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Menschen mit Behinderung

Für­spre­cher zwi­schen Bür­gern und Rathaus

Jubi­lä­en von Migran­tin­nen- und Migran­ten­bei­rat, Bei­rat für Men­schen mit Behin­de­rung und Familienbeirat

Der Migran­tin­nen- und Migran­ten­bei­rat der Stadt Bam­berg wur­de 1994 ins Leben geru­fen, der Bei­rat für Men­schen mit Behin­de­rung vor 20 Jah­ren, die Initia­ti­ve „kom­mu­na­ler Fami­li­en­tisch“ des Bay­ri­schen Sozi­al­mi­nis­te­ri­ums, an der sich unter ande­rem die Stadt Bam­berg 2003 betei­lig­te, war der Start­schuss für die Grün­dung des Fami­li­en­bei­rats. Bei einem Emp­fang wur­den die drei Jubi­lä­en begangen.

„Seit 30 und 20 Jah­ren exis­tie­ren die drei ganz wich­ti­gen Inter­es­sen­ver­tre­tun­gen in der Stadt Bam­berg“, stell­te Bam­bergs Ober­bür­ger­meis­ter Andre­as Star­ke bei einem Dan­ke­schön-Emp­fang im Rat­haus fest und war voll des Lobes. „Unse­re akti­ven Bei­rä­te leben vom außer­or­dent­li­chen Enga­ge­ment ihrer Mit­glie­der. Mit ihrer Hil­fe ist es gelun­gen, vie­le Initia­ti­ven aus der Bür­ger­schaft in geleb­te Kom­mu­nal­po­li­tik zu übersetzen.“

Neben Ober­bür­ger­meis­ter Andre­as Star­ke war auch Zwei­ter Bür­ger­meis­ter und Sozi­al­re­fe­rent Jonas Glüsen­kamp zum Emp­fang gekom­men, um sei­ner Wert­schät­zung Aus­druck zu verleihen.

Der Migran­tin­nen- und Migran­ten­bei­rat wur­de vor 30 Jah­ren, im Jahr 1994, ins Leben geru­fen. Er ver­trat damals die Inter­es­sen von rund neun Pro­zent der Bam­ber­ger Bevöl­ke­rung, die noch kei­ne poli­ti­sche Lob­by hat­te. Heu­te reprä­sen­tiert er etwa 30 Pro­zent der Stadt­be­völ­ke­rung. Von Beginn an ver­folg­te der Migran­tin­nen- und Migran­ten­bei­rat das Ziel, Migran­tin­nen und Migran­ten eine Stim­me zu geben und ihre Lebens­si­tua­ti­on in Bam­berg zu ver­bes­sern Zudem setz­te sich der Bei­rat aktiv für die Bekämp­fung von Ras­sis­mus ein und för­der­te den inter­kul­tu­rel­len Dia­log, um ein gleich­be­rech­tig­tes und fried­li­ches Zusam­men­le­ben in der Stadt zu stär­ken. Die­se Leit­zie­le sind bis heu­te unver­än­dert und prä­gen wei­ter­hin die Arbeit des Beirates.

Die Initia­ti­ve „kom­mu­na­ler Fami­li­en­tisch“ des Bay­ri­schen Sozi­al­mi­nis­te­ri­ums war der Start­schuss für die Grün­dung des Fami­li­en­bei­rats. Als eine von sie­ben Kom­mu­nen betei­lig­te sich die Stadt Bam­berg 2003 an dem Pilot­pro­jekt. Ziel war es, die Rah­men­be­din­gun­gen für Fami­li­en in einer Kom­mu­ne nach­hal­tig zu ver­bes­sern. Der Fami­li­en­bei­rat wur­de schließ­lich im Mai 2004 gegrün­det. Von Anfang an war es obers­tes Ziel, die unter­schied­li­chen Inter­es­sen von Fami­li­en zu bün­deln und kon­kre­te Pro­jek­te zur Ver­bes­se­rung der Situa­ti­on umzu­set­zen. Ver­schie­de­ne Arbeits­krei­se wie z.B. „Familien& Beruf“, „Kin­der­be­treu­ung“ oder die „Initia­ti­ve für bezahl­ba­ren Wohn­raum“ zeig­ten bereits vor 20 Jah­ren die Bri­sanz die­ser The­men. Seit sei­ner Grün­dung ver­steht sich der Fami­li­en­bei­rat als Impuls­ge­ber für die kom­mu­na­le Fami­li­en­po­li­tik. Auf Initia­ti­ve des Fami­li­en­bei­ra­tes wur­de zum Bei­spiel das „Bam­ber­ger Feri­en­aben­teu­er“ orga­ni­siert, die „Fami­li­en­re­gi­on Bam­berg“ gegrün­det sowie der Fami­li­en­pass „Däum­ling“ ins Leben gerufen.

