Um in Bamberg lebende Geflüchtete umfangreicher mit Informationen zum alltäglichen Leben versorgen oder ihnen Fragen rund um Behördengänge oder Wohnungssuche gebündelter beantworten
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Angebot von „Freund statt fremd“
Onlineportal BAmigra: Information und Orientierung für Geflüchtete
Um in Bamberg lebende Geflüchtete umfangreicher mit Informationen zum alltäglichen Leben versorgen oder ihnen Fragen rund um Behördengänge oder Wohnungssuche gebündelter beantworten zu können, hat der Hilfsverein „Freund statt fremd“ die Online-Informationsplattform BAmigra.de entwickelt.
2011, vier Jahre bevor das Thema ein breiteres gesellschaftliches Interesse zu erregen begann, tat sich in Bamberg eine Gruppe Ehrenamtlicher zusammen, um die Initiative „Freund statt fremd“ zu gründen. Ziel war und ist es, Geflüchteten Hilfe, Orientierung und Vertretung zu bieten.
2015, im Jahr der beginnenden europäischen Flüchtlingskrise, verzeichnete „Freund statt fremd“, nun als eingetragener Verein, einen Zuwachs von Hilfsbereitschaft mit mehr als 300 neuen Mitgliedern. Im Jahr 2016 schuf der Verein seine erste feste Anlauf- und Begegnungsstelle für Geflüchtete und unterstützende Bürgerinnen und Bürger. Nach zwei Umzügen können Geflüchtete, MigrantInnen und Bürgerschaft heute in der „Blauen Frieda“ in der Schützenstraße zum Austausch oder gemeinsamen Essen zusammenkommen.
„Aber“, sagt Simone Oswald, Mitglied bei „Freund statt fremd“ seit 2015, „wir haben festgestellt, dass noch viel mehr Leute Hilfe oder Informationen brauchen als wir in der Blauen Frieda erreichen können. Als wir in der Pandemie kaum Kontakt zu den Menschen aufrecht erhalten konnten, weil die so wichtigen Begegnungen zeitweise unmöglich waren, wurde uns das besonders bewusst.“
Zwar würden zahlreiche Hilfs-Organisationen viele Informations-Veranstaltungen organisieren, aber immer wieder bleibe dabei das Publikum aus. Der Grund dafür ist für „Freund statt fremd“ klar: Die Zielgruppe der Geflüchteten erhält zu wenig oder keine Informationen von den Informations-Veranstaltungen.
So entstand 2021 das Vorhaben, neu nach Bamberg gekommenen Geflüchteten oder MigrantInnen eine Möglichkeit zu geben, sich besser und gebündelter selbst zu informieren. Dem dafür entwickelten Informationsportal wurde der Name BAmigra verliehen. Dort kann man sich neben Veranstaltungen auch über Themen wie Alltag, Wohnungssuche, Arbeit und Ausbildung, Asyl und Freizeitangebote informieren.
Großen Wert bei der Art und Weise, wie Informationen in diesen Kategorien aber dargestellt werden, legt BAmigra auf den Ansatz „mit Geflüchteten für Geflüchtete“. So besteht das Team seit Beginn aus Menschen mit und ohne Fluchthintergrund, die Aufbau, Programmierung, Inhalte und Design gemeinsam erarbeitet haben. „Ich bin davon überzeugt, dass das der richtige Ansatz ist“, sagt Simone Oswald. „Wenn ich zum Beispiel durchschnittliche Flyer für Veranstaltungen sehe, dann sind sie oft so komplex formuliert, dass man sie als Nicht-Muttersprachler kaum versteht, geschweige denn daran teilnimmt. Dinge sollten einfach geschrieben und kurz gehalten sein: Wann, wo, was, kommt vorbei, wir freuen uns.“
Angebot in mehreren Sprachen
Aber auch diejenigen, die überhaupt kein Deutsch sprechen, können auf BAmigra Informationen finden, die das Vorankommen in der neuen Lebenswelt erleichtern. Kleine anklickbare Nationalflaggen, platziert am oberen Rand der Homepage des Portals, zeigen es an: Hilfe und Antworten auf allerlei Fragen stehen auch auf Arabisch, Englisch und, aufgrund des aktuellen Anlasses des Krieges als neuestes Sprachangebot, auf Ukrainisch bereit. „Wobei“, sagt Simone Oswald, „auch, wenn wir hier nicht in allen Sprachen informieren können ist unser Anspruch, dass wir allen Geflüchteten Hilfe anbieten. Wir stellen uns auf Menschen ein und nicht auf Herkünfte.“
Nichtsdestoweniger soll aber bald auch eine persische Übersetzung hinzukommen, weitere Sprachangebote sind in Planung. Und wer es lieber rein optisch aufbereitet mag, dem steht ein interaktiver Stadtplan Bambergs zur Verfügung, der auf seine Weise Auskunft zu verschiedenen Lebenslagen liefert. Nach Themen sortiert kann man hier die verschiedenen Anlaufstellen in Bamberg finden.
