider­stän­dig­keit för­de­re und das Poten­zi­al böte, die Unter­drü­ckungs­lo­gik von „wir“ und „sie“ durch Mit­ge­fühl zu überwinden.

Hapeye­vas Roman „Camel Tra­vel“ durch­wan­dert eine Kind­heit von Minks bis Mos­kau und kar­to­gra­phiert poli­ti­sche Ent­wick­lun­gen aus den Augen eines Kin­des. Ihre Gedich­te wie „der rote him­mel, der nach eisen schmeckt“ han­deln von Kriegs- und Fluchterfahrung.

Für ihre Werk erhielt Vol­ha Hapeye­va Werk zahl­rei­che inter­na­tio­na­le Prei­se und Aus­zeich­nun­gen. Ihre Gedich­te wur­den in mehr als 15 Spra­chen über­setzt. Unter dem Titel „Mutan­ten­gar­ten“ liegt auch eine Aus­wahl auf Deutsch vor.

In der Lesung wird die Autorin aus ihrem Essay, ihrem Roman und ihrer Lyrik vor­tra­gen. In einem anschlie­ßen­den Gespräch berich­ten Vol­ha Hapeye­va, wie ihre Bio­gra­fie und ihre Poe­sie ineinanderfließen.

Danach spie­len der Vio­li­nist Vla­dis­lav Popy­al­kovs­ky und Edu­ard Resatsch, Vio­lon­cel­lo, ein klei­nes Kon­zert. Popy­al­kovs­ky ist in Lett­land gebo­ren und wuchs in St. Peters­burg auf, Resatsch ist Ukrai­ner. Bei­de sind Mit­glie­der der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker und ergän­zen den Abend im Zei­chen der Empa­thie musi­ka­lisch, als wei­te­re Spra­che der Kunst.

Der Ein­tritt ist frei. Das ETA Hoff­mann Thea­ter bit­tet um Spen­den, die der der Initia­ti­ve „Bam­berg hilft Ukrai­ne“ zugu­te­kom­men.

Bis zu 50 Pro­zent Auslastung

Locke­run­gen für die Kultur

Posi­ti­ve Nach­rich­ten für Thea­ter und Kinos: Ab heu­te dür­fen Kul­tur­ein­rich­tun­gen in Bay­ern wie­der mehr Zuschaue­rin­nen und Zuschau­er ein­las­sen als bis­her. Wir haben in der Bam­ber­ger Sze­ne nach­ge­fragt, wie die Locke­run­gen dort ankommen.

An kul­tu­rel­len Ver­an­stal­tun­gen in Innen­räu­men kön­nen ab heu­te wie­der mehr Zuschaue­rin­nen und Zuschau­er teil­neh­men als bis­her. Dafür hat sich das Baye­ri­sche Kabi­nett am Diens­tag, 25.1., ent­schie­den. Das heißt: Kinos, Thea­ter oder Kon­zert­hal­len kön­nen ihre Publi­kums­räu­me wie­der bis zu 50 Pro­zent aus­las­ten, wei­ter­hin unter Ein­hal­tung der 2G plus Regel. Bis­her erlaub­ten die Beschlüs­se aus Mün­chen nur 25 Prozent.

Kunst­mi­nis­ter Bernd Sibler und Digi­tal­mi­nis­te­rin Judith Ger­lach, zustän­dig für Kinos in Bay­ern, sehen die vom Baye­ri­schen Kabi­nett beschlos­se­ne Anhe­bung der Aus­las­tungs­gren­ze für den Kul­tur­be­reich auf 50 Pro­zent und die Mög­lich­keit, das Publi­kum mit redu­zier­tem Abstand etwa nach dem Schach­brett­mus­ter zu plat­zie­ren, als „einen wich­ti­gen Schritt, der in die rich­ti­ge Rich­tung weist.“