Selbst­be­stimm­te und geach­te­te Mit­glie­der der Gesellschaft

Dem Bei­rat für Men­schen mit Behin­de­rung gehör­ten bei sei­ner Grün­dung vor 20 Jah­ren als stimm­be­rech­tig­te Mit­glie­der zehn Ver­tre­tun­gen der ARGE Bam­ber­ger Selbst­hil­fe­grup­pen chro­nisch kran­ker und behin­der­ter Men­schen e. V. und jeweils eine Ver­tre­tung psy­chisch behin­der­ter Men­schen, der Lebens­hil­fe Bam­berg e. V., des VdK, der Wohl­fahrts­ver­bän­de sowie je ein Mit­glied jeder Frak­ti­on an. Als Ziel­set­zung hat der Bei­rat nach wie vor, struk­tu­rel­le Vor­aus­set­zun­gen zu schaf­fen, die es allen Men­schen ermög­li­chen, selbst­be­stimm­te und geach­te­te Glie­der der Gesell­schaft zu sein. So kam es, dass man bereits in der kon­sti­tu­ie­ren­den Sit­zung 16 Hand­lungs­auf­trä­ge gesam­melt hat: Dar­un­ter fal­len die Ein­be­zie­hung des Bei­ra­tes bei der Pla­nung von Bau­vor­ha­ben, der Aus­bau des Net­zes der behin­der­ten­ge­rech­ten öffent­li­chen Toi­let­ten sowie das grund­sätz­li­che Frei­las­sen des fuß­gän­ger­freund­li­chen Strei­fens in der Fußgängerzone.

„Alle Bei­rä­te sind zen­tra­le Inter­es­sen­grup­pen, die sich für die Belan­ge der jewei­li­gen Bevöl­ke­rungs­grup­pe ein­set­zen. Sie sind daher ein wich­ti­ges Instru­ment der poli­ti­schen Mei­nungs- und Ent­schei­dungs­fin­dung. Unser gemein­sa­mes Ziel ist es, dass Bam­berg eine lebens­wer­te Stadt und Hei­mat ist, für alle Bür­ge­rin­nen und Bür­ger“, sag­te Ober­bür­ger­meis­ter Andre­as Star­ke in sei­ner Dank-Ansprache.

Akti­ons­plan Inklusion

2.500 Men­schen mit Behin­de­rung sol­len zu Lebens­si­tua­ti­on befragt werden

2.500 Bam­ber­ger Men­schen mit Behin­de­rung erhal­ten per Post in den nächs­ten Tagen einen Fra­ge­bo­gen der Stadt zu ihrer Lebens­si­tua­ti­on. So sol­len Infor­ma­tio­nen dar­über gesam­melt wer­den, in wel­chen Lebens­be­rei­chen wei­ter­hin Bar­rie­ren bestehen, um die­se abbau­en zu können.

In Bam­berg leben laut einer Mit­tei­lung des Rat­hau­ses etwa 12.000 Men­schen mit einem Grad der Behin­de­rung (GdB). Als Behin­de­rung wird jede kör­per­li­che, geis­ti­ge, see­li­sche oder Sin­nes­be­ein­träch­ti­gung bezeich­net, die dau­er­haft (län­ger als sechs Mona­te) zu Ein­schrän­kun­gen und damit zu sozia­len Beein­träch­ti­gun­gen führt. Dabei ist es egal, ob die Behin­de­rung auf Krank­heit oder einen Unfall zurück­geht oder seit Geburt besteht.