Orientierung im Behördendschungel
Klickzahlen auf der BAmigra-Website geben entsprechend Auskunft über die beliebtesten Themen der BesucherInnen des Portals. Oder mit anderen Worten: Das siebenköpfige Team der Plattform kann sehen, nach welchen Informationen der größte Bedarf besteht. „Ganz klar die Wohnungssuche“, sagt Simone Oswald. „Das ist am schwierigsten. Am zweithäufigsten suchen die Leute nach Informationen zu Asylfragen und Kontakt mit Behörden.“
Überraschend ist vor allem zweiteres nicht. Nicht nur hält der Weg durch behördliche Anlaufstellen, zahlreiche Stationen und noch mehr Formulare, die ausgefüllt werden müssen, bereit. Auch wird die Orientierung in dem, was man Behördendschungel nennen könnte, durch einen bürokratischen Sprachgebrauch erschwert, der auch so manchen Muttersprachler überfordert. „Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass Menschen nach wenigen Jahren die Briefe der Behörden vollständig verstehen können“, sagt Simone Oswald, „das entspricht nicht der Realität.“
Um Geflüchtete für solche Situationen und andere Situationen fitter zu machen, bietet „Freund statt fremd“ in der Blauen Frieda niedrigschwellig Sprechstunden oder digitale Hilfe etwa bei Bewerbungen für Wohnungen oder Arbeit an. „Dabei hat uns die deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt finanziell unterstützt und wir konnten Laptops kaufen, die zu den Öffnungszeiten der „Blauen Frieda“ zur Verfügung stehen.“
Bereitet BAmigra auch auf den im Land verbreiteten Rassismus vor? „Nicht auf der Webseite direkt, aber in der „Blauen Frieda“ und bei „Freund statt fremd“ sprechen wir darüber ständig.“ Als aktuelles Beispiel von zumindest Voreingenommenheit gegenüber bestimmten Gruppen Geflüchteter nennt Simone Oswald eine Entwicklung, die sich seit bald einem Jahr bemerkbar macht.
„Beispielsweise auf dem Wohnungsmarkt hat sich etwas geändert. Letztes Jahr, als die ersten ukrainischen Kriegsgeflüchteten nach Bamberg kamen, hatten wir plötzlich deutlich mehr Wohnungs-Angebote aus der Bevölkerung. Alle wollten ukrainische Menschen unterbringen. Das ist grundsätzlich eine positive Entwicklung. Allerdings gibt es für Menschen aus zum Beispiel muslimischen Ländern, die in Gemeinschaftsunterkünften teilweise schon jahrelang auf Wohnungen warten, kaum Angebote. Hieran arbeiten wir, indem wir Aufklärung betreiben. Es ist doch unglaublich, dass Menschen, die in Deutschland anerkannt sind und oft auch schon mehrere Jahre arbeiten, keine Möglichkeit haben, ein Zuhause zu finden. Das ist eine Ausgrenzung, die die Integration vieler Menschen sehr erschwert. Das ist wirklich frustrierend.“
Beginnt Integration bei BAmigra?
