Der wachsende Fachkräftemangel ist in Oberfranken längst angekommen. Ein Blick auf die Detailergebnisse der jüngsten Konjunkturbefragung der IHK für Oberfranken Bayreuth zeigt,
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Gegen Fachkräftemangel
Diözesan-Caritasverband fordert Bundesqualitätsgesetz für Kitas
Ein Bundesqualitätsgesetz für Kindertageseinrichtungen fordert der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg im Einklang mit zahlreichen anderen Organisationen. Das Gesetz soll länderübergreifend Standards festlegen. Die Unterstützer der Forderung sehen darin eine wichtige Maßnahme gegen den Fachkräftemangel in den Erziehungsberufen.
„Wie wichtig Kindertagesstätten sind, wurde in der Corona-Pandemie deutlich. Ohne Kinderbetreuung können Eltern ihrem Beruf nicht nachgehen“, sagt Hildegard Thoma, Referentin für Kindertagesbetreuung beim Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg. „Eltern benötigen daher dringend eine verlässliche, qualitativ hochwertige Kindertagesbetreuung mit ausreichendem und gut qualifiziertem Personal.“
Ein Problem besteht freilich darin, dass die Qualität der Betreuung regional schwankt. „In einem Bundesqualitätsgesetz würden für alle Länder Standards verbindlich geregelt, die wissenschaftlich begründet und unabhängig von der Haushaltslage definiert sind“, erläutert Thoma. „Qualität braucht einen fixen Rahmen und kostet Geld. Hier sind wir auf eine verlässliche und dauerhafte Unterstützung des Bundes angewiesen.“
Verbessertes Fachkraft-Kind-Verhältnis
Hildegard Thoma weist darauf hin, dass die Bürokratisierung und damit die Leitungsaufgaben in der Kindertagesbetreuung zugenommen haben: „Die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben, das Managen von Krisen, die Entwicklung, Fortschreibung und Implementierung pädagogischer Konzepte, die Entwicklung der Qualität im Team, das Personalmanagement – all dies benötigt zunehmend mehr Zeit. Daher muss ein ausreichendes Zeitkontingent gesetzlich festgeschrieben werden.“ Daher fordert ein Positionspapier 20 Stunden pro Woche ausschließlich für Leitungsaufgaben und ein verbessertes Fachkraft-Kind-Verhältnis. Dieser Schlüssel soll 1:2 für unter Einjährige, 1:3 für Ein- bis Dreijährige, 1:8 für Dreijährige bis Kinder zum Schuleintritt und 1:10 für Kinder ab sechs Jahren betragen.
Das Positionspapier verfasst haben der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder, die Arbeiterwohlfahrt und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.
Der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg sieht in einem Kita-Bundesqualitätsgesetz auch ein Mittel, dem wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen. „Auch in unserer Diözese gibt es mittlerweile Kindertagesstätten, die die täglichen Öffnungszeiten reduzieren müssen, weil Personal fehlt“, sagt Hildegard Thoma. Der Zeitbedarf für Personalgewinnung habe enorm zugenommen. „Der Markt ist zu einem Markt der Bewerber geworden.“
Als Gründe sieht sie zu einem, dass die Fachkräfte der geburtenstarken Jahrgänge jetzt in Rente gehen. Davor habe die Politik die Augen verschlossen. Ein anderer wesentlicher Faktor sei, dass die Fachkräfte zu wenig Zeit für mittelbare Aufgaben haben: um die pädagogische Arbeit vor- und nachzubereiten, die Entwicklung der Kinder zu beobachten, die Arbeit zu dokumentieren, mit den Eltern zu sprechen und zusammenzuarbeiten, Kinder mit besonderen Bedürfnissen wie Sprachbarrieren oder drohender Behinderung zu betreuen. Auch für Fortbildung bleibe zu wenig Raum. „Das führt dazu, dass junge Beschäftigte die Kitas bald wieder verlassen und Fachkräfte in einen anderen Beruf wechseln oder deutlich vor Eintritt des Rentenalters aus dem Beruf ausscheiden“, hält Hildegard Thoma fest.
Der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg fordert daher in Einklang mit den Verfassern des Positionspapiers, dass die Verabschiedung eines Bundesqualitätsgesetzes in der Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung verabredet wird.
Der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg vertritt die Interessen von 240 Kindertagesstätten in Ober- und Mittelfranken.