„Wir kön­nen Kunst und Kul­tur“, sag­te Bernd Sibler, „im wört­li­chen wie im über­tra­ge­nen Sinn wie­der mehr Raum geben. Die neue Aus­las­tungs­ka­pa­zi­tät ermög­licht mehr Publi­kum und damit auch mehr Per­spek­ti­ve für unse­re Kunst- und Kul­tur­ein­rich­tun­gen in Bay­ern, ins­be­son­de­re für die klei­ne­ren Büh­nen. Künst­le­rin­nen und Künst­ler brau­chen die Büh­ne. Mit den neu­en Rege­lun­gen sor­gen wir für mehr Auf­tritts­mög­lich­kei­ten und für ein grö­ße­res kul­tu­rel­les Ange­bot. Ich freue mich dar­auf, dass ein kul­tu­rel­les Erleb­nis mit mehr Men­schen im Saal mög­lich ist.“

Wir haben bei Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern der Bam­ber­ger Ver­an­stal­tungs-Kul­tur nach­ge­fragt, was sie von den Locke­run­gen hal­ten. Die Reak­tio­nen dar­auf fal­len gemischt aus.

Reak­tio­nen von ETA und Wildwuchstheater

Sibyl­le Broll-Pape, Inten­dan­tin der ETA Hoff­man Thea­ters, freut sich über die Locke­run­gen. „End­lich kön­nen wir der gro­ßen Nach­fra­ge für unse­re Ver­an­stal­tun­gen bes­ser nach­kom­men. Die 2G plus Rege­lung, FFP2-Mas­ken­pflicht und Abstän­de bie­ten gleich­zei­tig unse­rem Publi­kum den größt­mög­li­chen Schutz. Des­we­gen hal­te ich die 50 Pro­zent-Regel für einen guten Kom­pro­miss in die­ser wei­ter­hin her­aus­for­dern­den Zeit.“

Fre­de­ric Hei­sig vom Wild­wuchs­thea­ter sieht die Locke­run­gen hin­ge­gen nicht ganz so posi­tiv. Er befürch­tet sogar, dass grund­le­gen­de Schä­den ent­stan­den sind, die sich auch durch höhe­re Aus­las­tung nicht so schnell behe­ben lassen.

„Aus viro­lo­gisch-epi­de­mio­lo­gi­scher Sicht kann ich die Locke­rung nicht beur­tei­len, aber für das Thea­ter sind sie erst­mal eine Ver­bes­se­rung. Auch wenn die Finan­zie­rung von Insze­nie­run­gen auch bei 50 Pro­zent schwer ist. Grund­le­gend muss ich aller­dings sagen, dass es mir ein biss­chen komisch vor­kommt, wenn man im Thea­ter sitzt, Abstand hält und Mas­ke trägt, nur um dann auf dem Heim­weg oder so viel­leicht an einem Restau­rant vor­bei­zu­kom­men und zu sehen, was dort mög­lich ist. Voll­be­le­gung und kei­ne Mas­ken. Da passt für mich nicht zusam­men, da fin­det eine Wer­tung statt, bei der Kul­tur ganz klar den Kür­ze­ren zieht. Das kann ich nicht verstehen.

Ich habe ohne­hin mehr und mehr das Gefühl, dass die Kul­tur zwar schon robus­ter ist als vie­le am Anfang der Pan­de­mie gedacht haben. Aber so lang­sam, nach über zwei Jah­ren, beob­ach­te ich, dass die Pra­xis, Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen wahr­zu­neh­men, ange­schla­gen ist. Selbst im Som­mer, als noch mehr ging, und man dach­te, die Leu­te rei­ßen einem die Kar­ten aus der Hand, egal für was, war vie­les nicht aus­ver­kauft. Viel­leicht wird die Bran­che gera­de nach­hal­tig beschä­digt, indem sie mehr beschränkt wird als ande­re Bereiche.“

Die Mei­nung von Licht­spiel und Symphonikern

Ger­rit Zach­rich vom Licht­spiel­ki­no ist froh über die Ent­schei­dung, bemän­gelt aber sei­ner­seits die Ungleich­be­hand­lung von Kul­tur und Gastronomie.