„Teilweise“, sagt Simone Oswald. „Unsere Veranstaltungen, das Café in der Blauen Frieda oder die BAmigra-Seite selbst sind ein Einstieg ins Miteinander. Und ohne Miteinander ist Integration nicht möglich. Auf der einen Seite wollen wir Menschen befähigen, sich allein in Bamberg zurechtzufinden. Die Gesellschaft muss ihnen aber auch die Türen öffnen, um anzukommen und dazuzugehören.“
Davor sich zurückzulehnen, in der Hoffnung, andere erledigen Dinge wie Behördengänge, warnt Oswald aber. „BAmigra liefert Informationen. Aufstehen und losgehen muss man selbst. Alles andere wäre nicht zielführend, weil die Leute ja ein selbstbestimmtes Leben führen sollen.“
Auch wenn die dafür nötigen Informations-Veranstaltungen zwar manchmal immer noch nicht in dem Umfang Publikum anziehen, wie BAmigra und „Freund statt fremd“ es sich wünschen, sieht sich der Hilfsverein trotzdem auf einem guten Weg. „Dafür, dass BAmigra erst vor etwas mehr als eine Jahre startete, haben wir schon tolle Erfolge zu verbuchen. Unsere offiziellen Klickzahlen überschreiten bald die 60.000. Wir haben mit der Informationsplattform schon fast 28.000 NutzerInnen erreicht.“ Seit Mitte Februar steht BAmigra für Android-Geräte auch zum Herunterladen als App zur Verfügung. Davon erhofft sich der Hilfsverein zusätzliche Reichweite.
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Unterkunft für ukrainische Geflüchtete
Bamberger Gastfamilien gesucht
Die Hilfsbereitschaft gegenüber den Geflüchteten aus der Ukraine in Bamberg ist groß. Das gilt insbesondere für die Familien, die Menschen aus dem Kriegsgebiet bei sich zu Hause aufgenommen haben. „Freund statt fremd“ und CariThek haben die Bettenbörse initiiert. Das Amt für Inklusion betreut die Anbieter, vermittelt Wohnraum und sucht nun nach weiteren Gastfamilien.
Kurz nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine kamen in Bamberg die ersten Geflüchteten an. Unmittelbar darauf erklärten sich zahlreiche Menschen bereit, Schutzsuchende bei sich privat unterzubringen. Schnell war abzusehen, wie nötig das Angebot von Gastfamilien war. Denn so konnte für längere Zeit die unzumutbare Unterbringung in Sporthallen vermieden werden.
„Für diese gelebte Nächstenliebe sind wir der Bürgerschaft sehr dankbar“, sagte Oberbürgermeister Starke. „Sie ermöglicht den vom Krieg traumatisierten Menschen ein gutes Ankommen in unserer Stadt und vermittelt ihnen das beruhigende Gefühl, einen sicheren Hafen erreicht zu haben.“
Wie in anderen Bereichen der Ukraine-Hilfe griff auch hier eine schnelle Zusammenarbeit. In diesem Fall diejenige zwischen CariThek, „Freund statt fremd“ und dem ukrainischen Verein „Bamberg:UA“.
Angebot von CariThek, „Freund statt fremd“ und „Bamberg:UA“
„Bei den Bambergerinnen und Bambergern war eine große humanitäre Hilfsbereitschaft zu spüren, die wir nicht verpuffen lassen wollten“, sagt Simone Oswald vom Verein „Freund statt fremd“.
Die CariThek stellte ihre Freiwilligen-Plattform zur Verfügung und erweiterte diese um eine „Bettenbörse“. Darin können sich Bambergerinnen und Bamberger mit freiem Zimmer eintragen. Die CariThek bittet allerdings um Verständnis dafür, dass sie Couch-Lösungen oder kleinere Zimmer ohne Bad aktuell nicht vermittelt. Die beengende Wohnsituation kann geflüchtete Familien zusätzlich belastend sein, genau wie für die Gastfamilie.
Ehrenamtliche von „Freund statt fremd“ nahmen Kontakt zu Wohnungsgebenden auf und klärten Details. Bei der Vermittlung von in Hotels untergebrachten geflüchteten Familien traten auch Dolmetscherinnen und Dolmetscher von „Bamberg:UA“ in Aktion. Seit es an das konkrete Zusammenbringen zwischen Anbietenden und Suchenden geht, ist zudem das Amt für Inklusion eingebunden.