Men­schen mit einer Ein­schrän­kung oder einer Behin­de­rung sto­ßen im All­tag aller­dings oft auf Hür­den oder Pro­ble­me. Auf­grund einer seit 2009 gesetz­lich ver­bind­li­chen UN-Behin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on erstell­te Bam­berg im sel­ben Jahr einen „Sozi­al­plan für Men­schen mit Behin­de­rung“. Die­ser soll­te Maß­nah­men und Hand­lungs­emp­feh­lun­gen auf­zei­gen, um die Teil­ha­be von Men­schen mit Behin­de­rung vor­an zu brin­gen. Dabei greift der Akti­ons­plan ver­schie­de­ne The­men auf: von Mobi­li­tät und bar­rie­re­frei­en öffent­li­chen Räu­men über Bil­dung, Arbeit und Beschäf­ti­gung bis hin zur gesell­schaft­li­chen und sozia­len Teilhabe.

Um wei­te­re Bar­rie­ren in allen Lebens­be­rei­chen eiter abzu­bau­en, ver­schickt die Stadt nun einen Fra­ge­bo­gen an eine reprä­sen­ta­ti­ve Grup­pe von betrof­fe­nen Per­so­nen, um mehr Infor­ma­tio­nen über deren aktu­el­le Lebens­si­tua­ti­on zu erhal­ten. Ins­ge­samt sol­len so 2.500 Bamberger:innen befragt wer­den, die einen GdB haben oder Leis­tun­gen der Ein­glie­de­rungs­hil­fe bezie­hen. „Wir wol­len erfah­ren, wo bei Men­schen mit einer Ein­schrän­kung kon­kre­te Pro­ble­me und Bedar­fe vor­han­den sind, wel­che Wün­sche sie haben und wie sie die Situa­ti­on in Bam­berg beur­tei­len“, sagt Sozi­al­re­fe­rent Jonas Glüsenkamp.

Die Befra­gung wur­de von der Sozi­al­pla­nung im Amt für Inklu­si­on, der Bam­ber­ger Arbeits­ge­mein­schaft chro­nisch kran­ker und behin­der­ter Men­schen e.V. (ARGE Bam­berg) und der Behin­der­ten­be­auf­trag­ten der Stadt Bam­berg erarbeitet.

Ein­schät­zung Akti­on Mensch

Inklu­si­ons­ba­ro­me­ter Arbeit: Pan­de­mie für Men­schen mit Behin­de­rung noch nicht vorbei

Die Fol­gen der Pan­de­mie für Men­schen mit Behin­de­rung sind auf dem Arbeits­markt in Bay­ern noch immer spür­bar. Dies zeigt das jähr­li­che „Inklu­si­ons­ba­ro­me­ter Arbeit“ des Inklu­si­ons­ver­eins Akti­on Mensch. Zwar wür­den die Arbeits­lo­sen­zah­len nach Jah­ren der Kri­se wie­der sin­ken, gleich­zei­tig ver­schär­fe sich jedoch die Lang­zeit­ar­beits­lo­sig­keit von Men­schen mit Behin­de­rung. Inklu­si­on auf dem Arbeits­markt schei­te­re zudem oft an der Ein­stel­lungs­po­li­tik von Unternehmen.

Mehr als ein Drit­tel aller arbeits­lo­sen Men­schen mit Behin­de­rung ist min­des­tens ein Jahr ohne Beschäf­ti­gung. Das gab der Inklu­si­ons­ver­ein Akti­on Mensch heu­te bekannt. Die Zahl bedeu­te ein Plus von über fünf Pro­zent­punk­ten im Ver­gleich zum Vor­jahr. Erho­lung und Fort­schritt der Inklu­si­on auf dem Arbeits­markt wür­den dabei ins­be­son­de­re an der Beschäf­ti­gungs­be­reit­schaft der Unter­neh­men schei­tern. Zu die­sem Ergeb­nis kommt das „Inklu­si­ons­ba­ro­me­ter Arbeit“ der Akti­on Mensch und des Han­dels­blatt Rese­arch Insti­tu­tes, das 2022 zum zehn­ten Mal erscheint.

Aus­gleichs­ab­ga­be statt Beschäftigung

Etwa 29.000 Unter­neh­men in Bay­ern sind gesetz­lich dazu auf­ge­for­dert, min­des­tens fünf Pro­zent ihrer Arbeits­plät­ze an Men­schen mit Behin­de­rung zu ver­ge­ben. Wäh­rend ledig­lich rund 40 Pro­zent die­ser Unter­neh­men alle Pflicht­ar­beits­plät­ze beset­zen, beschäf­ti­gen fast 27 Pro­zent kei­ne Arbeit­neh­me­rIn­nen mit Behin­de­rung. Sie ent­zie­hen sich viel­mehr gänz­lich ihrer Ver­pflich­tung und zah­len statt­des­sen die vol­le Höhe der soge­nann­ten Aus­gleichs­ab­ga­be. Die­sen Vor­gang bezeich­net die Akti­on Mensch als ein Sich-Freikaufen.