„Die Mög­lich­keit, 50 Pro­zent Aus­las­tung zu haben, ist ein ers­ter Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung. Damit kann man ein biss­chen bes­ser und kos­ten­de­cken­der arbei­ten. Gera­de für die Kurz­film­ta­ge ist uns das sehr wich­tig und wir freu­en uns. Aber eigent­lich hat­ten wir gehofft, dass die Locke­run­gen noch einen Schritt wei­ter gehen. Wir hat­ten gehofft, dass die­se him­mel­schrei­en­de Unge­rech­tig­keit zwi­schen 2Gplus in der Kul­tur und 2G in der Gas­tro­no­mie been­det wird und es auch für uns mit 2G geht. Bei 2Gplus ist es schwer, die Leu­te dazu zu bewe­gen, spon­tan ins Kino zu gehen. Das ist ein Ungleich­ge­wicht, das uns nie­mand, auch nicht die Staats­kanz­lei erklä­ren kann.“

Die Reak­ti­on der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­kern auf die Locke­run­gen geht wie­der­um in die glei­che Rich­tung wie beim ETA Hoff­mann Thea­ter. Inten­dant Mar­cus Rudolf Axt sag­te auf Webecho-Anfrage:

„Wir sind sehr glück­lich über die­sen Schritt der Staats­re­gie­rung. Er beweist gera­de in die­sen Wochen, dass Thea­ter und Kon­zert­häu­ser auch bei einer etwas höhe­ren Aus­las­tung sicher sind. Ein gutes Signal für unser treu­es Publi­kum, das uns und vie­le ande­re Kul­tur­ver­an­stal­ter in den letz­ten Mona­ten sehr unter­stützt hat.“

Umfang­rei­ches Jubi­lä­ums­pro­gramm in die­sem Jahr

E.T.A. Hoff­mann – „Unheim­lich fantastisch“

Das Jahr 2022 steht im kul­tu­rel­len Bam­berg ganz unter dem Stern des Geden­kens an Ernst Theo­dor Ama­de­us Hoff­mann. Die­ser viel­sei­ti­ge Künst­ler ver­starb am 25. Juni 1822. Anläss­lich des 200. Todes­ta­ges sind für die­ses Jahr zahl­rei­che Ver­an­stal­tun­gen geplant.

E.T.A. Hoff­mann hat­te fünf Jah­re in Bam­berg ver­bracht, die ihn als Mensch und Künst­ler nach­hal­tig geprägt haben – dar­auf fußt die Ver­bun­den­heit des Künst­lers mit die­ser Stadt. Unter dem Titel „Unheim­lich Fan­tas­tisch“ fin­den in die­sem Jubi­lä­ums­jahr zahl­rei­che Ver­an­stal­tun­gen in den ver­schie­dens­ten Kunst­spar­ten statt, genau­so facet­ten­reich und spar­ten­über­grei­fend wie der Kom­po­nist, Lite­rat, Illus­tra­tor, Musik­kri­ti­ker und Jurist einst arbei­te­te. Dar­über infor­miert das Kul­tur­amt der Stadt Bamberg.

In Bam­berg wer­den Insti­tu­tio­nen wie die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker, das ETA Hoff­mann Thea­ter, die Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg und freie Akteu­re der Kul­tur­sze­ne wie das Thea­ter im Gärt­ner­vier­tel, der Rosen­gar­ten-Sere­na­den e.V., das Bam­ber­ger Mario­net­ten­thea­ter und vie­le wei­te­re in ihrem Jah­res­pro­gramm den Künst­ler auf­neh­men oder thematisieren.

Das gesam­te bun­des­wei­te Jah­res­pro­gramm wird maß­geb­lich von der Staats­bi­blio­thek Ber­lin koor­di­niert und gestal­tet. In Zusam­men­ar­beit mit der Staats­bi­blio­thek Bam­berg und dem Frei­en Deut­schen Hoch­stift wur­de eine Wan­der­aus­stel­lung zu Leben und Werk Hoff­manns kon­zi­piert. Die als Gesamt­schau zu Hoff­mann ange­leg­te und an ein brei­tes Publi­kum gerich­te­te Schau wird im Früh­jahr zunächst im Biblio­theks­mu­se­um der Staats­bi­blio­thek zu Ber­lin Unter den Lin­den zu sehen sein. Vom 24.07. – 29.10.2022 wird die Aus­stel­lung in Bam­berg in der Staats­bi­blio­thek aus­ge­stellt sein. Ende Novem­ber zieht die Aus­stel­lung dann in das neue Roman­tik-Muse­um in Frank­furt am Main.