Inzwischen ist es gelungen, über 80 Personen in 26 Gastfamilien unterzubringen. „Es ist beeindruckend zu sehen“, sagt Bambergs zweiter Bürgermeister und Sozialreferent Jonas Glüsenkamp, „mit welcher Wärme und Leidenschaft sich die Bamberger Gastgeberinnen und Gastgeber hier engagieren und ihre Gäste aus der Ukraine trotz Sprachbarriere schon nach kurzer Zeit als Teil ihrer Familie betrachten.“
Die Stadt versorgt die Gastfamilien wöchentlich mit aktuellen Informationen. Außerdem stehen für sie auch telefonisch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Amt für Inklusion bereit.
Informationen für Gastfamilien
In der vergangenen Woche fand ein erstes Austauschtreffen der Gastfamilien in der „Blauen Frieda“ statt. Der erfolgreiche Start bestärkt die Stadt Bamberg, diesen Weg fortzusetzen und weitere Wohnungen zu vermitteln.
Potentielle Wohnraumanbieterinnen und ‑anbieter können ihr Angebot direkt online auf der Bettenbörse einstellen. Das Amt für Inklusion sucht nach passenden ukrainischen Familien und meldet sich telefonisch, wenn eine potentielle Übereinstimmung gelungen ist. Gastfamilien in Bamberg, die privat ukrainische Familien aufgenommen haben, können sich ebenfalls beim Amt für Inklusion melden und aktuelle Informationen erhalten.
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Gratulation zum Integrationspreis für „Lui 20“
Regierung von Oberfranken zeichnet Begegnungsstätte des Vereins „Freund statt fremd“ aus
Der Bamberger Verein Freund statt fremd e.V. hat den Integrationspreis der Regierung von Oberfranken als Anerkennung für besonderes bürgerschaftliches Engagement bei der Integration von Mitbürgerinnen und Mitbürgern erhalten.
Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz händigte die Auszeichnung an insgesamt drei oberfränkische Initiativen aus. Bambergs Sozialreferent und Zweiter Bürgermeister, Jonas Glüsenkamp, gratulierte ebenfalls bei einem Ortstermin im Bamberger Rathaus dem Bamberger Verein. „Freund statt fremd ist in Bamberg seit Jahren eine feste Institution. Bereits in den Anfängen in der Flüchtlingshilfe war zu spüren, dass sich hier Menschen mit ganzem Herzen einbringen. Ich freue mich, dass so viele bis heute dabei sind und echte Integrationsarbeit leisten. Und, dass es gelingen konnte, durch die Stadtbau GmbH neue Räumlichkeiten zu finden.“
Den Integrationspreis erhielt „Freund statt fremd“ für das Projekt „Lui 20 – Räume für Interkulturelle Begegnungen“. Von 2018 bis zum Sommer dieses Jahres befand sich die Begegnungsstätte in der Luitpoldstraße, im August zog der Verein dann in die „Blaue Frieda“ in der Schützenstraße 2a um. In den neuen Räumlichkeiten führen die ehrenamtlich Engagierten die Aktivitäten weiterhin mit großer Motivation fort, soweit es die Corona-Pandemie zulässt. So gibt es beispielsweise interkulinarische Kochkurse, ein Sprachcafé, Nachhilfe für Schülerinnen und Schüler, ehrenamtliche Sprachkurse, Vorträge, Filmvorführungen, Spieleabende oder Kunstprojekte – und natürlich Raum für Austausch, zum Kennenlernen und zur Begegnung.
Der Integrationspreis
Mit dem Integrationspreis der Regierung von Oberfranken für gelungene Integrationsarbeit werden Initiativen ausgezeichnet, die sich erfolgreich dafür einsetzen, dass Zuwanderer in der Region Fuß fassen und mit der für sie fremden Kultur vertraut gemacht werden. Ziel ist es, die Integration dauerhaft bleibeberechtigter Menschen zu fördern. Vorgeschlagen werden konnten nachhaltige, erfolgreiche und insbesondere ehrenamtliche Aktivitäten, die in vorbildlicher Weise die Integration der Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund in Oberfranken unterstützen.
Das Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro wird vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration für die Anerkennung von bürgerschaftlichem Engagement im Bereich Integration zur Verfügung gestellt.