Die sprunghafte Politik des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump verunsichert die oberfränkischen Unternehmen mit Geschäftskontakten in die USA massiv, wie eine aktuelle Blitzumfrage
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USA für viele Unternehmen kein verlässlicher Handelspartner mehr
IHK-Umfrage zieht kritische Bilanz nach 100 Tagen Trump
Die sprunghafte Politik des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump verunsichert die oberfränkischen Unternehmen mit Geschäftskontakten in die USA massiv, wie eine aktuelle Blitzumfrage der IHK für Oberfranken Bayreuth zeigt.
Das Urteil über die ersten 100 Tage seiner Präsidentschaft zeichnet ein ernüchterndes Bild: Für 34 Prozent der Befragten sind die USA kein verlässlicher Handelspartner mehr. Für gerade einmal acht Prozent der befragten Unternehmen mit US-Geschäftskontakten sind die USA weiterhin ein verlässlicher Geschäftspartner, weitere 58 Prozent können dies aktuell noch nicht abschätzen. “Wirtschaft braucht Verlässlichkeit”, macht Dr. Michael Waasner deutlich, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth. „Die Unberechenbarkeit verunsichert unsere Unternehmen zutiefst, insbesondere die Folgen der teilweise extremen Zollsätze sind kaum abzuschätzen. Den Unternehmen bleibt in der aktuellen Lage nur übrig, auf Sicht zu fahren.”
Die transatlantischen Spannungen treffen die Wirtschaft hart, sind die USA doch der größte Abnehmer bayerischer Produkte. Dazu kommen die unsicheren Konjunkturaussichten. Vor allem die Automobilzulieferer, Oberfrankens bedeutendste Arbeitgeber, spüren den zunehmenden Druck. Dr. Waasner: „Viele Unternehmen sind ohnehin schon in einer schwierigen Situation, die durch die aktuelle US-Politik noch verschärft wird. Flexibilität in den Lieferketten und alternative Absatzmärkte stehen jetzt weit oben auf der strategischen Agenda.”
Unternehmen kritisieren “Chaos” und “unvorhersehbare Folgen”
Die Kommentare der befragten Unternehmen zur aktuellen US-Politik fallen deutlich aus. „Die Welt spielt Schach”, so die Einschätzung eines Handelsunternehmens zu den aktuellen Entwicklungen im Welthandel. „Ein absolutes Chaos mit unvorhersehbaren Folgen”, ergänzt ein Unternehmensvertreter aus der Industrie. „Chaotisch, unseriös, erpresserisch, arrogant und selbstzerstörerisch” die Meinung eines Unternehmens aus dem Bausektor zu dem ersten 100 Tagen Trump. Verschiedene Statements zeigen aber auch die Angst der Unternehmen um die Stabilität der Demokratie in den USA.
Die Unternehmen sehen vielfältige Risiken durch die aktuelle US-Politik. Besonders kritisch bewertet werden mögliche Handelshemmnisse (83 Prozent), negative Auswirkungen der US-Sanktionen auf andere Weltmärkte (77 Prozent) sowie die Instabilität der Finanzmärkte (63 Prozent).
Natürlich bedeutet das nicht, dass die Unternehmen künftig auf den US-amerikanischen Markt verzichten: 56 Prozent der Befragten bleiben bei ihrer bisherigen Unternehmensstrategie, immerhin fünf Prozent wollen ihr Engagement in den USA erhöhen, weitere 16 Prozent dagegen ihr Engagement zurückfahren.
Sollten die derzeit ausgesetzten US-Zölle tatsächlich in Kraft treten, rechnen rund drei Viertel der befragten Unternehmen mit negativen Auswirkungen auf ihr US-Geschäftsmodell.
Ein gutes Drittel der Befragten befürchtet außerdem eine Beeinträchtigung des China-Geschäfts durch die US-Handelspolitik. In ihren Kommentaren befürchten betroffene Unternehmen eine Instabilität der Lieferketten und einen verstärkten Wettbewerbsdruck durch chinesische Anbieter auf dem europäischen Markt. „Ich befürchte eine Flut chinesischer Billigprodukte“, so ein Unternehmensvertreter. Zudem weisen mehrere Unternehmen darauf hin, dass eine Verlagerung der Produktion von China in die USA erhebliche Mehrkosten verursachen würde und das notwendige Know-how für die Produktion in den USA oft gar nicht vorhanden sei.
Unternehmer auf der Suche nach neuen Handelspartnern
Unterschiedlicher könnte die Einschätzung der Geschäftsbeziehungen in den kommenden vier Jahren nicht ausfallen. Während gerade einmal 13 Prozent der Befragten mit einer positiven Entwicklung der Geschäftsbeziehungen mit den USA rechnen, sind es bei China 50 Prozent. Genau umgekehrt fallen die negativen Erwartungen aus. Während 53 Prozent der Unternehmen pessimistisch auf die weiteren Geschäftsbeziehungen mit den USA blicken, sind es bei China trotz aller Herausforderungen nur 17 Prozent.
Andere Märkte gewinnen aus Sicht der exportorientierten Unternehmen an Attraktivität. Vor allem die Eurozone (68 Prozent), die anderen EU-Länder (inclusive Schweiz und Norwegen mit 40 Prozent), China (28 Prozent), der Asien-Pazifik-Raum (28 Prozent), das Vereinigte Königreich (22 Prozent) und Kanada (22 Prozent) rücken verstärkt in den Fokus oberfränkischer Unternehmen.