Son­der­aus­stel­lung im E.T.A.-Hoffmann-Haus

Neben der stän­di­gen Aus­stel­lung ist in die­ser Sai­son eine Aus­ein­an­der­set­zung zum The­ma der Fan­ta­sie im Hoff­mann­schen Sin­ne zu sehen. Die­se ent­steht in Koope­ra­ti­on mit der Hegel­wo­che der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät. Sowohl bil­den­de Künst­le­rin­nen und Künst­ler als auch Autorin­nen und Autoren wer­den beauf­tragt, Wer­ke bei­zu­steu­ern, um so dem Wech­sel­spiel von Den­ken und Fan­ta­sie­ren näher und dem Uner­gründ­li­chen auf die Spur zu kom­men. Das E.T.A.-Hoffmann-Haus öff­net zum 1. Mai 2022 sei­ne Pforten.

75 Jah­re Bam­ber­ger Symphoniker

Jubi­lä­ums­kon­zert auf BR-Klas­sik und ARD-alpha

Die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker fei­ern ihren 75. Geburts­tag. Da Kon­zer­te im gewohn­ten Rah­men nicht statt­fin­den kön­nen, kommt es immer­hin zur Über­tra­gung des gro­ßen Jubi­lä­ums­kon­zerts auf ver­schie­de­nen Kanälen.

Als Hom­mage an die Geschich­te ihres Orches­ters wer­den Ehren­di­ri­gent Chris­toph Eschen­bach und die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker eben jenes Pro­gramm wie­der­ho­len, das vor 75 Jah­ren eigent­lich hät­te gespielt wer­den sol­len. Die Ouver­tü­re „Leo­no­re“ Nr. 3 op. 72b, das Kon­zert für Vio­li­ne und Orches­ter D‑Dur op. 61 sowie die Sym­pho­nie Nr. 3 Es-Dur op. 55 „Eroi­ca“ von Lud­wig van Beet­ho­ven wer­den im Hör­funk auf BR-Klas­sik, auf der BR-Klas­sik Face­book-Sei­te https://www.facebook.com/brklassik, im Fern­se­hen auf ARD-alpha und per Video-Stream auf https://www.br-klassik.de/concert/index.html zu erle­ben sein. Nach der Aus­strah­lung steht es unbe­grenzt in der BR-Media­thek zur Ver­fü­gung. Den Part an der Vio­li­ne im Kon­zert für Vio­li­ne und Orches­ter D‑Dur op. 61 bestrei­tet Niko­laj Szeps-Zna­ider. „Leo­no­re“ und „Eroi­ca“ wer­den im BR-Fern­se­hen am Sonn­tag, 21. März 2021, ab 9 Uhr wiederholt.

Bereits vor dem Kon­zert, um 19.05 Uhr, sen­det BR-Klas­sik ein Hör­funk­fea­ture zum 75. Jubi­lä­um der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker. Wolf­gang Schi­cker zeich­net dar­in die Lini­en der Orches­ter­ge­schich­te nach: die Grün­dung im Kon­text von Flucht und Ver­trei­bung nach dem Zwei­ten Welt­krieg, die kom­ple­xe Vor­ge­schich­te, die eng mit der Blü­te und dem Zer­fall der öster­rei­chisch-unga­ri­schen Mon­ar­chie zusam­men­hängt, die Ent­wick­lung zum kul­tu­rel­len Bot­schaf­ter der BRD bis hin zu den Her­aus­for­de­run­gen der Zukunft und den Ideen, wie ein moder­nes Orches­ter trotz vol­len Tour­nee­ka­len­ders zum Kli­ma­schutz bei­tra­gen kann.

In der Pau­se des Kon­zerts wird auf ARD-alpha und im Video­stream ein Film zu Geschich­te und Gegen­wart der Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker zu sehen sein. Zusätz­lich gibt es auf allen Kanä­len ein Gespräch mit dem Inten­dan­ten des Orches­ters, Mar­cus Rudolf Axt.

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