Die­se der­zei­ti­ge Ein­stel­lungs­po­li­tik sei vor dem Hin­ter­grund der posi­ti­ven Erfah­run­gen von Unter­neh­men, die Men­schen mit Behin­de­rung beschäf­ti­gen, umso kri­ti­scher zu bewer­ten. 80 Pro­zent geben laut einer bun­des­wei­ten reprä­sen­ta­ti­ven Befra­gung an, kei­ne Leis­tungs­un­ter­schie­de zwi­schen Kol­le­gIn­nen mit und ohne Behin­de­rung wahrzunehmen.

„Die Ent­wick­lung der Inklu­si­on auf dem Arbeits­markt hängt ent­schei­dend von der Beschäf­ti­gungs­be­reit­schaft der Unter­neh­men ab“, sagt Prof. Dr. Bert Rürup, Prä­si­dent des Han­dels­blatt Rese­arch Insti­tu­tes. „Doch trotz zuneh­men­der Per­so­nal­eng­päs­se igno­rie­ren vie­le das Poten­zi­al von Arbeit­neh­me­rIn­nen mit Behinderung.“

Sta­bi­le Arbeits­ver­hält­nis­se ver­sus Langzeitarbeitslosigkeit

Ein­mal auf dem Arbeits­markt ange­kom­men, bewer­tet der Groß­teil der Ange­stell­ten mit Behin­de­rung in Deutsch­land den Ein­satz ihrer Fähig­kei­ten laut „Inklu­si­ons­ba­ro­me­ter Arbeit“ als adäquat. 89 Pro­zent bestä­ti­gen, dass sie ihren beruf­li­chen Qua­li­fi­ka­tio­nen ent­spre­chend ein­ge­setzt würden.

Gleich­zei­tig erwei­sen sich bestehen­de Arbeits­ver­hält­nis­se als sta­bil. 2021 gab es bun­des­weit mit 19.746 so wenig Anträ­ge auf Kün­di­gung von Men­schen mit Behin­de­rung wie noch nie seit Erschei­nen des ers­ten Inklu­si­ons­ba­ro­me­ters. Glei­ches gilt für Bay­ern mit 3.121 Anträgen.

Sind Men­schen mit Behin­de­rung dage­gen arbeits­los, zei­ge sich ein ande­res Bild. Bun­des­weit sei im ver­gan­ge­nen Jahr ledig­lich drei Pro­zent die Rück­kehr in den Arbeits­markt gelun­gen. Bei Men­schen ohne Behin­de­rung waren es sie­ben Pro­zent. Arbeits­lo­se ohne Behin­de­rung haben folg­lich eine mehr als dop­pelt so hohe Chan­ce, eine Anstel­lung zu fin­den als Arbeits­lo­se mit Behin­de­rung. Dies ver­stär­ke wei­ter­hin die Gefahr der Lang­zeit­ar­beits­lo­sig­keit. In Bay­ern sind 9.627 poten­zi­el­le Arbeit­neh­me­rIn­nen – 39 Pro­zent der arbeits­lo­sen Men­schen mit Behin­de­rung – min­des­tens ein Jahr ohne Beschäf­ti­gung. Der Anteil an Lang­zeit­ar­beits­lo­sen mit Behin­de­rung liegt in Bay­ern damit unter dem Bun­des­durch­schnitt von rund 47 Prozent.

„Der in ganz Deutsch­land erneut gestie­ge­ne Anteil an lang­zeit­ar­beits­lo­sen Men­schen mit Behin­de­rung ist alar­mie­rend“, sagt Chris­ti­na Marx, Spre­che­rin der Akti­on Mensch. „Die­ser Miss­stand ver­fes­tigt sich mehr und mehr. Ohne eine dras­ti­sche Ver­stär­kung der Inklu­si­ons­be­mü­hun­gen wird die Ungleich­heit auf dem Arbeits­markt in den kom­men­den Jah­ren kaum auf­zu­he­ben sein.“