„Protektionismus statt Globalisierung – diese Entwicklung drückt der amerikanische Präsident der gesamten Welt auf. Umso wichtiger ist es, dass die Politik in Brüssel und Berlin weiter geschlossen für einen freien Welthandel eintritt und sich konsequent für niedrige Zölle zwischen den USA und der EU stark macht”, fordert Dr. Waasner.
Die Zahl der Anfragen zu den Themenkomplexen “Außenhandel” und vor allem “Zölle” ist bei der IHK für Oberfranken Bayreuth zuletzt auf jeden Fall deutlich angestiegen.
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Statement der vbw zu den neuen US-Zöllen
„Weiterer Tiefpunkt in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA unter Trump“
„Die gestern zusätzlich verhängten Zölle markieren einen weiteren Tiefpunkt in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA unter Donald Trump“, äußert sich Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., in einem Statement.
Ein Handelskrieg müsse weiterhin unbedingt vermieden werden, auch wenn die gestrige Entscheidung eine Einigung immer schwieriger mache. Man setze darauf, dass die USA ihre Handelspolitik überdenken werden, sobald die verheerenden Folgen der Zollpolitik zutage treten. Europa müsse jetzt den Blick nach vorne richten und eine kluge Antwort finden: Einerseits müssten die Gesprächskanäle mit der US-Regierung offengehalten werden, um aktiv und interessenorientiert gemeinsame Lösungen zu finden. Andererseits dürfte man aber auch nicht naiv sein: Europa müsse Stärke zeigen und entschieden reagieren – Gegenzölle sollten aber nur letztes Mittel sein.
„Der Trump-Regierung muss klargemacht werden, dass auch die US-Wirtschaft von offenen Grenzen, freiem Warenverkehr und wirtschaftlichem Austausch profitiert – und dass es umgekehrt bei einer Zollspirale nur Verlierer geben kann. Dem künftigen Bundeskanzler fällt dabei eine wichtige Aufgabe zu. Er muss sich auf EU-Ebene für den Abschluss weiterer wichtiger Handelsabkommen einsetzen. Die Vorkommnisse zeigen, wie wichtig es gewesen wäre, das TTIP-Freihandelsabkommen abzuschließen“, so Brossardt weiter.
„Gleichzeitig zeigen die neuen Zusatzzölle, dass wir die Wirtschaftswende jetzt brauchen. Fakt ist: Die USA sind der größte Exportmarkt für Bayern. 2024 betrug das Exportvolumen rund 29 Milliarden Euro, das entspricht einem Anteil von 13 Prozent, weswegen der Freistaat besonders negativ betroffen ist.“ Die zusätzlichen Zölle würden daher noch mehr Unsicherheit und weiter steigende Kosten bei den bayerischen Betrieben verursachen – und das inmitten der andauernden Struktur- und Konjunkturkrise im Land. Unser Standort brauche daher dringend die Trendwende, um im immer härter werdenden globalen Wettbewerb bestehen zu können. Die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene müssten daher rasch abgeschlossen werden. „Wir brauchen schnell eine handlungsfähige Regierung, die für einen echten wirtschaftlichen Aufbruch steht.“
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Für ein Jahr in die USA
Parlamentarisches Patenschafts-Programm
Junge Berufstätige, Auszubildende und Schülerinnen und Schüler können sich ab sofort für das 40. Parlamentarische Patenschafts-Programm des Bundestages bewerben.
„Das Parlamentarische Patenschafts-Programm ist eine einmalige Chance, für ein Jahr die USA kennenzulernen – ob Politik, Gesellschaft oder Kultur“, sagt der Forchheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz.
Das Parlamentarische Patenschafts-Programm ist ein gemeinsames Programm des Deutschen Bundestages und des US-Congress. Es steht unter der Schirmherrschaft der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.
Der Bundestag vergibt dieses Stipendium für das kommende Jahr, übernimmt Reise- und Programmkosten und nötige Versicherungsleistungen.
Bewerben können sich Schülerinnen und Schüler, die 2023 zwischen 15 und 17 Jahren alt sind, sowie Berufstätige und Auszubildende, die im Sommer 2023 höchstens 24 Jahre alt sind. Ein geleisteter Freiwilligendienst wird auf die Altersgrenze angerechnet.
Bewerben kann sich, wer seinen ersten Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Deutschland hat. Wer nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, muss mit der deutschen Sprache, Geschichte und Kultur ausreichend vertraut sein.
Die Bewerbungsphase für das Parlamentarische Patenschafts-Programm endet am 9. September 2022.
Vor Ort lernen Schülerinnen und Schüler dann gemeinsam mit amerikanischen Jugendlichen und besuchen eine High School. Junge Berufstätige und Azubis arbeiten in einem amerikanischen Betrieb und können so internationale Erfahrung in der Berufswelt sammeln. „Ich würde mich freuen, wenn für das Programmjahr 2023/2024 jemand aus meinem Wahlkreis in die USA fährt“, so Andreas Schwarz.
Alle Informationen zum Parlamentarischen Patenschafts-Programm gibt es hier.