- November 2, 2021
- Webecho Bamberg
- Quelle: Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg e.V.
- Foto: Pixabay
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Der Druck nimmt zu
Fachkräftemangel wird für immer mehr Unternehmen zum echten Problem
Der wachsende Fachkräftemangel ist in Oberfranken längst angekommen. Ein Blick auf die Detailergebnisse der jüngsten Konjunkturbefragung der IHK für Oberfranken Bayreuth zeigt, dass das Problem immer drängender wird, in manchen Branchen sogar mit dramatischen Folgen.
„Nur jedes fünfte Unternehmen, das derzeit offene Stellen anbietet, kann diese auch tatsächlich besetzen”, erläutert IHK-Hauptgeschäftsführerin Gabriele Hohenner.
Der Fachkräftemangel hat viele Gründe. So sorgt die demografische Entwicklung dafür, dass in Oberfranken immer weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Verfügung stehen. Außerdem hat bei jungen Menschen der Wunsch nach einer akademischen Ausbildung häufig Vorrang vor einem beruflichen Bildungsweg. Auch Potenziale aus Nachbarregionen, die in den letzten Jahrzehnten als Fachkräftequelle genutzt werden konnten, etwa die neuen Bundesländer oder die Tschechische Republik, sind weitgehend ausgeschöpft, da gut ausgebildete Fachkräfte längst auch dort Arbeit finden.
Fachkräftemangel als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung
In der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage stufen 61 Prozent aller befragten Unternehmen den Fachkräftemangel als unternehmerisches Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung ein. Das sind 13 Prozentpunkte mehr als noch im Januar 2021, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie. 49 Prozent der Befragten berichten aktuell, dass sie derzeit offene Stellen längerfristig nicht besetzen können, 12 Prozent sehen keine Probleme, 39 Prozent haben derzeit keinen Personalbedarf, suchen also auch nicht.
80 Prozent der Unternehmen mit freien Stellen können diese nicht besetzen
„Betrachtet man nur die Unternehmen, die derzeit tatsächlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt suchen, dann können unter dem Strich derzeit 80 Prozent der Unternehmen mit offenen Stellen diese längerfristig nicht besetzen. Der Fachkräftemangel wird immer mehr zum Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung”, so IHK-Konjunkturreferent Malte Tiedemann. Besonders betroffen sind das Baugewerbe, die Logistik- und die Tourismuswirtschaft. „Die Frustration der Unternehmerinnen und Unternehmer nimmt zu. Viele fühlen sich der Situation machtlos ausgeliefert, weil sie Aufträge wegen Personalmangels ablehnen müssen”, so Hohenner.
Droht ein Szenario wie in Großbritannien?
Die Corona-Pandemie hat das Problem verschärft. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den von Corona besonders betroffenen Branchen haben während der Pandemie neue Arbeitsplätze in anderen Branchen gefunden. Der Aufschwung nach der Krise verstärkt den Druck auf den Arbeitsmarkt. Die Folge sind lange Wartezeiten auf dem Bau, mehr Ruhetage oder Besucherbegrenzungen in der Gastronomie oder der Kapazitätsanpassungen in Speditionen. Selbst Betriebsaufgaben gibt es inzwischen aufgrund des Fachkräftemangels. Hohenner: „Zustände wie in Großbritannien, wo wegen fehlender Lkw-Fahrer die Versorgung zum Teil zusammengebrochen ist, können auf Dauer auch bei uns nicht mehr völlig ausgeschlossen werden.”
Unternehmen setzen auf Ausbildung
Auf die Schnelle wird sich das Strukturproblem fehlender Fachkräfte nicht lösen lassen. Die Mitgliedsunternehmen der IHK für Oberfranken Bayreuth setzen vor allem auf die verstärkte Ausbildung des eigenen Nachwuchses (55 Prozent) und eine Steigerung der Arbeitgeberattraktivität (49 Prozent). Für 35 Prozent könnte die Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland (35 Prozent) Teil der Lösung sein. „Hier brauchen unsere Unternehmen aber bessere Hilfestellung, um ausländische Fachkräfte zielgenau ansprechen und gewinnen zu können. Auch ist es dringend erforderlich, den bürokratischen Aufwand bei der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland zu reduzieren”, so Hohenner.
- Oktober 24, 2021
- Webecho Bamberg
- Quelle: IHK für Oberfranken Bayreuth